Entscheidungsstichwort (Thema)
Rote-Kreuz-Schwester. Arbeitnehmer. arbeitnehmerähnliche Person
Leitsatz (amtlich)
Rote-Kreuz-Schwestern sind weder Arbeitnehmer der Schwesternschaft noch arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne von § 5 Abs. 1 ArbGG.
Normenkette
ArbGG § 5 Abs. 1; BGB §§ 611, 58 Nr. 2, § 134; BetrVG § 5 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die weitere Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 5. April 1993 – 1 Ta 38/93 - aufgehoben.
- Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 26. Januar 1993 – 3b Ca 833/92 – abgeändert.
- Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht Hamburg-Blankenese verwiesen.
Tatbestand
A. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen.
Die Klägerin wurde zunächst als Schwesternschülerin Mitglied der Beklagten. Sie wurde im Kreiskrankenhaus P… ausgebildet. Für die Zeit nach der Beendigung der Ausbildung sagte ihr die Beklagte einen Einsatz an diesem Kreiskrankenhaus zu. Auf ihren Antrag vom 26. Juli 1984 wurde die Klägerin in die Schwesternschaft aufgenommen.
Die Rechte und Pflichten der Schwestern richten sich nach der Satzung der Beklagten sowie der hierzu beschlossenen Schwestern-Ordnung in der jeweiligen Fassung (§ 20 der Satzung).
In der Satzung (Stand 1990) heißt es u. a.:
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Mitgliedschaft
- Ordentliche Mitglieder der Schwesternschaft sind:
- die Oberin und die als ordentliche Mitglieder aufgenommenen Schwestern.
- …
- Außerordentliche Mitglieder der Schwesternschaft sind:
- …
- die Schwestern, die eine Teilzeitbeschäftigung ausüben. …
§ 8
Ausschluß
- Der Vorstand kann ein Mitglied nach Anhörung des Schwesternbeirates aus der Schwesternschaft ausschließen, wenn es die Grundsätze des Deutschen Roten Kreuzes verletzt, den übernommenen Pflichten zuwiderhandelt oder sie gröblich mißachtet oder wenn sich ergibt, daß das Mitglied zur Berufsausübung in der Gemeinschaft nicht geeignet ist.
- …
§ 17
Aufgaben der Mitgliederversammlung
- Die Mitgliederversammlung hat insbesondere folgende Aufgaben:
- den jährlichen Geschäftsbericht des Vorstandes und den Bericht über die Einnahmen und Ausgaben sowie über das Vermögen der Schwesternschaft entgegenzunehmen,
- über die Entlastung des Vorstandes für das abgelaufene Rechnungsjahr und seine gesamte Geschäftsführung zu beschließen,
- über die vom Vorstand vorgetragene Wirtschaftsplanung für das folgende Jahr zu beschließen,
- die Vorstandsmitglieder zu wählen,
- die Mitglieder des Schwesternbeirates zu wählen,
- die monatliche Vergütung (Art. 3 Nr. 1a der Schwestern-Ordnung, Krankenpflegehelferinnen-Ordnung und Altenpflegerinnen-Ordnung) festzusetzen,
- Mitgliedsbeiträge festzusetzen,
- über Satzungsänderungen, über eine Abberufung der Oberin und über die Auflösung der Schwesternschaft zu beschließen.
§ 18
Beschlüsse der Mitgliederversammlung
- In der Mitgliederversammlung haben die ordentlichen Mitglieder drei und die außerordentlichen Mitglieder zwei Stimmen mit Ausnahme der Krankenpflegehelferinnen im Ruhestand und der Schwesternschülerinnen, die eine Stimme haben.
- …
”
In der Schwestern-Ordnung heißt es:
“
Art. 3
Leistungen der Schwesternschaft
Art. 4
Pflichten der Schwester
”
Nach § 21 I Nr. 3 der Satzung werden “alle Rechtsstreitigkeiten … zwischen der Schwesternschaft und einem ihrer Mitglieder durch das beim Verband errichtete Schiedsgericht entschieden”. Gemäß Art. 13 der Schwestern-Ordnung werden Streitigkeiten “aus den Bestimmungen dieser Ordnung ausschließlich durch das Schiedsgericht … entschieden”.
