Rz. 78
Regelmäßig muss das Gericht bei Abänderungsklagen den rechtswidrigen durch den rechtmäßigen Geldbetrag ersetzen und dazu im Urteil errechnen und im Tenor festsetzen (s. Rz. 77). Erfordert die Berechnung des Änderungsbetrags einen erheblichen Aufwand, kann das Gericht ausnahmsweise die Errechnung des Betrags der Behörde übertragen. Dann muss das Gericht durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse den Umfang der Änderung so bestimmen, dass die Behörde den Änderungsbetrag aufgrund der Entscheidung berechnen kann. Die Behörde muss dann den Beteiligten das Ergebnis ihrer Berechnung unverzüglich formlos mitteilen und nach Rechtskraft der Entscheidung den Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt machen. Zur Formulierung des Tenors in solchen Fällen s. Rz. 70. Die Regelung gilt auch für Gerichtsbescheide. Auch im Revisionsverfahren kann durch den BFH von ihr Gebrauch gemacht werden. In Beschlusssachen ist sie entsprechend anzuwenden.
3.4.1 Voraussetzung
Rz. 79
Voraussetzung einer Übertragung der Berechnung auf die Behörde ist zunächst, dass es sich nicht um ein reines Aufhebungsbegehren handelt, sondern um eine Abänderungsklage (s. Rz. 71), und nicht der Spezialfall der Kassation ohne Sachentscheidung (s. Rz. 56ff.) in Betracht kommt. Eine Übertragung der Ermittlung von tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen auf die Behörde ist nach Abs. 2 nicht möglich. Vielmehr muss das Gericht die erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse selbst ermitteln und bestimmen und damit die Änderung des Bescheids selbst vornehmen, will es nach Abs. 2 S. 2 vorgehen. Nur die reine Rechenarbeit kann der Behörde aufgegeben werden. Sind die entscheidungserheblichen tatsächlichen Verhältnisse nicht ermittelt, ist ggf. nach Abs. 3 zu verfahren. Kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass die maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ermittelt sind und dass der angefochtene Verwaltungsakt teilweise rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, kann es die Berechnung des Änderungsbetrags auf die Behörde übertragen, wenn die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert. Insoweit ist ihm ein revisionsrechtlich nur sehr begrenzt überprüfbares Ermessen eingeräumt.
Rz. 80
Die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags erfordert dann einen nicht unerheblichen Aufwand, wenn mehr als schlichte Rechenoperationen notwendig sind. Nur einfache Berechnungen sollen Sache des Gerichts sein. Der Aufwand ist nicht unerheblich, wenn zahlreiche Faktoren in die Berechnung einfließen müssen, wie z. B. bei der Anwendung besonderer Steuersätze wegen außerordentlicher Einkünfte oder Progressionsvorbehalts. Ebenfalls müsste das Gericht einen nicht unerheblichen Aufwand treiben, wenn Änderungen von Bescheiden für viele Streitjahre und verschiedene Steuerarten vorzunehmen sind. Es ist zu prüfen, ob der Aufwand der Berechnung durch das Gericht den Aufwand der Berechnung durch die Behörde nicht unerheblich übersteigt. Dabei ist einerseits die regelmäßig bessere Ausstattung der Behörde mit EDV und die dort oft schnellere Verfügbarkeit der maßgeblichen Daten zu berücksichtigen, andererseits der Aufwand, der durch die Aktenversendung und die Verzögerung bis zum endgültigen Abschluss des Verfahrens hervorgerufen wird.
3.4.2 Inhalt der Entscheidung
Rz. 81
Das Gericht ändert den angefochtenen Verwaltungsakt und muss dann die Änderung durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag aufgrund der Entscheidung errechnen kann. Dazu sind die zur Rechtswidrigkeit führenden tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen so umfangreich und präzise anzugeben, dass die Behörde allein aufgrund der Entscheidung, ohne weitere eigene Ermittlungen anstellen zu müssen, in die Lage versetzt wird, den Änderungsbetrag zu errechnen. Der Behörde darf nicht die Entscheidung über maßgebliche Sach- oder Rechtsfragen überlassen werden. Es wird durch die Möglichkeit des § 100 Abs. 2 S. 2 FGO für das Gericht weder der Amtsermittlungsgrundsatz noch die Pflicht, den Klageantrag auszuschöpfen, eingeschränkt. Die Sache mus...