Rz. 33
Zur Erfüllung des Anspruchs kann die Krankenkasse die zur Gewährung häuslicher Krankenpflege benötigten Pflegekräfte selbst anstellen und dem Versicherten zur Verfügung stellen. Die Krankenkasse kann aber auch Krankenpflegepersonen anderer Einrichtungen in Anspruch nehmen. Insoweit schließt sie mit den Trägern dieser Einrichtungen Verträge über die Erbringung und Vergütung der Leistungen (vgl. § 132 Abs. 1 Satz 2). Diese erfüllen dann den Sachleistungsanspruch des Versicherten.
Als geeignete Pflegekräfte i. S. v. § 132a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 37 Abs. 1 Satz 1 zur Durchführung umfassender Krankenpflege kommen grundsätzlich lediglich staatlich anerkannte Altenpfleger, Krankenpfleger oder -schwestern sowie Kinderkrankenpfleger oder -schwestern in Betracht. Bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs ist zwischen dem Leistungserbringerrecht (§ 132a) und dem Leistungsrecht (§ 37 Abs. 1 Satz 1) zu unterscheiden. Das Leistungserbringerrecht regelt allein die Zulassung zur professionellen Pflege. Hingegen kann der Anspruch auf die Leistung "häusliche Krankenpflege" nicht nur durch professionelle Kräfte, sondern auch durch eine im Haushalt lebende Person (§ 37 Abs. 3) oder eine selbstbeschaffte Kraft (§ 37 Abs. 4) erfüllt werden. Für die Leistungserbringung nach § 37 Abs. 3 und 4 können somit auch angelernte Kräfte, nur praktisch erfahrene Kräfte und sogar nur im Haushalt lebende Personen ohne praktische Erfahrung im konkreten Fall ausreichend sein (vgl. BSG, Urteil v. 21.11.2002, B 3 KR 14/02 R).
Rz. 34
Wenn Krankenpflegepersonen von der Krankenkasse nicht gestellt werden können oder wenn ein Grund vorliegt, von der Gestellung abzusehen, hat die Krankenkasse die Kosten für eine selbst beschaffte Pflegekraft in angemessener Höhe zu erstatten (Abs. 4). Für den in Frage kommenden Personenkreis besteht keine Begrenzung. Hingegen wird schon im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung nach Abs. 2 auch bei Verwandten die Überprüfung ihrer Eignung als Pflegekraft unerlässlich sein. Eine Beschränkung auf die bloße hauswirtschaftliche Versorgung oder Grundpflege scheidet wegen der notwendigen Verbindung mit der medizinischen Behandlungspflege aus. Allenfalls kommt eine Aufteilung der verschiedenen Pflegearten auf mehrere Personen in Betracht. Unter diesen Voraussetzungen wandelt sich der Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch, der einen Anspruch auf Vergütung in angemessener Höhe begründet.
Rz. 35
§ 37 Abs. 4 erfasst Fälle, in denen die Krankenkasse die Sachleistung nicht erbringen kann, weil sie z. B. über keine ausreichende Anzahl von geeigneten Pflegekräften verfügt oder wenn der Versicherte in seiner Person liegende Gründe aufweist, aufgrund derer nur eine spezielle Pflegekraft in Betracht kommt, die auch nicht vertraglich gegenüber der Krankenkasse gebunden sein muss. Voraussetzung ist, dass der Versicherte zunächst einen Antrag auf Gewährung der Sachleistung an die Krankenkasse gerichtet hat. Grundsätzlich ist der Anspruch der Versicherten nach Abs. 4 beschränkt auf die Inanspruchnahme von Pflegediensten, die mit der Krankenkasse Verträge nach § 132a Abs. 4 über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung geschlossen haben (hierzu BSG, Urteil v. 14.7.2022, B 3 KR 2/22 R). Die Organisation der häuslichen Krankenpflege im Arbeitgebermodell (§ 11 Abs. 3, § 63b Abs. 6 Satz 1 SGB XII; ab 1.1.2014 nun § 76 SGB XIV) durch die Versicherten mit von ihnen selbst beschäftigten besonderen Pflegekräften ist jedenfalls dann zulässig, wenn die im Einzelfall erforderliche häusliche Krankenpflege anders nicht sicherzustellen ist (BSG, Urteil v. 10.11.2022, B 3 KR, 15/20 R).
Rz. 35a
Neben § 37 Abs. 4 kommt jedoch auch ein Kostenfreistellungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 in Betracht, der jedoch ebenfalls einen Sachleistungsanspruch auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 1 bis 3 voraussetzt. Der Sachleistungsanspruch wandelt sich in einen Kostenerstattungs- bzw. Kostenfreistellungsanspruch um, wenn eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig von der Krankenkasse erbracht werden konnte. Diese Alternative ist erfüllt, wenn ein Fall vorliegt, der es dem Versicherten unmöglich macht, den mit der Antragstellung beginnenden regelmäßigen Beschaffungsweg einzuhalten (Alt. 1, z. B. bei Insulininjektion, vgl. BSG, Urteil v. 3.8.2006, B 3 KR 24/05 R), oder wenn die Krankenkasse den Antrag zu Unrecht abgelehnt hat (Alt. 2). Ein Anspruch auf Kostenfreistellung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 besteht aber nur dann, wenn zwischen der rechtswidrigen Ablehnung der Sachleistung durch die Krankenkasse und dem Kostennachteil des Versicherten ein Ursachenzusammenhang besteht. Daran fehlt es, wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hatte und fest e...