Die Klägerin wurde aufgrund eines Gestellungsvertrags des Beklagten mit dem Kreis P… am Kreiskrankenhaus P… eingesetzt. Sie arbeitete dort unter den selben Bedingungen wie die beim Kreis angestellten Krankenschwestern. Mit Schreiben vom 21. August 1989 teilte die Oberin der Klägerin mit, daß sie ab dem 1. August 1989 in die Vergütungsgruppe Kr 5a, Fallgruppe 7 der Tarifverträge für das Kranken- und Altenpflegepersonal eingruppiert sei. Mit Schreiben vom 18. Juni 1990 teilte ihr die Oberin mit, ihre Arbeitszeit werde vereinbarungsgemäß vom 1. Juli 1990 an auf wöchentlich 19,25 Stunden verkürzt.
Die Klägerin beansprucht Überstundenvergütung für alle Arbeitsstunden, die sie über ihre Regelarbeitszeit von 19,25 Wochenstunden hinaus leistet. Sie hat Klage vor dem Arbeitsgericht Elmshorn erhoben und die Auffassung vertreten, sie sei Arbeitnehmerin des Beklagten.
Die Beklagte hat vorab die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs gerügt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin werde ausschließlich als ihr Mitglied tätig. Ein Arbeitsverhältnis sei daneben nicht begründet worden. Damit sei das beim Verband eingerichtete Schiedsgericht für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 26. Januar 1993 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten mit Beschluß vom 5. April 1993 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene weitere Beschwerde der Beklagten.
Entscheidungsgründe
B. Die weitere Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nicht eröffnet. Zur Entscheidung berufen sind die Zivilgerichte.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis; als Arbeitnehmer gelten auch arbeitnehmerähnliche Personen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG).
Die Klägerin ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht Arbeitnehmerin oder arbeitnehmerähnliche Person.
I. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur fremdbestimmten Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG Beschluß vom 3. Juni 1975 – 1 ABR 98/74 – BAGE 27, 163 = AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz; Urteil vom 10. April 1991 – 4 AZR 467/90 – AP Nr. 54 zu § 611 BGB Abhängigkeit).
1. Rote-Kreuz-Schwestern erbringen ihre Arbeitsleistung in persönlicher Abhängigkeit (BAGE 27, 163 = AP, aaO). Das ergibt sich aus Art. 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 der Schwestern-Ordnung, die nach § 20 der Satzung für die Rechte und Pflichten der Mitglieder aus ihrer beruflichen Tätigkeit maßgebend ist. Dennoch sind Rote-Kreuz-Schwestern keine Arbeitnehmerinnen im Sinne des § 5 Abs. 1 ArbGG und auch keine Arbeitnehmerinnen im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG. Das hat das Bundesarbeitgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden (BAGE 2, 289 = AP Nr. 1 zu § 5 ArbGG 1953; BAGE 27, 163 = AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz; Beschluß vom 20. Februar 1986 – 6 ABR 5/85 – AP Nr. 2 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz). Daran hält der Senat fest.
a) In der Grundsatzentscheidung vom 3. Juni 1975 (BAGE 27, 163 = AP, aaO) hat das Bundesarbeitsgericht zur Begründung ausgeführt: Das Rechtsverhältnis zwischen Schwesternschaft und ihren Mitgliedern erschöpfe sich in den vereinsrechtlichen Pflichten und Rechten. Diese könnten nicht zugleich arbeitsvertragliche Pflichten und Rechte sein. Art. 4 Nr. 4 der Schwestern-Ordnung lege fest, daß die Schwestern ihren Beruf als Mitglieder und im Auftrag der Schwesternschaft ausübten. Körperschaftliche und arbeitsrechtliche Pflichten könnten zwar nebeneinander bestehen, aber nur dann, wenn sie nicht denselben Inhalt hätten. Die Pflicht zur Arbeitsleistung gründe sich hier aber allein auf die Zugehörigkeit der Rote-Kreuz-Schwestern zu ihrer Schwesternschaft, die alle maßgeblichen Rechte und Pflichten umfasse. Daneben könne ein besonderes Arbeitsverhältnis schon denkgesetzlich nicht bestehen. Die durch den Beitritt zur Schwesternschaft übernommenen Verpflichtungen seien der satzungsgemäß festgelegte “Beitrag” im Sinne des § 58 Nr. 2 BGB.
