Dipl.-Finanzwirt (FH) Dieter Haderer
Rz. 920
[Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und vergleichbare Renten → eZeile 4]
Die Renten aus
- der gesetzlichen Rentenversicherung. Dazu gehören insbesondere Alters-, Witwen- oder Witwerrenten, Waisenrenten und Erziehungsrenten. Auch Erwerbsminderungs- und Berufsunfähigkeitsrenten (abgekürzte Leibrenten) werden wie die übrigen Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteuert (BFH, Urteil v. 13.4.2011, X R 54/09, BFH/NV 2011 S. 1576);
- den landwirtschaftlichen Alterskassen;
- berufsständischen Versorgungseinrichtungen, vor allem Freiberufler und Angestellte kammerfähiger Berufe (z. B. Versorgungswerk der Ärzte, Architekten, Ingenieure, Rechtsanwälte usw.);
- privaten zertifizierten Basisaltersrentenverträgen (Rürup-Rente; → Tz 502)
werden nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG besteuert.
Rz. 921
Besteuerungsanteil
Renten i. S. d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG werden mit dem Besteuerungsanteil erfasst. Die Besteuerung erfolgt nach dem sog. Kohorten-Prinzip. Für alle Neurentner eines Jahres gilt derselbe Prozentsatz, d. h., die Höhe des Besteuerungsanteils richtet sich nach dem Jahr des Rentenbeginns. Der Besteuerungsanteil beträgt für Renten, die spätestens im Jahr 2005 erstmals gezahlt wurden, 50 %. Für jeden neu hinzukommenden Rentenjahrgang (Kohorte) erhöht sich der Prozentsatz ab 2006 um jährlich 2 % und ab 2021 um jährlich 1 %. Bei Rentenbeginn im Jahr 2020 beträgt der Besteuerungsanteil 80 %.
Die Besteuerung nach dem Alterseinkünftegesetz (ab 2005) ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BFH, Urteil v. 26.11.2008, X R 15/07, BFH/NV 2009 S. 278, Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen, BVerfG, Beschluss v. 8.4.2011, 2 BVR 844/10).
BFH prüft erneut Verfassungswidrigkeit der nachgelagerten Rentenbesteuerung
In zwei aktuell anhängigen Verfahren muss der BFH erneut prüfen, ob im Rahmen der Übergangsregelung zur nachgelagerten Besteuerung eine verfassungswidrige Zweifachbesteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen vorliegt (BFH, Az. X R 20/19, Vorinstanz: FG Münster, Urteil v. 11.10.2019, 10 K 3350/18 E, EFG 2020 S. 112; BFH, Az. X R 33/19, Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, Urteil v. 1.10.2019, 8 K 3195/16, EFG 2020 S. 116). Betroffene Rentner können Einspruch einlegen und unter Hinweis auf die Musterverfahren das Ruhen ihres Verfahrens nach § 363 AO beantragen.
Rz. 922
[Beginn der Rente → eZeile 6]
Unter "Beginn der Rente" ist der Zeitpunkt zu verstehen, ab dem die Rente (ggf. nach rückwirkender Zubilligung) tatsächlich bewilligt wird. Das Datum ergibt sich aus dem Rentenbescheid. Wird die bewilligte Rente zunächst bis auf 0 EUR gekürzt, z. B. weil eigene Einkünfte anzurechnen sind, steht dies dem Beginn der Rente nicht entgegen und unterbricht die Laufzeit der Rente nicht. Verzichtet der Rentenberechtigte in Kenntnis der Kürzung der Rente auf die Beantragung, beginnt die Rente jedoch nicht zu laufen, solange sie nicht dem Grunde nach bewilligt wird.
Umwandlung von Krankengeld in eine Erwerbsminderungsrente
Hat ein Steuerpflichtiger Krankengeld bezogen und wird infolge der späteren Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente der hierfür zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, gilt der Rentenanspruch des Berechtigten insoweit als erfüllt. Die Erwerbsminderungsrenten unterliegen damit bereits im Zeitpunkt des Zuflusses des Krankengelds im Umfang der Erfüllungsfiktion mit ihrem Besteuerungsanteil der Einkommensteuer (BFH, Urteil v. 9.12.2015, X R 30/14, BFH/NV 2016 S. 643). Der Beginn der Rente liegt entsprechend früh.
[Rentenbetrag und Zufluss → eZeile 4]
Einzutragen ist der aus der Renten(anpassungs)mitteilung zu errechnende Jahres(brutto)rentenbetrag inklusive Rentennachzahlungen, Einmalzahlungen und sonstigen Leistungen. Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Besteuerungsanteils ist der Rentenbetrag. Darunter ist der Jahresbetrag der Rente, d. h. die Bruttorente (zugesagte Rente), auf die ein Rechtsanspruch besteht, und nicht die ausgezahlte Rente zu verstehen. Deshalb gehören auch die einbehaltenen und abgeführten Beiträge des Rentners für die Kranken- und Pflegeversicherung zur Bemessungsgrundlage. Sie sind als Sonderausgaben auf der Anlage Vorsorgeaufwand zu berücksichtigen (→ Tz 497, → Tz 511). Zuschüsse seitens der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Krankenversicherungsbeiträgen sind nach § 3 Nr. 14 EStG steuerfrei und gehören weder zur Bemessungsgrundlage nach § 22 EStG, noch sind sie als Sonderausgaben abziehbar.