Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsnehmerstatus eines freien Mitarbeiters. Feststellung eines Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Wenn ein für eine Fernsehanstalt ständig tätiger, als „freier Mitarbeiter” eingestellter Bühnenbildner die betriebsübliche Arbeitszeit einhält und seine Arbeit an einem betrieblichen Arbeitsplatz verrichtet, spricht dies dafür, daß der Bühnenbildner in den Betrieb der Anstalt eingeordnet ist und in einem Arbeitsverhältnis zu ihr steht.
2. Wenn die Anstalt einen solchen Bühnenbildner in den wesentlichen Punkten ebenso behandelt wie andere von ihr festangestellte Bühnenbildner, kann auch dies ein Grund sein, dem ersteren den Status eines Arbeitnehmers zuzuerkennen (Bestätigung von AP Nr. 10 zu § 611 BGB Abhängigkeit).
3. Ein Antrag auf Feststellung, daß zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, ohne daß der Feststellungsantrag auf den näheren Inhalt dieses Arbeitsverhältnisses erstreckt wird, ist zulässig, wenn zu erwarten ist, daß nach der begehrten Feststellung über den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien kein Streit entsteht.
Normenkette
BGB § 611; ZPO § 256
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 29.04.1974; Aktenzeichen 4 Sa 422/72) |
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 26.09.1972; Aktenzeichen 4 Ca 405/72 M) |
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. April 1974 – 4 Sa 422/72 – aufgehoben.
2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 26. September 1972 – 4 Ca 405/72 M – teilweise wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, daß der Kläger als Bühnen- und Szenenbildner in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zu der Beklagten steht.
3. Hinsichtlich des Zahlungsanspruchs wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten der Revision, bleibt dem Landesarbeitsgericht vorbehalten.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der im Jahre 1941 geborene Kläger ist Bühnen- und Szenenbildner. Er arbeitet seit 1968, nachdem die Beklagte wegen Planstellenmangels eine vom Kläger auch in der Folgezeit stets begehrte Festanstellung abgelehnt hatte, für die Beklagte laufend auf der Grundlage sog. „Mitwirkungsverträge”. Diese Verträge werden jeweils für einzelne vom Kläger für bestimmte Sendungen zu erstellende Projekte abgeschlossen. Zwischen den einzelnen Produktionsaufträgen besteht insofern ein innerer Zusammenhang, als bei regelmäßigen Sendereihen (z. B. Sportstudio, Gesundheitsmagazin Praxis) für jede Sendung die Bühnen- und Szenenbilder nicht neu konstruiert und gebaut werden, sondern auf die bisherigen Bau- und Konstruktionsstücke zurückgegriffen wird. Dementsprechend erteilte z. B. die Redaktion „Gesundheit und Natur” dem Kläger im Jahre 1972 die Aufträge nicht einzeln, sondern nahm eine Pauschalanmeldung des Klägers für eine Reihe von Serienproduktionen in diesem Jahre vor.
Die formularmäßigen Mitwirkungsverträge nehmen Bezug auf die jeweils im vollen Wortlaut abgedruckten „Allgemeinen Bedingungen zum Mitwirkungsvertrag” und seit 1972 auf die „Allgemeinen Vertragsbedingungen zum Werkvertrag mit Bühnenbildnern und -architekten”. Ziffer 11 der „Allgemeinen Bedingungen zum Mitwirkungsvertrag” lautet u. a. wie folgt:
„… Es besteht Einverständnis zwischen ZDF und dem Vertragspartner, daß der Vertragspartner beim ZDF als freier Mitarbeiter und nicht als Arbeitnehmer tätig ist/war.”
Für die einzelnen Aufträge zahlte die Beklagte dem Kläger jeweils eine als Honorar bezeichnete Vergütung. Die in den Einzelverträgen angegebenen Produktionszeiten waren nicht immer identisch mit den Zeiten, die der Kläger für die entsprechende Produktion tatsächlich aufwendete. Zumindest teilweise wurden die Vertragsformulare erst nach Durchführung der Produktion ausgefüllt und vom Kläger unterzeichnet.
