Entscheidungsstichwort (Thema)
Geriatriezulage- hier: Robert-Krekel-Haus
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 2.9.1987 4 AZR 307/87.
Verfahrensgang
Tatbestand
Die 29 Jahre alte Klägerin, die gelernte Krankenschwester ist und zuvor in ihrem erlernten Beruf in einem Krankenhaus tätig war, steht seit dem 1. August 1984 in den Diensten des beklagten Vereins. Nach § 1 des formularmäßigen Arbeitsvertrages vom 10. Juli 1984 ist die Klägerin auf Dauer als "Krankenschwester im R-Haus" eingestellt, wofür die Parteien in § 4 des Arbeitsvertrages eine "Vergütung nach der VergGr. AW-KrT IV (i. W. vier)" vereinbart haben. Die Bestimmungen des Bundes-Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt (BMT-AW II) mit den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung nebst den an ihre Stelle tretenden Tarifverträgen haben die Parteien in § 2 des Arbeitsvertrages einzelvertraglich vereinbart. Das "R-Haus" ist ein Alten- und Pflegeheim mit durchschnittlich 57 Beschäftigten, in dem rund 90 schwer- und schwerst-pflegebedürftige Heimbewohner(innen) der Pflegestufen III und IV auf drei Stationen untergebracht sind.
Mit der Klage hat die Klägerin den beklagten Verein auf Feststellung der Verpflichtung in Anspruch genommen, ihr ab Januar 1985 eine monatliche Geriatrie-Zulage zu zahlen. Dazu hat die Klägerin vorgetragen, die begehrte Zulage stehe ihr zu, da auch die Tätigkeit in einem Altenpflegeheim die in der Protokollnotiz Nr. 46 zum BMT-AW II normierten Voraussetzungen erfülle. Bei den von ihr betreuten Heimbewohnern handele es sich um Langzeit- und Chronisch-Kranke, die ständiger intensiver, auch medizinischer Pflege bedürften. Diese "alterskranken" Patienten würden von den im Heim tätigen Krankenschwestern nach ärztlicher Anordnung mit Spritzen und Medikamenten versorgt. Es komme auf den Begriff der Geriatrie in seiner allgemeinen sprachlichen Bedeutung an. Die Geriatrie-Zulage werde wegen der erhöhten Schwierigkeit und Intensität, die die Pflege alterskranker Patienten mit sich bringe, gewährt. Daß sich dies nicht nur auf die Pflege von Krankenhauspatienten beschränke, zeige ein Vergleich mit den übrigen Beispielstätigkeiten der Tarifnorm. So kämen etwa an Tuberkulose erkrankte Personen ebenfalls nur zur Akutbehandlung in Krankenhäuser, während die Weiterbehandlung in Sanatorien stattfinde. Dies entspreche auch der wortgleichen Regelung im Bereich des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT), wonach Pflegepersonal, auch wenn es nicht unter die Sonderregelung 2 a oder 2 e III für Angestellte in Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen falle, gleichwohl Anspruch auf die Geriatrie-Zulage habe. Insofern sei nicht ersichtlich, daß die Tarifvertragsparteien des BMT-AW II dies anders gesehen haben könnten, zumal die Gewerkschaft ÖTV an beiden Tarifwerken beteiligt gewesen sei. Jedenfalls hätte es nahegelegen, einen abweichenden Inhalt ausdrücklich zu vereinbaren. Die Gewährung der Zulage entspreche auch der sonst üblichen Praxis vergleichbarer Pflegeheime unter kommunaler, kirchlicher oder privater Trägerschaft, wogegen die mangelnde Bereitschaft des Landeswohlfahrtsverbandes zum Ersatz der dadurch entstehenden Aufwendungen das Entstehen tariflicher Ansprüche nicht verhindern könne.
