Rz. 36
Da gem. § 44 Abs. 2 FGO Gegenstand der Anfechtungsklage regelmäßig der Verwaltungsakt in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist (s. Rz. 34), kommt eine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung grundsätzlich nicht in Betracht. Nur ausnahmsweise soll das Gericht ermächtigt sein, allein die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Sache damit wieder in das Einspruchsverfahren zurückzuversetzen mit der Folge, dass die Behörde erneut über den dann noch offenen Einspruch zu entscheiden hat. Der Tenor lautet dann: "Die Einspruchsentscheidung vom … wird aufgehoben." Das ist dann möglich, wenn der Kläger dies ausdrücklich beantragt und ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis dafür geltend machen kann. Das wird allgemein angenommen für den Fall, dass der Einspruch mit der Einspruchsentscheidung ohne Sachentscheidung zu Unrecht als unzulässig verworfen wurde, weil dem Kläger eine Sachentscheidungsinstanz vorenthalten und er in das kostenpflichtige Klageverfahren gezwungen wurde. Beschränkt sich der Adressat eines Verwaltungsakts in einem solchen Fall allerdings nicht auf die isolierte Anfechtung der Einspruchsentscheidung, hat das Gericht auch den zugrunde liegenden Verwaltungsakt vollen Umfangs zu überprüfen. Eine "Zurückverweisung" an das FA, damit es materiell-rechtlich entscheiden kann, kommt hier nicht in Betracht. Eine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung erfolgt ferner, wenn der Verwaltungsakt in der Einspruchsentscheidung unter Missachtung von § 367 Abs. 2 S. 2 AO verbösert wurde. Auch in Fällen, in denen der Kläger rechtsgrundlos mit einem Einspruchsverfahren überzogen wurde, etwa weil er keinen Einspruch eingelegt hatte, ein Einspruchsverfahren gem. §§ 347, 348 AO nicht statthaft war oder weil es sogar an einem durch die angefochtene Einspruchsentscheidung bestätigten ursprünglichen Verwaltungsakt fehlt, ist die (Schein-)Einspruchsentscheidung isoliert aufzuheben. Es gelten die gleichen Überlegungen wie bei Scheinverwaltungsakten (s. Rz. 16f.).
Rz. 37
Ist bei Erlass der Einspruchsentscheidung gegen Form- oder Verfahrensvorschriften verstoßen worden, rechtfertigt das allein die isolierte Aufhebung nicht. Wenn z. B. entgegen § 364a AO eine mündliche Erörterung der Sache im Einspruchsverfahren unterblieben ist, muss der Kläger geltend machen, dass er gerade dadurch in seinen Rechten verletzt ist und es bei Durchführung der Erörterung zu einer anderen Sachentscheidung gekommen wäre, will er eine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung erreichen. Beschränkt der Kläger seinen Antrag nicht auf die Aufhebung der Einspruchsentscheidung, obwohl das nach Auffassung des Gerichts sinnvoll wäre, weil eine weitere Sachaufklärung erforderlich ist, kann nach § 100 Abs. 3 FGO verfahren werden.