Entscheidungsstichwort (Thema)
Sammelauskunftsersuchen gegenüber Zeitungen
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Doppelfunktion der Steufa gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AO.
- Eine konkrete Maßnahme der Steufa ist hiernach rechtmäßig, wenn diese sich i.R. des ihr zugewiesenen Aufgabenbereichs gehalten hat und ihr die in Anspruch genommene Befugnis nach dem Gesetz zusteht.
- Zwar sind Ermittlungen ins „Blaue hinein”, Rasterfahndungen oder Ausforschungsdurchsuchungen unzulässig. Demnach ist ein (Sammel-)Auskunftsersuchen zu unbestimmt, soweit für den Empfänger nicht hinreichend erkennbar ist, nach welchen Kriterien die Auskunft zu erteilen ist.
- Indes kann ein solches Ersuchen im Einspruchsbescheid auf ein zulässiges Maß beschränkt werden.
Normenkette
AO §§ 93, 208
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen ein rechtmäßiges Sammelauskunftsersuchen gegenüber der Klägerin erlassen hat.
Die Klägerin gibt den 2 X wöchentlich erscheinenden „…-Report” heraus. Dort findet sich im Anzeigenteil u.a. die Rubrik „Kontakte/Bars” bzw. „Verschiedenes”. Die Klägerin versieht die Anzeigen dabei intern mit dem Rubrikenschlüssel XXX. Sie in nutzt zur Verwaltung und zum Vertrieb die Verlagssoftware „JJK fliess”, die u.a. eine Exportfunktion auf Excel anbietet. Die Anzeigen werden durch Mitarbeiter der Klägerin, insbesondere die Zeugin Y, nach Vorlage eines Gewerbescheins aufgenommen.
Das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen (im Folgenden: FA FuSt) richtete am 20.10.2011 ein Sammelauskunftsersuchen unter Bezugnahme auf § 208 Abs. 1 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) an die Klägerin. Darin bat es entsprechend einer vorherigen persönlichen Rücksprache mit einem Mitarbeiter der Klägerin um Übersendung folgender Unterlagen:
1. Aufstellung mit Personen- und Auftragsdaten (Name und Anschrift, Anzeigenverlauf bzw. Stichwort, Ausgabennummer- Datum gegebenenfalls Kontodaten) aller Anzeigenauftragsgeber für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis dato und
2. ab dato bis 31. Dezember 2012 zusätzlich zu den vorstehenden Angaben den Anzeigentext,
soweit die Anzeigen mit Betrieben und Personen des Rotlichtmilieus im Zusammenhang stehen.
Die Aufstellung zu 2. sollte wöchentlich, letztmalig nach Ablauf des 31.12.2012 übersandt werden.
Gegen das Auskunftsersuchen richtete sich die Klägerin durch Einspruch, mit dem sie geltend machte, die Beklagte habe die Voraussetzungen für ein Sammelauskunftsersuchen nicht hinreichend belegt, so dass nicht nachvollzogen werden könne, ob tatsächlich ein berechtigter Anlass für das Ersuchen bestanden habe. Außerdem sei das Ersuchen nicht verhältnismäßig und die Auskunft zu weit gefasst und unbestimmt, da die Aufforderung sich auf sämtliche Anzeigen, die mit Personen des Rotlichtmilieus in (irgendeinem) Zusammenhang stünden (beispielsweise auch ein privater Pkw-Verkauf) erstrecke.
Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück und vertrat die Auffassung, dass FA FuSt sei auf Grund eines hinreichenden Anlasses zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle im Sinne von § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO tätig geworden. Aufgrund der in der Vergangenheit geschalteten Anzeigen und der allgemeinen Erfahrung der Finanzbehörde, des Bundesrechnungshofes und des Niedersächsischen Landesrechnungshofes, wonach Vollzugsdefizite bei der Besteuerung von Einnahmen und Einkünften bei Betrieben und Personen des Rotlichtmilieus bestünden, gebe es hinreichende Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen. Das Auskunftsersuchen erstrecke sich zudem nur auf solche Anzeigen, in denen erkennbar Prostituierte ihre Dienstleistungen anböten oder Betriebe des Rotlichtmilieus beworben würden (Einspruchsentscheidung Seite 4 unter c). Das Auskunftsersuchen sei zur Sachverhaltsaufklärung auch geeignet und notwendig gewesen und die Pflichterfüllung für die Klägerin möglich und ihre Inanspruchnahme geeignet, erforderlich und zumutbar gewesen. Soweit die Klägerin rüge, auch ein möglicher Pkw-Verkauf sei vom Auskunftsersuchen erfasst, treffe dies nicht zu. Schließlich sei nicht ersichtlich, dass technische Gründe einer Auskunftserteilung entgegenstünden. Eine Selektion der Anzeigen sei ohne weiteres möglich, da bei der Auftragsannahme für jede Annonce ein Rubrikschlüssel vergeben werde. Dies sei bei der Klägerin die Nr. XXX mit der Bezeichnung „Verschiedenes”. In den Druckausgaben der Zeitung finde man dort nach den bisherigen Feststellungen ausschließlich Angebote aus dem Rotlichtbereich.
Hiergegen richtet sich nunmehr die Klage. Die Klägerin ist nach wie vor der Auffassung, dass Auskunftsersuchen sei rechtswidrig bzw. sogar nichtig.
Die im Einspruchsbescheid vom Beklagten vorgenommene Konkretisierung auf „solche Anzeigen, in denen erkennbar Prostituierte ihre Dienstleistungen anbieten oder Betriebe des Rotlichtmilieus beworben werden” genüge rechtsstaatlichen Grundätzen nicht. So könne durch die Klägerin, die ihre Auskunft nach bestem Wissen abzugeben habe, nicht exakt bestimmt werden, ob beispielsweise das Angebot einer Massage ...