Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuermeßbetrag 1989
Nachgehend
Tenor
Der Gewerbesteuermeßbescheid 1989 vom 12. März 1991 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10. September 1992 sowie der Einspruchsbescheid vom 27. Januar 1992 werden aufgehoben.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger als Bezirksschornsteinfegermeister gewerbesteuerpflichtig ist.
Der Kläger übt seit 1980 den Beruf des Bezirksschornsteinfegermeisters aus. Im Streitjahr 1989 nahm er 205.615,31 DM an Gebühren ein. Davon entfielen 20,9 v.H. auf Grundgebühren, 57,1 v.H. auf Gebühren für Feuerstättenschauen, Immissionsmessungen usw. und 22 v.H. auf Kehrgebühren.
Für das Jahr 1989 gab der Kläger keine Gewerbesteuererklärung ab, da er nach seiner Auffassung nicht der Gewerbesteuer unterliege. Der Beklagte schätzte daraufhin mit Bescheid vom 12. März 1991 den Meßbetrag für 1989 auf 1.470 DM. Den Einspruch wies er als unbegründet zurück.
Nach Durchführung einer Außenprüfung änderte der Beklagte den angefochtenen Bescheid im Klageverfahren. Den Änderungsbescheid vom 10.09.1992 gab der Beklagte ohne Hinweis auf § 68 FGO an den Steuerberater des Klägers, der nicht Prozeßbevollmächtigter ist, bekannt.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des Gewerbesteuermeßbescheides. Er ist der Auffassung, als Bezirksschornsteinfegermeister sei er nicht gewerbesteuerpflichtig. Aufgrund der technischen Entwicklung stehe die öffentlich-rechtliche Tätigkeit des Bezirksschornsteinfegermeisters im Vordergrund. Die Einnahmen, die sich aus einer Grundgebühr und Tätigkeitsgebühren zusammensetzen, seien nach Arbeitswerten bemessen. Von den Gesamteinnahmen von 174.932,47 DM entfielen lediglich 18 v.H. auf die privatrechtlich ausgestaltete Kehrtätigkeit. Die restlichen Einnahmen resultierten aus Immissions- und Abgabmessungen sowie Feuerstättenschauen. Diese Tätigkeiten seien dem öffentlichen Bereich zuzuordnen. Die Grundgebühr müsse den beiden Tätigkeitsbereichen anteilig zugeschlagen werden. Hieraus ergebe sich, daß der Bezirksschornsteinfegermeister ganz überwiegend ordnungspolizeiliche Aufgaben wahrnehme. Nach den Grundsätzen des Urteils des Reichsfinanzhofs vom 5.01.1938 (Reichssteuerblatt 1938, 429) sei deshalb eine Gewerbesteuerpflicht zu verneinen, da es an einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr mangele. Auf die Einordnung der Tätigkeit nach § 18 EStG komme es nicht an.
Der Kläger beantragt,
den Gewerbesteuermeßbescheid für 1989 vom 12.03.1991 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10.09.1992 und den Einspruchsbescheid vom 27.01.1992 ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Tätigkeit des Klägers sei nicht unter die Tatbestandsmerkmale des § 18 EStG zu fassen, so daß lediglich eine Einordnung im Rahmen des § 15 EStG in Frage komme. Es könne deshalb ungeachtet des eingetretenen Wandels im Berufsbild lediglich von einer gewerblichen Tätigkeit ausgegangen werden.
Der Senat hat die Gerichtsakte aus dem Verfahren XII 201/91 zu Beweiszwecken beigezogen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
I. Der Kläger ist mit seiner Tätigkeit als Bezirksschornsteinfegermeister nicht gewerbesteuerpflichtig. Nach dem Gesamtbild der übertragenen und durchgeführten Aufgaben übt der Kläger eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit aus, mit der er nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 Gewerbesteuergesetz i.V.m. § 15 Abs. 2 Einkommensteuergesetz unterliegt eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, zudem weder als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist, als Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer, Abgesehen von den übrigen Voraussetzungen fehlt es bei der Tätigkeit des Bezirksschornsteinfegermeisters jedenfalls an der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.
II. In der Rechtsprechung ist die Gewerbesteuerpflicht des Bezirksschornsteinfegermeisters stets bejaht worden.
Der RFH hatte im Urteil vom 5. Januar 1938 (VI 743/37, RStBl 1938, 429) zu entscheiden, ob ein amtlicher Fleischbeschauer gewerbesteuerpflichtig ist. Dabei verglich er dessen Tätigkeit mit derjenigen des Bezirksschornsteinfegermeisters, dem – ähnlich wie dem Fleischbeschauer – im polizeilichen Interesse ein bestimmter Bezirk zu einer gewissen Beaufsichtigung (hier: der Feuerungsanlagen) zugewiesen sei. Der Bezirksschornsteinfegermeister sei anders als der amtliche Fleischbeschauer jedoch Gewer...