Die Beklagte beschäftigt Bühnenbildner sowohl als Angestellte als auch als freie Mitarbeiter. Dem Kläger, der fast ausschließlich für die Beklagte arbeitet, wurden bzw. werden stets soviele Einzelaufträge erteilt, daß er tatsächlich ähnlich zusammenhängend und intensiv wie ein Angestellter für die Beklagte tätig war bzw. wird. Die Tätigkeit des Klägers für die Beklagte war bzw. ist auch durchlaufend. Lediglich in der Zeit vom 27. März bis 5. Juni 1972, während der Arbeit des Klägers an der ihm übertragenen Ausstattung der Sendereihen „Aktion Sorgenkind” und „Gesundheitsmagazin Praxis”, wurde die Tätigkeit des Klägers durch die Beklagte unterbrochen. Nach der Unterbrechung nahm der Kläger die Arbeit an den genannten Sendereihen wieder auf.
Während der Erkrankung eines festangestellten Kollegen im Jahre 1969 oder 1970 übernahm der Kläger die für diesen vorgesehenen Produktionen.
Die zur Herstellung der Projekte erforderlichen Mitarbeiter werden dem Kläger von der Beklagten zugewiesen. Auch stellt die Beklagte das Material für die Verarbeitung und Herstellung der Produktionen des Klägers. Dem Kläger steht in den Bäumen der Beklagten ein Schreibtisch zur Verfügung, wo er arbeiten und seine Unterlagen aufbewahren kann. Der Kläger war bzw. ist dort auch tatsächlich zu den üblichen Arbeitszeiten anwesend, sofern er sich nicht gerade an einer Produktionsstätte aufhalten muß.
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, er stehe in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Die Erteilung von Einzelaufträgen sei ein rein äußerlicher Vorgang. In Wirklichkeit stelle seine Beschäftigung bei der Beklagten einschließlich der Vorbereitungszeiten und verbindenden Arbeiten sowie der Einbeziehung in die ständige Verfügbarkeit und die weit vorausdisponierende Planung der Beklagten ein Arbeitsverhältnis dar. Die Vertragsform der freien Mitarbeiterschaft sei ihm aufoktroyiert worden, da er durch Ablehnung einzelner Aufträge riskieren würde, von der Beklagten nicht mehr weiter beschäftigt zu werden.
Der Kläger trägt weiter vor, das Arbeitsverhältnis sei vom 27. März bis zum 5. Juni 1972 von der Beklagten nur künstlich unterbrochen worden, um den Anschein eines fortdauernden Arbeitsverhältnisses zu vermeiden. Die Beklagte schulde ihm deshalb aus Annahmeverzug eine Arbeitsvergütung von mindestens 7.000,– DM.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß er sich als Bühnen- und Szenenbildner in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit der Beklagten befindet,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.000,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. September 1972 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages hat die Beklagte ausgeführt, der Kläger sei von ihr nicht persönlich abhängig, da es ihm freistehe, die ihm jeweils angebotenen Projekte anzunehmen oder abzulehnen, ohne deshalb irgendwelche Rechtsnachteile befürchten zu müssen. Anders als die festangestellten Bühnenbildner, die bestimmten Dienststunden und Anwesenheitspflichten unterworfen seien, könne der Kläger die einmal von ihm übernommenen Projekte ausführen, wann und wo immer er wolle, soweit seine Anwesenheit am Produktionsort nicht von der Natur der Sache her geboten sei. Es fehle auch an der für die Arbeitnehmereigenschaft typischen Eingliederung des Klägers in den Betriebsorganismus der Beklagten, z. B. durch Zuordnung an eine bestimmte Redaktion oder Abteilung oder durch Unterstellung unter einen Vorgesetzten, dem er rechenschaftspflichtig sei.