Die Klägerin hat, soweit der Rechtsstreit noch anhängig ist, beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet
ist, der Klägerin ab Januar 1985 eine Geriatrie-
Zulage von monatlich 67,-- DM zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dazu vorgetragen, die Klage sei unbegründet. Die Klägerin erfülle nicht die tariflichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Geriatrie-Zulage, da sie weder in einem Krankenhaus noch in einer entsprechenden Einrichtung, sondern in einem Altenpflegeheim arbeite, in dem keine Kranken betreut, sondern alte Menschen gepflegt würden. So habe man in der Vergangenheit die Geriatrie- Zulage stets nur an Pflegekräfte in Krankenhäusern gezahlt. Das Altenpflegeheim, in dem die Klägerin arbeite, sei für Krankenpflege auch gar nicht eingerichtet. Soweit Heimbewohner im Einzelfall nicht nur vorübergehend erkrankten, sehe der Pflegeheimvertrag die Einweisung in ein Krankenhaus nach ärztlicher Anordnung vor. Der Begriff der Krankheit habe einen durch die Rechtsprechung klar umrissenen und auch in Fachkreisen feststehenden Inhalt. Damit seien reine Pflegefälle, wie sie im "R-Haus" untergebracht seien, bei denen ärztliche Behandlung keine Aussicht auf Erfolg biete und die Pflege nur noch um ihrer selbst willen und nicht im Rahmen eines Heilungsplans durchgeführt werde, nicht vergleichbar. Über den in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bestehenden Unterschied zwischen Behandlungs- und Pflegebedürftigkeit habe zwischen den Tarifvertragsparteien des BMT-AW II Übereinstimmung bestanden und man habe nur den in der Krankenpflege eingesetzten Pflegekräften die Geriatrie-Zulage zukommen lassen wollen. Geriatrische Abteilungen im Tarifsinne könnten danach nur Einrichtungen des Gesundheitswesens sein, bei denen, wie in anderen Krankenhäusern auch, die ärztliche Behandlung im Mittelpunkt stehe und durch einen ständig rufbereiten Arzt sichergestellt werde. Dagegen könnten die Bestimmungen des BAT nicht zur Auslegung herangezogen werden, da der BMT-AW II ein eigenständiger Tarifvertrag sei, für den es nur auf den Willen der tarifschließenden Parteien ankomme. Im Geltungsbereich des BMT-AW II seien Pflegekräfte in Altenhilfeeinrichtungen nach den Tätigkeitsmerkmalen für Angestellte im Sozialdienst einzugruppieren, so daß die Klägerin ohnehin übertariflich vergütet werde und nicht darüber hinaus noch eine Geriatrie-Zulage beanspruchen könne.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt, die das Landesarbeitsgericht nach Augenscheinseinnahme des "R-Hauses" zurückgewiesen hat. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der beklagte Verein seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Der Revision war stattzugeben. Der Klägerin steht die in der Revisionsinstanz allein noch anhängige Geriatrie-Zulage nach der Protokollnotiz Nr. 46 des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II nicht zu.
Diese Vorschrift lautet:
"Pflegepersonen der Vergütungsgruppen AW-KrT I
bis AW-KrT VI, die ständig
a) an Tuberkulose erkrankte Personen pflegen, die
wegen ihrer Ansteckungsgefahr in besonderen
Tuberkuloseabteilungen oder Tuberkulosestationen
untergebracht sind,
b) Kranke in geschlossenen oder halbgeschlossenen
(Open-door-system) psychiatrischen Abteilungen
oder Stationen pflegen,
c) Kranke in geriatrischen Abteilungen oder
Stationen pflegen,
d) in Abteilungen, Stationen oder Räumen Arbeit
leisten, in denen ausschließlich Patienten
untergebracht sind, die mit radioaktiven Stoffen
behandelt werden,
e) Kranke in Abteilungen oder Stationen für
Patienten mit multipler Sklerose pflegen,
erhalten eine monatliche Zulage von 67,-- DM für die
Dauer dieser Tätigkeit.
