Entscheidungsstichwort (Thema)
Geriatriezulage
Orientierungssatz
1. Nach der Protokollnotiz Nr 46 des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale zum Bundesmanteltarifvertrages Arbeiterwohlfahrt II steht Arbeitnehmerinnen die Geriatriezulage für Pflegetätigkeit in Altenpflegeheimen nicht zu.
2. Das vorstehend aufgeführte Tarifwerk enthält zwar Bestimmungen, die denen des BAT entsprechen, es fehlt aber indessen eine besondere Bezugnahme.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin zu 1) stand in der Zeit vom 8. Februar 1984 bis 30. Juni 1985 in den Diensten des beklagten Vereins. Nach § 1 des formularmäßigen Arbeitsvertrages vom 23. Februar 1984 war die Klägerin zu 1) als "Familienpflegerin im R-Haus", einem von der Beklagten betriebenen Alten- und Pflegeheim eingestellt, wofür die Parteien in § 4 des Arbeitsvertrages eine "Vergütung nach VergGr. AW-KrT II (i.W. zwei)" vereinbart haben. Zuletzt erhielt die Klägerin zu 1) eine Vergütung nach VergGr. III AW-KrT. Die Klägerin zu 2), die gelernte Krankenschwester ist, ist eine Arbeitskollegin der Klägerin zu 1) und steht seit dem 1. Juli 1984 ebenfalls als Familienpflegerin in den Diensten der Beklagten, wofür sie eine Vergütung nach der VergGr. AW-KrT IV erhält.
Mit ihrer Klage haben die Klägerinnen den beklagten Verein auf Zahlung einer monatlichen Geriatrie-Zulage in Anspruch genommen. Die Klägerinnen sind der Auffassung, die begehrte Zulage stehe ihnen zu, da im "R-Haus" nur erhöht pflegebedürftige Personen der Pflegestufen III und IV untergebracht seien. Die für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt geltenden tariflichen Bestimmungen verwiesen insoweit bei den Vergütungsgruppen AW-KrT I - VI auf die Protokollnotiz Nr. 46, die für die ständige Pflege Kranker in geriatrischen Abteilungen und Stationen die begehrte Zulage vorsehe. Dies sei auch bereits höchstrichterlich entschieden. Nach der gleichlautenden Bestimmung der Arbeitsbedingungen für Angestellte und Arbeiter des Deutschen Roten Kreuzes habe das Bundesarbeitsgericht auch dem Pflegepersonal in Pflegestationen von Altenheimen des Deutschen Roten Kreuzes die besondere Pflegezulage zuerkannt, was sich im vorliegenden Falle auch aus der gleichlautenden Regelung der Anlage 1 b des BAT ergebe.
Die Klägerin zu 1) hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr
804,-- DM brutto zu bezahlen.
