Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Einstandspflicht
Leitsatz (amtlich)
Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) um die Beantwortung der folgenden Fragen ersucht:
- Ist Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers anwendbar, wenn Leistungen der betrieblichen Altersversorgung über eine der staatlichen Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden überbetriebliche Versorgungseinrichtung erbracht werden, diese aus finanziellen Gründen ihre Leistungen mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde berechtigt kürzt und der Arbeitgeber nach nationalem Recht zwar für die Kürzungen gegenüber den ehemaligen Arbeitnehmern einzustehen hat, seine Zahlungsunfähigkeit jedoch dazu führt, dass er seine Verpflichtung, diese Leistungskürzungen auszugleichen, nicht erfüllen kann?
Falls die erste Vorlagefrage bejaht wird:
Unter welchen Umständen können die durch die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers erlittenen Verluste des ehemaligen Arbeitnehmers bei den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung als offensichtlich unverhältnismäßig angesehen werden und damit die Mitgliedstaaten verpflichten, hiergegen einen Mindestschutz zu gewährleisten, obwohl der ehemalige Arbeitnehmer mindestens die Hälfte der Leistungen erhält, die sich aus seinen erworbenen Rentenansprüchen ergeben?
Falls die erste Vorlagefrage bejaht wird:
Entfaltet Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG unmittelbare Wirkung und verleiht die Bestimmung, wenn ein Mitgliedstaat diese Richtlinie nicht oder nur unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat, dem Einzelnen Rechte, die dieser vor einem nationalen Gericht gegenüber dem Mitgliedstaat geltend machen kann?
Falls die dritte Vorlagefrage bejaht wird:
Ist eine privatrechtlich organisierte Einrichtung, die von dem Mitgliedstaat – für die Arbeitgeber verpflichtend – als Träger der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung bestimmt ist, der staatlichen Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegt sowie die für die Insolvenzsicherung erforderlichen Beiträge kraft öffentlichen Rechts von den Arbeitgebern erhebt und wie eine Behörde die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung durch Verwaltungsakt herstellen kann, eine öffentliche Stelle des Mitgliedstaates?
Leitsatz (redaktionell)
Dem EuGH wird die Frage vorgelegt, unter welchen konkreten Voraussetzungen nach Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG ein staatlicher Insolvenzschutz gewährleistet wird, ob die Richtlinie unmittelbare Geltung entfaltet und ob sich der Arbeitnehmer deshalb auch gegenüber dem PSV auf sie berufen kann.
Normenkette
AEUV Art. 267
Verfahrensgang
Tenor
I. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) um die Beantwortung der folgenden Fragen ersucht:
- Ist Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers anwendbar, wenn Leistungen der betrieblichen Altersversorgung über eine der staatlichen Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden überbetriebliche Versorgungseinrichtung erbracht werden, diese aus finanziellen Gründen ihre Leistungen mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde berechtigt kürzt und der Arbeitgeber nach nationalem Recht zwar für die Kürzungen gegenüber den ehemaligen Arbeitnehmern einzustehen hat, seine Zahlungsunfähigkeit jedoch dazu führt, dass er seine Verpflichtung, diese Leistungskürzungen auszugleichen, nicht erfüllen kann?
Falls die erste Vorlagefrage bejaht wird:
Unter welchen Umständen können die durch die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers erlittenen Verluste des ehemaligen Arbeitnehmers bei den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung als offensichtlich unverhältnismäßig angesehen werden und damit die Mitgliedstaaten verpflichten, hiergegen einen Mindestschutz zu gewährleisten, obwohl der ehemalige Arbeitnehmer mindestens die Hälfte der Leistungen erhält, die sich aus seinen erworbenen Rentenansprüchen ergeben?
Falls die erste Vorlagefrage bejaht wird:
Entfaltet Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG unmittelbare Wirkung und verleiht die Bestimmung, wenn ein Mitgliedstaat diese Richtlinie nicht oder nur unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat, dem Einzelnen Rechte, die dieser vor einem nationalen Gericht gegenüber dem Mitgliedstaat geltend machen kann?
