Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratstätigkeit freigestellter Betriebsratsmitglieder außerhalb des Betriebes. Ab- und Rückmeldepflicht. Mitteilung des Orts der Betriebsratstätigkeit. Freigestelltes Betriebsratsmitglied. Abmeldepflicht
Leitsatz (amtlich)
Freigestellte Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, sich beim Arbeitgeber unter Angabe der voraussichtlichen Dauer der Betriebsratstätigkeit abzumelden, wenn sie außerhalb des Betriebes erforderlichen Betriebsratsaufgaben nachgehen, und sich bei der Rückkehr in den Betrieb zurückzumelden.
Orientierungssatz
1. Ein nach § 38 Abs. 1 BetrVG von seiner beruflichen Tätigkeit freigestelltes Betriebsratsmitglied ist verpflichtet, während seiner vertraglichen Arbeitszeit im Betrieb anwesend zu sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereitzuhalten.
2. Verlässt das freigestellte Betriebsratsmitglied zur Wahrnehmung erforderlicher Betriebsratsaufgaben den Betrieb, ist es verpflichtet, sich beim Arbeitgeber unter Angabe der voraussichtlichen Dauer der Abwesenheit abzumelden und bei der Rückkehr in den Betrieb wieder zurückzumelden. Das Betriebsratsmitglied ist jedoch nicht verpflichtet, den Arbeitgeber beim Verlassen des Betriebes über den Ort der beabsichtigten Betriebsratstätigkeit zu informieren.
Normenkette
BetrVG § 2 Abs. 1, § 37 Abs. 2, § 38 Abs. 1; BGB § 241 Abs. 2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 30.01.2014; Aktenzeichen 18 TaBV 1052/13) |
ArbG Brandenburg (Beschluss vom 23.04.2013; Aktenzeichen 4 BV 21/12) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2014 – 18 TaBV 1052/13 – teilweise aufgehoben.
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 23. April 2013 – 4 BV 21/12 – teilweise abgeändert.
Der Antrag festzustellen, dass die vollständig freigestellten Mitglieder des Beteiligten zu 1. nicht verpflichtet sind,
- sich vor Verlassen des Betriebes innerhalb der Arbeitszeiten abzumelden,
- die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit anzugeben,
- sich bei ihrer Rückkehr bei der Geschäftsführerin der Beteiligten zu 2. bzw. in der Personalabteilung der Beteiligten zu 2. zurückzumelden,
wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten in der Rechtsbeschwerde noch darüber, ob freigestellte Betriebsratsmitglieder verpflichtet sind, sich vor dem Verlassen des Betriebes zum Zwecke einer externen Betriebsratstätigkeit bei der Arbeitgeberin unter Angabe von Ort und voraussichtlicher Dauer der Abwesenheit ab- und bei der Rückkehr in den Betrieb wieder zurückzumelden.
Der zu 1. beteiligte Betriebsrat sowie die zu 3. bis 5. beteiligten freigestellten Betriebsratsmitglieder beabsichtigten, ihren Verfahrensbevollmächtigten in dessen Kanzlei in B aufzusuchen, um sich zur Vorbereitung einer für den 2. März 2012 anberaumten Einigungsstellensitzung rechtlich beraten zu lassen, Positionen zu klären und die Taktik zu besprechen. Im Betrieb der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin existiert die Dienstanweisung Nr. 10/05 vom 7. November 2005 über die „Durchführung und Abrechnung von Dienstreisen”. Unter Verwendung der danach üblichen Dienstreiseantragsformulare beantragten die freigestellten Betriebsratsmitglieder am 24. Februar 2012 für den 1. März 2012 eine Fahrt von Br nach B und zurück und gaben als Grund „Besprechung mit unseren Beratern in Rechtsfragen” an. Mit Schreiben vom 1. März 2012 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, dass sie die Anträge wegen Fehlens des sachlichen Grundes nicht befürworten könne. Sie wies mit Schreiben vom 19. März 2012 darauf hin, dass der Grund für die Dienstreise genannt werden müsse und der bloße Hinweis auf Betriebsratsarbeit nicht genüge, da sie bei kostenauslösenden Maßnahmen abschätzen können müsse, ob der Betriebsrat im Rahmen seiner Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz tätig sei oder nicht. Mit Schreiben vom 26. März 2012 ersuchte die Geschäftsführerin der Arbeitgeberin den Betriebsrat, bei „Durchführung außerbetrieblicher Betriebsratstätigkeit um die Beachtung nachfolgender Ausführungen”: „…
Ich bitte Sie daher, sich künftig vor Verlassen des Betriebes innerhalb der Arbeitszeiten bei der Geschäftsführung abzumelden, und dabei den Ort, sowie die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit anzugeben. Entsprechend der bisherigen betrieblichen Praxis bitten wir darum, die Abmeldung schriftlich, sowie unter Beschreibung der betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben vorzunehmen, damit die Wahrnehmung der Aufgaben nach BetrVG nachvollzogen werden kann. Die Erstattung der Reisekosten erfolgt ggf. gemäß der Dienstanweisung 10/05. Sie erfordert die rechtzeitige Antragstellung in der bekannten Form und eine Genehmigung vor Reiseantritt durch mich.