Die Klägerin zu 2) hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet
ist, der Klägerin eine
Geriatrie-Zulage von monatlich
67,-- DM ab Juli 1984 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dazu vorgetragen, den Klägerinnen stehe die begehrte Zulage nicht zu, da sie die tariflichen Voraussetzungen nicht erfüllten. Nur Pflegekräften in Krankenhäusern oder entsprechenden Einrichtungen sei die Geriatrie-Zulage vorbehalten. Das R-Haus sei kein Krankenhaus, sondern eine Einrichtung der Altenhilfe, in der keine Kranken betreut, sondern alte Menschen gepflegt würden und das für Krankenpflege auch gar nicht eingerichtet sei. Soweit Heimbewohner im Einzelfall nicht nur vorübergehend erkrankten, sehe der Pflegeheimvertrag die Einweisung in ein Krankenhaus nach ärztlicher Anordnung vor. Insoweit habe der Begriff der Krankheit einen durch die Rechtsprechung klar umrissenen und auch in Fachkreisen feststehenden Inhalt. Damit seien die im R-Haus untergebrachten reinen Pflegefälle nicht vergleichbar. Über den in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bestehenden Unterschied zwischen Behandlungs- und Pflegebedürftigkeit habe zwischen den Tarifvertragsparteien des BMT-AW II Übereinstimmung bestanden und man habe nur den in der Krankenpflege eingesetzten Pflegekräften die Geriatrie-Zulage zukommen lassen wollen. Geriatrische Abteilungen im Tarifsinne könnten danach nur Einrichtungen des Gesundheitswesens sein, bei denen, wie in anderen Krankenhäusern auch, die ärztliche Behandlung im Mittelpunkt stehe und durch einen ständig rufbereiten Arzt sichergestellt werde. Dagegen könnten die Bestimmungen des BAT nicht zur Auslegung herangezogen werden, da der BMT-AW II ein eigenständiger Tarifvertrag sei, für den es nur auf den Willen der tarifschließenden Parteien ankomme. Im Geltungsbereich des BMT-AW II seien Pflegekräfte in Altenhilfeeinrichtungen nach den Tätigkeitsmerkmalen für Angestellte im Sozialdienst einzugruppieren, so daß die Klägerinnen ohnehin übertariflich vergütet würden und nicht darüber hinaus noch eine Geriatrie-Zulage beanspruchen könnten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg. Mit der zugelassenen Revision begehren die Klägerinnen Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision war zurückzuweisen. Den Klägerinnen steht die eingeklagte Geriatrie-Zulage nach der Protokollnotiz Nr. 46 des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II nicht zu.
Diese Vorschrift lautet:
"Pflegepersonen der Vergütungsgruppen AW-KrT I
bis AW-KrT VI, die ständig
a) an Tuberkulose erkrankte Personen pflegen, die
wegen ihrer Ansteckungsgefahr in besonderen
Tuberkuloseabteilungen oder Tuberkulosestationen
untergebracht sind,
b) Kranke in geschlossenen oder halbgeschlossenen
(Open-door-system) psychiatrischen Abteilungen
oder Stationen pflegen,
c) Kranke in geriatrischen Abteilungen oder
Stationen pflegen,
d) in Abteilungen, Stationen oder Räumen Arbeit
leisten, in denen ausschließlich Patienten
untergebracht sind, die mit radioaktiven Stoffen
behandelt werden,
e) Kranke in Abteilungen oder Stationen für
Patienten mit multipler Sklerose pflegen,
erhalten eine monatliche Zulage von 67,-- DM für die
Dauer dieser Tätigkeit.
Voraussetzung ist danach, daß die Klägerinnen als Pflegepersonen der Vergütungsgruppen AW-KrT I bis VI ständig Kranke in geriatrischen Abteilungen oder Stationen pflegen. Diese tariflichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Vergütungsgruppen AW-KrT I bis AW-KrT VI beziehen sich auf Teil II der Anlage zum Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II, wonach Angestellte im Pflegedienst in Krankenhäusern, Heilstätten und entsprechenden Einrichtungen sowie Gemeindepflegestationen (AW-KrT) zu vergüten sind. Entgegen ihrer Auffassung gehören die Klägerinnen nicht bereits deshalb zum zuschlagsberechtigten Personenkreis, weil die Vergütungsgruppe AW-KrT III bzw. IV einzelvertraglich vereinbart ist. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit die von den Klägerinnen auszuübende Tätigkeit von den Vergütungsgruppen AW-KrT I bis VI erfaßt ist, da die Protokollnotiz Nr. 46 hierauf und nicht nur auf die einzelvertraglich vereinbarte Vergütungsgruppe abstellt, wie sich auch die Eingruppierung eines Angestellten der Arbeiterwohlfahrt nach § 22 Abs. 1 BMT-AW II nach der von ihm überwiegend auszuübenden Tätigkeit richtet. Insoweit ist davon auszugehen, daß die einzelvertragliche Vereinbarung der Bestimmungen des BMT-AW II und der dazu abgeschlossenen Tarifverträge nach § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien, der als typischer Arbeitsvertrag vom Senat selbständig und unbeschränkt ausgelegt werden kann, auch vorliegend wie sonst im öffentlichen Dienst allgemein üblich nur widerspiegeln soll, was ansonsten tarifrechtlich gilt (BAGE 27, 22, 31 = AP Nr. 8 zu § 4 TVG Nachwirkung m.w.N.).