Hinsichtlich des Zahlungsbegehrens wendet die Beklagte ein, der Kläger sei während der Zeit der Unterbrechung ihrer Beziehungen für die Olympia Sportredaktion eingesetzt gewesen und habe dort ein Einkommen von 8.670,– DM erzielt, das jedenfalls auf die begehrten 7.000,– DM angerechnet werden müsse.
Der Kläger ist in beiden Vorinstanzen unterlegen. Mit der Revision verfolgt er sein Klage ziel in vollem Umfang weiter, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
I. Zum Feststellungsverlangen des Klägers.
1. Das Ziel des Klageantrags zu 1) ist es, allgemein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien festzustellen; eine Feststellung des näheren Inhalts dieses Arbeitsverhältnisses begehrt der Kläger nicht. Dies steht nicht, wie die Beklagte meint, der Zulässigkeit der Klage unter dem Gesichtspunkt im Wege, daß sie zu unbestimmt und nicht geeignet sei, die rechtlichen Beziehungen der Parteien unter Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten ausreichend zu klären, und daß es daher am erforderlichen Feststellungsinteresse fehle. Eine allgemeine Feststellung, wie sie der Kläger begehrt und in vielen vergleichbaren Fällen erstrebt wird, führt – jedenfalls in der Regel – zugleich in ausreichendem Maße zur Bestimmbarkeit des Inhalts der rechtlichen Beziehungen der Parteien.
Dies ergibt sich bereits in tatsächlicher Hinsicht aus den Folgewirkungen der früher ergangenen Urteile des Senats, in denen auf Grund eines Feststellungsantrages, wie er hier Gegenstand der Klage ist, nur allgemein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen Bediensteten und Rundfunkanstalten festgestellt worden ist. Diese Urteile haben, wie die mündliche Verhandlung des Streitfalles vor dem Senat gezeigt hat und angesichts der öffentlich-rechtlichen Stellung der Rundfunkanstalten verständlich ist, dazu geführt, daß über den entschiedenen Fall hinaus eine größere Zahl weiterer streitiger Fälle im Bereich der jeweils betroffenen Anstalt befriedigend geklärt worden ist.
Dies wird auch bei einer rechtssystematischen Betrachtung des Sachverhalts verständlich. Die allgemeine Einordnung bisher unrichtig beurteilter Rechtsbeziehungen in das Arbeitsrecht führt im Grundsatz dazu, daß die bisher bestehenden Beschäftigungsbedingungen auch für das in Wirklichkeit bestehende Arbeitsverhältnis gelten. Der Arbeitgeber ist darüber hinaus als Folge der Feststellung eines Arbeitsverhältnisses verpflichtet, auf den Beschäftigten, dessen wahre Rechtsstellung nunmehr feststeht, die betrieblich allgemein üblichen Arbeitsbedingungen anzuwenden. Dies ergibt sich aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot; dabei ist u.U. eine Schlechterstellung des Beschäftigten in einzelnen Punkten gegenüber den bisherigen Bedingungen nicht auszuschließen. Soweit auf den Beschäftigten ein Tarifvertrag anzuwenden ist – dies trifft auch für den Kläger zu –, wird allein dadurch der nähere Inhalt des Arbeitsverhältnisses ausreichend – auch hier möglicherweise in verschlechterndem Sinne – bestimmt. Dies schließt nicht aus, daß in Einzelfragen – vor allem über die Frage der zutreffenden Eingruppierung des Arbeitnehmers – ein besonderer zu gerichtlicher Klärung zwingender Rechtsstreit entsteht. Dies allein kann aber kein Grund sein, den Beschäftigten zu zwingen, das allgemeine Feststellungsverfahren stets mit der Bestimmung des Einzelinhalts des erstrebten Arbeitsverhältnisses zu verbinden. Das wäre prozeßunökonomisch und ist rechtssystematisch nicht geboten, wenn – wie hier – zu erwarten ist, daß die begehrte Feststellung Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zwischen den Parteien schafft (vgl. auch BAG AP Nr. 48 zu § 256 ZPO).
