rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung des Rechts auf Änderung vorläufig ergangener Steuerbescheide
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Recht zur Änderung der wegen der Ungewissheit über das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht gem. § 165 Abs. 1 AO vorläufig erlassenen Einkommensteuerbescheide ist nicht deshalb verwirkt, weil der Steuerpflichtige allein aus dem – vermutlich versehentlichen – Ergehen der nachfolgenden Einkommensteuerbescheide ohne Vorläufigkeitsvermerk auf die Beseitigung der Unsicherheit hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht geschlossen hat.
2. Behauptet der Steuerpflichtige, das FA in einem Gespräch vom Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht überzeugt zu haben, kann ein Antrag auf Aufhebung der Vorläufigkeitsvermerke für die Vorjahre ein Indiz für ein solches Gespräch sein.
Normenkette
AO § 165 Abs. 2, 1 S. 1; EStG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 18; BGB § 242
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
Umstritten ist im Streitfall, ob der Beklagte sein Recht auf Änderung der Einkommensteuerbescheide, die es wegen der Ungewissheit über das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht gemäß § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) vorläufig erlassen hat, verwirkt hat.
Die Kläger wurden in den Streitjahren als Ehepaar gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Beide erzielten als Verkaufsleiter bzw. als Tiefbauingenieurin Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Der Kläger war darüber hinaus nebenberuflich als selbstständiger Musiker tätig.
Nachdem er aus dieser Tätigkeit bereits in den Jahren 1993 bis 1995 ausschließlich Verluste in einer Gesamthöhe von 26.526 DM erzielt hatte und auch für das Jahr 1996 einen Verlust in Höhe von 15.082 DM geltend machte, erließ das damals zuständige Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für dieses Streitjahr unter Berücksichtigung des geltend gemachten Verlustes vorläufig. Das Finanzamt begründete dies damit, dass die Einkunftserzielungsabsicht des Klägers noch nicht abschließend beurteilt werden könne.
Dementsprechend erließ es auch die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1997, 1998 und 2000, unter Berücksichtigung der geltend gemachten Verluste in Höhe von 26.075 DM, 6.479 DM und 11.923 DM, vorläufig, während es im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 den geltend gemachten Verlust in Höhe von 5.691 DM endgültig anerkannte. Auch die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 und 2002, in denen Verluste in Höhe von 1.135 DM bzw. 1.591 EUR berücksichtigt wurden, ergingen endgültig. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 wurde der dort geltend gemachte Verlust in Höhe 5.212 EUR nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung berücksichtigt.
In der Zeit vom 12. Dezember 2005 bis zum 13. April 2006 führte die zuständige Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts beim Kläger eine Außenprüfung durch. Gegenstand der Prüfung war die selbstständige Tätigkeit des Klägers als Musiker. Prüfungszeitraum waren die Jahre 2001 bis 2003. In ihrem Prüfungsbericht vom 15. Mai 2006 vertrat die Prüferin die Auffassung, dass unter Berücksichtigung eines Totalverlustes von 1995 bis 2003 in Höhe von 48.701 EUR eine Gewinnerzielungsabsicht des Klägers nicht erkennbar sei, sodass die im Prüfungszeitraum erzielten Verluste dem Grunde nach einkommensteuerlich unbeachtlich seien. Da jedoch die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2001 und 2002 bestandskräftig seien, käme lediglich eine Änderung der Veranlagung 2003 in Betracht.
Daraufhin änderte der inzwischen örtlich zuständige Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2003 und die insoweit vorläufig erlassenen Einkommensteuerbescheide der Streitjahre und ließ nunmehr die geltend gemachten Verluste aus selbstständiger Arbeit unberücksichtigt.
Die dagegen mit der Begründung eingelegten Einsprüche, in der Schlussbesprechung sei durch den Sachgebietsleiter der Betriebsprüferin abschließend entschieden worden, es werde keine Änderung der Bescheide 1996 bis 2002 geben, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass er aufgrund des Vorläufigkeitsvermerks berechtigt gewesen sei, die streitigen Festsetzungen zu ändern. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Kläger aufgrund des Verhaltens des Beklagten darauf hätten vertrauen dürfen, dass dieser die Bescheide nicht mehr ändern wolle und er deshalb sein Recht auf Änderung verwirkt habe. Auch materiell-rechtlich sei die Beurteilung, dass keine äußeren Merkmale oder objektiver Beweisanzeichen vorlägen, die auf eine Gewinnerzeilungsabsicht des Klägers hinweisen, nicht zu beanstanden.
Mit der dagegen erhobenen Klage machen die Kläger über ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren hinaus im Wesentlichen geltend, dass der Beklagte sein Recht zur Änderung der Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre zu Lasten der Kläger bereits verwirkt habe. Im Einkommensteuerbescheid für das ...