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind aber für die auszuübende Tätigkeit der Klägerinnen die tariflichen Tätigkeitsmerkmale des Teils I Abschnitt B Unterabschnitt 1 für Angestellte im Sozialdienst maßgeblich. Dort heißt es einleitend:
"Diese Tätigkeitsmerkmale gelten für Mitarbeiter
in ambulanten Sozialdiensten und Heimen (z.B.
Altenheime, Altenpflegeheime ...)."
Damit haben die Tarifvertragsparteien verbindlich festgelegt, daß die Tätigkeit in Altenpflegeheimen nicht dem Teil II für Angestellte im Pflegedienst in Krankenhäusern und entsprechenden Einrichtungen zugeordnet werden kann. Es gibt auch in den einzelnen Vergütungsgruppen des Abschnitts B Unterabschnitt I spezielle Fallgruppen für Leiter von Altenheimen, VergGr. V b/Fallgruppe 5, für Krankenpfleger, V c/4 und VI/5 sowie für Altenpfleger, VI/9 und VII/4, Krankenpfleger und Haus- und Familienpflegerinnen.
Dagegen kommen die Tätigkeitsmerkmale des Teils II (AW-KrT) für die Pflegetätigkeit in einem Altenpflegeheim nicht in Betracht, auch wenn sie von einer gelernten Krankenschwester ausgeübt wird. Denn ein Altenpflegeheim ist weder ein Krankenhaus noch eine entsprechende Einrichtung, worauf das Landesarbeitsgericht zu Recht hinweist. Unter Krankenhäusern sind nach § 2 Ziff. 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG) vom 29. Juni 1972 (BGBl. I, S. 1009) Einrichtungen zu verstehen, "in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen ... und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können". Die danach erforderliche Ausrichtung auf Heilung von Krankheiten durch ärztliche Betreuung fehlt grundsätzlich in einem Altenpflegeheim, so daß es auch nicht als eine entsprechende Einrichtung angesehen werden kann. Darunter sind vielmehr, wie die Tätigkeitsbeispiele des Teils II zeigen, Ambulanzen/Nothilfen, Dialyse-Zentren und Blutzentralen zu verstehen. Ein Altenpflegeheim ist auch nicht mit einer Gemeindepflegestation zu vergleichen, zumal entsprechende Einrichtungen nicht gemeint sind, wie die Tarifvertragsparteien durch den Zusatz "sowie" klargestellt haben. Danach ist für die Pflegetätigkeit in Altenpflegeheimen unabhängig vom Grad der Pflegebedürftigkeit der dort untergebrachten Heimbewohner von einer abschließenden tariflichen Regelung im Teil I Abschnitt B Unterabschnitt 1 für Angestellte im Sozialdienst der Anlage zum Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt auszugehen.
Darüber hinaus pflegen die Klägerinnen auch nicht "Kranke in geriatrischen Abteilungen oder Stationen". Gemeint sind damit Kranke im medizinischen Sinne. Insoweit weist das Landesarbeitsgericht zu Recht darauf hin, daß hohes Alter sich zwar auf den Verlauf von Krankheiten auswirkt und den Heilungsprozeß bestimmt, als solches aber nicht als Krankheit angesehen werden kann. Insoweit heißt es in dem Fachlexikon der sozialen Arbeit (herausgegeben vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, 2. Auflage 1986, S. 350) unter dem Stichwort Geriatrie: "Die Beantwortung der Frage, ob es echte Alterskrankheiten gibt, ist ungewiß. Unbestritten hingegen ist die Tatsache, daß sich das Lebensalter auf den Verlauf von Krankheiten und ihre Therapierbarkeit auswirkt."
