Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvertragliche Verweisung auf Beamtenbesoldung. Vertragsauslegung. Formulararbeitsvertrag. Verweisung auf Beamtenbesoldung. Besoldungsanpassung. Versorgungsrücklage. hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums. Alimentierungspflicht. Versorgungsbeitragsfreiheit der Beamten. Wegfall der Geschäftsgrundlage. Arbeitslohn
Leitsatz (amtlich)
Richtet sich die arbeitsvertragliche Vergütung eines Angestellten nach “der jeweiligen Besoldung eines entsprechenden Beamten” einer bestimmten Besoldungsgruppe, ergibt sich die Höhe der Vergütung aus der jeweiligen im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Anlage zum Bundesbesoldungsgesetz. Die Bildung einer Versorgungsrücklage auf Grund von § 14a BBesG hat hierauf keinen Einfluß.
Orientierungssatz
- Erhält der Angestellte gemäß seinem Arbeitsvertrag eine Vergütung in Höhe der jeweiligen Besoldung eines entsprechenden Beamten (hier: der Besoldungsgruppe C 3 der Bundesbesoldungsordnung C) und sind “für die Berechnung der Vergütung die für Beamte geltenden Bestimmungen entsprechend anzuwenden”, liegt hinsichtlich der Vergütung eine Gleichstellungsabrede vor.
- Die Auslegung eines solchen Vertrags ergibt, daß der Angestellte eine Erhöhung seiner Vergütung nur entsprechend der für Beamte verminderten Besoldungsanpassung (§ 14a BBesG) verlangen kann.
- Eine Vertragsanpassung nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt nicht in Betracht, denn die Frage der Vergütungsanpassung ist im Vertrag abschließend geregelt. Daran ändert nichts die Tatsache, daß der Angestellte an einer Versorgungsrücklage seines Arbeitgebers nicht “partizipiert”.
- § 14a BBesG ist verfassungsgemäß. Die Bestimmung verletzt weder die Alimentierungspflicht des Dienstherrn noch die Versorgungsbeitragsfreiheit der Beamten.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 242; BBesG §§ 14a, § 14, § 4a Anlage IV (BBesO) BesGr C 3; Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1999 (BBVAnpG 99) vom 19. November 1999 (BGBl. I S. 2198) Art. 1; GG Art. 33 Abs. 5
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütungsansprüche des Klägers.
Der Kläger ist seit dem 1. Oktober 1975 an der S… als Professor im privatrechtlichen Dienstverhältnis beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der vom beklagten Land verwendete, als Dienstvertrag bezeichnete Formulararbeitsvertrag vom 2. September/10. November 1981 zugrunde (im folgenden: DienstV). Dieser verweist auf einzelne ausdrücklich genannte Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in ihrer jeweils gültigen Fassung. Die Vergütung ist wie folgt geregelt:
Ҥ 3
(1) Herr Professor W… erhält für seine Tätigkeit eine Vergütung in Höhe der jeweiligen Besoldung eines entsprechenden Beamten der Besoldungsgruppe C 3 der Bundesbesoldungsordnung C. Für die Berechnung der Vergütung sind die für beamtete Professoren geltenden Bestimmungen entsprechend anzuwenden.
…”
Der Kläger erhielt für Mai 1999 ein Grundgehalt gemäß der Besoldungsgruppe C 3 Stufe 15 der Bundesbesoldungsordnung C (Anlage IV zum Bundesbesoldungsgesetz – BBesG) in Höhe von 9.371,47 DM brutto. Nach Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1999 (Bundesbesoldungs- und – versorgungsanpassungsgesetz 1999 – BBVAnpG 99) vom 19. November 1999 (BGBl. I S 2198) wurden die in der Anlage IV des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (BGBl. I S 3434) ausgewiesenen Beträge der Grundgehaltssätze ab 1. Juni 1999 um 2,9 vom Hundert erhöht. Nach Art. 1 Abs. 4 BBVAnpG 99 sind die Erhöhungssätze nach den Absätzen 1 bis 3 “nach § 14a des Bundesbesoldungsgesetzes um 0,2 vom Hundert vermindert”. Im Tarifbereich der Angestellten des öffentlichen Dienstes betrug die Erhöhung 3,1 vom Hundert.
