Rz. 28

Während der Steueranspruch geltend gemacht werden muss und nur in Ausnahmefällen[1] die Steuerfestsetzung[2] unterbleiben kann, steht die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners von vornherein im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung. Die Finanzbehörde hat sich grundsätzlich in erster Linie an den Schuldner zu halten. Insoweit kann von einer Subsidiarität der Haftung gesprochen werden (vgl. auch Rz. 29). Eine Rechtspflicht zur Inanspruchnahme des Haftungsschuldners besteht nicht .[3] Ob und ggf. wie weit die Finanzbehörde den Haftenden in Anspruch nehmen will, steht in ihrem Ermessen (Handlungsermessen = Entschließungsermessen). Dieses kann sich auf das Auswahlermessen (vgl. Rz. 29) reduzieren.[4] Im Übrigen enthält § 219 S. 1 AO eine auf die Erhebung beschränkte Regelung der Subsidiarität für die Haftungsinanspruchnahme, die auch bereits das Handlungsermessen beeinflussen kann. Diese beschränkte Subsidiarität wird allerdings durch § 219 S. 2 AO für wichtige Haftungsbereiche (z. B. Abzugssteuern wie die LSt) gänzlich aufgehoben.

[1] Z. B. wegen der Kleinbetragsregelung nach § 156 AO
[3] Opportunitätsprinzip; vgl. hierzu im Einzelnen Gehm, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 191 AO Rz. 42ff.
[4] Mösbauer, DB 1983, 1895.

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