2. In der Sache ist das Feststellungsbegehren entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts begründet.
a) Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Ausgangspunkt recht, daß die Natur der Rechtsbeziehungen der Parteien nicht ausschließlich nach dem in den Mitwirkungsverträgen zum Ausdruck kommenden Parteiwillen beurteilt werden kann. Die Natur eines Rechtsverhältnisses kann, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht darlegt, ungeachtet des ausgesprochenen Parteiwillens auch durch die tatsächliche Durchführung der Vertragsbeziehungen bestimmt werden. Dies hat der Senat in ständiger Rechtsprechung bisher stets angenommen (BAG 19, 524 [329] = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Abhängigkeit [zu 1 der Gründe]; AP Nr. 10 zu § 611 BGB Abhängigkeit; AP Nr. 12 zu § 611 BGB Abhängigkeit [zu II 1 der Gründe] m.w.N., auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt). Der Parteiwille, insbesondere der des Dienstempfängers, hat vor den ihn widerlegenden objektiven Tatsachen zurückzutreten. Der Dienstempfänger kann sich angesichts seines entgegengesetzten Verhaltens, das einen bestimmten Vertrauenstatbestand geschaffen hat, nicht darauf berufen, er habe bis zuletzt arbeitsrechtliche Beziehungen zum Dienstleistenden nicht gewollt (so insbes. auch Maus, RdA 1968, 367 [372]). Bei einem solchen Sachverhalt entsteht nicht nur eine faktische Rechtsbeziehung, sondern ein Arbeitsverhältnis mit voller rechtlicher Wirkung.
b) Das Landesarbeitsgericht hat an sich den Begriff des Arbeitsverhältnisses nicht verkannt, es ist jedoch der Ansicht, die Parteien hätten ihre Beziehungen nicht vollständig nach Art eines Arbeitsverhältnisses tatsächlich ausgestaltet und durchgeführt. Es übersieht dabei nicht, daß der Kläger seit 1968 „intensiv und kontinuierlich” – so hat die Beklagte selbst den Beschäftigungsumfang des Klägers in der Revisionsverhandlung bezeichnet – in den Diensten der Beklagten steht und dort seine Lebensgrundlage findet. Es geht ferner davon aus, daß der Kläger „fast ständig” an dem ihm zur Verfügung gestellten Platz und zu den betriebsüblichen Arbeitszeiten seine Arbeit verrichtet hat und verrichtet. Das Landesarbeitsgericht läßt dies jedoch nicht als eine arbeitsrechtlich relevante Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen genügen, weil der Kläger nicht ständig oder überwiegend zu den üblichen Arbeitszeiten und an dem ihm eingeräumten Arbeitsplatz habe anwesend sein „müssen”. Er könne auch fernbleiben oder seine Arbeit anderwärts verrichten und stehe damit im Gegensatz zu den vergleichbaren festangestellten Mitarbeitern, wenngleich diese auch auf Grund ihres künstlerischen Berufes „etwas freier” gestellt seien als sonstige Angestellte der Beklagten.
Diese Darlegungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat zwar alle normalerweise in Betracht kommenden Einzelumstände der Beschäftigung des Klägers sorgfältig geprüft und keinen wesentlichen Punkt außer acht gelassen. Im allgemeinen wird eine solche umfassende und auf dem zutreffenden Begriff des Arbeitsverhältnisses aufbauende Würdigung des Berufungsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sein (vgl. Urteil des Senats AP Nr. 6 zu § 611 BGB Abhängigkeit [zu 1 der Gründe]). Das Gesamturteil des Landesarbeitsgerichts über die Umstände der Beschäftigung des Klägers erscheint gleichwohl aus folgenden Gründen nicht haltbar.
