Rz. 9
Hauptanwendungsbereich des § 380 AO ist die Lohnsteuer. Bei der LSt handelt es sich nicht um eine eigene Steuerart, sondern lediglich um eine besondere Erhebungsform der ESt. Bei jeder Zahlung von Lohn i. S. d. § 2 LStDV muss der Arbeitgeber einen Betrag einbehalten und an die Finanzbehörde fristgerecht abführen, § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Da der Arbeitnehmer gem. § 38 Abs. 2 S. 1 EStG Steuerschuldner bleibt, geschieht dies auf Rechnung des Arbeitnehmers, § 38 Abs. 3 S. 1 EStG. Die LSt wird somit direkt an der Einkunftsquelle erhoben und in der Folge wie eine Vorauszahlung auf die ESt behandelt, vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Verstößt der Arbeitgeber gegen seine Pflicht zur Einbehaltung und Abführung, so handelt er i. S. d. § 380 AO tatbestandsmäßig. Wird hingegen kein Lohn i. S. d. § 2 LStDV ausbezahlt, so ist auch keine LSt einzubehalten oder abzuführen.
Zur Missachtung der Zuständigkeit der Finanzbehörde vgl. Rz. 28.
Rz. 10
Aufgrund der Wertungsneutralität des Steuerrechts ist es hingegen gleichgültig, ob der zugrunde liegende (Arbeits-)Vertrag zivilrechtlich wirksam ist, vgl. §§ 40, 41 AO.
Im Hinblick auf Leiharbeitsverhältnisse ist der Verleiher zur Einbehaltung und Abführung der LSt verpflichtet, Dies gilt auch für einen illegalen oder gem. § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG für einen ausländischen Verleiher. Den Entleiher trifft eine Verpflichtung zum Steuerabzug hingegen nur, wenn er selbst Arbeitslohn bezahlt.
Rz. 11
Da § 380 AO nur abzuführende fremde Steuerschulden erfasst, ist er auf die pauschalierte ESt nach § 37b EStG für Zuwendungen und Geschenke an Geschäftspartner und Arbeitnehmer nicht anwendbar, da auch in diesem Fall der Zuwendende selbst Steuerschuldner ist, vgl. §§ 37b Abs. 3, 40 Abs. 3 EStG.
Rz. 12
Umstritten ist die Anwendbarkeit des § 380 AO jedoch im Hinblick auf pauschalierte Lohnsteuer. Sie ist gem. § 40 Abs. 3 S. 1 EStG vom Arbeitgeber zu übernehmen und wird von ihm geschuldet. Diese gesetzliche Gestaltung, aus der sich ergibt, dass der Arbeitnehmer nicht Schuldner ist, spricht dagegen, die pauschalierte LSt als Abzugsteuer anzusehen. Der BFH geht hingegen davon aus, dass die pauschalierte LSt materiell durch die Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entsteht und vom Arbeitgeber lediglich übernommen wird. Dementsprechend wird vertreten, dass es sich bei der Steuerschuldnerschaft des Arbeitgebers lediglich um eine steuertechnische (formelle) Verfahrensregelung handele, durch die die materiell in der Person des Arbeitnehmers entstandene Steuer auf den Arbeitgeber mit befreiender Wirkung für den Arbeitnehmer übertragen wird. Betrachtet man diesem Ansatz folgend die pauschalierte LSt steuerrechtssystematisch als Abzugsteuer, so ist es auch angezeigt, die Anwendbarkeit des § 380 AO insoweit zu bejahen.