Falls die dritte Vorlagefrage bejaht wird:
Ist eine privatrechtlich organisierte Einrichtung, die von dem Mitgliedstaat – für die Arbeitgeber verpflichtend – als Träger der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung bestimmt ist, der staatlichen Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegt sowie die für die Insolvenzsicherung erforderlichen Beiträge kraft öffentlichen Rechts von den Arbeitgebern erhebt und wie eine Behörde die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung durch Verwaltungsakt herstellen kann, eine öffentliche Stelle des Mitgliedstaates?
II. Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt.
Tatbestand
A. Gegenstand des Ausgangsverfahrens
Die Parteien streiten – soweit für das Vorabentscheidungsverfahren von Bedeutung – darüber, ob der beklagte Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit für einen Anspruch des Klägers gegen seine ehemalige Arbeitgeberin eintreten muss, weil diese zahlungsunfähig ist und deshalb ihrer Verpflichtung, für eine Leistungskürzung einer Pensionskasse einzustehen, nicht nachkommen kann.
Der Beklagte ist der gesetzlich bestimmte Träger der Insolvenzsicherung für die betriebliche Altersversorgung. Sein Zweck ist es, die Zahlung der betrieblichen Altersversorgung im Fall der Insolvenz eines Arbeitgebers in der Bundesrepublik Deutschland und im Großherzogtum Luxemburg zu gewährleisten.
Dem Kläger wurden von seiner damaligen Arbeitgeberin Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt. Diese setzen sich aus einer – im Wege der Direktzusage versprochenen – monatlichen Pensionszulage und einem jährlichen Weihnachtsgeld für Pensionäre sowie einer über den Durchführungsweg Pensionskasse zugesagten Pensionskassenrente zusammen. Die Pensionskassenrente ist betriebliche Altersversorgung im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz), soweit sie auf Beiträgen der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers beruht. Insoweit finden die Vorschriften des Betriebsrentengesetzes Anwendung. Zusätzlich hat der Kläger durch eigene Beiträge die Pensionskassenrente erhöht; dieser Teil der Pensionskassenrente ist jedoch nicht Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens.
Ab dem 1. Dezember 2000 bezog der Kläger von seiner ehemaligen Arbeitgeberin die Pensionszulage und das Weihnachtsgeld. Die Pensionskassenrente wird ihm ab diesem Zeitpunkt von der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gezahlt. Bei dieser handelt es sich um eine rechtsfähige überbetriebliche Einrichtung, die den Arbeitnehmern einen Rechtsanspruch auf ihre Leistungen gewährt.
Die Pensionskasse geriet Mitte 2003 in eine wirtschaftliche Krise und kürzt seitdem die Pensionskassenrenten. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, bei der es sich um die gesetzlich bestimmte staatliche Aufsichtsbehörde handelt, erteilte hierzu ihre Zustimmung. Der arbeitgeberfinanzierte Teil der Pensionskassenrente des Klägers betrug bei Rentenbeginn 585,21 Euro brutto und belief sich im Juni 2003 auf 599,49 Euro brutto. Die Pensionskassenrente wurde zunächst ab dem 1. Juli 2003 um 1,4 vom Hundert, ab dem 1. Juli 2004 um weitere 1,4 vom Hundert, ab dem 1. Juli 2005 um weitere 1,4 vom Hundert, ab dem 1. Juli 2006 um weitere 1,4 vom Hundert, ab dem 1. Juli 2007 um weitere 1,38 vom Hundert, ab dem 1. Juli 2008 um weitere 1,36 vom Hundert, ab dem 1. Juli 2009 um weitere 1,34 vom Hundert, ab dem 1. Juli 2010 um weitere 1,26 vom Hundert, ab dem 1. Juli 2011 um weitere 1,26 vom Hundert, ab dem 1. Juli 2012 um weitere 1,25 vom Hundert und ab dem 1. Juli 2013 um weitere 1,25 vom Hundert gekürzt. Die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers glich diese Leistungskürzungen der Pensionskasse aufgrund ihrer im nationalen Recht vorgesehenen Einstandspflicht zunächst aus. Eine Verpflichtung, die ungekürzten Leistungen der Pensionskassen anderweitig abzusichern, sieht das nationale Recht nicht vor.
