Rz. 11
Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht ist der Anwendungsbereich des § 40 AO auf sog. Fiskalzwecknormen, d. h. solche Vorschriften beschränkt, die den auf Einnahmeerzielung gerichteten Steuertatbestand begründen und im Einklang mit dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz ausgestalten. Demgegenüber soll die Gewährung von Steuervergünstigungen (wie Sonderabschreibungen und Zulagen), die in sog. Sozialzwecknormen zur Förderung bestimmter – z. B. aus wirtschafts-, sozial- oder umweltpolitisch erwünschter – Verhaltensweisen vorgesehen sind, in Fällen gesetzwidrigen Verhaltens ausgeschlossen sein. Zur Begründung heißt es, der Staat könne ein bestimmtes Verhalten nicht zugleich verbieten und subventionieren. Diese schematische Grenzziehung ist mit § 40 AO indes nicht zu vereinbaren. Ob die Gewährung einer Steuervergünstigung in Fällen gesetzwidrigen Verhaltens ausgeschlossen ist, kann nur anhand der jeweiligen Begünstigungsnorm beurteilt werden. Allein aus ihr ergibt sich, ob ein bestimmtes Verhalten trotz seiner Gesetzwidrigkeit den Begünstigungstatbestand i. S. v. § 40 AO "erfüllt". Maßgeblich ist dabei nicht allein der Wortlaut der Begünstigungsnorm, sondern auch deren systematische Stellung sowie ihr Sinn und Zweck. In Übereinstimmung damit hat der BFH die Gewährung der Eigenheimförderung nach dem früheren § 10e EStG für materiell baurechtswidrige Wohnungen mit der Begründung abgelehnt, dass ein Gebäude oder Gebäudeteil, dessen Beseitigung von der zuständigen Behörde verlangt werden könne, nicht dem mit der Vorschrift verfolgten Zweck diene, die Wohnraumversorgung zu verbessern und die Vermögensbildung zu fördern. Die Rückwirkung der nachträglich erteilten Baugenehmigung für ein nur formell baurechtswidriges Gebäude wurde vom BFH unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die zeitliche Anwendungsregelung zu § 10e EStG auf den Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung Bezug nehme. Soll durch Gewährung von Investitionszulagen ein vorübergehender Anreiz zu zusätzlichen Investitionen gegeben werden, können Baumaßnahmen, die mit dem materiellen Baurecht übereinstimmen, auch dann gefördert werden, wenn der Bauherr den im Begünstigungszeitraum gefassten Investitionsentschluss dadurch zum Ausdruck bringt, dass er noch vor Erteilung der notwendigen Baugenehmigung mit deren Durchführung beginnt.
Die Gewährung der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG für ein äußerlich als solches erkennbares Krankenfahrzeug ist nicht davon abhängig, dass die Verwendung des Fahrzeugs mit der entsprechenden Kennzeichnung verkehrsrechtlich zugelassen ist. Für einen überwiegend im "Linienverkehr" eingesetzten Kraftomnibus ist die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 KraftStG auch dann zu gewähren, wenn der Linienverkehr nicht genehmigt ist.
Eine Körperschaft, die gegen die Rechtsordnung verstoßende Tätigkeiten entfaltet, ist nicht gemeinnützig, weil ihre Tätigkeit nicht i. S. v. § 51 Abs. 1 S. 1 AO darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet zu fördern.