Insoweit kann die Pflegestation in einem Altenheim auch nicht als "geriatrische Abteilung oder Station" angesehen werden.Wenn die Protokollnotiz Nr. 46 den Teil II der Anlage zum Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale in Bezug nimmt, können geriatrische Abteilungen oder Stationen nur Teil eines Krankenhauses oder einer entsprechenden Einrichtung sein, wobei der Protokollnotiz Nr. 50 zu entnehmen ist, daß sich im BMT-AW II im allgemeinen der Begriff der Station auf allgemeine Krankenanstalten und der der Abteilung auf psychiatrische Krankenanstalten bezieht. Insoweit ist von einem Fachbegriff auszugehen, den die Tarifvertragsparteien in seiner allgemeinen fachlichen Bedeutung verwenden. Danach sind geriatrische Kliniken oder Abteilungen Einrichtungen des Gesundheitswesens und nicht der Altenhilfe, für die eine Spezialisierung auf die Behandlung und Pflege von Patienten, die primär unter somatischen Krankheiten des Alters leiden, charakteristisch ist und in denen, wie in anderen Krankenhäusern auch, die ärztliche Behandlung mindestens durch einen ständig rufbereiten Arzt sichergestellt ist (vgl. das vorzitierte Fachlexikon der sozialen Arbeit, S. 351, 352, Stichwort: geriatrische Kliniken oder Abteilungen). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich beim "R-Haus" weder um ein Spezialkrankenhaus in diesem Sinne noch verfügt es über geriatrische Stationen oder Abteilungen. Es ist insoweit nur auf die Versorgung überdurchschnittlich pflegeabhängiger alter Menschen eingerichtet, die jedoch beim Auftreten akuter Krankheiten in andere Kliniken verlegt werden.
Daß ein solches Altenpflegeheim nicht von der Protokollnotiz Nr. 46 erfaßt wird, folgt weiter aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang der übrigen Tätigkeitsbeispiele, die die Zuschlagspflicht begründen. Danach müssen zur Krankenpflege jeweils besondere, erschwerende Umstände hinzutreten, wie die Ansteckungsgefahr bei Tuberkulose-Kranken, die Gesundheitsgefahr beim ständigen Umgang mit radioaktiven Stoffen oder die potentielle Verletzungsgefahr, denen das Pflegepersonal in psychiatrischen Abteilungen ausgesetzt ist. Insofern liegt in der Pflege überdurchschnittlich pflegebedürftiger alter Menschen allein der erschwerende Umstand, der die Zulage dann begründet, wenn es sich um Kranke handelt. Diese Grundvoraussetzung der Krankenpflege ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im "R-Haus" aber nicht gegeben.
Soweit die Klägerinnen demgegenüber meinen, auch bei den an Tuberkulose erkrankten Personen werde nur die Akutbehandlung in Krankenhäusern durchgeführt, während die Weiterbehandlung in Sanatorien stattfinde, so sind im Geltungsbereich des BMT-AW II Heilstätten im Teil II für Angestellte im Pflegedienst ausdrücklich genannt, sofern es sich dagegen um Kurheime handelt, kommen, wie auch für die Pflegetätigkeit in Altenpflegeheimen, nur die besonderen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozialdienst in Betracht.