Am 30. Januar 2012 wurde über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Bescheid vom 12. September 2012 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er die Zahlung der Pensionszulage iHv. 398,90 Euro monatlich und des Weihnachtsgeldes iHv. 1.451,05 Euro jährlich übernehme. Einen Ausgleich der Leistungskürzungen bei der Pensionskassenrente lehnte der Beklagte ab. Die Pensionskasse zahlt an den Kläger die – gekürzte – Pensionskassenrente weiter, da sein Anspruch gegen die Pensionskasse von der Zahlungsunfähigkeit seiner ehemaligen Arbeitgeberin nach dem nationalen Recht nicht berührt wird.
Der Kläger hat im Ausgangsverfahren geltend gemacht, der Beklagte müsse aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen seiner ehemaligen Arbeitgeberin für die Leistungskürzungen der Pensionskasse einstehen. Der Beklagte hat hierzu die Auffassung vertreten, ihn treffe nach nationalem Recht keine Eintrittspflicht für Versorgungsansprüche, die im Durchführungsweg Pensionskasse geleistet werden, wenn der Arbeitgeber seiner gesetzlich vorgesehenen Einstandspflicht infolge einer eigenen Zahlungsunfähigkeit nicht nachkommen könne.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben.
Entscheidungsgründe
B. Rechtlicher Rahmen
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Anwendbarkeit und die Auslegung von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. EU L 283 vom 28. Oktober 2008 Seite 36), geändert durch Art. 1 ÄndRL (EU) 2015/1794 vom 6. Oktober 2015 (ABl. EU L 263 vom 8. Oktober 2015 Seite 1).
I. Das einschlägige nationale Recht
Das Recht der betrieblichen Altersversorgung ist im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz) vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I Seite 3610), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl. I Seite 3214), geregelt. Das Gesetz lautet auszugsweise:
„§ 1 Zusage des Arbeitgebers auf betriebliche |
Altersversorgung |
(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.
…
§ 1b Unverfallbarkeit und Durchführung der |
betrieblichen Altersversorgung |
…
(2) 1Wird für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen und sind der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistungen des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt (Direktversicherung), so ist der Arbeitgeber verpflichtet, wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen das Bezugsrecht nicht mehr zu widerrufen. […]
3Hat der Arbeitgeber die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten oder beliehen, so ist er verpflichtet, den Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen geendet hat, bei Eintritt des Versicherungsfalles so zu stellen, als ob die Abtretung oder Beleihung nicht erfolgt wäre. …
(3) Wird die betriebliche Altersversorgung von einer rechtsfähigen Versorgungseinrichtung durchgeführt, die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen auf ihre Leistungen einen Rechtsanspruch gewährt (Pensionskasse und Pensionsfonds), so gilt Absatz 1 entsprechend. …
(4) Wird die betriebliche Altersversorgung von einer rechtsfähigen Versorgungseinrichtung durchgeführt, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt (Unterstützungskasse), so sind die nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen und vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Unternehmen ausgeschiedenen Arbeitnehmer und ihre Hinterbliebenen den bis zum Eintritt des Versorgungsfalles dem Unternehmen angehörenden Arbeitnehmern und deren Hinterbliebenen gleichgestellt. …
…
§ 7 Umfang des Versicherungsschutzes |
(1) Versorgungsempfänger, deren Ansprüche aus einer unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers nicht erfüllt werden, weil über das Vermögen des Arbeitgebers oder über seinen Nachlaß das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, und ihre Hinterbliebenen haben gegen den Träger der Insolvenzsicherung einen Anspruch in Höhe der Leistung, die der Arbeitgeber aufgrund der Versorgungszusage zu erbringen hätte, wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden wäre. Satz 1 gilt entsprechend,
- wenn Leistungen aus einer Direktversicherung aufgrund der in § 1b Abs. 2 Satz 3 genannten Tatbestände nicht gezahlt werden und der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nach § 1b Abs. 2 Satz 3 wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nachkommt,
- wenn eine Unterstützungskasse oder ein Pensionsfonds die nach ihrer Versorgungsregelung vorgesehene Versorgung nicht erbringt, weil über das Vermögen oder den Nachlass eines Arbeitgebers, der der Unterstützungskasse oder dem Pensionsfonds Zuwendungen leistet (Trägerunternehmen), das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.