§ 14a BBesG lautet in der bis zum 31. Dezember 2002 gültigen Fassung wie folgt:
Ҥ 14a
Versorgungsrücklage
(1) Um die Versorgungsleistungen angesichts der demographischen Veränderungen und des Anstiegs der Zahl der Versorgungsempfänger sicherzustellen, werden beim Bund und bei den Ländern Versorgungsrücklagen als Sondervermögen aus der Verminderung der Besoldungs- und Versorgungsanpassungen nach Absatz 2 gebildet. Damit soll zugleich das Besoldungs- und Versorgungsniveau in gleichmäßigen Schritten von durchschnittlich 0,2 vom Hundert um 3 vom Hundert abgesenkt werden.
(2) In der Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2013 werden die Anpassungen der Besoldung nach § 14 gemäß Absatz 1 Satz 2 vermindert. Der Unterschiedsbetrag gegenüber der nicht nach Satz 1 verminderten Anpassung wird den Sondervermögen zugeführt. Die Mittel der Sondervermögen dürfen nur zur Finanzierung künftiger Versorgungsausgaben verwendet werden.
…”
Dem Erhöhungssatz von 2,9 % entsprechend wurde in der Bundesbesoldungsordnung C der Anlage IV zum Bundesbesoldungsgesetz in der Besoldungsgruppe C 3 Stufe 15 ab dem 1. Juni 1999 ein Grundgehalt von 9.643,24 DM ausgewiesen. Diesen Betrag erhielt der Kläger ab Juni 1999.
Mit seiner im März 2000 erhobenen Klage verlangt der Kläger die Zahlung des Differenzbetrags zwischen dem Erhöhungssatz von 2,9 % und dem von 3,1 % (monatlich 18,75 DM) für die Monate Juni 1999 bis März 2000 sowie die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung des Differenzbetrags für die Zukunft. Er ist der Auffassung, er habe Anspruch auf eine “ungeminderte” Anpassung seiner Vergütung. § 14a BBesG finde schon nach dem Wortlaut des Dienstvertrags keine Anwendung. Diese Norm gehöre nicht zu den für die Berechnung der Vergütung der beamteten Professoren maßgeblichen Bestimmungen. Anderenfalls würde er zur Bildung einer Versorgungsrücklage herangezogen, ohne hieraus selbst Ansprüche zu erwerben. In diesem Fall wäre die Anpassung des Vertrags nach den Grundsätzen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage erforderlich. Außerdem sei § 14a BBesG verfassungswidrig.
Der Kläger hat beantragt:
- Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 187,50 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag ab Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
- Es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ab 1. April 2000, monatlich fällig jeweils am 15. des Monats, 18,75 DM brutto als Gehalt an den Kläger über das gezahlte Gehalt hinaus zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. § 3 Abs. 1 DienstV sei eindeutig. Hiernach werde auf die maßgeblichen Besoldungstabellen verwiesen. Der Kläger erhalte als Vergütung den dort ausgewiesenen Betrag. Weitergehende Ansprüche bestünden nicht. § 14a BBesG sei verfassungsgemäß, da die Vorschrift keinen eigenen Beitrag der Beamten zu ihrer Altersversorgung verlange.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt das beklagte Land die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat weder für die Monate Juni 1999 bis März 2000 noch für die anschließende Zeit weitere Vergütungsansprüche aus dem Dienstvertrag. Dessen Auslegung durch das Berufungsgericht erweist sich als rechtsfehlerhaft.
