Sachverhalt
Das Legen eines Hausanschlusses durch ein Wasserversorgungsunternehmen gegen gesondert berechnetes Entgelt ist nach aktueller BFH-Rechtsprechung als Lieferung von Wasser zu beurteilen. Diese eigenständige Leistung unterliegt somit dem ermäßigten Steuersatz. Die Finanzverwaltung beschränkt die Anwendung der Rechtsprechung allerdings auf solche Fälle, in denen der Hausanschluss durch das Wasserversorgungsunternehmen selbst gelegt wird.
Nach einem Grundsatzurteil des EuGH v. 3.4.2008, C-424/05, hat der BFH in seinen Urteilen v. 8.10.2008, V R 61/03 und V R 27/06, das Legen eines Hausanschlusses durch ein Wasserversorgungsunternehmen gegen gesondert berechnetes Entgelt als Lieferung von Wasser beurteilt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anschlussleistung an den späteren Wasserbezieher oder einen Dritten, z. B. einen Bauunternehmer, erbracht wird. Die Anschlussleistung unterliegt daher – genauso wie die spätere Lieferung des Wassers – dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.
Das BMF beschränkt die Anwendung der Rechtsprechung auf das Legen des Hausanschlusses durch das Versorgungsunternehmen selbst. Der ermäßigte Steuersatz greift deshalb nur, wenn die Hauswasseranschlussleistung und die Wasserbereitstellung durch ein und denselben Unternehmer erfolgen, also durch das Wasserversorgungsunternehmen. Eine Personenidentität auf der Empfängerseite ist nicht notwendig (BMF, Schreiben v. 7.4.2009, IV B 8 – S 7100/07/10024).
Die Bezeichnung durch die Vertragsparteien, z. B. als Anschlussbeiträge oder Baukostenbeiträge, ist ebenfalls unerheblich. Sofern es sich um Entgelt für das Legen des Hausanschlusses durch den Versorgungsunternehmer handelt, ist die dieser Zahlung zu Grunde liegende Leistung ermäßigt zu besteuern. Gleiches gilt für Reparatur-, Wartungs- und ähnliche Leistungen an den Hausanschlüssen durch den Wasserversorger. Dies gilt auch, wenn die Unterhaltungskosten gesondert in Rechnung gestellt werden, da sie nicht als selbstständige Hauptleistung zu beurteilen sind.
Für vor dem 1.7.2009 ausgeführte Leistungen wird es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers – nicht beanstandet, wenn sich der leistende Unternehmer auf die entgegenstehenden Regelungen des BMF-Schreibens v. 5.8.2004, BStBl 2004 I S. 638, beruft.
Hinweis
(Privat-)Kunden von Wasserversorgungsunternehmen, die in der Vergangenheit zu viel Umsatzsteuer bezahlt haben, sollten sich umgehend an den Versorgungsbetrieb wenden und um Rückzahlung bitten. Von Amts wegen ist eine Rückzahlung nicht vorgesehen.
Nach Abschn. 182a Abs. 7 Nr. 8 UStR stellt das Verlegen von Hausanschlüssen durch das Versorgungsunternehmen eine Bauleistung dar, wenn es sich hierbei um eine eigenständige Leistung handelt. Diese Rechtslage wird durch die Rechtsprechung des BFH nicht berührt. Die Entscheidungen des BFH haben ausschließlich Bedeutung für den ermäßigten Steuersatz.
Nach der o. g. EuGH-Rechtsprechung fällt das Legen eines Hausanschlusses unter den Begriff "Lieferung von Wasser". Da auch die bloße Anschlussleistung – gleich von welchem Unternehmer sie erbracht wird – für den Wasserempfänger "unentbehrlich" ist, gehört sie u. E. ebenfalls zur begünstigten Lieferung von Wasser. Weil der BFH nur über Fälle zu entscheiden hatte, in denen Anschlussleistungen und Wasserlieferungen vom selben Unternehmer erbracht wurden, brauchte er darüber nicht zu befinden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 7.4.2009, IV B 8 - S 7100/07/10024.