…
§ 10 Beitragspflicht und Beitragsbemessung |
(1) Die Mittel für die Durchführung der Insolvenzsicherung werden auf Grund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung durch Beiträge aller Arbeitgeber aufgebracht, die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unmittelbar zugesagt haben oder eine betriebliche Altersversorgung über eine Unterstützungskasse, eine Direktversicherung der in § 7 Abs. 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Art oder einen Pensionsfonds durchführen.
…
(4) Aus den Beitragsbescheiden des Trägers der Insolvenzsicherung findet die Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung statt. Die vollstreckbare Ausfertigung erteilt der Träger der Insolvenzsicherung.
…
§ 14 Träger der Insolvenzsicherung |
(1) Träger der Insolvenzsicherung ist der Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Er ist zugleich Träger der Insolvenzsicherung von Versorgungszusagen Luxemburger Unternehmen nach Maßgabe des Abkommens vom 22. September 2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg über Zusammenarbeit im Bereich der Insolvenzsicherung betrieblicher Altersversorgung.
(2) Der Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit unterliegt der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. …”
§ 3 Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz vom 27. April 1953 (BGBl. I Seite 157) in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 201-4, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juni 2017 (BGBl. I Seite 2094) hat folgenden Wortlaut:
„(1) Die Vollstreckung wird gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht.
(2) Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind:
- der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist;
- die Fälligkeit der Leistung;
- der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder, wenn die Leistung erst danach fällig wird, der Ablauf einer Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit.
(3) Vor Anordnung der Vollstreckung soll der Schuldner ferner mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahnt werden.
(4) Die Vollstreckungsanordnung wird von der Behörde erlassen, die den Anspruch geltend machen darf.”
II. Das einschlägige Unionsrecht
„RICHTLINIE 2008/94/EG DES EUROPÄISCHEN |
PARLAMENTS UND DES RATES vom 22. Oktober |
2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei |
Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers |
(1) Diese Richtlinie gilt für Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 sind.
(2) Die Mitgliedstaaten können die Ansprüche bestimmter Gruppen von Arbeitnehmern wegen des Bestehens anderer Garantieformen ausnahmsweise vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausschließen, wenn diese den Betroffenen nachweislich einen Schutz gewährleisten, der dem sich aus dieser Richtlinie ergebenden Schutz gleichwertig ist.
…
(1) Im Sinne dieser Richtlinie gilt ein Arbeitgeber als zahlungsunfähig, wenn die Eröffnung eines nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften eines Mitgliedstaats vorgeschriebenen Gesamtverfahrens beantragt worden ist, das die Insolvenz des Arbeitgebers voraussetzt und den teilweisen oder vollständigen Vermögensbeschlag gegen diesen Arbeitgeber sowie die Bestellung eines Verwalters oder einer Person, die eine ähnliche Funktion ausübt, zur Folge hat, und wenn die aufgrund der genannten Rechts- und Verwaltungsvorschriften zuständige Behörde
a) die Eröffnung des Verfahrens beschlossen hat; …
…
Die Mitgliedstaaten vergewissern sich, dass die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer sowie der Personen, die zum Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers aus dessen Unternehmen oder Betrieb bereits ausgeschieden sind, hinsichtlich ihrer erworbenen Rechte oder Anwartschaftsrechte auf Leistungen bei Alter, einschließlich Leistungen für Hinterbliebene, aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen außerhalb der einzelstaatlichen gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit getroffen werden.”
C. Erforderlichkeit der Entscheidung des Gerichtshofs und Erörterung der Vorlagefragen
I. Erläuterung zur ersten Vorlagefrage
In der Bundesrepublik Deutschland kann ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung entweder unmittelbar (Direktzusage) oder über externe Versorgungseinrichtungen zusagen. Bei einer Direktzusage hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmern die Versorgungsleistungen unmittelbar selbst zu gewähren. Betraut der Arbeitgeber eine externe Versorgungseinrichtung mit der Durchführung der Betriebsrentenzusagen, erfüllt er seine Leistungspflicht mittelbar entweder über eine Direktversicherung – also eine vom Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers abgeschlossene Lebensversicherung – oder durch eine Unterstützungskasse, einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse (vgl. hierzu EuGH 9. Oktober 2001 – C-379/99 – [Menauer] Rn. 5 f.).