Gegen eine ausschließlich körperschaftliche Verpflichtung zur Arbeitsleistung spreche nicht, daß die Rote-Kreuz-Schwestern je nach Art ihrer Tätigkeit und Funktion unterschiedlich bezahlt würden und ihre Vergütung heute nicht mehr nur in einem Taschengeld bestehe. Auch insoweit handele es sich um Rechte aus der Mitgliedschaft. Mitgliedschaft zur Schwesternschaft und Berufstätigkeit der Schwestern bildeten eine untrennbare Einheit. Die Schwestern könnten sich von ihrer Arbeitsverpflichtung nicht lösen, ohne daß hiervon zugleich die Mitgliedschaft betroffen werde (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 5, § 8 Abs. 1 der Satzung). Deswegen sähen Satzung und Schwestern-Ordnung folgerichtig auch keine arbeitsvertragliche Kündigungsregelung vor.
Die persönliche und die wirtschaftliche Abhängigkeit der Rote-Kreuz-Schwestern seien keine entscheidenden Merkmale für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses sei die Zahlung einer Vergütung weder erforderlich noch ausreichend. Die Zahlung einer Barvergütung erfolge hier aufgrund einer vereinsrechtlichen Bestimmung. Eine solche Regelung sei aufgrund der Satzungsautonomie zulässig. Die Weisungsgebundenheit der Rote-Kreuz-Schwestern sei als Ausdruck und Mittel ihrer persönlichen Einbeziehung in die vereinsrechtlich festgelegte Arbeitsorganisation zu werten.
Die Rote-Kreuz-Schwestern könnten im übrigen als Mitglieder der Schwesternschaft im Rahmen der durch den Verbandszweck gesetzten Grenzen selbst die Arbeitsorganisation bestimmen, die Oberin wählen und abberufen und einen Schwesternbeirat wählen und dadurch Einfluß auf die Arbeitsorganisation nehmen. An die Stelle der betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligung der Arbeitnehmer trete die vereinsrechtliche der Mitglieder. Die in der Satzung festgelegte Leistungspflicht führe auch nicht zur Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen.
b) In seinem Urteil vom 18. Februar 1956 (BAGE 2, 289 = AP Nr. 1 zu § 5 ArbGG 1953) war die Arbeitnehmereigenschaft der Rote-Kreuz-Schwestern noch mit der weiteren Begründung verneint worden, ihre Tätigkeit diene nicht in erster Linie ihrem Erwerb, sondern sei vorwiegend durch Beweggründe karitativer Art bestimmt. § 4 Abs. 2d BetrVG 1952 (inhaltsgleich mit § 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG 1972), wonach Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe caritativer oder religiöser Art bestimmt ist, keine Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind, enthalte einen allgemeinen Rechtsgedanken. Darauf hat sich das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluß vom 3. Juni 1975 (BAGE 27, 163 = AP, aaO) nicht mehr gestützt (dagegen auch Staudinger/Richardi, BGB, 12. Aufl., Vorbem. zu §§ 611 ff. Rz 218; Mayer-Maly, Erwerbsabsicht und Arbeitnehmerbegriff, 1965, S. 47 f.).
2. An der Rechtsprechung, daß Rote-Kreuz-Schwestern keine Arbeitnehmer sind, ist im Ergebnis festzuhalten.
a) Allerdings ist umstritten, ob die Arbeitnehmereigenschaft schon mit der Begründung verneint werden kann, neben der alle maßgeblichen Rechte und Pflichten umfassenden Mitgliedschaft könne ein besonderes Arbeitsverhältnis schon denkgesetzlich nicht bestehen. Hiergegen ist eingewandt worden, auch sonst sei anerkannt, daß sich gesellschaftsrechtliche oder familienrechtliche Beziehungen einerseits und arbeitsrechtliche Beziehungen andererseits inhaltlich überschneiden könnten (so z. Gitter, SAE 1976, 208; vgl. auch BAG Urteil vom 10. Mai 1990 – 2 AZR 607/89 – AP Nr. 51 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Die Frage kann jedoch dahinstehen. Denn der bisherigen Rechtsprechung ist aus anderen Gründen zu folgen.
b) Als Rechtsgrundlage für die Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit kommt auch die Mitgliedschaft in einem Verein in Betracht. Der Mitgliedsbeitrag (§ 58 Nr. 2 BG kann in der Leistung von Diensten bestehen (K…. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 20 II 1b bb; RGRK-Steffen, BGB, 12. Aufl., § 58 Rz 2). Es gibt keinen Rechtssatz des Inhalts, daß Dienste in persönlicher Abhängigkeit ausschließlich aufgrund eines Arbeitsverhältnisses und nicht aufgrund vereinsrechtlicher Mitgliedschaft erbracht werden können (BAGE 2, 289 = AP Nr. 1 zu § 5 ArbGG 1953; BAGE 27, 163 = AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz; Urteil vom 10. Mai 1990 – 2 AZR 607/89 – AP Nr. 51 zu § 611 BGB Abhängigkeit; Beschluß vom 29. März 1995 – 5 AZB 21/94 – zur Veröffentlichung bestimmt, zu B II 3 der Gründe).