Voraussetzung ist danach, daß die Klägerin als Pflegeperson der Vergütungsgruppen AW-KrT I bis VI ständig Kranke in geriatrischen Abteilungen oder Stationen pflegt. Diese tariflichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Vergütungsgruppen AW-KrT I bis AW-KrT VI beziehen sich auf Teil II der Anlage zum Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II, wonach Angestellte im Pflegedienst in Krankenhäusern, Heilstätten und entsprechenden Einrichtungen sowie Gemeindepflegestationen (AW-KrT) zu vergüten sind. Entgegen ihrer Auffassung gehört die Klägerin nicht bereits deshalb zum zuschlagsberechtigten Personenkreis, weil die Vergütungsgruppe AW-KrT IV einzelvertraglich vereinbart ist. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit von den Vergütungsgruppen AW-KrT I bis VI erfaßt ist, da die Protokollnotiz Nr. 46 hierauf und nicht nur auf die einzelvertraglich vereinbarte Vergütungsgruppe abstellt, wie sich auch die Eingruppierung eines Angestellten der Arbeiterwohlfahrt nach § 22 Abs. 1 BMT-AW II nach der von ihm überwiegend auszuübenden Tätigkeit richtet. Insoweit ist davon auszugehen, daß die einzelvertragliche Vereinbarung der Bestimmungen des BMT-AW II und der dazu abgeschlossenen Tarifverträge nach § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien, der als typischer Arbeitsvertrag vom Senat selbständig und unbeschränkt ausgelegt werden kann, auch vorliegend wie sonst im öffentlichen Dienst allgemein üblich nur widerspiegeln soll, was ansonsten tarifrechtlich gilt (BAGE 27, 22, 31 = AP Nr. 8 zu § 4 TVG Nachwirkung m. w. N.).
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind aber für die auszuübende Tätigkeit der Klägerin die tariflichen Tätigkeitsmerkmale des Teils I Abschnitt B Unterabschnitt 1 für Angestellte im Sozialdienst maßgeblich. Dort heißt es einleitend:
"Diese Tätigkeitsmerkmale gelten für Mitarbeiter
in ambulanten Sozialdiensten und Heimen (z.B.
Altenheime, Altenpflegeheime ...)."
Damit haben die Tarifvertragsparteien verbindlich festgelegt, daß die Tätigkeit in Altenpflegeheimen nicht dem Teil II für Angestellte im Pflegedienst in Krankenhäusern und entsprechenden Einrichtungen zugeordnet werden kann. Es gibt auch in den einzelnen Vergütungsgruppen des Abschnitts B Unterabschnitt I spezielle Fallgruppen für Leiter von Altenheimen, VergGr. V b/Fallgruppe 5, für Krankenpfleger, V c/4 und VI/5 sowie für Altenpfleger, VI/9 und VII/4, Krankenpfleger und Haus- und Familienpflegerinnen.
Dagegen kommen die Tätigkeitsmerkmale des Teils II (AW-KrT) für die Pflegetätigkeit in einem Altenpflegeheim nicht in Betracht, auch wenn sie von einer gelernten Krankenschwester ausgeübt wird. Denn ein Altenpflegeheim ist weder ein Krankenhaus noch eine entsprechende Einrichtung, worauf das Landesarbeitsgericht zu Recht hinweist. Unter Krankenhäusern sind nach § 2 Ziff. 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG) vom 29. Juni 1972 (BGBl. I, S. 1009) Einrichtungen zu verstehen, "in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen.... und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können." Die danach erforderliche Ausrichtung auf Heilung von Krankheiten durch ärztliche Betreuung fehlt grundsätzlich in einem Altenpflegeheim und liegt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch im R-Haus nicht vor, so daß es auch nicht als eine entsprechende Einrichtung angesehen werden kann. Darunter sind vielmehr, wie die Tätigkeitsbeispiele des Teils II zeigen, Ambulanzen/Nothilfen, Dialyse-Zentren und Blutzentralen zu verstehen. Ein Altenpflegeheim ist auch nicht mit einer Gemeindepflegestation zu vergleichen, zumal entsprechende Einrichtungen nicht gemeint sind, wie die Tarifvertragsparteien durch den Zusatz "sowie" klargestellt haben. Danach ist für die Pflegetätigkeit in Altenpflegeheimen unabhängig vom Grad der Pflegebedürftigkeit der dort untergebrachten Heimbewohner von einer abschließenden tariflichen Regelung im Teil I Abschnitt B Unterabschnitt 1. für Angestellte im Sozialdienst der Anlage zum Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt auszugehen.
Darüber hinaus pflegt die Klägerin auch nicht "Kranke in geriatrischen Abteilungen oder Stationen". Gemeint sind damit Kranke im medizinischen Sinne. Insoweit weist das Landesarbeitsgericht zu Recht darauf hin, daß der Satz "Senectus ipsa morbus est", der im übrigen schon im römischen Recht nicht unumstritten war (vgl. Liebs, Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, 3. Aufl. 1983, S. 195), auch heute keine allgemeine Geltung beanspruchen kann, da hohes Alter sich zwar auf den Verlauf von Krankheiten auswirkt und den Heilungsprozeß bestimmt, als solches aber nicht als Krankheit angesehen werden kann. Insoweit heißt es in dem auch von der Revision zitierten Fachlexikon der sozialen Arbeit (herausgegeben vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, 2. Auflage 1986, S. 350) unter dem Stichwort Geriatrie: "Die Beantwortung der Frage, ob es echte Alterskrankheiten gibt, ist ungewiß. Unbestritten hingegen ist die Tatsache, daß sich das Lebensalter auf den Verlauf von Krankheiten und ihre Therapierbarkeit auswirkt."
