Rz. 1
§ 94a FGO ermöglicht es lediglich, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen. Systematisch wäre es sinnvoller gewesen, § 94a FGO in § 90 FGO als dortigen Abs. 3 einzufügen. Im Revisionsverfahren gilt § 94a FGO nicht.
Rz. 2
Aus prozessökonomischen Gründen kann das Gericht bei Streitwerten bis einschließlich 500 EUR sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen, auch wenn der Klageantrag nicht beziffert ist. Dies gilt auch, wenn der Streitwert erst nach Trennung von Verfahren diese Grenze unterschreitet. § 94a FGO ist jedoch nicht anwendbar, wenn der Wert des Streitgegenstands nicht zuverlässig nach einer konkreten Geldleistung bestimmt werden kann, sondern eine Schätzung des Streitwerts zu Unsicherheiten über die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens führen würde. Ebenso ist das Verfahren nach § 94a FGO nicht anzuwenden, wenn das Verfahren Feststellungsbescheide bzw. Grundlagenbescheide betrifft. Der Mindeststreitwert nach § 52 Abs. 4 GKG ist für die Berechnung des Streitwerts i. S. d. § 94a FGO ohne Bedeutung.
Rz. 3
Die Entscheidung, nach § 94a FGO zu verfahren, steht im Ermessen des Gerichts. Es kann ermessensfehlerhaft sein, wenn das Gericht das Verfahren nach § 94a FGO bei einer Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung wählt. Die Beteiligten müssen nicht auf die Absicht des Gerichts, die mündliche Verhandlung entfallen zu lassen, hingewiesen werden, obwohl ein richterlicher Hinweis sinnvoll ist, um die Beteiligten nicht zu "überfahren". Werden sie vom Gericht auf die Absicht, nach billigem Ermessen verfahren zu wollen, hingewiesen, müssen sie eine mündliche Verhandlung eindeutig beantragen. Nicht ausreichend ist es jedenfalls, wenn sich die Beteiligten auf eine solche Anfrage überhaupt nicht äußern. Will man bei geringem Streitwert eine mündliche Verhandlung erzwingen, muss der für das Gericht verbindliche Antrag nach § 94a S. 2 FGO schnell gestellt werden. Ein erst nach Erlass des Urteils gestellter Antrag ist wirkungslos. Der Hinweis in § 94a S. 3 FGO auf § 79a Abs. 2 FGO und § 90a FGO bedeutet nur, dass das Gericht trotz rechtzeitigen Antrags auf mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden kann. Der Antrag auf mündliche Verhandlung kann auch konkludent zum Ausdruck kommen. So genügt die Ankündigung, die Sachanträge in der mündlichen Verhandlung zu stellen, nicht auf mündliche Verhandlung zu verzichten, den Steuerbetrag noch in einer mündlichen Verhandlung bestimmen zu wollen, oder der Antrag, zwei Streitsachen in nur einer Verhandlung durchzuführen oder die mündliche Verhandlung zu vertagen. Auch der Antrag auf Erhebung eines Zeugenbeweises enthält den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung. Auf die Erheblichkeit des Zeugenbeweises kommt es nicht an.
Rz. 4
Das Gericht muss sein Verfahren so einrichten, dass die Beteiligten Gelegenheit haben, den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wirksam zu stellen. Auch im Verfahren nach § 94a FGO gilt der Amtsermittlungsgrundsatz und ist mündlich (im Erörterungstermin) oder schriftlich rechtliches Gehör zu gewähren.
Rz. 5
Wird § 94a FGO verletzt, ist das Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.