Rz. 22
Nach Abs. 3 S. 1 besteht für die Nichtzulassungsbeschwerde Begründungszwang. Die Zulassungsvoraussetzungen müssen "dargelegt" werden (Abs. 3 S. 3). Die Begründung kann bereits in die Beschwerdeschrift oder in einen innerhalb der Begründungsfrist nachgereichten Schriftsatz aufgenommen werden.
Wie im Revisionsverfahren ist der BFH auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden. Neuer Tatsachenvortrag ist ausgeschlossen, es sei denn, damit werden Verfahrensrügen geltend gemacht. Insoweit muss der BFH ggf. eigene Ermittlungen anstellen.
Rechtsfragen, die sich nur stellen können, wenn von einem anderen Sachverhalt, als vom FG festgestellt, ausgegangen wird, sind deshalb nicht zu prüfen. Auf Rechtsfragen, über die der BFH in dem angestrebten Revisionsverfahren wegen der Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht entscheiden könnte, kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
Zulassungsgründe, die erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist geltend gemacht werden, dürfen vom BFH nicht berücksichtigt werden. Der Vorbehalt weiteren Vorbringens außerhalb der Frist ist deshalb bedeutungslos. Nach Ablauf der Frist sind nur noch Erläuterungen und Vervollständigungen von rechtzeitig geltend gemachten Zulassungsgründen möglich, auch wenn dem Beschwerdeführer der Zulassungsgrund erst später bekannt geworden ist.
Die Prüfung des BFH beschränkt sich auf die fristgerecht vorgebrachten Zulassungsgründe; die Revision kann deshalb nicht zugelassen werden, wenn andere, nicht in der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochene Rechtsfragen geeignet wären, die Revision zuzulassen; zu den Ausnahmen s. Rz. 34.
Rz. 23
Der Zweck des Begründungszwangs besteht in der Entlastung des BFH durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Streitstoffs. Der BFH soll nicht selbst von Amts wegen die Akten auf mögliche Zulassungsgründe durchsehen müssen. Die Beschwerdebegründung erfordert deshalb eine eigenständige Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit dem geltend gemachten Zulassungsgrund anhand der Gründe des FG-Urteils unter Sichtung, Prüfung und Durcharbeitung des Streitstoffs. Ferner muss sich die Begründung fundiert mit der bisherigen Rechtsprechung befassen und das einschlägige Schrifttum aufarbeiten.
Die Unterzeichnung und Weiterleitung eines Schriftsatzes der Partei genügen daher nicht. Bloße (pauschale) Bezugnahmen auf Schriftsätze des Vorverfahrens oder des Klageverfahrens reichen nicht, ebenso nicht die Verweisung auf ein Gutachten bzw. Schriftsätze eines Dritten oder der Partei.
Rz. 24
Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde unterscheidet sich wesentlich von einer Revisionsbegründung. Bei der Revisionsbegründung geht es darum, die Fehlerhaftigkeit des FG-Urteils aufzuzeigen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde müssen dagegen die Voraussetzungen eines Zulassungsgrunds i. S. v. § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden. Die bloße Begründung der Fehlerhaftigkeit des FG-Urteils reicht daher für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bzw. des Erfordernisses der Rechtsfortbildung oder der Sicherung der Rechtsprechungseinheit (Divergenz) nicht aus. Mit bloßen Angriffen gegen die materielle Richtigkeit des FG-Urteils wird daher kein Zulassungsgrund dargetan. Es genügt deshalb keinesfalls die Verweisung auf einen gleichzeitig vorgelegten Entwurf der Revisionsbegründung.
Anders ist es nur bei der Verfahrensrevision. Hier decken sich Zulassungsgründe und Revisionsgründe. In beiden Fällen ist das Vorliegen eines Verfahrensmangels entscheidend.
Die Beschwerdebegründung muss sich auf den Streitstoff des FG-Urteils beziehen. Sie geht ins Leere und ist deshalb unzulässig, wenn mit ihr Fragen aufgeworfen werden, die das FG-Verfahren gar nicht betreffen, sondern sich z. B. auf andere Verfahren beziehen.
Rz. 25
Abs. 3 S. 3 verlangt die "Darlegung" der Voraussetzungen eines Zulassungsgrunds. Der Zweck dieses Erfordernisses besteht darin, den BFH durch eine Zusammenfassung des Streitstoffs davon zu entlasten, den Prozessstoff daraufhin durchzusehen, ob möglicherweise ein Grund für die Zulassung der Revision gegeben ist. Entsprechend dem Entlastungszweck stellt der BFH hohe Anforderungen an die Darlegung eines Zulassungsgrunds. Pauschale Ausführungen genügen nicht. Das Vorliegen eines Zulassungsgrunds muss näher erläutert werden. Erforderlich sind die Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs, darauf aufbauend die konkrete Auseinandersetzung mit den Gründen des FG-Urteils und substanzielle Angaben dazu, welcher Zulassungsgrund gegeben ist.
Rund ein Drittel der Zulassungsbeschwerden werden vom BFH als unzulässig verworfen. Der größte Teil scheitert an den Darlegungserfordernissen. Der BFH orientiert sich im Wesentlichen an der bisherigen strengen Auslegung der Zulassungskriterien. Entgegen mancher Erwartung hat die Neufassung der Zulassungsgründe ab 2001 nicht zu einer großzügigeren Zulassungs...