Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionszulage: Keine Betriebsstätten einer Bäckerei bei Auslagerung von Verkaufsstellen auf selbstständige Unternehmer
Leitsatz (redaktionell)
1. Filialen, in denen als „Kommissionäre” bezeichnete Vertragspartner einer Bäckerei in von der Bäckerei angemieteten Räumen deren Produkte verkaufen, sind keine „Betriebsstätten” der Bäckerei i. S. v. § 2 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 2010, wenn die Bäckerei die ausschließliche Nutzung der jeweiligen Verkaufsstelle sowie den jeweiligen Verkaufsvorgang selbst auf die „Kommissionäre” als selbstständige Dritte ausgelagert hat, die ausschließliche Nutzung der von der Bäckerei angeschafften Einrichtung, Backstationen usw. dem jeweiligen Kommissionär überlassen ist und der Verkauf selbst durch Personal des Kommissionärs erfolgt. Das Recht der Bäckerei zu Bestandsgruppenkontrollen, zur Stellung zusätzlichen Verkaufspersonals bei Überlastung einer Verkaufsstelle sowie zur Einsicht in die Verkaufsunterlagen ist insoweit unerheblich.
2. Bei den „Kommissionären” handelt es sich um Handelsvertreter i. S. v. § 84 HGB, wenn sie als selbstständige Gewerbetreibende für die Bäckerei den Verkauf von Produkten der Bäckerei vermitteln und den jeweiligen Verkauf im Namen der Bäckerei abschließen.
3. Werden Ein- und Verkaufsstellen durch selbstständige Unternehmer begründet, liegen nur Betriebsstätten dieser Unternehmer vor.
Normenkette
InvZulG 2010 § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; AO § 12 Sätze 1, 2 Nr. 6; HGB §§ 84, 383
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage weitere Investitionszulage für das Kalenderjahr 2011 für Investitionen in Verkaufsstätten, in denen als „Kommissionäre” bezeichnete Vertragspartner der Klägerin deren Backwaren unter ihrem Namen verkauft haben.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform GmbH & Co. KG die Herstellung und den Vertrieb von Backwaren sowie den Verkauf von Kaffee und anderen Handelswaren. Der Verkauf erfolgt im Wesentlichen über Verkaufsstellen, deren Geschäftsräume die Klägerin jeweils angemietet hat.
Der Verkauf der Waren der Klägerin erfolgt durch Dritte im Rahmen eines Vertrages, den die Klägerin mit jedem Vertragspartner abschließt „Kommissionsvertrag”). Die Betreiber der jeweiligen Bäckerei-Verkaufsstellen (vertraglich als „Kommissionäre” bezeichnet) verpflichten sich gegenüber der Klägerin, aus ihrem Warenangebot ein eigenes Sortiment zusammenzustellen, eigenes Verkaufspersonal anzustellen und die Waren im Namen der Klägerin und auf deren Rechnung zu verkaufen.
Im Kalenderjahr 2011 errichtete die Klägerin u.a. neue Verkaufsstellen in Z, I, A und E. Darüber hinaus investierte sie in bereits bestehende Bäckereigeschäfte. Am 13. Mai 2013 stellte sie bei dem Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Investitionszulage für das Kalenderjahr 2011 in Höhe von 57.872,60 EUR für näher bezeichnete Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Wegen der Einzelheiten wird auf den Investitionszulagenantrag verwiesen.
Der Beklagte führte daraufhin bei der Klägerin eine abgekürzte Außenprüfung durch. Der Prüfer folgte zunächst der Angabe der Klägerin, dass sie mit einer Wertschöpfungsquote in Höhe von 58,62 % dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen sei. Bei der Prüfung der Investitionen in die Verkaufsstellen kam er jedoch zu dem Ergebnis, dass sie größtenteils nicht investitionszulagenbegünstigt seien. Bei den Verkaufsstellen handelte es sich nämlich mit Blick auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Investitionszulagengesetzes 2010 (InvZulG) um keine Betriebsstätten i.S.d. § 12 der Abgabenordnung 1977 (AO).
Mit Bescheid vom 14. November 2013 gewährte der Beklagte eine Investitionszulage für das Kalenderjahr 2011 in Höhe von 6.799,80 EUR (bzgl. Scannern für die sog. beleglose Kommissionierung und einen LKW, Positionen 44, 46, 48 und 49 des Investitionszulagenantrages). Dem Prüfer folgend, setzte er keine weitere Investitionszulage fest.
Mit ihrem Einspruch gegen den Investitionszulagenbescheid machte die Klägerin u.a. geltend, dass es sich bei den Verkaufsfilialen selbstverständlich um Betriebsstätten i.S.d. § 12 AO handelte. Sie übe in den Filialen eine eigene gewerbliche Tätigkeit aus. Durch den Kauf von Bäckereiprodukten schließe der Kunde in jedem einzelnen Fall mit ihr einen schuldrechtlichen Vertrag. Ein Vertrag mit dem Kommissionär komme in keinem Fall zustande. Aus dem Kommissionsvertrag ergebe sich, dass der Kommissionär lediglich berechtigt sei, ausschließlich ihre Produkte in ihrem Namen zu veräußern. Darüber hinaus sei der Kommissionär nicht berechtigt, Einfluss auf die Preisgestaltung zu nehmen (Hinweis auf § 3 des Kommissionsvertrages).
Am 21. Juli 2014 hat der Beklagte eine Teil-Einspruchsentscheidung erlassen. Der 1. Senat des Thüringer Finanzgerichts hat diese Teileinspruchsentscheidung mit Urteil vom 25. Ju...