aa) Zunächst hat das Landesarbeitsgericht, soweit die Tätigkeit des Klägers für sich allein betrachtet wird, nicht alle aus der Lebenserfahrung folgenden Bewertungsregeln beachtet. Das gilt für die vom Landesarbeitsgericht zu Recht in den Vordergrund gestellte Frage nach der Bindung des Klägers an Zeit und Art seiner Tätigkeit; Weisungsgebundenheit in dieser Hinsicht ist im allgemeinen besonders charakteristisch für den Begriff des Arbeitnehmers. Insoweit steht fest, daß der Kläger ständig die betriebsübliche Arbeitszeit eingehalten hat und einhält und die Arbeit an einem betrieblichen Arbeitsplatz verrichtet. Dies läßt sich nicht, wie das Landesarbeitsgericht meint, hinreichend mit dem eigenen freien Willen des Klägers erklären. Die Lebenserfahrung spricht vielmehr dafür, daß dies im betrieblichen Interesse wenn nicht geboten, so doch zweckmäßig und dem Beklagten willkommen war, weil der Kläger damit jederzeit zur Rücksprache zur Verfügung stand. Das gilt besonders für eine „intensive und kontinuierliche” Tätigkeit, wie sie hier vorliegt.
Das Vorbringen der Beklagten läßt nichts dafür erkennen, daß sie die ständige Anwesenheit des Klägers zu betriebsüblicher Zeit jemals als nicht geboten oder gar als unzweckmäßig bezeichnet hätte. Mindestens dazu hätte für sie Anlaß bestanden, wenn sie die Beziehungen zum Kläger als außerhalb des Arbeitsrechts stehend bewertet wissen wollte. Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, daß der Kläger mehrfach für ganze über längere Zeiträume sich hinziehende Sendungsfolgen vorausplanend eingesetzt wurde. Gerade eine solche vorausschauende – und hier vom Kläger akzeptierte – Planung führt erfahrungsgemäß zu einer erheblichen Bindung des Dienstleistenden an den Betrieb auch in arbeitszeit- und arbeitsplatzmäßiger Hinsicht; für die bühnenbildnerische Tätigkeit bei der Beklagten läßt sich insoweit kaum etwas anderes annehmen. Unstreitig muß der Bühnenbildner bei regelmäßigen Sendereihen mit dem einmal geschaffenen Dekorationsfundus der Anstalt arbeiten; dies wird es meist gebieten, zumindest aber stets sachlich nahelegen, die bühnenbildnerische Tätigkeit dort zu leisten, wo sich der Dekorationsfundus befindet.
Die ständige Anwesenheit des Klägers an seinem Arbeitsplatz zu betriebsüblicher Zeit erscheint daher, anders als das Landesarbeitsgericht dies sieht, nicht als allein vom einseitigen Villen des Klägers getragenes und damit überflüssiges, sondern als ein im dienstlichen Interesse gebotenes, mindestens aber zweckmäßiges Verhalten, das als solches von der Beklagten unwidersprochen hingenommen worden ist. Die vom Landesarbeitsgericht hervorgehobene Freiwilligkeit der ständigen Anwesenheit des Klägers am Arbeitsplatz stellt sich im ganzen nur als eine aus dem Vertragswerk folgende rechtliche Möglichkeit dar, die durch die alltägliche Praxis vollständig widerlegt ist.
Damit allein ist die vom Landesarbeitsgericht vermißte weitgehende persönliche Abhängigkeit des Klägers von der Beklagten in wesentlichen Punkten gegeben. Das Erscheinungsbild seiner Tätigkeit unterscheidet sich in zeitlicher und arbeitsplatzmäßiger Hinsicht nicht von dem, das sonst ein persönlich gebundener Arbeitnehmer bietet. Auch eine in dienstlichem Interesse als zweckmäßig von der anderen Seite angenommene Einhaltung der betrieblichen Arbeitszeit durch den Dienstleistenden läßt sich sachlich nicht anders behandeln als eine solche, die auf direkter Weisung durch den Dienstempfänger beruht. Im einen wie im anderen Fall ist der Dienstleistende in den Betrieb des Dienstberechtigten eingeordnet.
Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht keine Beschäftigungsmerkmale festgestellt noch sind solche ersichtlich, die entscheidend gegen die persönliche Abhängigkeit des Klägers von der Beklagten sprechen könnten. Dies gilt zunächst für den Umstand, daß die Beklagte dem Kläger das Material für Vorbereitung und Herstellung der Produktionen gibt. Dies könnte allenfalls für, nicht aber gegen ein Arbeitsverhältnis sprechen. Aus dem Ausmaß, in welchem Umfang der Kläger fachliche Weisungen der Beklagten zu beachten hat, lassen sich angesichts der Art seiner Tätigkeit Schlüsse über den Grad seiner persönlichen Abhängigkeit nicht ziehen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war der Kläger bei der Fertigung der Dekorationen im wesentlichen frei und weisungsunabhängig; nur eine Bindung an allgemeine Zielvorstellungen der Beklagten hat danach bestanden. Das Landesarbeitsgericht hat es jedoch zu Recht abgelehnt, hieraus überhaupt Folgerungen in bezug auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu ziehen. Es sieht bei der hier vorliegenden künstlerischen Tätigkeit die fachliche Weisungsgebundenheit zu Recht von vornherein als aus sachlichen Gründen weitgehend gelockert an. Es hat daher auch einen wesentlichen Unterschied in der fachlichen Weisungsgebundenheit der festangestellten Bühnenbildner von der Gruppe der sog. freien Mitarbeiter nicht feststellen können.
bb) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht bei seiner Gesamtwürdigung die Tätigkeit des Klägers mit der seiner festangestellten Kollegen verglichen. Wenn in dieser Hinsicht innerhalb eines mit denselben Aufgaben betrauten Kreises von Beschäftigten kein wesentlicher Unterschied besteht, so kann dies für sich allein Grund sein, auch den sog. freien Mitarbeitern den Status eines Arbeitnehmers zuzusprechen (Urteil des Senats AP Nr. 10 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Der Senat hält nach erneuter Prüfung der Rechtslage an dem dort dargelegten Standpunkt fest. Gerade die im wesentlichen einheitliche Behandlung von gleichartig Beschäftigten mit unterschiedlichem rechtlichem Status ist eine objektive Tatsache, die im Sinne der Darlegungen unter Nr. 2 a) den in den Verträgen formulierten Parteiwillen über das Vorliegen eines freien Mitarbeiterverhältnisses widerlegt.
Nach den Darlegungen des Landesarbeitsgerichts bleibt undeutlich, welche Unterscheidungen die Beklagte überhaupt in tatsächlicher Hinsicht zwischen der Beschäftigung des Klägers und der Arbeitnehmer im bühnenbildnerischen Bereich trifft. Die Beklagte hat, wie unter aa) dargelegt, hingenommen, daß der Kläger ständig in der betriebsüblichen Arbeitszeit anwesend ist. Sie läßt seinen Namen ebenso wie den der Festangestellten in den sog. Dispositionsplänen erscheinen. Nach der Ansicht des Landesarbeitsgerichts soll es sich dabei bei den Festangestellten um eine Weisung, beim Kläger hingegen um ein Vertragsangebot handeln, das er ablehnen könne; es ist jedoch nichts dafür vorgetragen, daß die Beklagte diese Unterscheidungen in der Praxis für die Betroffenen auch deutlich sichtbar gemacht hätte. Es ist in erster Linie Aufgabe des Dienstherrn, innerhalb eines mit denselben Aufgaben betrauten Beschäftigtenkreises die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten nach dem ihnen jeweils beigelegten Status in der Praxis deutlich für die Betroffenen herauszustellen (vgl. das angeführte Urteil AP Nr. 10 zu § 611 BGB Abhängigkeit).
