Rz. 6
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat gem. Art. 226 EG gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wegen der Besteuerung nicht realisierter Wertzuwächse wesentlicher Beteiligungen bei einem Wegzug aus Deutschland in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Im Hinblick darauf soll § 6 AStG geändert werden.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des § 6 AStG bei Wegzug eines unbeschränkt steuerpflichtigen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der EU oder des EWR in einen dieser Staaten bis zu einer gesetzlichen Neuregelung Folgendes:
Die Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum des Wegzugs ist unter Einbeziehung der nach § 6 Abs. 1 AStG entstandenen Steuer festzusetzen. Gleichzeitig ist abweichend von § 6 Abs. 5 AStG die nach § 6 Abs. 1 AStG entstandene Steuer von Amts wegen zu stunden.
Entsprechendes gilt im Fall des § 6 Abs. 3 Nr. 2 AStG, wenn der Steuerpflichtige aufgrund der Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens mit einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR als in diesem Staat ansässig gilt.
Die Stundung erfolgt zinslos und unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass der Steuerpflichtige
- die Anteile (insgesamt oder teilweise) veräußert oder
- nicht mehr in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR einer der deutschen unbeschränkten Einkommensteuerpflicht vergleichbaren Steuerpflicht unterliegt oder
- dem im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht zuständigen FA bis zum 31.12. jeden Jahres nicht schriftlich seine Anschrift mitteilt und bestätigt, dass sich die Anteile noch in seinem Eigentum befinden.
Der Steuerpflichtige hat Tatsachen, die den (ganzen oder teilweisen) Widerruf der Stundung begründen, innerhalb eines Monats schriftlich dem im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht zuständigen FA mitzuteilen (§ 90 Abs. 2 AO). Der Veräußerungsmitteilung ist ein Nachweis über die Veräußerung beizufügen (zB Ausfertigung des notariellen Abtretungsvertrags, Bankbescheinigung über Wertpapierumsätze).
Ist der Veräußerungsgewinn i.S. des § 17 Abs. 2 EStG im Zeitpunkt der Veräußerung oder des gleichgestellten Ereignisses niedriger als der Vermögenszuwachs nach § 6 Abs. 1 AStG und wird die Wertminderung bei der Einkommensbesteuerung durch den Mitgliedstaat der EU oder des EWR nicht berücksichtigt, kann die darauf entfallende Steuer nach § 227 AO erlassen werden.
Die vorstehenden Grundsätze sind in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommensteuer nicht bestandskräftig festgesetzt ist. Die unter Textziffer 6 des BMF-Schreibens v. 14.5.2004 (BMF, Schr. v. 14.5.2004 – IV B 4 - 1340 – 11/40, BStBl. I 2004, Sondernummer 1, 3) festgelegten Grundsätze sind insoweit nicht anzuwenden.