Rz. 16
Die Rücknahme der Revision bewirkt nur den Verlust der jeweils eingelegten Revision, nicht des Rechtsmittels überhaupt. Das angefochtene Urteil bleibt bestehen. Das Recht, Revision einzulegen, kann deshalb, sofern die Revisionsfrist noch nicht abgelaufen ist, erneut (theoretisch mehrfach) wahrgenommen werden. Deshalb wird das FG-Urteil, wenn die fristgerecht eingelegte Revision vor Ablauf der Revisionsfrist zurückgenommen wird, nicht bereits mit der Zurücknahme, sondern erst mit Ablauf der Revisionsfrist rechtskräftig. Gelegentlich werden nacheinander zwei Revisionen eingelegt, weil der Revisionskläger für die zuerst eingelegte Revision einen Fehler bemerkt, der zur Unzulässigkeit führen könnte. Es ist dann unerheblich, ob darin die Rücknahme der ersten und Einlegung einer neuen Revision oder eine weitere Begründung der ersten Revision zu sehen ist, da die Rücknahme nicht den Verlust des Rechtsmittels bewirken könnte.
Dadurch unterscheidet sich die Revisionsrücknahme von der Klagerücknahme, die den Verlust der Klage (der Rechtsmittelbefugnis) zur Folge hat. Die Klagerücknahme bewirkt den Wegfall des finanzgerichtlichen Urteils und die Bestandskraft des angefochtenen Verwaltungsakts (Rz. 2). Ist zum Zeitpunkt der Zurücknahme der Revision die Revisionsfrist bereits abgelaufen, wird das FG-Urteil mit der Zurücknahme rechtskräftig.
Der Unterschied zum Rechtsmittelverzicht (Verzicht auf die Revision) liegt darin, dass der Rechtsmittelverzicht das Recht auf ein Rechtsmittel zum Erlöschen bringt und damit endgültig die Revisionsmöglichkeit beseitigt, sodass nicht, auch wenn die Revisionsfrist an sich noch laufen würde, erneut Rechtsmittel eingelegt werden kann. Der Rechtsmittelverzicht kann nach Erlass des FG-Urteils sowohl gegenüber dem FG als auch dem BFH erklärt werden. Er muss ausdrücklich und eindeutig erklärt werden.
Bei mehrfacher Revisionseinlegung – z. B. durch mehrere unabhängig voneinander handelnde Prozessbevollmächtigte – wird grds. nur ein einziges Verfahren anhängig. Dementsprechend wird, auch wenn nur ein Bevollmächtigter die Rücknahme erklärt, das Prozessrechtsverhältnis insgesamt beendet. Ergibt die Auslegung jedoch, dass sich die Rücknahmeerklärung des einen Bevollmächtigten nur auf die von ihm eingelegte Revision bezieht und er sich lediglich aus dem Verfahren zurückziehen will, führt dessen Zurücknahme nicht zur Beendigung des Revisionsverfahrens, sondern wird mit dem anderen Bevollmächtigten fortgesetzt.
Rz. 17
Mit der Revisionsrücknahme wird eine Anschlussrevision nachträglich unzulässig, da sie die Anhängigkeit einer Hauptrevision voraussetzt und daher ihre Wirkung verliert, wenn diese zurückgenommen wird.
Der Beigeladene, der selbst Revision eingelegt hat, kann seine Revision selbstständig weiterführen, auch wenn der Kläger seine Revision zurücknimmt.
Rz. 18
Besteht Streit über die Rücknahme, etwa weil die Rücknahmeerklärung nicht eindeutig ist, wird das Verfahren zur Entscheidung über die Rücknahme fortgesetzt. Erachtet der BFH die Rücknahme für wirksam, ist durch Urteil auszusprechen, dass die Revision zurückgenommen ist. Bei Unwirksamkeit der Rücknahme ist in der Sache selbst durch Urteil zu entscheiden. In den Urteilsgründen wird dann dargelegt, dass die Revision nicht zurückgenommen worden ist. Der BFH kann auch schon vorab durch Zwischenurteil feststellen, dass die Revision nicht wirksam zurückgenommen worden ist.
Rz. 19
Besteht – wie im Normalfall – kein Streit über die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung, ist – anders als bei der Klagerücknahme – ein förmlicher Einstellungsbeschluss nicht erforderlich. Zur Klarstellung kann dies gleichwohl angebracht sein. Ein Einstellungsbeschluss ist regelmäßig auch dann sachgerecht, wenn ein Beteiligter Kostenerstattung beantragt oder beantragen will. Davon ist allgemein auszugehen, wenn das FA die Revision zurücknimmt und der Revisionsbeklagte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist. Durch Beschluss ist auch zu entscheiden, wenn einem vollmachtlosen Prozessvertreter nach Revisionsrücknahme die Verfahrenskosten auferlegt werden. Der BFH erlässt bei Revisionsrücknahmen grundsätzlich einen Einstellungsbeschluss. Dass der Revisionskläger der Revision verlustig geht, ergibt sich aus dem Gesetz und wird daher nicht ausdrücklich ausgesprochen.
Rz. 20
Der Revisionskläger, der die Revision zurücknimmt, hat die Kosten der Revision und einer etwaigen Anschlussrevision zu tragen. Darüber ist in dem Einstellungsbeschluss mitzuentscheiden, wenn ein Beteiligter Kostenerstattung beantragt. Die Kostenentscheidung des FG-Urteils bleibt unberührt. Sind keine Kosten entstanden, ist eine Kostenentscheidung entbehrlich. Bei Revisionsrücknahme sowohl durch den Revisionskläger als auch durch den Revisionsbeklagten sind die Kosten nach dem Verhältnis der Gegenstandswerte aufzuerlegen. Auch ein angeblich bestellter Prozessbevollmächtigter kann die Revision wirksam zurücknehmen; er hat j...