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen führt auch ein Vergleich mit der wortgleichen Regelung im BAT zu keiner anderen Beurteilung. In der Anlage 1 b zum BAT der Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst findet sich eine der Protokollnotiz Nr. 46 entsprechende Bestimmung sowohl im Abschnitt A für Krankenpflegepersonal, das unter die Sonderregelungen 2 a oder 2 e III fällt, als auch im Abschnitt B für sonstiges Pflegepersonal, wozu auch Angestellte in solchen Anstalten und Heimen gehören, die der Fürsorge oder Betreuung von alten, gebrechlichen oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen dienen, auch wenn die betreuten Personen nicht regelmäßig ärztlich behandelt und beaufsichtigt werden (Nr. 1 Abs. 1 3. Alternative, Abs. 2 SR 2 b BAT). Insoweit hat der Gruppenausschuß für Kranken- und Pflegeanstalten der VKA in seiner Sitzung vom 21. September 1971 die Ansicht vertreten, daß in Altenheimen zwar grundsätzlich die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zulage nach der jeweiligen Protokollerklärung Nr. 1 zu den Abschnitten A und B der Anlage 1 b zum BAT nicht erfüllt sind, daß aber an Pflegekräfte, die in diesen Heimen in besonderen Siechen- bzw. Pflegestationen tätig sind, die Zulage zu gewähren ist, wenn überwiegend Sieche bzw. pflegebedürftige Personen vorhanden sind (vgl. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, 3. Aufl., Anm. 10 zu Teil II/Kr der Anlage 1 b, III 1 d) cc), S. 121; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, VergO BL, Teil II BL, Anm. 409, S. 437). Unter Berufung darauf hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden, daß Pflegepersonal in Pflegestationen von Altersheimen des Deutschen Roten Kreuzes entsprechend der Regelung im BAT die besondere Pflegezulage zusteht, da die Gleichstellung des Krankenpflegepersonals in geriatrischen Abteilungen und Stationen von allgemeinen Krankenhäusern oder besonderen Altenkrankenhäusern mit dem Krankenpflegepersonal in Siechen- und Pflegestationen von Altenheimen auch nach Sinn und Zweck der Zulagenregelung geboten sei; denn die Pflegetätigkeit auf Pflegestationen von Altersheimen für sogenannte Pflegefälle sei in aller Regel mit besonderen Erschwernissen verbunden sei und unterscheide sich nicht wesentlich von der Pflegetätigkeit in speziellen geriatrischen Abteilungen bzw. in Altenkrankenhäusern (BAG Urteil vom 13. Dezember 1973 - 5 AZR 213/73 - AP Nr. 9 zu § 611 BGB Rotes Kreuz).
Diese Regelungen des vom BAT erfaßten Bereiches können aber auf den vorliegenden Fall nicht angewandt werden. Vielmehr enthält das Tarifwerk für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt zwar Bestimmungen, die denen des BAT entsprechen, indessen fehlt eine besondere Bezugnahme, wie sie für den Bereich des Deutschen Roten Kreuzes gilt und auch in dem seit Januar 1984 in Kraft getretenen Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (TV DRK) zum Ausdruck gekommen ist; danach wurden über bestimmte Arbeitsbedingungen keine eigenen Verhandlungen geführt, sondern die des BAT in ihrer jeweils geltenden Fassung übernommen (vgl. das nichtveröffentlichte Senatsurteil vom 11. März 1987 - 4 AZR 234/86 -). Andere Tarifverträge können zur Tarifauslegung aber selbst dann nicht ohne weiteres herangezogen werden, wenn sie von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossen worden sind und ähnliche Regelungen enthalten (vgl. BAG Urteil vom 31. Oktober 1984 - 4 AZR 604/82 - AP Nr. 3 zu § 42 TVAL II; sowie das zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehene Urteil vom 14. Januar 1987 - 4 AZR 375/86 -). Besondere Umstände, daß dies vorliegend anders sein könnte, sind nicht ersichtlich. Daher brauchten