Rz. 1
Die vom Präsidium des Finanzgerichts aufgestellte Liste hat nicht nur eine bloße Ordnungsfunktion. Ebenso wie der Geschäftsverteilungsplan dient sie der Bestimmung des gesetzlichen Richters, indem sie die Möglichkeit einer Manipulation weitgehend verhindert. Von der Liste darf deshalb nicht willkürlich abgewichen werden. Vielmehr muss die Reihenfolge der Zuweisung der ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen des Senats festliegen.
Eine gesetzlich festgelegte Regel über die Heranziehung der ehrenamtlichen Richter besteht hingegen nicht. Sie kann und wird aber regelmäßig vom Präsidium vorgegeben werden. Andererseits wird aber auch keine kleinliche Handhabung gefordert. So kann, wo die Regeln der Geschäftsverteilung nicht eindeutig schriftlich festgelegt sind, auch die "gewachsene Übung" des Senats oder FG herangezogen werden.
Unzulässig ist es dagegen, die ehrenamtlichen Richter jeweils nach ihrer besonderen Sachkenntnis für den zur Entscheidung anstehenden Fall zu bestimmen, da dies gegen die verfassungsrechtliche Garantie des gesetzlichen Richters verstieße. Jedoch kann die Sachkenntnis eines ehrenamtlichen Richters bei der Aufstellung der Liste durchaus berücksichtigt werden.
Rz. 2
Wird eine mündliche Verhandlung unterbrochen, kann sie mit denselben ehrenamtlichen Richtern fortgesetzt werden.
Eine gesetzliche Höchstgrenze für den Abstand zwischen den Sitzungstagen besteht nicht. Die Regelung des § 229 StPO, wonach eine unterbrochene Hauptverhandlung spätestens drei Wochen nach der Unterbrechung fortgesetzt werden muss, ist auf das finanzgerichtliche Verfahren nicht entsprechend anzuwenden. Liegt jedoch ein Zeitraum von mehr als 9 Wochen zwischen den Sitzungstagen, findet eine neue mündliche Verhandlung statt. Es ist unzulässig, diese mit den "alten" ehrenamtlichen Richtern fortzusetzen, da nunmehr eine bloße Unterbrechung nicht mehr gegeben ist. Vielmehr sind die geschäftsplanmäßig bestimmten ehrenamtlichen Richter zu berufen.
Rz. 3
Ist ein nach der Hauptliste bestimmter ehrenamtlicher Richter verhindert, muss der auf der Hauptliste nachfolgende Richter herangezogen werden. Nach § 27 Abs. 2 FGO kann bei unvorhergesehener Verhinderung des auf der Hauptliste stehenden ehrenamtlichen Richters auf die Hilfsliste zugegriffen werden. Das gilt etwa, wenn ein für die mündliche Verhandlung vorgesehener ehrenamtlicher Richter am Sitzungstag seine Teilnahme wegen plötzlicher Erkrankung absagt. Unvorhergesehene Verhinderungen erfordern i. d. R. schnelles Handeln. Deshalb sieht § 27 Abs. 2 FGO vor, dass die auf der Hilfsliste stehenden ehrenamtlichen Richter am Gerichtssitz oder in seiner Nähe wohnen. Eine unvorhergesehene Verhinderung ist dann gegeben, wenn sie erst nach Absendung der Ladung bekannt wird.
Ist eine Hilfsliste nicht vorhanden, so genügt es, wenn eine hinreichende Vertretungsregelung im Geschäftsverteilungsplan des jeweiligen Senats getroffen ist, z. B. dass der nächste auf der – einzigen – Liste nachfolgende ehrenamtliche Richter an der Sitzgruppe des Sitzungstags teilnimmt. Dabei ist es unerheblich, ob die Sitzgruppe eines vorangegangenen Sitzungstags ordnungsmäßig zusammengesetzt war oder nicht.
Das Gericht braucht hierbei grundsätzlich nicht nachzuprüfen, ob der mitgeteilte Hinderungsgrund auch tatsächlich vorliegt; es kann sich darauf verlassen, dass sich ein ehrenamtlicher Richter seinen Pflichten nicht ohne zwingenden Grund entzieht. Ist kein Richter der Hilfsliste erreichbar, muss der Termin verschoben werden; andernfalls würde gegen das Verhältnis von Haupt- und Hilfsliste verstoßen.
Rz. 4
Wird von der laut Liste vorgegebenen Reihenfolge willkürlich abgewichen, ist das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt. Ein vom Senat erlassenes Urteil ist fehlerhaft und kann mit der Revision angefochten werden. Gegen ein bereits rechtskräftiges Urteil kommt u. U. die Nichtigkeitsklage in Betracht.
Nach Erschöpfung des Rechtswegs kommt auch eine Verfassungsbeschwerde in Betracht.
Revision und Nichtzulassungsbeschwerde setzen willkürliche Erwägungen voraus, die einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG begründen. Rügt ein Beteiligter die ordnungsmäßige Besetzung des Senats, hat er die Umstände darzulegen, die für eine fehlerhafte Berufung des ehrenamtlichen Richters sprechen. Das Gericht ist nicht gehalten, auf die bloße Behauptung des Beteiligten hin von Amts wegen zu ermitteln. Die Beteiligten haben dem Gericht die notwendigen Informationen zu geben.