In sonstigen Punkten, wie der Überlassung von Material und der fachlichen Weisungsgebundenheit, hat das Landesarbeitsgericht überhaupt keinen Unterschied zwischen beiden Gruppen von Beschäftigten festgestellt. Daß die Beklagte, wie weiter feststeht, keine Personalakten über den Kläger, sondern nur eine Auftragskartei geführt hat, kann hier außer Betracht bleiben; insoweit hat sie nur selbstverständliche Folgerungen aus ihrem Standpunkt gezogen, der Kläger sei freier Mitarbeiter.
c) Die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses kann nicht daran scheitern, daß der Personalrat der Beklagten der Einstellung des Klägers in die Dienste der Beklagten nicht, wie dies möglicherweise für Personaleinstellungen sonst erforderlich ist, zugestimmt hat. Es ist sicher, daß zu Beginn der Beschäftigung des Klägers noch kein zustimmungspflichtiger Einstellungsakt vorlag. Offen bleiben kann, ob die oben dargestellte tatsächliche Handhabung der Vertragsbeziehungen einem solchen Einstellungsakt gleichzusetzen wäre. Denn die Beklagte hat sich auf das Fehlen einer solchen Zustimmung weder berufen noch irgendwelche Gründe geltend gemacht, die der Personal Vertretung Anlaß hätten geben können, die Zustimmung zu verweigern. Sie muß sich daher so behandeln lassen, als ob die Zustimmung des Personalrats vorliege (s. auch BAG v. 8. November 1975 – 2 AZR 550/72 – [demnächst] AP Nr. 5 zu § 59 BAT [zu II 5 der Gründe]).
d) Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben, soweit es über das Feststellungsbegehren entschieden hat. In diesem Umfang ist der Rechtsstreit auch zur Endentscheidung im der Klage stattgebenden Sinne reif.
II. Zum Zahlungsanspruch.
Diesen Anspruch hat das Landesarbeitsgericht ohne weitere Sachprüfung allein deshalb abgewiesen, weil es ein bestehendes Arbeitsverhältnis verneint hat. Dieser Abweisungsgrund trägt nach den Darlegungen unter I das angefochtene Urteil insoweit nicht mehr.
Auszugehen ist davon, daß die Beziehungen der Parteien ihrem Erscheinungsbild nach bereits spätestens im März 1972 arbeitsrechtlicher Natur waren. Die von der Beklagten ab 27. März 1972 veranlaßte einseitige Unterbrechung dieser Beziehungen durch die Beklagte konnte hieran rechtlich nichts mehr ändern. Der Kläger hat sich gegen diese Maßnahme alsbald, nämlich mit der am 14. April 1972 eingereichten Klage, gewandt; es könnte ihm also nicht entgegengehalten werden, er habe die Unterbrechung als Kündigung auffassen müssen und habe die Klagefrist des § 4 KSchG versäumt.
Auch hinsichtlich des Zahlungsanspruchs war daher das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben. Insoweit ist die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Es bedarf der tatsächlichen Klärung, ob die Voraussetzungen der den Zahlungsanspruch tragenden Vorschrift des § 615 BGB erfüllt sind. Hierzu gehört auch die Erörterung der streitigen Frage, ob der Kläger in der Uhterbrechungszeit anderweiten Verdienst gehabt hat (§ 615 Satz 2 BGB). Feststellungen hierzu können in der Revisionsinstanz nicht getroffen werden.
In der Berufungsinstanz wird auch zu prüfen sein, ob die Beklagte in Annahmeverzug geraten ist. Hierzu gehört, daß der Kläger seine Dienste angeboten hat (§§ 294, 295 BGB). Der Kläger hat hierzu in der Revisionsverhandlung erklärt, die Beklagte habe ihm die Unterbrechung der Beschäftigung zugleich mit der Übergabe einer Bescheinigung zum Zwecke des Bezugs von Arbeitslosengeld mitgeteilt. Sollte dies zutreffen, so wäre möglicherweise anzunehmen, daß der Kläger von vornherein auch von der Notwendigkeit des mündlichen Angebots der Dienstleistung befreit war. Mindestens ab Mitte April 1972 dürfte dann ein wirksames Angebot der Dienstleistung in der Klageerhebung zu erblicken sein.
Unterschriften
gez.:, Dr. Hilger, Siara, Dr. Heither, Dr. Toeche-Mittler, Nitsche
Fundstellen