Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung von Baumaßnahmen an einer bestehenden Wohnung nach dem EigZulG
Leitsatz (redaktionell)
1. Baumaßnahmen an einem Gebäude führen nicht bereits dann zu einem Neubau im bautechnischen Sinne, wenn die Modernisierungsmaßnahmen in ihrer Gesamtheit den Gebrauchswert des Hauses über die zeitgemäße substanzerhaltende Bestandteilerneuerung hinaus insgesamt erhöhen.
2. Baumaßnahmen führen nicht zur Neuherstellung einer Wohnung im Sinne des EigZulG, wenn bereits vor den Baumaßnahmen eine vollständige und nutzbare Wohnung bestand, selbst wenn diese – ohne dass ein Vollverschleiß vorgelegen hätte – aufgrund Alters und Abnutzung nicht mehr den modernen Wohngewohnheiten entsprochen haben sollte.
3. Für das Herstellen einer Wohnung i. S. v. § 2 Abs. 1 EigZulG genügt nicht allein das Vorliegen von Herstellungskosten i. S. v. § 255 Abs. 2 HGB.
4. Ein Bauaufwand ist wesentlich in dem Sinne, dass eine Förderung als Ausbau einer bestehenden Wohnung in Betracht kommen könnte, wenn er etwa ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Bauaufwandes erreicht. Dabei muss derjenige Aufwand unberücksichtigt bleiben, der auf Erhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an der Wohnung entfällt.
Normenkette
EigZulG § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 4 S. 1; HGB § 255 Abs. 2 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Eltern der Klägerin waren alleinige Eigentümer des in Kh., H.-Str., gelegenen Wohn- und Geschäftshauses. In dem Gebäude befanden sich zwei Gewerbeeinheiten (Bäckerei und Büro) sowie drei Wohneinheiten. Mit notariellem Vertrag vom 16. Februar 1998 übertrugen die Eltern unentgeltlich das Sondereigentum an der im Ober- und Dachgeschoss des Gebäudes befindlichen Wohnung Nr. 2 verbunden mit einem Miteigentumsanteil von 174/1000 am Grundstück auf die Klägerin. Für die übertragene Wohnung bescheinigte das Landratsamt ME am 21. Januar 1998 die Abgeschlossenheit nach den Erfordernissen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Laut Wertschätzung vom Dezember 1997 betrug der Verkehrswert des übertragenen Wohneigentums 125.000,– DM (vgl. Blatt 86 der Rechtsbehelfsakte).
In den Jahren 1999 und 2000 wurden umfangreiche Baumaßnahmen an dem Wohn- und Geschäftshaus vorgenommen. Die Baumaßnahmen umfassten die Schaffung eines weiteren Wohnungseingangs mit Windfang und Zugangsweg für den Wohnanteil im Obergeschoss, die Schaffung eines zusätzlichen Kinderzimmers aus dem bisherigen Bad und einem Teil des Flurs sowie eines Bades mit Dusche und WC aus einem zuvor ungenutzten Raum im Dachgeschoss. Außerdem erfolgte die komplette Erneuerung des Dachstuhls, die zusätzliche Errichtung eines Dachaufbaus, die Wärmedämmung der Dachfläche, die gesamte Neueindeckung einschließlich der Verblechung des Daches, die Sanierung der Decke im Obergeschoss, Parkettarbeiten sowie die Erneuerung der Giebelwände und der Elektroinstallation (vgl. Kurzbeschreibung des Architekturbüros vom 21. Januar 2004 und Baupläne Blatt 88 ff der Rechtsbehelfsakte). Im Übrigen blieben Außenwände und Fundamente des Gebäudes unverändert bestehen. Soweit die angefallenen Kosten nicht einer Wohnung konkret zuordenbar waren, wurden sie vom beauftragen Architekturbüro anteilig auf die Eigentümer verteilt (Anteil der Klägerin bei Maßnahmen am Gesamtgebäude: 17,3 %, bei Maßnahmen an sämtlichen Wohnungen: 53,4 %).
Am 8. Dezember 2003 beantragte die Klägerin die Gewährung von Eigenheimzulage ab 1999 in Höhe von 2,5 % auf die für den Ausbau und die Erweiterung der eigengenutzten Wohnung angefallenen anteiligen Kosten in Höhe von 129.784,– DM. Zu den Aufwendungen im Einzelnen wird auf die Abrechungen des Architekten (Blatt 3 ff der Rechtsbehelfsakte) verwiesen. Im Rahmen einer insoweit durchgeführten Außenprüfung gelangte die Prüferin zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Baumaßnahmen um die Vergrößerung und Umverteilung bereits vorhandener Wohnräume einer abgeschlossenen Wohneinheit handle, die nicht nach § 2 Abs. 2 des Eigenheimzulagegesetzes (EigZulG) begünstigungsfähig seien (vgl. Bericht über die betriebsnahe Veranlagung vom 18. Juni 2004, Blatt 94 ff der Rechtsbehelfsakte). Der Beklagte (das Finanzamt) folgte der Auffassung der Prüferin und lehnte mit Bescheid vom 5. Juli 2004 die Festsetzung einer Eigenheimzulage ab. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2005).
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, dass sich die übertragene Wohnung nach ihren Vorstellungen in einem sanierungsbedürftigen Zustand befunden habe. Die Wohnung sei nur über die Bäckerei erreichbar gewesen, was nicht mit den hygienischen Vorschriften eines Bäckereibetriebs vereinbar gewesen sei. Des Weiteren hätten wesentliche Ausstattungsmerkmale der Wohnung nicht mehr dem für junge Familien gewünschten Standard entsprochen. Zum Zeitpunkt der Übergabe habe die Wohnung nach der Definition im Schre...