LfSt Bayern v. 15.8.2018, S 2119.1.1-2/3 St 32

BFH-Urteil vom 6.7.2016, I R 25/14, BStBl 2018 II S. 124

Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG dürfen Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d EStG die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus solchen Geschäften erzielt hat oder erzielt.

Eine Ausnahme von dieser Verlustverrechnungsbeschränkung besteht nach § 15 Abs. 4 Satz 4 EStG für solche Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.

Der BFH hat mit Urteil vom 6.7.2016 (I R 25/14, BStBl 2018 II S. 124) einige grundlegende Entscheidungen für die Anwendung des § 15 Abs. 4 Satz 3 und 4 getroffen.

Die Norm des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG erfordert kein subjektives Tatbestandsmerkmal der Spekulationsabsicht, d.h. der subjektive Grund, warum die Geschäfte abgeschlossen worden sind, ist unbeachtlich.

Der Ausnahmetatbestand des § 15 Abs. 4 Satz 4 EStG (Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören) gilt nicht für solche Geschäfte, die das betreffende Unternehmen nach den sich selbst auferlegten Vorgaben nicht betreiben darf.

Die Finanzverwaltung vertrat bisher die Auffassung, dass auch Termingeschäfte, die auf physische Erfüllung gerichtet sind, unter diese Verlustverrechnungsbeschränkung fallen. Dieser Ansicht ist der BFH mit o.g. Urteil jedoch nicht gefolgt. Nach dessen Auffassung erfasst § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG nur solche Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt. Deshalb fallen solche Termingeschäfte, die auf die tatsächliche („physische”) Lieferung des Basiswerts am Ende der Laufzeit gerichtet sind, nicht unter die Verlustausgleichsbeschränkung.

Ein Termingeschäft ist aus wirtschaftlicher Sicht jedoch insoweit nicht auf physische Lieferung, sondern auf Differenzausgleich gerichtet, wenn Eröffnungsgeschäft und Gegengeschäft brutto abgewickelt werden. Dies erfordert aber, dass das Gegengeschäft zeitlich vor Fälligkeit des Eröffnungsgeschäfts abgeschlossen worden ist. Es spielt insoweit keine Rolle, ob der Steuerpflichtige das Gegengeschäft mit dem Vertragspartner des Eröffnungsgeschäfts oder einem Dritten abschließt.

Beispiel:

Eröffnungsgeschäft: Lieferung von 1 Mio. Yen für 100.000 EUR am 1.1.2019
   
Gegengeschäft: Rücktausch der 1 Mio. Yen in EUR zum Tageskurs am 1.1.2019

Wird das Gegengeschäft vor dem 1.1.2019 abgeschlossen, liegt aus Sicht des BFH kein Geschäft vor, welches auf die physische Lieferung gerichtet ist, sondern bei wirtschaftlicher Betrachtung ein auf Differenzausgleich gerichtetes Termingeschäft. Ein dabei entstehender Verlust unterliegt im betrieblichen Bereich der Verlustausgleichsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG.

Soweit bisher nach § 15 Abs. 4 Satz 3i. V. m. Satz 2 2. Halbsatz EStG Verluste aus Termingeschäften gesondert festgestellt wurden, bei denen Termingeschäfte auf „physische” Lieferung eines Basiswerts gerichtet waren, können diese nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder Gewinne aus künftigen Termingeschäften, die auf „physische” Lieferung des Basiswertes gerichtet sind, mindern.

Die Verfügung ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Die Verfügung vom 9.3.2007 (S 2119-1 St 32/St 33 – Karte 1.1 zu § 15 Abs. 4) wird hiermit aufgehoben.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 4 Satz 3

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