- Das Berufungsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, der Dienstvertrag der Parteien enthalte eine Gleichstellungsabrede, nach der der Kläger wie beamtete Professoren vergütet werden solle. Die Verminderung der Besoldungsanpassung nach § 14a BBesG müsse aber unberücksichtigt bleiben. Der Dienstvertrag beinhalte nicht, daß sich die Höhe der Vergütung zwingend nach den in der Anlage IV zum BBesG ausgewiesenen Beträgen richte. Zwar seien die Bezüge der Beamten durch das BBVAnpG 99 nur um 2,9 % angehoben worden. Der Erhöhungssatz als solcher habe jedoch wie im Tarifbereich bei 3,1 % gelegen. Die Vertragsauslegung ergebe einen Anspruch auf den “nicht verminderten” Erhöhungssatz. Durch die Regelung des § 14a BBesG sei nach Vertragsabschluß ein atypischer Sachverhalt entstanden. Die Kürzung der Vergütungsanpassung beim Kläger widerspreche der arbeitsvertraglichen Gleichstellungsabrede, weil die beamtenspezifische Verwendung eines Teiles der gesetzlichen Besoldungsanpassung den vertraglichen Anspruch des Klägers auf Teilhabe an den Besoldungsanpassungen nicht einschränken könne. Anderenfalls ergebe sich ein vertraglich nicht beabsichtigter und der Gleichstellungsabrede nicht entsprechender Einspareffekt.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- Der Senat hat die Auslegung des Dienstvertrags der Parteien in vollem Umfang zu überprüfen, da es sich um einen Formulararbeitsvertrag handelt (vgl. etwa BAG 19. Januar 2000 – 5 AZR 637/98 – BAGE 93, 212, 215; 16. Februar 2000 – 4 AZR 14/99 – BAGE 93, 328, 338).
- Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. § 157 BGB verlangt eine Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte. Es sind demnach alle Begleitumstände zu würdigen, die von Bedeutung dafür sind, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie der Empfänger der Erklärung diese verstanden hat oder verstehen mußte (BAG 29. Oktober 1997 – 5 AZR 573/96 – AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 51, zu II 2 der Gründe).
Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, daß der Kläger entgegen der Auslegung durch das Berufungsgericht weder nach dem Vertragswortlaut noch nach den Begleitumständen bei Vertragsabschluß von einem Anspruch auf die begehrte Vergütungsdifferenz ausgehen durfte. Der Dienstvertrag der Parteien verweist für die Bruttovergütung auf die Höhe der jeweiligen Besoldung eines beamteten Professors der Besoldungsgruppe C 3.
- Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Parteien in § 3 Abs. 1 Satz 1 DienstV, wonach der Kläger “für seine Tätigkeit eine Vergütung in Höhe der jeweiligen Besoldung eines entsprechenden Beamten der Besoldungsgruppe C 3 der Bundesbesoldungsordnung C” erhält, eine Gleichstellung des Klägers mit beamteten Professoren vereinbart haben. Der Kläger soll der Höhe nach die jeweilige Bruttovergütung eines beamteten Professors der Besoldungsgruppe C 3 erhalten. Erhöht sich deren Besoldung nach § 14 BBesG iVm. mit dem jeweiligen BBVAnpG, so hat er einen vertraglichen Anspruch darauf, ab demselben Zeitpunkt eine entsprechend erhöhte Bruttovergütung zu erhalten. Dementsprechend hat er ab dem 1. Juni 1999 das erhöhte Grundgehalt von 9.643,24 DM brutto nach der Anlage IV zum BBesG in der Besoldungsgruppe C erhalten.
Aus § 3 Abs. 1 Satz 1 DienstV ergibt sich, daß sich auch nach Einführung des § 14a BBesG die Vergütung allein nach den in der Anlage IV zum BBesG ausgewiesenen Beträgen richtet. Diese Beträge sind für die beamteten Professoren und deshalb nach § 3 Abs. 1 Satz 1 DienstV auch für den Kläger maßgeblich. Es gibt keine “fiktive” weitere Anlage IV zum BBesG. Auf eine solche stellt jedoch zu Unrecht das Berufungsgericht ab, wenn es davon ausgeht, daß der Erhöhungssatz “als solcher” im Jahre 1999 3,1 % betragen habe.
- Der Erhöhungssatz betrug für beamtete Professoren nach Art. 1 Abs. 1 BBVAnpG 99 2,9 %. Nach Art. 1 Abs. 4 BBVAnpG 99 sind die Erhöhungssätze nach den Absätzen 1 bis 3 um 0,2 % vermindert. Hieraus folgt gerade nicht, daß den Beamten eine Erhöhung der Grundgehaltssätze um 3,1 % zustünde. Vielmehr steht ihnen nur ein gesetzlicher Anpassungsanspruch von 2,9 % zu, bei dem die Bildung der Versorgungsrücklage nach § 14a BBesG bereits berücksichtigt ist.
