Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug bei verspäteter Vorlage ordnungsgemäßer Rechnung
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Billigkeitserlass nach § 163 AO.
- Der Vorsteuerabzug ist für den Erklärungszeitraum vorzunehmen, in dem beide nach Art. 167, Art. 168 Buchst. a MwStSystRL erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. D. h. die Lieferung von Gegenständen bzw. die Dienstleistung muss bewirkt worden sein und der Stpfl. muss im Besitz einer Rechnung sein, die den Vorgaben des § 14 UStG entspricht.
Normenkette
UStG §§ 14, 14a; UStDV § 31 Abs. 5
Streitjahr(e)
1999, 2000, 2001, 2002, 2003, 2004, 2005
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage des Vorsteuerabzugs in den Jahren des Leistungsbezugs. Streitig ist insbesondere, ob der Vorsteuerabzug im Hinblick auf die Festsetzung von Nachzahlungszinsen statt im Besteuerungszeitraum 2007 in den Jahren der Vorsteuerentrichtung 1999 bis 2005 zuzulassen ist.
Die Klägerin ist eine Verlagsgesellschaft, die im Wesentlichen Tageszeitungen herstellt und vertreibt. Am 12. Februar 1999 schloss sie mit der X-Verkehrsbetriebe AG (im Folgenden: X-AG) eine Vereinbarung. Nach § 1 dieser Vereinbarung ist es der Klägerin gestattet, regelmäßig erscheinende Printprodukte in Bussen und Straßenbahnen, an Stationen und Haltestellen kostenlos zu vertreiben. Im Gegenzug verpflichtete sich die Klägerin nach § 3 Nr. 1 und 2 der Vereinbarung, jeweils wöchentlich (in regionalen Tageszeitungen) eine Seite vierfarbig über so genannte „Nahverkehrs News”, Mitteilungen, Geschäftsberichte und/oder Anzeigen der X-AG zu veröffentlichen. Dies gilt nach dem Vertrag sowohl für die X-AG, X-AG Tochterunternehmen als auch für mit der X-AG verbundene Unternehmen.
(...)
Die Vertragsparteien betrachteten die gegenseitigen Leistungen als gleichwertig, so dass keine Rechnungsaufstellung erfolgte. Es wurde dementsprechend weder Umsatzsteuer abgeführt, noch Vorsteuer geltend gemacht.
Im Juni 2007 stellten die Vertragsparteien die Steuerbarkeit und Steuerpflicht des Leistungsaustausches von Klägerin und der X-AG übereinstimmend fest. Daraufhin stellten die Klägerin und die X-AG sich die gegenseitigen Leistungen für die Jahre 1999 bis 2006 in Rechnung, verrechneten den jeweils offenen Betrag mit dem jeweiligen Gegenanspruch und wiesen Umsatzsteuer offen aus. In diesen Rechnungen heißt es „Lt. Vertrag vom 12.2.1999”.
(...)
Die Klägerin gab für die Jahre 1999 bis 2006 berichtigte Umsatzsteuererklärungen ab. Die Vorsteuer brachte sie in der Umsatzsteuer Voranmeldung für den Monat Juli 2007 zum Ansatz. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Beträge:
VZ 1999 |
xxx.xxx € |
VZ 2000 |
xxx.xxx € |
VZ 2001 |
xxx.xxx € |
VZ 2002 |
xxx.xxx € |
VZ 2003 |
xxx.xxx € |
VZ 2004 |
xxx.xxx € |
VZ 2005 |
xxx.xxx € |
Die Klägerin beantragte gleichzeitig Nachzahlungszinsen nach § 233 a Abgabenordnung (AO) aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO nicht festzusetzen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte (das Finanzamt) mit Bescheid vom 27. August 2007 ab, veranlagte die korrigierten Umsatzsteuererklärungen und setzte die Umsatzsteuer und Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer 1999 bis 2005 jeweils mit Bescheid vom 13. September 2007 fest. Die Nachzahlungszinsen beliefen sich auf insgesamt xxxxxxx €.
Gegen den ablehnenden Bescheid des Finanzamts vom 27. August 2007 legte die Klägerin Einspruch ein, ebenso gegen die Zinsbescheide vom 13. September 2007. Mit Einspruchsbescheid vom 29. Februar 2008 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Klage nahm die Klägerin ebenso wie die Einsprüche gegen die Zinsbescheide im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den Nachzahlungszinsen zurück (Hinweis auf BFH-Beschluss vom 6. April 2005 V B 60/04, BFH/NV 2005, 1976, BFH-Beschluss vom 28. Oktober 2005 V B 196/04, BFH/NV 2006, 245).
Mit Schreiben vom 10. September 2008 beantragte die Klägerin nach § 163 AO in Verbindung mit Abschnitt 202 Abs. 7 Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) den Vorsteuerabzug aus den oben genannten Rechnungen aus sachlichen Billigkeitsgründen in den Jahren des Leistungsbezugs, d. h. 1999 bis 2005, zuzulassen. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 ab. Hiergegen hat die Klägerin Einspruch eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Ablehnungsbescheid des Finanzamts beschränke sich allein auf Überlegungen zur richtigen Rechtsanwendung und gehe aber nicht in ausreichendem Maße auf tragende europarechtliche Erwägungen ein.
Mit Einspruchsentscheidung vom 25. November 2008 hat das Finanzamt den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Es hat darauf hingewiesen, dass eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO voraussetze, dass die Erhebung von Nachzahlungszinsen unbillig sei. Der BFH habe mehrfach entschieden, dass die Festsetzung der Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer auch dann nicht sachlich unbillig sei, wenn sie bei ordnungsgemäßer Inrechnungstellung vom Leistungsempfän...