Bei Ihrer Rückkehr melden Sie sich bitte ebenfalls bei mir zurück. Die An- und Abmeldung bzw. entsprechende Mitteilung soll dabei ausschließlich an mich erfolgen; die Personalabteilung ist nur dann stattdessen zu benachrichtigen, wenn ich dies Ihnen vorher mitgeteilt habe.
…
Ein Anspruch auf Erstattung der Reisekosten für außerbetriebliche Betriebsratstätigkeit besteht nur dann, wenn die oben beschriebenen Ab- und Anmeldepflichten beachtet worden sind, die entsprechende Erforderlichkeit für die Betriebsratstätigkeit besteht und die Dienstanweisung 10/05 beachtet wurde.
…”
Der Betriebsrat und die freigestellten Betriebsratsmitglieder haben die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin habe kein berechtigtes Interesse an der An- und Abmeldung freigestellter Betriebsratsmitglieder bei der Wahrnehmung externer Betriebsratstätigkeiten. Die ständige Erreichbarkeit des Betriebsrats sei gewährleistet; notfalls sei der freigestellte Vorsitzende über das dienstliche Mobiltelefon zu erreichen.
Der Betriebsrat und die freigestellten Betriebsratsmitglieder haben zuletzt, soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung, beantragt
festzustellen, dass die vollständig freigestellten Mitglieder des Beteiligten zu 1. nicht verpflichtet sind,
- sich vor Verlassen des Betriebes innerhalb der Arbeitszeiten abzumelden,
- den Ort sowie die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit anzugeben,
- sich bei ihrer Rückkehr bei der Geschäftsführerin der Beteiligten zu 2. bzw. in der Personalabteilung der Beteiligten zu 2. zurückzumelden.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Abweisung des Antrags. Der Betriebsrat und die freigestellten Betriebsratsmitglieder beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist überwiegend begründet.
Sie führt unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und teilweiser Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zur überwiegenden Abweisung des Antrags. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag zu Unrecht in vollem Umfang stattgegeben. Der Antrag ist zwar zulässig, aber im Wesentlichen unbegründet. Die freigestellten Betriebsratsmitglieder sind verpflichtet, sich vor Verlassen des Betriebes innerhalb der Arbeitszeiten abzumelden, die voraussichtliche Dauer der Abwesenheit anzugeben und sich bei ihrer Rückkehr bei der Geschäftsführung bzw. in der Personalabteilung der Arbeitgeberin zurückzumelden. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht jedoch entschieden, dass die freigestellten Mitglieder des Betriebsrats nicht dazu verpflichtet sind, der Arbeitgeberin vor dem Verlassen des Betriebes den Ort mitzuteilen, an dem sie ihre Betriebsratsarbeit verrichten. Insoweit ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
I. Der Antrag ist zulässig.
1. Die Antragsteller sind antragsbefugt. Voraussetzung der Antragsbefugnis im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist, dass der Antragsteller eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechte behauptet (vgl. BAG 10. Juli 2013 – 7 ABR 22/12 – Rn. 15; 5. Oktober 2010 – 1 ABR 20/09 – Rn. 13 f., BAGE 135, 382). Der Streit darüber, ob sich die nach § 38 Abs. 1 BetrVG freigestellten Mitglieder des Betriebsrats vor dem Verlassen des Betriebsgeländes zur Wahrnehmung externer Betriebsratsaufgaben unter Angabe von Ort und Dauer ihrer voraussichtlichen Abwesenheit ab- und bei ihrer Rückkehr wieder zurückmelden müssen, betrifft die Arbeitsweise des Betriebsrats als Organ, der deshalb für die begehrte negative Feststellung antragsbefugt ist. Da die Beteiligten um Verhaltenspflichten der Betriebsratsmitglieder im Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Betriebsratsamtes streiten, sind auch die freigestellten Mitglieder antragsbefugt.
2. Der Antrag erfüllt die Anforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO. Der Streit über die Ab- und Rückmeldepflicht eines Betriebsratsmitglieds betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis im Sinne einer durch die Herrschaft von Rechtsnormen – hier § 38 Abs. 1 BetrVG – über einen konkreten Sachverhalt entstandenen rechtlichen Beziehung (vgl. BAG 29. Juni 2011– 7 ABR 135/09 – Rn. 16, BAGE 138, 233; 17. November 2010 – 7 ABR 123/09 – Rn. 20, BAGE 136, 200). Für die Klärung dieses Rechtsverhältnisses verfügen der Betriebsrat und die freigestellten Betriebsratsmitglieder über das erforderliche Feststellungsinteresse. Der Betriebsrat und die freigestellten Betriebsratsmitglieder haben ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Die streitigen Fragen der Ab- und Rückmeldepflicht bei einer externen Betriebsratstätigkeit freigestellter Betriebsratsmitglieder können sich zwischen den Beteiligten auch in Zukunft stellen.
