rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein steuerfreier Sanierungsgewinn bei Fehlen von besonderen sachlichen oder persönlichen Billigkeitsgründen. keine verdeckte Einlage bei Verzicht des Insolvenzverwalters der Muttergesellschaft auf wertlose Forderungen gegen die überschuldete Tochtergesellschaft zur Ermöglichung eines Verkaufs der Anteile der Tochtergesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Wortlaut des Gesetzes und die Gesetzesbegründung bei Abschaffung von § 3 Nr. 66 EStG a. F. durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 schließen es aus, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns i. S. v. § 3 Nr. 66 EStG a. F. weiterhin – allein aufgrund der §§ 163, 227 AO – als sachlich unbillig anzusehen und von der Besteuerung auszunehmen, wenn außer der Tatsache des sanierungsbedingten Verzichts eines Gläubigers weder besondere sachliche noch persönliche Billigkeitsgründe ersichtlich sind.
2. Verzichtet der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Muttergesellschaft mit Zustimmung der Gläubigerversammlung auf gegen die bilanziell überschuldete Tochtergesellschaft bestehende, objektiv gesehen wertlose Forderungen, um die Anteile der Tochtergesellschaft verkaufen zu können, und liegt der Kaufpreis für die Anteile unter dem Buchwert des bei der Tochtergesellschaft vorhandenen Anlagevermögens, so führt der Erlass dieser Verbindlichkeiten bei der Tochtergesellschaft zu keiner (verdeckten) Einlage, sodass die in der Steuerbilanz zu erfassende Gewinnerhöhung infolge des Forderungsverzichts nicht außerbilanziell zu neutralisieren ist. Das würde auch bei Annahme einer verdeckten Einlage gelten, da diese dann bei dem gegebenen Sachverhalt mit dem Teilwert von 0 EUR zu bewerten wäre.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1; KStG § 8 Abs. 1; AO §§ 163, 227; FGO § 102; EStG 1990 § 3 Nr. 66
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Behandlung eines Forderungsverzichts.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der Getreidehandelsgesellschaft G. mbH (nachfolgend: GHG), deren alleinige Gesellschafterin die HMA … GmbH war (nachfolgend: HMA). Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der HMA veräußerte der Verwalter alle GHG-Anteile und erzielte einen Erlös von 405.000,– EUR. Die Anteilsabtretung stand unter mehreren aufschiebenden Bedingungen. Dazu gehörten der Verzicht der HMA auf bestehende Forderungen gegenüber der GHG sowie die Zustimmung des Gläubigerausschusses. In der Folge stimmte der Gläubigerausschuss dem Anteilsverkauf und auch dem Forderungsverzicht zu. Der Verwalter erklärte den Erlass im Juni 2004.
In der Gewinnermittlung der GHG zum 30. Juni 2004 führte der Forderungsverzicht zu einem außerordentlichen Ertrag von 1.711.713,– EUR. Es ergab sich ein gerundeter Jahresüberschuss von insgesamt 2.134.476,– EUR. Diesen erklärte die Klägerin, die zwischenzeitlich Rechtsnachfolgerin der GHG geworden war. Sie hatte die Anteile der GHG erworben und die GHG auf sich verschmolzen. Mit den Steuererklärungen stellte die Klägerin für die GHG einen Antrag auf „Steuerstundung und Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen unter Anwendung des BMF Schreibens vom 27.03.2003”; es liege ein Sanierungsfall vor. Die Bilanz der GHG zum 30. Juni 1999 weist einen durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag von DM 667.884,98 aus, die Bilanz zum 30. Juni 2000 einen solchen über 882.626,73 DM, zum 30. Juni 2001 bestand ein Fehlbetrag in Höhe von 1.111.575,79 DM (umgerechnet 568.339,68 EUR), zum 30. Juni 2002 ist ein Fehlbetrag von 644.696,84 EUR ausgewiesen und zum 30. Juni 2003 ein solcher von 790.278,40 EUR. Die Bilanz der GHG zum 30. Juni 2004 verzeichnet Aktiva von 1.658.577,52 EUR und verbliebene Schuldposten von insgesamt 144.379,89 EUR.
Der Beklagte lehnte den Stundungs- und Erlassantrag mit Bescheid vom 21. Dezember 2006 ab. Die Veranlagung zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag führte er mit Bescheiden vom 9. Januar 2007 weitestgehend erklärungsgemäß durch. Lediglich bei der Gewerbesteuer ergab sich in Bezug auf die Dauerschuldzinsen eine Abweichung. Die Klägerin legte Einsprüche sowohl gegen die Veranlagungsbescheide als auch gegen den Ablehnungsbescheid zum Sundungs- und Erlassantrag ein. Sie begehrte jeweils, die Steuer auf den Ertrag aus dem Forderungsverzicht wegen des Zusammenhangs mit einer Sanierung nicht zu erheben. Die Einsprüche blieben ohne Erfolg.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Einspruchsentscheidung sei bereits deshalb fehlerhaft, weil sie ergangen sei, nachdem die Betriebsprüfung für das Jahr 2004 festgestellt habe, dass sich bei der GHG keine Änderungen der Besteuerungsgrundlagen ergeben hätten. Diese Feststellung im Schreiben der Betriebsprüfung vom 13. Oktober 2008 sei ein Verwaltungsakt, der nur als Anerkennung des Ertrags als steuerfrei verstanden werden könne. Denn im Hinblick auf die Steuerfreihe...