Sagt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu, die über eine externe Versorgungseinrichtung – wie im Ausgangsverfahren eine Pensionskasse – erbracht werden sollen, und bleiben deren Leistungen an den Arbeitnehmer hinter dem zurück, was der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aus dem arbeitsrechtlichen Grundverhältnis an Versorgung schuldet, ist der Arbeitgeber nach dem nationalen Recht verpflichtet, diese Lücke zu schließen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 des Betriebsrentengesetzes hat er gegenüber dem Arbeitnehmer für die zugesagten Leistungen einzustehen und ihm diese im Versorgungsfall aus seinem eigenen Vermögen zu erbringen. Wird der Arbeitgeber – wie im Fall des Klägers – in einer solchen Situation zahlungsunfähig, sieht das nationale Recht keine Eintrittspflicht des Beklagten oder einer anderen Sicherungseinrichtung für die vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer aufgrund seiner gesetzlichen Einstandspflicht zu erbringenden Leistungen vor, wenn diese Einstandspflicht besteht, weil eine Pensionskasse die Pensionskassenrente kürzt.
Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts findet Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers auch dann Anwendung, wenn die Pensionskasse – ohne selbst zahlungsunfähig gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2008/94/EG zu sein – Leistungskürzungen mit Zustimmung der staatlichen Finanzdienstleistungsaufsicht vornimmt, der Arbeitgeber diese Kürzungen aber nicht ausgleichen kann, weil er selbst zahlungsunfähig ist. Bei der gesetzlichen Einstandspflicht handelt es sich um einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne des Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2008/94/EG, da sie auf der Versorgungszusage des Arbeitgebers beruht. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Pensionskasse verpflichtet ist, den Teil der Pensionskassenrente, der nach der Kürzung verbleibt, unabhängig von der Insolvenz des ehemaligen Arbeitgebers weiter an den ehemaligen Arbeitnehmer zu zahlen und dadurch dieser Teil des Versorgungsanspruchs trotz der Zahlungsunfähigkeit des ehemaligen Arbeitgebers geschützt ist.
Die zu 1. gestellte Frage ist vom Gerichtshof noch nicht so eindeutig beantwortet worden, dass keine Zweifel an ihrer Beantwortung bestehen. Die Antwort ist auch nicht eindeutig.
II. Erläuterungen zur zweiten Vorlagefrage
Der Gerichtshof hat in den Rechtssachen Robins ua. (25. Januar 2007 – C-278/05 – Rn. 57 zum wortidentischen Art. 8 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980) und Hogan ua. (25. April 2013 – C-398/11 – Rn. 51) bislang entschieden, eine ordnungsgemäße Umsetzung von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG erfordere, dass ein Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers mindestens die Hälfte der Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung erhalte, die sich aus seinen erworbenen Rechten ergeben. Hieran hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 24. November 2016 (– C-454/15 – [Webb-Sämann] Rn. 35) zwar im Grundsatz festgehalten. Allerdings hat er weiter ausgeführt, es sei nicht ausgeschlossen, dass unter anderen Umständen die erlittenen Verluste, auch wenn ihr Prozentsatz ein anderer sei, als offensichtlich unverhältnismäßig angesehen werden könnten. Der Gerichtshof hat bislang nicht konkretisiert, welcher Art diese „anderen Umstände” sein können und nach welchen Kriterien sich beurteilt, ob Verluste offensichtlich unverhältnismäßig sind.