II. Der negative Feststellungsantrag ist überwiegend unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die freigestellten Mitglieder des Betriebsrats im Unterschied zu den nicht freigestellten Mitgliedern des Betriebsrats nicht dazu verpflichtet sind, sich bei der Arbeitgeberin – entweder bei der Geschäftsführung oder bei der Personalleitung – vor der Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten außerhalb des Betriebes unter Mitteilung der voraussichtlichen Abwesenheitsdauer ab- und nach der Rückkehr wieder zurückzumelden. Hingegen hat das Landesarbeitsgericht zu Recht entschieden, dass freigestellte Betriebsratsmitglieder der Arbeitgeberin vor dem Verlassen des Betriebsgeländes nicht den Ort nennen müssen, an dem sie ihre Betriebsratstätigkeit verrichten.
1. Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind nicht freigestellte Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung ihres Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebes zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Der Arbeitgeber muss der Arbeitsbefreiung nicht zustimmen. Ein Betriebsratsmitglied, das seinen Arbeitsplatz verlässt, um Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz wahrzunehmen, hat sich aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beim Arbeitgeber abzumelden. Es ist auch verpflichtet, sich zurückzumelden, sobald es nach Beendigung der Betriebsratstätigkeit seine Arbeit wieder aufnimmt (BAG 29. Juni 2011 – 7 ABR 135/09 – Rn. 19 mwN, BAGE 138, 233). Die Betriebsratsmitglieder treffen kollektivrechtliche Obliegenheiten zur Ab- und Rückmeldung aufgrund des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit aus § 2 Abs. 1 BetrVG. Gleichermaßen handelt es sich um eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht iSv. § 241 Abs. 2 BGB (vgl. BAG 29. Juni 2011 – 7 ABR 135/09 – Rn. 20 mwN, aaO). Die Meldepflichten dienen bei nicht freigestellten Betriebsratsmitgliedern dem Zweck, dem Arbeitgeber die Arbeitseinteilung zu erleichtern, vor allem den Arbeitsausfall des Arbeitnehmers zu überbrücken. Um diesen Zweck zu erfüllen, genügt es, wenn das Betriebsratsmitglied bei der Abmeldung den Ort und die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit angibt. Aufgrund dieser Mindestangaben ist der Arbeitgeber imstande, die Arbeitsabläufe in geeigneter Weise zu organisieren und Störungen im Betriebsablauf zu vermeiden (BAG 29. Juni 2011 – 7 ABR 135/09 – Rn. 21, aaO).
2. Die Ab- und Rückmeldepflicht sowie die Pflicht zur Information des Arbeitgebers über die voraussichtliche Dauer der Abwesenheit vom Betrieb gehören auch bei den nach § 38 Abs. 1 BetrVG von der Arbeitsleistung freigestellten Betriebsratsmitgliedern zu den Nebenpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB. Sie beruhen zudem auf dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG. Freigestellte Betriebsratsmitglieder unterliegen zwar keiner Arbeitspflicht, so dass der Arbeitgeber deshalb keine Organisationsmaßnahmen für eine Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu treffen hat. Der Arbeitgeber hat jedoch ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, ob und ggf. wie lange ein freigestelltes Betriebsratsmitglied vom Betrieb abwesend ist.
