Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinreichende Bestimmung einer Leistung in einer Rechnung für Zwecke des Vorsteuerabzugs. Umsatzsteuerpflicht von Leistungen einer GmbH, wenn die Leistungsempfängerin einige Jahre später auf die GmbH verschmolzen worden ist
Leitsatz (redaktionell)
1. Steht fest, dass ein Unternehmer gegenüber dem vorsteuerabzugsbegehrenden Unternehmer mit zwei Ingenieuren entweder Kontroll- und Beratungsleistungen erbracht hat oder diesem Unternehmer die beiden Ingenieure überlassen hat, genügen die Angaben über den Leistungsgegenstand in der Rechnung mit der Bezeichnung „Für technische Beratung und technische Kontrolle im Jahr…” gerade noch den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993.
2. Hat eine GmbH tatsächlich Leistungen der in ihren Rechnungen beschriebenen Art gegenüber einer GmbH & Co. KG ausgeführt, so unterliegen diese Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 der Umsatzsteuer. Hieran ändert nichts, dass die Empfängerin der Leistungen vier Jahre später auf die GmbH verschmolzen worden ist. Denn im Zeitpunkt der Leistungserbringung waren die GmbH und die Leistungsempfängerin verschiedene Unternehmer i.S. des § 2 UStG 1993.
Normenkette
UStG 1993 § 15 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2, 1 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Umsatzsteuer-Bescheids 1996 vom 23. August 2005 wird die negative Umsatzsteuer 1996 auf 222.709,03 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 88 % und dem Finanzamt zu 12 % auferlegt.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die OCH AG (OCH) war im Streitjahr 1996 alleiniger Gesellschafter der Klägerin (Blatt 35 Akte Dauerunterlagen). Die OCH hatte der Klägerin am 4. Dezember 1996 eine Rechnung erteilt, in der Umsatzsteuer (USt) in Höhe von 15.000 DM ausgewiesen war. Die der Rechnung zu Grunde liegende Leistung war mit „technischer Beratung und technischer Kontrolle im Jahr 1996” bezeichnet. Zum Inhalt im Einzelnen verweist das Gericht auf das genannte Papier (Blatt 127 Gerichtsakte).
Die Klägerin hatte gegenüber der G.S.GmbH und Co.KG (KG) im Streitjahr 1996 mit zwei Rechnungen Leistungen abgerechnet; in den Rechnungen war USt in Höhe von 75.000 DM und 27.000 DM ausgewiesen.
Der Beklagte (das Finanzamt) erließ am 20. Januar 2003 gegenüber der Klägerin einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderten Bescheid über USt 1996. In diesem Bescheid hatte das Finanzamt die in der Rechnung der OCH vom 4. Dezember 1996 ausgewiesene USt i.H. von 15.000 DM nicht zum Abzug als Vorsteuer zugelassen. Die in den beiden der KG erteilten Rechnungen ausgewiesene USt wurde entweder nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz 1993 (UStG) oder nach § 14 Abs. 3 UStG angesetzt.
Gegen den genannten Bescheid hat die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 29. November 2004) Klage erhoben. Nach Klageerhebung erging am 23. August 2005 ein geänderter USt-Bescheid, in dem die negative USt für 1996 aus anderen Gründen um 4.345,98 EUR auf 215.039,65 EUR herabgesetzt wurde.
Im Klageverfahren trägt die Klägerin vor, dass mit der Rechnung vom 4. Dezember 1996 über technische Betreuung und Beratung abgerechnet worden sei, die die Anlagentechnik in Tagesgeschäft betroffen habe. Die technischen Leistungen seien von den Ingenieuren der OCH Cz und L über mehrere Monate vor Ort erbracht worden, unter anderem bei der Realisierung der Projekte Krokant und schokolierte Toffees sowie bei Reparaturen und sonstigen technischen Problemen der laufenden Produktion. Dies ergebe sich aus dem Anlagenkonvolut K 15; dort bestätige unter anderem der Ingenieur Cz, dass er im Zeitraum von Juli 1996 bis Juni 1998 während seiner Tätigkeit bei der OCH Bonn einen Großteil seiner Arbeitszeit bei der Klägerin verbracht habe. Die Höhe der abgerechneten Leistungen habe sich an den Jahresgehältern der beiden Ingenieure orientiert.
Außerdem ist die Klägerin der Meinung, dass die festgesetzte USt um die Steuer zu ermäßigen sei, die sie in den Rechnungen an die KG ausgewiesen habe. Denn das Finanzamt habe bei der KG den Abzug dieser Beträge mit der Begründung versagt, dass es sich um Scheinrechnungen handle. Am 11. Dezember 2000 sei die KG auf die Klägerin angewachsen. Wegen der Neutralität der USt müssten die ausgewiesenen Steuerbeträge außer Ansatz bleiben.
Die Klägerin beantragt,
den USt-Bescheid 1996 vom 23. August 2005 in der Weise zu ändern, dass die USt für 1996 um 117.000 DM herabgesetzt wird.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Meinung, dass der Vorsteuerabzug aus der Rechnung vom 4. Dezember 1996 in Höhe von 15.000 DM nicht möglich sei, da es sich um eine Scheinrechnung handle. ...