Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 1
Die §§ 167, 168 AO regeln das Verfahren bei Abgabe von Steueranmeldungen und Verwendung von Steuerzeichen und Steuerstemplern. Die Regelungen über Steueranmeldungen sind über verschiedene Vorschriften verstreut; eine zusammenfassende Regelung fehlt. Die Definition der Steueranmeldung ist in § 150 Abs. 1 S. 3 AO enthalten. Die Rechtsgrundlagen für einzelne Steueranmeldungen sind dagegen in den Einzelsteuergesetzen geregelt, vgl. Rz. 7. Die Wirkungen der Steueranmeldung sind in § 168 AO enthalten, während § 167 AO nur bestimmt, wie zu verfahren ist, wenn eine Steueranmeldung abgegeben bzw. nicht abgegeben wurde.
Rz. 1a
Eine Steueranmeldung ist nach der Definition des § 150 Abs. 1 S. 3 AO eine Steuererklärung, in der der Stpfl. aufgrund gesetzlicher Verpflichtung die Steuer selbst berechnet. Diese Definition ist jedoch nicht vollständig. Nicht jede gesetzlich vorgeschriebene Selbstberechnung der Steuer macht die Steuererklärung zur Steueranmeldung. Hinzukommen muss als wesentliches Merkmal die "Anmeldung" der selbstberechneten Steuer. Die für die Steueranmeldung spezifischen Wirkungen nach § 168 AO knüpfen an die Anmeldung der Steuer, nicht an die Selbstberechnung an. Die Steuererklärung wird also nicht durch die Selbstberechnung der Steuer, sondern durch die Anmeldung der Steuer zur Steueranmeldung. Die Selbstberechnung der Steuer ist nur eine notwendige Vorstufe, um die Anmeldung der Steuer zu ermöglichen.
Rz. 2
Die Steueranmeldung hat eine Doppelfunktion. Sie ist Steuererklärung nach §§ 149ff. AO und hat damit den Inhalt und die Wirkungen einer Steuererklärung. Sie hat darüber hinaus eine Festsetzungswirkung, d. h., soweit die Steuer angemeldet und keine Abweichung von der Anmeldung erforderlich ist, erübrigt sich eine Steuerfestsetzung durch die Verwaltung. Die Steueranmeldung entfaltet insoweit die Wirkung einer Steuerfestsetzung (unter Vorbehalt der Nachprüfung) einschließlich der Wirkung der Vollstreckbarkeit. Der Grund für diese Wirkungen ist die "Anmeldung" der Steuer. Durch diese Anmeldung bringt der Stpfl. die Wirkungen der gegen ihn gerichteten Steuerfestsetzung hervor (Leistungsgebot, Vollstreckbarkeit). Diese Wirkungen lassen sich nur erklären aus der in der Anmeldung der Steuer liegenden Unterwerfung des Stpfl. unter die von ihm selbst errechnete und angemeldete Steuer. Auch wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe der Steueranmeldung besteht, folgen die Wirkungen nur aus der Unterwerfungshandlung des Stpfl. Ist ein Unterwerfungswille nicht vorhanden, gibt der Stpfl. also keine Steueranmeldung ab, treten die Wirkungen der Steueranmeldung nicht ein, auch wenn das Verhalten des Stpfl. rechtswidrig ist. Da somit der Rechtsgrund für die Wirkungen der Steueranmeldung der Unterwerfungswille des Stpfl. ist, ähnelt die Steueranmeldung der Unterwerfung des Arbeitgebers unter die LSt-Haftung durch schriftliches Anerkenntnis nach § 42d Abs. 4 Nr. 2 EStG; vgl. Rz. 32.
Rz. 3
Soweit die Steueranmeldung zu einer Steuerentlastung führt, besteht keine "Unterwerfung" unter die Steuer. Konsequenterweise knüpft dann das Gesetz die Wirkungen der Steuerfestsetzung nicht unmittelbar an die Steueranmeldung an, sondern an die Zustimmung der Finanzbehörde.
Rz. 4
Entsprechend ist die Verwendung von Steuerzeichen und Steuerstemplern einzuordnen. Auch diese Verwendung bedeutet die Unterwerfung unter die entsprechende Steuer und ersetzt damit die förmliche Steuerfestsetzung.
Rz. 5
Der ZK enthält keine ausdrückliche Regelung über Steueranmeldungen. Nach Art. 162ff. ZK werden in der Zollanmeldung Waren angemeldet, nicht Zollschulden. Jedoch enthält Art. 102 Abs. 2 ZK die ergänzende Bestimmung, dass der zu entrichtende Abgabenbetrag dem Zollschuldner nicht gesondert mitgeteilt zu werden braucht, wenn der Anmeldende den Abgabenbetrag in der Zollanmeldung vermerkt hat und die Zollbehörde nicht zu einer abweichenden Ermittlung kommt. Die Zollanmeldung mit Angabe der Zollschuld entspricht damit der Steueranmeldung nach § 167 AO. In diesem Rahmen verdrängen Art. 162ff., 102 ZK den § 167 AO. Insoweit ist § 167 AO auf Eingangs- und Ausgangsabgaben sowie auf Abschöpfungen nicht anwendbar.
Rz. 6
Bei Abgaben aufgrund des Marktordnungsgesetzes (MOG) ist zu unterscheiden. Auf Ausfuhrabgaben sind nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 MOG die Vorschriften des ZK anwendbar. In diesem Rahmen ist die AO daher durch den ZK verdrängt. Auf andere Abgaben, etwa die Abgaben nach der MilchgarantiemengenVO (MGV), ist nach § 12 Abs. 1 S. 1 MOG die AO anzuwenden.