Danach vermag der Senat nicht mit der für ein letztinstanzliches Gericht gebotenen Sicherheit zu beurteilen, ob nach dem festgestellten Sachverhalt des Ausgangsverfahrens der nach Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG vorgesehene Mindestschutz gewährt wird, obwohl der Kläger durch die Kürzung der Pensionskassenrente zwar keine Verluste erleidet, die die Hälfte seiner erworbenen Rentenansprüche übersteigen. Die Leistungskürzung beträgt bezogen auf den arbeitgeberfinanzierten Teil der Pensionskassenrente des Klägers bislang zwar nur etwa 13,8 vom Hundert und bezogen auf die gesamten ihm gewährten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Pensionszulage und des Weihnachtsgeldes nur etwa 7,4 vom Hundert. Insgesamt beläuft sich der vom Arbeitnehmer infolge der Zahlungsunfähigkeit seiner ehemaligen Arbeitgeberin erlittene Verlust jedoch zurzeit auf 82,74 Euro brutto monatlich und ist damit deutlich höher, als der Verlust von 7,00 Euro, den der Gerichtshof in der Rechtssache Webb-Sämann (EuGH 24. November 2016 – C-454/15 – [Webb-Sämann] Rn. 36) als nicht erheblich angesehen hat.
III. Erläuterungen zur dritten Vorlagefrage
Sollte Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG im Ausgangsverfahren eine Absicherung der Ansprüche des Klägers durch den Mitgliedstaat erfordern, wäre das vorlegende Gericht gehindert, dieses Ergebnis durch eine unionsrechtskonforme Auslegung oder Fortbildung des Betriebsrentengesetzes zu erreichen. Ansprüche des Klägers könnten dann nur unmittelbar aus Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG folgen. Ob dies der Fall ist, ist unklar und daher durch den Gerichtshof zu klären.
1. Die nationalen Gerichte sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs gehalten, bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen und damit Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen; das darf aber nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (vgl. etwa EuGH 24. Januar 2012 – C-282/10 – [Dominguez] Rn. 25 mwN).
Eine Auslegung des Betriebsrentengesetzes oder eine Rechtsfortbildung dahin, dass der Beklagte haftet, wenn ein ehemaliger Arbeitgeber seiner gesetzlichen Einstandspflicht für eine von der Pensionskasse berechtigt gekürzte Pensionskassenrente nicht nachkommen kann, weil er zahlungsunfähig geworden ist, ist contra legem. Das Betriebsrentengesetz enthält ein ausdifferenziertes Regelwerk für die Absicherung von Betriebsrentenansprüchen und Betriebsrentenanwartschaften, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist. Eine Absicherung der Einstandspflicht des zahlungsunfähigen Arbeitgebers bei Kürzungen von Pensionskassenrenten sieht das Betriebsrentengesetz nicht vor. Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers. Er hielt Ansprüche der ehemaligen Arbeitnehmer gegen Pensionskassen durch die Versicherungsaufsicht und die Vorschriften zur Anlage des Sicherungsvermögens der Pensionskassen für ausreichend gesichert (vgl. Bundestags-Drucksache 7/2843 Seite 9; sowie die entsprechenden Erörterungen im Plenum des Deutschen Bundes-tages, 7. Legislaturperiode, 134. Sitzung, Stenografische Berichte Seite 9060).
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs kann sich der Einzelne jedoch in den Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Mitgliedstaat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat (vgl. etwa EuGH 1. Juli 2010 – C-194/08 – [Gassmayr] Rn. 44 mwN). Der Gerichtshof hat angenommen, eine Unionsvorschrift sei unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiere, die an keine Bedingung geknüpft sei und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedürfe. Sie sei hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlege (vgl. etwa EuGH 1. Juli 2010 – C-194/08 – [Gassmayr] Rn. 45 mwN). Dabei erstrecke sich die Prüfung, ob eine Richtlinienbestimmung diese Kriterien erfüllt, auf drei Gesichtspunkte, nämlich die Bestimmung des Personenkreises, dem der vorgesehene Mindestschutz zugutekommen soll, den Inhalt dieses Mindestschutzes und die Person, die den Mindestschutz schuldet (vgl. EuGH 19. November 1991 – C-6/90 und C-9/90 – [Pretura Vicenza und Pretura Bassano del Grappa] Rn. 12).
Für das vorlegende Gericht steht vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. EuGH 25. Januar 2007 – C-278/05 – [Robins ua.] zum wortidentischen Art. 8 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980; 25. April 2013 – C-398/11 – [Hogan ua.]; 24. November 2016 – C-454/15 – [Webb-Sämann]) nicht zweifelsfrei fest, ob diese Regelung insgesamt – möglicherweise auch nach Beantwortung der durch die zweite Vorlagefrage erfolgten weiteren Konkretisierung – die Anforderungen an eine unmittelbar wirkende und damit inhaltlich unbedingt und hinreichend genaue Richtlinienbestimmung erfüllt.