die Tarifvertragsparteien entgegen der Auffassung der Klägerinnen einen vom BAT abweichenden Inhalt vorliegend auch nicht ausdrücklich zu vereinbaren. Dies folgt für Pflegetätigkeit in Altenpflegeheimen der Arbeiterwohlfahrt vielmehr aus der unterschiedlichen tariflichen Zuordnung dieser Tätigkeit und dem daraus resultierenden unterschiedlichen Anwendungsbereich der Protokollerklärungen trotz gleichen Wortlauts. Wenn die Tarifvertragsparteien anders als im BAT für den Bereich der Arbeiterwohlfahrt die Pflegetätigkeit in Altenpflegeheimen dem Sozialdienst zugeordnet haben, entspricht dies auch dem Berufsbild eines Altenpflegers, der neben medizinisch-pflegerischen vor allen Dingen soziale Aufgaben ausübt, wobei je nach Arbeitsfeld die medizinisch-pflegerischen oder die sozial-pflegerischen Aufgaben im Vordergrund stehen können (vgl. die von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegebenen Blätter zur Berufskunde, 4. Aufl. 1985, 2 - IV A 13, S. 2-5). Dementsprechend ist im Geltungsbereich des BMT-AW II nur die ständige Pflege Kranker in geriatrischen Abteilungen allgemeiner Krankenhäuser oder in besonderen "Altenkrankenhäusern" dem Krankenpflegedienst zugeordnet und begründet den Anspruch auf die sogenannte Geriatrie-Zulage. Selbst wenn man davon ausgeht, daß Altenpflegeheime moderner Prägung nach Funktion und Zielsetzung einem Altenkrankenheim gleichstehen können und diese Begriffe daher auch synonym gebraucht werden (vgl. das bereits zitierte Fachlexikon der sozialen Arbeit, S. 23, Stichwort: Altenkrankenheim/Altenpflegeheim), so gilt dies für das in Rede stehende Altenpflegeheim "R-Haus" nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht, da es weder über medizinische Behandlungsmöglichkeiten verfügt noch unter ärztlicher Leitung steht oder einen Vertragsarzt beschäftigt.
Eine einzelvertragliche Vereinbarung der Geriatrie-Zulage liegt auch nicht vor. Es wäre zwar ohne weiteres möglich gewesen, den Klägerinnen übertariflich nicht nur Vergütung nach Teil II A des BMT-AW II zuzuerkennen, sondern auch einzelvertraglich mit ihnen zusätzlich die Geriatrie-Zulage nach der Protokollnotiz Nr. 46 zu vereinbaren. Dazu hätte es aber einer entsprechenden Feststellung durch das Landesarbeitsgericht bedurft, nachdem im Arbeitsvertrag nur die Vergütungsgruppe III bzw. IV AW-KrT und nicht die Geriatrie-Zulage ausdrücklich vereinbart wurde. Das Landesarbeitsgericht hat aber eine solche Feststellung nicht getroffen, sie ergibt sich auch nicht aus der bloßen Vereinbarung einer Vergütung nach Vergütungsgruppen AW-KrT, ohne daß hierfür die tariflichen Voraussetzungen vorliegen. Die Tarifvertragsparteien haben die Zulage nur für besonders erschwerte Krankenpflege in den ausdrücklich geregelten Fällen gewährt. Die Bewertung kann unterschiedlich vorgenommen werden und ist vom Sinn und Zweck der Zulagenregelung her allein nicht auslegungsfähig. Wie die Pflegetätigkeit in anderen Altenpflegeheimen kommunaler, kirchlicher oder privater Träger vergütet wird, ist nicht erheblich und kann auch keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz begründen (vgl. auch BAG Urteil vom 16. Oktober 1985 - 4 AZR 149/84 - AP Nr. 108 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, m.w.N.). Solange die Tarifvertragsparteien die Pflegezulage nur für Arbeitnehmer in Krankenhäusern und nicht in Altenpflegeheimen regeln, kann die Zulagenregelung auch für Schwesternpersonal in Altenpflegeheimen nicht angewandt werden. Mangels entsprechender einzelvertraglicher Vereinbarung ist deshalb die Klage vom Landesarbeitsgericht zu Recht abgewiesen worden. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Freitag
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