Insoweit kann die Pflegestation in einem Altenheim auch nicht als "geriatrische Abteilung oder Station" angesehen werden. Wenn die Protokollnotiz Nr. 46 den Teil II der Anlage zum Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale in Bezug nimmt, können geriatrische Abteilungen oder Stationen nur Teil eines Krankenhauses oder einer entsprechenden Einrichtung sein, wobei der Protokollnotiz Nr. 50 zu entnehmen ist, daß sich im BMT-AW II im allgemeinen der Begriff der Station auf allgemeine Krankenanstalten und der der Abteilung auf psychiatrische Krankenanstalten bezieht. Insoweit ist von einem Fachbegriff auszugehen, den die Tarifvertragsparteien in seiner allgemeinen fachlichen Bedeutung verwenden. Danach sind geriatrische Kliniken oder Abteilungen Einrichtungen des Gesundheitswesens und nicht der Altenhilfe, für die eine Spezialisierung auf die Behandlung und Pflege von Patienten, die primär unter somatischen Krankheiten des Alters leiden, charakteristisch ist und in denen, wie in anderen Krankenhäusern auch, die ärztliche Behandlung mindestens durch einen ständig rufbereiten Arzt sichergestellt ist (vgl. das vorzitierte Fachlexikon der sozialen Arbeit, S. 351, 352, Stichwort: geriatrische Kliniken oder Abteilungen). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die es auch nach einer Augenscheinseinnahme gewonnen hat, handelt es sich beim "R-Haus" weder um ein Spezialkrankenhaus in diesem Sinne noch verfügt es über geriatrische Stationen oder Abteilungen. Es ist insoweit nur auf die Versorgung überdurchschnittlich pflegeabhängiger alter Menschen eingerichtet, die jedoch beim Auftreten akuter Krankheiten in andere Kliniken verlegt werden.
Daß ein solches Altenpflegeheim nicht von der Protokollnotiz Nr. 46 erfaßt wird, folgt weiter aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang der übrigen Tätigkeitsbeispiele, die die Zuschlagspflicht begründen. Danach müssen zur Krankenpflege jeweils besondere, erschwerende Umstände hinzutreten, wie die Ansteckungsgefahr bei Tuberkulose-Kranken, die Gesundheitsgefahr beim ständigen Umgang mit radioaktiven Stoffen oder die potentielle Verletzungsgefahr, denen das Pflegepersonal in psychiatrischen Abteilungen ausgesetzt ist. Insofern liegt in der Pflege überdurchschnittlich pflegebedürftiger alter Menschen allein der erschwerende Umstand, der die Zulage dann begründet, wenn es sich um Kranke handelt. Diese Grundvoraussetzung der Krankenpflege ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im "R-Haus" aber nicht gegeben.