IV. Erläuterungen zur vierten Vorlagefrage
Sollte der Gerichtshof die dritte Vorlagefrage bejahen, kann das vorlegende Gericht nicht mit der für ein letztentscheidendes Gericht gebotenen Sicherheit beurteilen, ob der Beklagte zu den Rechtssubjekten gehört, denen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (siehe hierzu etwa EuGH 12. Dezember 2013 – C-361/12 – [Carratú] Rn. 29; 12. September 2013 – C-614/11 – [Kuso] Rn. 32; 12. Juli 1990 – C-188/89 – [Foster ua.] Rn. 22) der unmittelbar anwendbare Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG entgegengehalten werden könnte.
Der Beklagte ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Betriebsrentengesetz der gesetzlich bestimmte Träger der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung in der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg. Er ist von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, dem Verband der Lebensversicherungs-Unternehmen und dem Bundesverband der Deutschen Industrie, eingetragenen Vereinen, gegründet worden. Der Beklagte hat die Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, das heißt einer juristischen Person des Privatrechts. Ihm obliegt die Erfüllung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, wenn bei einem Arbeitgeber ein in § 7 Abs. 1 Betriebsrentengesetz vorgesehener Sicherungsfall, wie die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, eingetreten ist.
Der Beklagte unterliegt nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Betriebsrentengesetz der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Diese Aufsicht entspricht im Wesentlichen der Aufsicht für private sogenannte kleine Versicherungsunternehmen nach dem Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz).
Arbeitgeber, die eine sicherungspflichtige betriebliche Altersversorgung durchführen, sind nach § 10 Abs. 1 Betriebsrentengesetz verpflichtet, Beiträge zur Durchführung der Insolvenzsicherung an den Beklagten zu entrichten. Hierbei handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Damit besteht eine Zwangsversicherungspflicht für diese Arbeitgeber.
Für die Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten und dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer sind nach nationalem Recht zwar die zivilrechtlichen Regelungen anwendbar. Dies gilt jedoch nicht für die Beitragspflicht des Arbeitgebers. Insoweit stehen dem Beklagten aufgrund öffentlichen Rechts hoheitliche Befugnisse zu (vgl. etwa BAG 29. September 2010 – 3 AZR 546/08 – Rn. 15 mwN). Hinsichtlich seiner Berechtigung, Beiträge zu erheben, ist er ein mit Aufgaben und Befugnissen der öffentlichen Verwaltung beliehenes Unternehmen (Bundestags-Drucksache 7/2843 Seite 10). Er hat damit das Recht, die von ihm erteilten Beitragsbescheide als Verwaltungsakte zu erlassen. Allerdings ist er – anders als eine Behörde – nicht ermächtigt, verwaltungsrechtliche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen anzuordnen. Vielmehr findet die Zwangsvollstreckung aus diesen Verwaltungsakten nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung statt, die nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Betriebsrentengesetz entsprechend anwendbar sind. Für das Zwangsvollstreckungsverfahren nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung bedarf es eines Vollstreckungstitels und einer vollstreckbaren Ausfertigung. Diese Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung schafft der Beklagte nach § 10 Abs. 4 Betriebsrentengesetz aufgrund seiner hoheitlichen Befugnis selbst. Das unterscheidet ihn von Privatpersonen, die eine Zwangsvollstreckung betreiben. Denn diese müssen regelmäßig einen Vollstreckungstitel im gerichtlichen Verfahren erwirken und eine vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungstitels über die gesetzlich hierfür bestimmten Organe der Rechtspflege beantragen. Die Befugnisse des Beklagten ähneln daher insoweit denjenigen der Verwaltungsbehörden, die nach § 3 Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz berechtigt sind, aufgrund ihrer Leistungsbescheide eine Vollstreckungsanordnung zu erlassen und damit die Zwangsvollstreckung einzuleiten.
Unterschriften
Zwanziger, Spinner, Wemheuer, S. Hopfner, Becker
Fundstellen
Haufe-Index 11549888 |
DB 2018, 21 |