a) Nach § 38 Abs. 1 BetrVG ist ein Betriebsratsmitglied nur von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt, nicht aber von seiner Anwesenheitspflicht im Betrieb. An die Stelle der Arbeitspflicht tritt die Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds, während seiner vertraglichen Arbeitszeit im Betrieb am Sitz des Betriebsrats, dem er angehört, anwesend zu sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereitzuhalten. Dies ist gesetzliche Rechtsfolge der Freistellung (BAG 10. Juli 2013 – 7 ABR 22/12 – Rn. 20; 13. Juni 2007 – 7 ABR 62/06 – Rn. 14; 28. August 1991 – 7 ABR 46/90 – zu B II 3 a der Gründe, BAGE 68, 224; 31. Mai 1989 – 7 AZR 277/88 – zu 3 der Gründe). Das Betriebsratsmitglied muss deshalb während seiner Anwesenheit im Betrieb grundsätzlich nicht nachweisen, dass es Betriebsratsarbeit leistet. Zweck des § 38 Abs. 1 BetrVG ist es, Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über den Umfang der notwendigen Arbeitsbefreiung zu vermeiden. Das Gesetz geht dabei davon aus, dass bei einer bestimmten Betriebsgröße die in § 38 Abs. 1 BetrVG festgelegte Mindestzahl von Freistellungen erforderlich ist, damit die Betriebsratstätigkeit ordnungsgemäß durchgeführt werden kann (BAG 10. Juli 2013 – 7 ABR 22/12 – Rn. 19). Dieser Zweck entbindet das Betriebsratsmitglied aber nicht von der vertraglichen Nebenpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB sowie der Pflicht aus § 2 Abs. 1 BetrVG zur Ab- und Rückmeldung, wenn es außerhalb des Betriebes erforderlichen Betriebsratsaufgaben nachgeht. Denn insoweit können entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch bei einem freigestellten Betriebsratsmitglied Interessen des Arbeitgebers berührt sein. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, dass eines oder mehrere der freigestellten Betriebsratsmitglieder als Ansprechpartner für mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten vorübergehend nicht im Betrieb zur Verfügung stehen und wie lange mit ihrer Abwesenheit voraussichtlich zu rechnen ist, um sich im Bedarfsfall an andere freigestellte, ggf. auch an nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder wenden zu können.
b) Aus dem Beschluss des Senats vom 29. Juni 2011 (– 7 ABR 135/09 – BAGE 138, 233) kann der Betriebsrat nichts zu seinen Gunsten herleiten. Dort hat der Senat entschieden, dass sich nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder ausnahmsweise dann nicht vor der Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz ab- und danach wieder zurückmelden müssen, wenn es wegen der konkreten Umstände ihrer Tätigkeit nicht ernsthaft in Betracht kommt, die Arbeitseinteilung umzuorganisieren, etwa weil die Betriebsratsaufgaben von dem Arbeitsplatz aus erledigt werden können. In diesem Fall können die Interessen des Arbeitgebers auch dadurch gewahrt werden, dass das Betriebsratsmitglied ihm die Gesamtdauer der in einem bestimmten Zeitraum versehenen Betriebsratstätigkeiten nachträglich mitteilt (BAG 29. Juni 2011 – 7 ABR 135/09 – Rn. 25 f., aaO). Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Erforderlichkeit der Umorganisation einer Arbeitseinteilung, um die Dauer einer Betriebsratstätigkeit zu überbrücken, sondern darum, dass ein Betriebsratsmitglied vorübergehend im Betrieb nicht anwesend ist und deshalb als Ansprechpartner nicht zur Verfügung steht. Dem Interesse des Arbeitgebers, sich im Voraus auf die Abwesenheit von freigestellten Betriebsratsmitgliedern vom Betrieb einstellen zu können, kann durch eine nachträgliche Mitteilung der Abwesenheitszeiten ebenso wenig Rechnung getragen werden wie dadurch, dass der Vorsitzende des Betriebsrats oder alle freigestellten Mitglieder über ein dienstliches Mobiltelefon verfügen.
3. Dagegen hat die Arbeitgeberin kein berechtigtes Interesse daran, dass die nach § 38 Abs. 1 BetrVG freigestellten Mitglieder des Betriebsrats den Ort der beabsichtigten Betriebsratstätigkeit vor dem Verlassen des Betriebes bekanntgeben. Die Arbeitgeberin benötigt diese Information nicht, um während der Abwesenheit der freigestellten Betriebsratsmitglieder Dispositionen treffen zu können. Diese Angabe kann zwar geboten sein, wenn das Betriebsratsmitglied den Arbeitgeber auf die Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit der außerhalb des Betriebes wahrgenommenen Betriebsratstätigkeit in Anspruch nimmt, um es dem Arbeitgeber zu ermöglichen, die Erforderlichkeit der außerhalb des Betriebes wahrgenommenen Betriebsratsaufgaben prüfen zu können. Dazu genügt es jedoch, wenn der Arbeitgeber nachträglich über den Ort und ggf. über weitere Einzelheiten der Betriebsratstätigkeit in Kenntnis gesetzt wird.
Unterschriften
Gräfl, M. Rennpferdt, Kiel, Busch, Hansen
Fundstellen
Haufe-Index 9482278 |
BAGE 2017, 207 |
BB 2016, 1587 |
DB 2016, 1643 |
DB 2016, 7 |
NJW 2016, 10 |
NJW 2016, 2607 |
FA 2016, 241 |
FA 2016, 284 |
NZA 2016, 831 |
ZTR 2016, 477 |
AP 2016 |
AuA 2016, 747 |
EzA-SD 2016, 13 |
EzA 2016 |
RDV 2016, 270 |
ZMV 2017, 53 |
ArbRB 2016, 233 |
ArbR 2016, 333 |
RdW 2016, 563 |
FSt 2017, 160 |