Soweit die Klägerin demgegenüber meint, auch bei den an Tuberkulose erkrankten Personen werde nur die Akutbehandlung in Krankenhäusern durchgeführt, während die Weiterbehandlung in Sanatorien stattfinde, so sind im Geltungsbereich des BMT-AW II Heilstätten im Teil II für Angestellte im Pflegedienst ausdrücklich genannt, sofern es sich dagegen um Kurheime handelt, kommen, wie auch für die Pflegetätigkeit in Altenpflegeheimen, nur die besonderen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozialdienst in Betracht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch ein Vergleich mit der wortgleichen Regelung im BAT zu keiner anderen Beurteilung. In der Anlage 1 b zum BAT der Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst findet sich eine der Protokollnotiz Nr. 46 entsprechende Bestimmung sowohl im Abschnitt A für Krankenpflegepersonal, das unter die Sonderregelungen 2 a oder 2 e III fällt, als auch im Abschnitt B für sonstiges Pflegepersonal, wozu auch Angestellte in solchen Anstalten und Heimen gehören, die der Fürsorge oder Betreuung von alten, gebrechlichen oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen dienen, auch wenn die betreuten Personen nicht regelmäßig ärztlich behandelt und beaufsichtigt werden (Nr. 1 Abs. 1 3. Alternative, Abs. 2 SR 2 b BAT). Insoweit hat der Gruppenausschuß für Kranken- und Pflegeanstalten der VKA in seiner Sitzung vom 21. September 1971 die Ansicht vertreten, daß in Altenheimen zwar grundsätzlich die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zulage nach der jeweiligen Protokollerklärung Nr. 1 zu den Abschnitten A und B der Anlage 1 b zum BAT nicht erfüllt sind, daß aber an Pflegekräfte, die in diesen Heimen in besonderen Siechen- bzw. Pflegestationen tätig sind, die Zulage zu gewähren ist, wenn überwiegend Sieche bzw. pflegebedürftige Personen vorhanden sind (vgl. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, 3. Aufl., Anm. 10 zu Teil II/Kr der Anlage 1 b, III 1 d) cc), S. 121; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, VergO BL, Teil II BL, Anm. 409, S. 437). Unter Berufung darauf hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden, daß Pflegepersonal in Pflegestationen von Altersheimen des Deutschen Roten Kreuzes entsprechend der Regelung im BAT die besondere Pflegezulage zusteht, da die Gleichstellung des Krankenpflegepersonals in geriatrischen Abteilungen und Stationen von allgemeinen Krankenhäusern oder besonderen Altenkrankenhäusern mit dem Krankenpflegepersonal in Siechen- und Pflegestationen von Altenheimen auch nach Sinn und Zweck der Zulagenregelung geboten sei; denn die Pflegetätigkeit auf Pflegestationen von Altersheimen für sogenannte Pflegefälle sei in aller Regel mit besonderen Erschwernissen verbunden und unterscheide sich nicht wesentlich von der Pflegetätigkeit in speziellen geriatrischen Abteilungen bzw. in Altenkrankenhäusern (BAG Urteil vom 13. Dezember 1973 - 5 AZR 213/73 - AP Nr. 9 zu § 611 BGB Rotes Kreuz).
Diese Regelungen des vom BAT erfaßten Bereiches können aber auf den vorliegenden Fall nicht angewandt werden. Vielmehr enthält das Tarifwerk für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt zwar Bestimmungen, die denen des BAT entsprechen, indessen fehlt eine besondere Bezugnahme, wie sie für den Bereich des Deutschen Roten Kreuzes gilt und auch in dem seit Januar 1984 in Kraft getretenen Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (TV DRK) zum Ausdruck gekommen ist; danach wurden über bestimmte Arbeitsbedingungen keine eigenen Verhandlungen geführt, sondern die des BAT in ihrer jeweils geltenden Fassung übernommen (vgl. das nichtveröffentlichte Senatsurteil vom 11. März 1987 - 4 AZR 234/86 -). Andere Tarifverträge können zur Tarifauslegung aber selbst dann nicht ohne weiteres herangezogen werden, wenn sie von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossen worden sind und ähnliche Regelungen enthalten (vgl. BAG Urteil vom 31. Oktober 1984 - 4 AZR 604/82 - AP Nr. 3 zu § 42 TVAL II; sowie das zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehene Urteil vom 14. Januar 1987 - 4 AZR 375/86 -). Besondere Umstände, daß dies vorliegend anders sein könnte, sind nicht ersichtlich. Daher brauchten die Tarifvertragsparteien entgegen der Auffassung der Klägerin einen vom BAT abweichenden Inhalt vorliegend auch nicht ausdrücklich zu vereinbaren. Dies folgt für Pflegetätigkeit in Altenpflegeheimen der Arbeiterwohlfahrt vielmehr aus der unterschiedlichen tariflichen Zuordnung dieser Tätigkeit und dem daraus resultierenden unterschiedlichen Anwendungsbereich der Protokollerklärungen trotz gleichen Wortlauts. Wenn die Tarifvertragsparteien anders als im BAT für den Bereich der Arbeiterwohlfahrt die Pflegetätigkeit in Altenpflegeheimen dem Sozialdienst zugeordnet haben, entspricht dies auch dem Berufsbild eines Altenpflegers, der neben medizinisch-pflegerischen vor allen Dingen soziale Aufgaben ausübt, wobei je nach Arbeitsfeld die medizinisch-pflegerischen oder die sozial-pflegerischen Aufgaben im Vordergrund stehen können (vgl. die von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegebenen Blätter zur Berufskunde, 4. Aufl. 1985, 2 - IV A 13, S. 2-5). Dementsprechend ist im Geltungsbereich des BMT-AW II nur die ständige Pflege Kranker in geriatrischen Abteilungen allgemeiner Krankenhäuser oder in besonderen "Altenkrankenhäusern" dem Krankenpflegedienst zugeordnet und begründet den Anspruch auf die sogenannte Geriatrie-Zulage. Selbst wenn man davon ausgeht, daß Altenpflegeheime moderner Prägung nach Funktion und Zielsetzung einem Altenkrankenheim gleichstehen können und diese Begriffe daher auch synonym gebraucht werden (vgl. das bereits zitierte Fachlexikon der sozialen Arbeit, S. 23, Stichwort: Altenkrankenheim/Altenpflegeheim), so gilt dies für das in Rede stehende Altenpflegeheim "R-Haus" nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht, da es weder über medizinische Behandlungsmöglichkeiten verfügt noch unter ärztlicher Leitung steht oder einen Vertragsarzt beschäftigt.
