Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 3
§ 19 GrEStG bezweckt, der zuständigen Finanzbehörde die Ermittlung grunderwerbsteuerrechtlich relevanter Erwerbsvorgänge zu ermöglichen (Thüringer FG v. 24.1.2018, 4 K 823/15, Rn. 36). Die Vorschrift regelt dazu eine gesetzliche Anzeigepflicht nach § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO (BFH v. 27.9.2017, II R 41/15, BFH/NV 2018, 393) und zählt abschließend die Fälle auf, in denen insbesondere Veräußerer und Erwerber anzeigepflichtig sind. Hierbei handelt es sich primär um Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG, die ohne eine solche Verpflichtung dem Finanzamt weitgehend unbekannt blieben (§ 19 Abs. 1 S. 1 GrEStG). Dementsprechend bezieht sich § 19 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 4 bis 8 GrEStG auf Rechtsvorgänge, die regelmäßig nicht der notariellen Beurkundung unterliegen und zumeist nur privatschriftlich vereinbart werden, sodass insoweit keine Anzeigepflicht nach § 18 GrEStG ausgelöst wird. Aus demselben Grund sind nach dem Auffangtatbestand des § 19 Abs. 1 S. 2 GrEStG auch die Erwerbsvorgänge anzeigepflichtig, für die nach § 18 GrEStG keine Anzeige zu erstatten ist. Darüber hinaus besteht Anzeigepflicht in den Fällen, in denen sich die Gegenleistung ändert, was dem eigentlichen, der Besteuerung zu unterwerfenden Erwerbsvorgang nicht zu entnehmen ist (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG).
Nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 GrEStG sind die Beteiligten selbst dann anzeigepflichtig, wenn für Gerichte, Behörden und Notare insoweit eine eigenständige Anzeigepflicht nach § 18 GrEStG besteht (vgl. BFH v. 30.10.1996, II R 69/94, BStBl II 1997, 85). Auch eine evtl. mit dem beurkundenden Notar getroffene Vereinbarung, dass dieser die Anzeigepflicht erfüllt, entlässt die Betroffenen nicht aus ihrer Anzeigepflicht (vgl. BFH v. 4.3.1999, II R 79/97, BFH/NV 1999, 1301).
Bei einem Einbringungsvorgang, bei dem ein Gesellschafter sich zu Sacheinlagen (u. a. der Einlage von Grundstücken) gegen Kapitalerhöhung verpflichtet und dadurch einen Anspruch auf neue (zusätzliche) Anteile am Stammkapital einer GmbH erhält (Erfüllung des Tatbestands des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), besteht eine Anzeigepflicht ausschließlich für den beurkundenden Notar nach § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2 GrEStG. Kommt der Notar dieser Verpflichtung nicht nach, wird dadurch der Beginn der Festsetzungsfrist (vgl. nachfolgende Rz. 4) nicht hinausgeschoben (vgl. FG Münster v. 24.9.2009, 8 K 2284/06 GrE, EFG 2010, 507).
Die Anzeigepflicht nach § 19 GrEStG knüpft, wie sich aus dem ersten Hs. des Abs. 1 dieser Vorschrift und ihres Abs. 2, der auf die in Abs. 1 bezeichneten Personen Bezug nimmt, an die Steuerschuldnerschaft an (§ 13 GrEStG). Ob der Steuerschuldner seine Anzeigepflicht kennt oder nicht, ist unbeachtlich. Die Anzeigepflicht ist als objektive Verpflichtung unabhängig von den subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten des zur Anzeige Verpflichteten (BFH v. 29.7.2009, II R 58/07, BFH/NV 2010, 63), sie besteht unabhängig davon, ob und inwieweit die Beteiligten erkannt haben, dass der Rechtsvorgang der Grunderwerbsteuer unterliegt und unabhängig von der Kenntnis einer Anzeigepflicht (BFH v. 27.9.2017, II R 41/15, BFH/NV 2018, 393).
Rz. 4
Die Anzeige ist von inländischen Steuerschuldnern binnen 2 Wochen nach Kenntnis von dem anzeigepflichtigen Vorgang (§ 19 Abs. 3 S. 1 GrEStG) abzugeben. Bei ausländischen Steuerschuldnern muss die Anzeige innerhalb eines Monats erfolgen (§ 19 Abs. 3 S. 2 GrEStG, vgl. § 19 Rz. 4a). Die Anzeige muss schriftlich (vgl. § 150 Abs. 1 AO) – wenn auch formlos (§ 19 Abs. 5 S. 2 GrEStG), d. h. im Gegensatz zur Anzeige nach § 18 GrEStG ohne amtlichen Vordruck – beim zuständigen Finanzamt erfolgen. Der Hinweis auf eine Betriebsprüfung, in der die Rückstellung für noch festzusetzende Grunderwerbsteuer erläutert wird, stellt keine schriftliche Anzeige dar (Thüringer FG v. 24.1.2018, 4 K 823/15, Rn. 37).
Die in § 19 Abs. 3 S. 1 GrEStG vorgesehene zweiwöchige Anzeigefrist wird in der Praxis teilweise, insbesondere bei komplexen Strukturen (z. B. Umwandlungen), als zu kurz erachtet. Im Hinblick auf die Einführung der Monatsfrist für ausländische Steuerschuldner und der dazu gegebenen Gesetzesbegründung (§ 19 Rz. 4a) muss sich der Gesetzgeber fragen lassen, weshalb für einen einfach gelagerten Sachverhalt mit Beteiligung eines ausländischen Steuerschuldners eine Monatsfrist gilt, für komplexe Inlandssachverhalte dem Steuerschuldner (nur) eine Frist von zwei Wochen eingeräumt wird. Gerade im Hinblick auf europäisches Recht ist die Kritik an der Zwei-Wochen-Frist nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen.
Anzeigen der Beteiligten i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a bis 7a GrEStG sind erst bei Erreichen der maßgeblichen Beteiligungshöhe von 95, ab dem 1.7.2021 90 % erforderlich, wobei sich diese Beteiligungshöhe auch auf mittelbare Anteilsänderungen bezieht. Darüber hinaus besteht für die Beteiligten die Verpflichtung, nachträgliche unmittelbare und mittelbare Änderungen des Gesellschafterbestands einer Gesamthand sowie von Beherrschungsverhältnissen nach § 19 ...