Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 120
Die gesonderte Feststellung ist selbstständig durch den Einspruch anfechtbar. Einwendungen gegen den Inhalt des Feststellungsbescheids können nach § 351 Abs. 2 AO nicht durch Anfechtung des auf dem Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid) beruhenden Folgebescheids, sondern nur durch Anfechtung des Feststellungsbescheids geltend gemacht werden. Ein Rechtsbehelf oder Rechtsmittel gegen einen Folgebescheid, der Sache nach gegen Feststellungen des Grundlagenbescheids gerichtet, ist unbegründet.
Rz. 121
Ebenso ist die Anfechtung eines Feststellungsbescheids, der auf einem anderen Feststellungsbescheid beruht, unbegründet, wenn sich die Anfechtung gegen Feststellungen des ersten Feststellungsbescheids richtet.
Rz. 122
Folgt man der in Rz. 88f. dargestellten Ansicht der Rechtsprechung, dass jede gesonderte Feststellung verfahrensmäßig selbstständig ist, kann jede in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellung gesondert angefochten werden. Andererseits muss der Stpfl. bei der Anfechtung auch klarstellen, ob er nur einzelne Feststellungen oder den Feststellungsbescheid insgesamt anfechten will. Ergibt die Auslegung seines Klageantrags, der Klageschrift oder die in der Klage in Bezug genommenen Schriftstücke, dass er nur einzelne Feststellungen des Feststellungsbescheids anfechten will, erwachsen die anderen Feststellungen in Bestandskraft. Ist nicht der Feststellungsbescheid als Ganzes angefochten, ist die Einbeziehung weiterer Feststellungen in das Klageverfahren eine Klageänderung, die nur innerhalb der Klagefrist zulässig ist. Das gilt auch für eine Änderung des Feststellungsbescheids während des Klageverfahrens. Gegenstand des anhängigen Verfahrens nach § 68 FGO werden dann nur die angefochtenen Feststellungen. Betraf die Änderung andere Feststellungen, sind diese außerhalb des laufenden Verfahrens anzufechten, d. h., es ist Einspruch einzulegen. Es entstehen dann zwei verschiedene Rechtsschutzverfahren über denselben Feststellungsbescheid, aber mit jeweils anderen Feststellungen als Gegenstand des Rechtsschutzverfahrens. Steht der Feststellungsbescheid noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, kann der Stpfl. hinsichtlich der nicht angefochtenen Feststellungen Änderung der Feststellung nach § 164 Abs. 2 AO beantragen.
Rz. 123
Da nach der Rechtsprechung jede Feststellung eines Feststellungsbescheids selbstständig anfechtbar ist, ist ggf. durch Auslegung zu ermitteln, die Feststellung welcher Besteuerungsgrundlagen der Kläger mit seiner Klage angreift. Dazu ist seine prozessuale Willenserklärung nach den Grundsätzen des § 133 BGB auszulegen. Maßgebend ist dabei nicht nur der Klageantrag, sondern der gesamte Inhalt der Klageschrift und die Schriftstücke, auf die in der Klageschrift ausdrücklich Bezug genommen worden ist. Ziel der Auslegung ist es entsprechend § 133 BGB, den wirklichen Willen des Klägers zu erforschen. Dazu sind alle dem FG und dem FA bekannten und vernünftigerweise erkennbaren Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art zu berücksichtigen. Auf die Wortwahl und bestimmte Bezeichnungen kommt es nicht entscheidend an, jedoch darf die Auslegung nicht zu einem Inhalt des Rechtsschutzbegehrens führen, für den sich in der Klageschrift selbst kein Anhaltspunkt finden lässt.
Rz. 124
Handelt es sich um eine einheitliche Feststellung und ist der Feststellungsbescheid nach § 352 AO, § 48 FGO zulässigerweise nur von einem oder einigen der Inhaltsadressaten angefochten worden, sind die übrigen Inhaltsadressaten zu dem Verfahren nach § 360 AO, § 60 FGO notwendig beizuladen. Eine Beiladung kann nur unterbleiben, wenn ein Inhaltsadressat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von der Entscheidung in dem Verfahren betroffen sein kann. Unterlässt das FG diese notwendige Beiladung, stellt dies einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar, den der BFH im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen hat. Der BFH kann im Revisionsverfahren nach seinem Ermessen die Beiladung nach § 123 Abs. 1 S. 2 FGO nachholen oder das Urteil des FG aufheben und an das FG zurückverweisen.