Dies ergibt sich aus der Vereinsautonomie, Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder und des Vereins werden im allgemeinen durch die Satzung des Vereins begründet (§ 25 BGB). Aufgrund der allgemeinen Freiheit rechtsgeschäftlichen Handelns kann sich der Verein in freier Selbstbestimmung eine eigene innere Ordnung geben. Die Schranken der Vereinsautonomie bilden u.a. die zwingenden Normen des Vereinsrechts und die §§ 134, 138, 242 BGB (Urteil vom 10. Mai 1990, aaO, zu II 4a aa der Gründe).
Die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten darf aber nicht zur Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen führen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Rechtsgeschäft die mit ihm beabsichtigte Wirkung nicht entfalten, wenn es sich als objektive Umgehung zwingender Rechtsnormen darstellt (grundlegend: BAGE (GS) 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; ferner BAGE 50, 292 = AP Nr. 65 zu § 1 LohnFG; BAG Urteil vom 28. April 1987 – 3 AZR 75/86 – AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung; BAG Urteil vom 7. Mai 1987 – 2 AZR 271/86 – AP Nr. 19 zu § 9 KSchG 1969; BAGE 57, 1 = AP Nr. 2 zu § 53 BAT). Eine objektive Gesetzesumgehung liegt vor, wenn der Zweck einer zwingenden Rechtsnorm dadurch vereitelt wird, daß andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten mißbräuchlich, d.h. ohne einen im Gefüge der einschlägigen Rechtsnorm sachlich berechtigten Grund, verwendet werden. Dabei kommt es nicht auf eine Umgehungsabsicht oder eine bewußte Mißachtung der zwingenden Rechtsnormen an; entscheidend ist die objektive Funktionswidrigkeit des Rechtsgeschäfts (BAGE (GS) 10, 65, 70 ff. = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAGE 57, 1 = AP Nr. 2 zu § 53 BAT, zu III 2a der Gründe; Beschluß vom 29. März 1995, aaO).
c) Hieran gemessen sind Rote-Kreuz-Schwestern keine Arbeitnehmerinnen. Ihnen stehen Mitgliedschaftsrechte zu, mit denen sie die Geschicke des Vereins und damit zugleich die Arbeitsorganisation beeinflussen können. Das gilt auch für die Klägerin, die als Teilzeitbeschäftigte nur außerordentliches Mitglied ist (§ 3 II Nr. 3 der Satzung). Sie hat als solches in der Mitgliederversammlung zwei Stimmen, während vollzeitbeschäftigte Schwestern als ordentliche Mitglieder drei Stimmen haben. Die Klägerin entscheidet mit durch Wahl der Oberin und der anderen Vorstandsmitglieder und der Mitglieder des Schwesternbeirats, über die Entlastung des Vorstands für das abgelaufene Rechnungsjahr, die Wirtschaftsplanung für das folgende Jahr, die Festsetzung der Mitgliedsbeiträge und der monatlichen Vergütung sowie über Satzungsänderungen und eine Abberufung der Oberin (§ 11 II, § 17 der Satzung). Der Rote-Kreuz-Schwester kann nicht gekündigt werden. Ihre Mitgliedschaft kann nach der Einführungszeit (Probezeit) gegen ihren Willen nur aus bestimmten in der Satzung genannten wichtigen Gründen beendet werden (§ 6 I Nr. 6, § 8 I der Satzung).
Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften werden nicht umgangen. Die Beklagte ist gemeinnützig. “Zweck der Schwesternschaft ist die Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege”. Sie “soll das Zusammengehörigkeitsbewußtsein der Schwestern festigen und ihnen die Ausübung ihres Berufes im caritativen Geist unter dem Zeichen des Roten Kreuzes ermöglichen” (§ 1 II, III der Satzung). Wie das Bundesarbeitsgericht bereits in seinen früheren Entscheidungen betont hat (BAGE 2, 289; 27, 163 = AP, aaO), handelt es sich um einen in der gesamten zivilisierten Welt anerkannten Zusammenschluß. Die Beklagte räumt den Schwestern einen Anspruch auf angemessene Vergütung ein. Im einzelnen haben die Schwestern u.a. einen Anspruch auf monatliche Vergütung, ein zusätzliches Ruhegeld, jährlichen Urlaub und Krankenbezüge (Art. 3 Nr. 1a d, 4, 7 der Schwestern-Ordnung).
II. Die Klägerin ist auch keine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG.
Nach dieser Vorschrift ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen auch für solche Mitarbeiter gegeben, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Person einzustufen sind. Das Arbeitsgerichtsgesetz hat den Begriff dieser Personengruppe nicht selbst bestimmt, sondern als bekannt vorausgesetzt. Diese Gruppe unterscheidet sich von den Arbeitnehmern durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, wobei vor allem die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit zu berücksichtigen ist. Arbeitnehmerähnliche Personen sind wegen ihrer fehlenden Eingliederung in eine betriebliche Organisation und im wesentlichen freier Zeitbestimmung nicht im gleichen Maße persönlich abhängig wie Arbeitnehmer; an die Stelle der persönlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit tritt das Merkmal der wirtschaftlichen Unselbständigkeit. Darüber hinaus muß der wirtschaftlich Abhängige auch seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig sein (ständige Rechtsprechung BAGE 12, 158 = AP Nr. 2 zu § 717 ZPO; BAGE 25, 248, 251 = AP Nr. 2 zu § 2 BUrlG, zu 2 der Gründe; BAGE 66, 113, 116 = AP Nr. 9 zu § 5 ArbGG 1979, zu II 3a der Gründe; BAG Beschluß vom 15. April 1993 – 2 AZB 32/92 – AP Nr. 12 zu § 5 ArbGG 1979, zu III 2b aa der Gründe).
Daran fehlt es hier. Zwar ähnelt die den Rote-Kreuz-Schwestern durch Satzung und Schwestern-Ordnung eingeräumte Rechtsstellung in vielen Punkten der Rechtsstellung von Krankenschwestern, die Arbeitnehmerinnen sind. Sie unterliegen wie diese einem Weisungsrecht, und zwar der Oberin und der leitenden Schwestern; sie haben vergleichbare Ansprüche auf monatliche Vergütung, Erholungsurlaub, Fortzahlung der Krankenbezüge und zusätzliches Ruhegeld. Sie wählen wie die Arbeitnehmerinnen eine Vertretung, nämlich den Schwesternbeirat. Ihnen stehen – wie ausgeführt – aber anders als den Arbeitnehmerinnen Mitgliedschaftsrechte zu, mit denen sie die Geschicke des Vereins und die Arbeitsorganisation beeinflussen können, z. B. das Recht, die Oberin zu wählen und abzuwählen und über die Wirtschaftsplanung mit zu entscheiden. Aus diesen Gründen sind sie in ihrer sozialen Stellung nicht wie ein Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig.
III. Es handelt sich demnach um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit, für die nach § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist. Da der Streitwert die Summe von 10.000,-- DM nicht übersteigt, ist die Zuständigkeit der Amtsgerichte gegeben (§ 23 Nr. 1 GVG). Der Rechtsstreit ist daher an das zuständige Amtsgericht zu verweisen. Örtlich zuständig ist das Amtsgericht Hamburg-Blankenese, in dessen Gerichtsbezirk die Beklagte ihren Sitz hat (§ 17 Abs. 1 ZPO).
Eine Verweisung des Rechtsstreits an das Schiedsgericht des Deutschen Roten Kreuzes (Art. 13 der Schwestern-Ordnung) kommt nicht in Betracht. Gemäß § 1048 in Ver mit § 1027a ZPO ist die Klage als unzulässig abzuweisen, wenn die Beklagte wirksam die Einrede des Schiedsverfahrens erhebt. Es ist dann Sache der klagenden Partei, das Verfahren vor dem Schiedsgericht einzuleiten. Über die Zulässigkeit der Klage unter diesem Gesichtspunkt hat das im gegebenen Rechtszug zuständige Gericht, also das Amtsgericht zu entscheiden.
Unterschriften
Griebeling, Schliemann, Reinecke
Fundstellen