Das Landesarbeitsgericht hat diese tarifliche Rechtslage ebenso beurteilt und dem Klagebegehren deshalb entsprochen, weil mit der Klägerin einzelvertraglich VergGr. IV AW-KrT vereinbart worden sei und sich aus dem Sinn und Zweck der Geriatrie-Zulage ergebe, daß die Klägerin dieselbe Zulage für entsprechende Tätigkeiten erhalten muß wie eine Arbeitnehmerin in geriatrischen Abteilungen eines Krankenhauses. Damit hat das Landesarbeitsgericht aber gerade keine einzelvertragliche Vereinbarung der Geriatrie-Zulage festgestellt. Es wäre zwar ohne weiteres möglich gewesen, der Klägerin übertariflich nicht nur Vergütung nach Teil II A des BMT-AW II zuzuerkennen, sondern auch einzelvertraglich mit ihr zusätzlich die Geriatrie-Zulage nach der Protokollnotiz Nr. 46 zu vereinbaren. Dazu hätte es aber einer entsprechenden Feststellung durch das Landesarbeitsgericht bedurft, nachdem im Arbeitsvertrag nur die Vergütungsgruppe IV AW-KrT und nicht die Geriatrie-Zulage ausdrücklich vereinbart worden ist. Das Landesarbeitsgericht hat vielmehr aus Grundsätzen der arbeitsrechtlichen gleichmäßigen Behandlung und einer leistungsgerechten Vergütung in die tarifliche Regelung der Pflegezulage einen Anspruch auch der Klägerin hineininterpretiert, der auf allgemeine Billigkeitserwägungen hinausläuft. Eine solche Ergänzung der Tarifnormen durch die Gerichte für Arbeitssachen ist aber nicht zulässig (vgl. BAGE 48, 65, 74 = AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Süßwarenindustrie, m. w. N.). Die Tarifvertragsparteien haben die Zulage nur für besonders erschwerte Krankenpflege in den ausdrücklich geregelten Fällen gewährt. Die Bewertung kann unterschiedlich vorgenommen werden und ist vom Sinn und Zweck der Zulagenregelung her allein nicht auslegungsfähig. Wie die Pflegetätigkeit in anderen Altenpflegeheimen kommunaler, kirchlicher oder privater Träger vergütet wird, ist nicht erheblich und kann auch keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz begründen (vgl. auch BAG Urteil vom 16. Oktober 1985 - 4 AZR 149/84 - AP Nr. 108 zu §§ 22, 23 BAT 1975 auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, m. w. N.). Solange die Tarifvertragsparteien die Pflegezulage nur für Arbeitnehmer in Krankenhäusern und nicht in Altenpflegeheimen regeln, kann die Zulagenregelung für Schwesternpersonal in Altenpflegeheimen nicht angewandt werden. Da eine einzelvertragliche Vereinbarung, wie im vorliegenden Falle, nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht getroffen worden ist, mußte deshalb die Klage mit der Kostenentscheidung des § 91 ZPO abgewiesen werden.
Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Freitag
Schaible Pallas
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