rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachliche Billigkeit bei der Anwendung des § 10 Abs. 3 EStG
Leitsatz (amtlich)
Die unbeschränkte Kürzung des Vorwegabzugs nach § 10 Abs. 3 EStG auf Grund der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH, für die nicht ganzjährig Sozialbeiträge entrichtet wurden, entspricht nicht dem erklärten Willen des Gesetzgebers und ist deshalb im Wege des Erlasses nach § 163 AO zu korrigieren (Auslegung BFH Urteil XI R 75/00 vom 16. 10. 2002 BStBl 2003 II 288)
Normenkette
AO § 163; EStG § 10 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger (Kl.) begehrt im Billigkeitswege nach § 163 Abgabenordnung (AO) Besteuerungsgrundlagen bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt zu lassen. Nach seiner Ansicht ist die Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs nach § 10 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) auf den Anteil des Arbeitslohns zu beschränken, für den der Arbeitgeber Leistungen für die Zukunftssicherung des Kl. erbracht hat.
Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der 1969 geborene Kl. ist ledig und übt den Beruf eines Ingenieurs aus. Er war im Streitjahr bei der ...gesellschaft als Geschäftsführer (GF) tätig. Er ist an dieser Gesellschaft mit 20 v.H. beteiligt. Neben den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit werden Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt.
Die versicherungsrechtliche Beurteilung seiner GF-Tätigkeit führte zu dem Ergebnis, dass der Kl. ab 24. Januar 2001 nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Firma ...gesellschaft mbH steht (siehe dazu Mitteilung der Betriebskrankenkasse vom 02. März 2001). Der Kl. erhält als nicht rentenversicherungspflichtiger GF auch keine Anwartschaft auf eine Altersversorgung durch seinen Arbeitgeber ohne eigene Beitragsleistung.
Nach dem für den Kl. geführten Lohnkonto wurden lediglich für den Monat Januar 2001 Sozialversicherungsbeiträge auf ein Gehalt von 6.190 DM abgeführt.
Im Rahmen der ESt-Festsetzung 2001 beantragte der Kl. im Einspruchsverfahren, den Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 EStG insoweit zu begrenzen, als die Bemessungsgrundlage für die Kürzung auf den Anteil des Arbeitslohns beschränkt wird, für den der Arbeitgeber Leistungen für die Zukunftssicherung erbracht hat, d.h. Kürzung des Vorwegabzugs um 16 v.H. von 6.190 DM = 990 DM, zu berücksichtigender Vorwegabzug 5.010 DM. Das beklagte Finanzamt (FA) wies den Antrag unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhof (BFH) Bundessteuerblatt (BStBl) II 2003, 288 zurück. Die dagegen vom Kl. erhobene Klage nahm dieser zurück.
Parallel zum Einspruchsverfahren gegen die ESt-Festsetzung 2001 beantragte der Kl. mit Schriftsatz vom 26. März 2003 unter Bezugnahme auf das Einspruchsverfahren die ESt aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO dergestalt festzusetzen, dass der Vorwegabzug bei den Sonderausgaben lediglich um 16 v.H. des im Monat Januar 2001 bezogenen Arbeitslohns gekürzt wird (Vorsorgeaufwendungen 11.466 DM zu berücksichtigen: Vorwegabzug 6.000 DM abzüglich Kürzung 990 DM = 5.010 DM, Höchstbetrag nach § 10 Abs. 3 2.610 DM zzgl. 50 % = 1.305 DM, gesamt 8.925 DM). Zur Begründung verwies der Kl. auf die Ausführungen des BFH, wonach Besonderheiten im Einzelfall bei einer nicht ganzjährigen sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit allenfalls im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO Berücksichtigung finden könnten.
Der Antrag des Kl. wurde mit Verwaltungsakt vom 21. Juli 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Eine Billigkeitsmaßnahme aufgrund sachlicher Billigkeitsgründe komme nicht in Betracht, weil die Besteuerungsgrundlagen objektiv richtig unter Berücksichtigung der derzeitigen Rechtslage festgestellt worden seien, evtl. entstehende Härten seien dem Gesetzgeber bekannt gewesen und in Kauf genommen worden. Die Kürzung des Vorwegabzugs um 16 v.H. der Summe der Einnahmen sei zu Recht erfolgt, denn der Vorwegabzug sei auch dann zu kürzen, wenn während des Veranlagungszeitraums nur zeitweise Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung abgeführt würden, wie es im Streitfall für die Zeit vom 01. Januar bis 23. Januar 2001 der Fall gewesen sei. Bei der Berücksichtigung des Vorwegabzugs komme es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber im gesamten Veranlagungszeitraum entsprechende Leistungen erbracht habe, denn durch die Bezugnahme auf § 3 Nr. 62 EStG sollte der betroffene Personenkreis umschrieben werden, nicht die Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs begrenzt werden. Diese Regelung sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei entstehende Härten und Ungerechtigkeiten müssten hingenommen werden.
Dagegen erhob der Kl. Einspruch und führte zur Begründung aus: § 163 AO bezwecke, dass die persönlichen und sachlichen Besonderheiten des Einzelfalles, die das Gesetz nicht erfasse und die die Steuerfestsetzung als unbillig erscheinen ließen, durch eine geänderte ...