Rz. 660
[Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung → Zeilen 61–87]
Führt ein Steuerpflichtiger aus beruflichen Gründen zwei Haushalte und trägt die Kosten dafür, können die Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) unter folgenden Voraussetzungen als WK geltend gemacht werden:
- keine Auswärtstätigkeit
- eigener Hausstand außerhalb des Beschäftigungsorts
- zweiter Haushalt am oder in der Nähe des Beschäftigungsorts
- berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung
Der Familienstand des Steuerpflichtigen ist dabei grundsätzlich ohne Bedeutung. Eine doppelte Haushaltsführung ist bei Verheirateten, Ledigen und eheähnlichen Gemeinschaften möglich.
Rz. 661
Keine Auswärtstätigkeit
Der entscheidende Unterschied zur Auswärtstätigkeit besteht darin, dass der Arbeitnehmer hier an seiner ersten Tätigkeitsstätte tätig wird und hierfür einen zweiten Hausstand benötigt (R 9.11 Abs. 1 Satz 2 LStR 2015). Ist die Tätigkeit an der auswärtigen Tätigkeitsstätte dagegen von vornherein (auf maximal 48 Monate) befristet, wird sie nicht (allein durch Zeitablauf) zur ersten Tätigkeitsstätte, und es ist für gesamte Dauer der Tätigkeit der Abzug von Reisekosten möglich (→ Tz 645).
Abordnung an zweite Betriebsstätte
Ein Arbeitnehmer wird für ein halbes Jahr an eine zweite Betriebsstätte abgeordnet. Da die Betriebsstätte zu weit von der bisherigen Tätigkeitsstätte weg ist, um täglich zu pendeln, sucht er sich eine Unterkunft in der Nähe der zweiten Betriebsstätte. Danach wird er auf Dauer an die zweite Betriebsstätte versetzt.
Solange der Arbeitnehmer abgeordnet ist, liegt eine Auswärtstätigkeit vor, denn die Tätigkeit an der auswärtigen Tätigkeitsstätte ist vorübergehend und damit keine Tätigkeit an der ersten Tätigkeitsstätte. Für die Zeit der Abordnung kann der Arbeitnehmer Reisekosten geltend machen.
Mit der Versetzung endet die Auswärtstätigkeit, denn die auswärtige Tätigkeitsstätte wird jetzt neue erste Tätigkeitsstätte. Damit ist jetzt eine beruflich veranlasste Haushaltsführung mit dem entsprechenden Kostenabzug gegeben.
Rz. 662
Eigener Hausstand
Ein eigener Hausstand setzt folgende Merkmale voraus (R 9.11 Abs. 3 LStR 2015; H 9.11 Abs. 1–4, "Eigener Hausstand" LStH 2019):
- Wohnung
- Nutzungsrecht
- Kostenbeteiligung
- tatsächliche Haushaltsführung
- Lebensmittelpunkt
Ob ein eigener Hausstand vorliegt, ist anhand der Gesamtumstände zu beurteilen. Einrichtung, Ausstattung, Größe und Abgeschlossenheit der Wohnung sind Aspekte, ebenso ob in der Wohnung ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften möglich ist. Außerdem sind die persönlichen Lebensumstände, Alter und Personenstand zu prüfen.
Ein eigener Hausstand setzt eine eingerichtete, den Lebensbedürfnissen entsprechende (vollständige) abgeschlossene Wohnung voraus, die dem Arbeitnehmer gehört (Eigentümer), die er angemietet hat (Mieter) oder berechtigterweise (mit)nutzen kann (Nutzungsrecht) und die eine selbstbestimmte Haushaltsführung erlaubt (BFH, Urteil v. 28.3.2012, VI R 87/10, BFH/NV 2012 S. 1231).
Außerdem ist Voraussetzung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG), dass eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung (laufende Kosten der Haushaltsführung) erfolgt. Es genügt nicht, wenn z. B. der Arbeitnehmer im Haus der Eltern eine Wohnung unentgeltlich nutzen darf. Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung muss gegenüber dem Finanzamt dargelegt und kann auch bei volljährigen Kindern mit abgeschlossener Berufsausbildung nicht unterstellt werden. Betragen die Barleistungen mehr als 10 % der monatlich regelmäßig anfallenden Kosten der Haushaltsführung (z. B. Miete, Kosten für Lebensmittel), ist eine ausreichende finanzielle Beteiligung gegeben. Liegen die Barleistungen darunter, muss die hinreichende finanzielle Beteiligung auf andere Art und Weise (z. B. Übernahme der Kosten für Heizöl) dargelegt werden. Bei Verheirateten geht die Finanzverwaltung im Regelfall davon aus, dass am Familienwohnsitz ein eigener Hausstand mit finanzieller Beteiligung vorliegt (BMF, Schreiben v. 24.10.2014, IV C 5 – S 2353/14/10002, Rn. 100, BStBl 2014 I S. 1412).
Rz. 663
Weitere Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige in der Wohnung tatsächlich einen eigenständigen Haushalt führt. Er muss die Haushaltsführung durch seine persönliche Anwesenheit (bestimmte Anzahl von Fahrten zum Hausstand, abhängig von Familienstand und Entfernung erforderlich) bestimmen oder wesentlich beeinflussen bzw. den Hausstand gleichberechtigt mitbenutzen (BFH, Urteil v. 12.9.2000, VI R 165/97, BFH/NV 2001 S. 247). Während ein verheirateter Arbeitnehmer immer einen eigenen Hausstand führt, wenn er mit seiner Familie eine Wohnung unterhält, muss bei Alleinstehenden stets geprüft werden, ob ein eigener Haushalt vorliegt. Z. B. wird ein junger Mensch, der nach dem Schulabschluss eine Ausbildung begonnen hat, i. d. R. noch in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert sein, selbst wenn er eigene Räume zur Verfügung hat (BFH, Urteil v. 28.8.2014, V R 22/14...