- Bei dem vom Kläger begehrten Erhöhungsbetrag handelt es sich nicht um einen Vergütungsbestandteil, den der Kläger in irgendeiner Form abzuführen hätte. Vielmehr geht es bei der Bildung der Versorgungsrücklage um eine haushaltsrechtliche Disposition und nicht etwa um eine Verfügung über vergleichbaren Beamten zustehende Besoldungsbestandteile. Deshalb hat auch der Kläger nur einen um den Anpassungssatz von 2,9 % erhöhten vertraglichen Vergütungsanspruch erworben. Das Berufungsgericht weist selbst zutreffend darauf hin, daß der Kläger auch eine sog. “Nullrunde” oder geringere oder verspätete Erhöhungen der Beamtenbesoldung im Verhältnis zu den tariflichen Gehältern der Angestellten des öffentlichen Dienstes hinzunehmen hat. Nichts anderes gilt für die Besoldungsanpassung des Jahres 1999.
- § 14a BBesG begründet keinen atypischen Sachverhalt, der von der vertraglichen Bezugnahme ausgenommen sein sollte. Mit § 3 Abs. 1 Satz 1 DienstV wird auf das Ergebnis der Besoldungsberechnung eines beamteten Professors Bezug genommen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 DienstV wird für die Berechnung auf alle Vorschriften des Besoldungsrechts verwiesen, die für die Zusammensetzung der Besoldung eines Professors der Besoldungsgruppe C 3 maßgeblich sind, einschließlich weiterer Bezüge wie etwa des Familienzuschlags oder des Urlaubsgeldes. Eine Einschränkung der vertraglichen Bezugnahme im Hinblick auf die Regelung des § 14a BBesG läßt sich dem nicht entnehmen; denn auch § 14a BBesG ist für die Berechnung der Besoldung eines beamteten Professors maßgeblich, da die Absenkung jeweils in das Berechnungsergebnis einfließt.
- Dem Berufungsgericht ist einzuräumen, daß bei Abschluß des Arbeitsvertrags eine gesetzliche Regelung wie § 14a BBesG nicht absehbar war. Dies steht aber ihrer Berücksichtigung nicht entgegen, denn der Arbeitsvertrag nimmt gerade auf die jeweilige Besoldung eines beamteten Professors Bezug. Deshalb hat es der Kläger hinzunehmen, daß sich eine Minderung seiner Bruttovergütung im Vergleich mit tariflich Beschäftigten ergibt. Dagegen führt die Auslegung des Berufungsgerichts entgegen der von beiden Parteien gewollten Gleichstellung des Klägers mit beamteten Professoren zu einer Ungleichbehandlung; denn die Bruttovergütung des Klägers würde diejenige der beamteten Professoren übersteigen und die Differenz würde sich im Laufe des Geltungszeitraums des § 14a Abs. 1 BBesG noch vergrößern. Soweit das Berufungsgericht auf einen im Vergleich zu Beamten höheren Einspareffekt bei der Vergütung des Klägers auf Grund von § 14a BBesG abstellt, kommt es auf die haushaltsrechtlichen Dispositionen des beklagten Landes nicht an. Diese beruhen auf gänzlich anderen Grundlagen und sind für die auf die Bruttovergütung bezogene Gleichstellung des Klägers mit beamteten Professoren unerheblich.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 14a BBesG nicht verfassungswidrig. Doch selbst bei Verfassungswidrigkeit des § 14a BBesG würde es an einem unmittelbaren Anspruch beamteter Professoren auf Zahlung des streitigen Differenzbetrags und damit auch an einem Anspruch des Klägers fehlen.
- Der Kläger kann sich im vorliegenden Rechtsstreit auf eine Verfassungswidrigkeit des § 14a BBesG berufen, obwohl er nicht Träger von Rechten aus Art. 33 Abs. 5 GG ist, denn sein Arbeitsvertrag nimmt auch auf § 14a BBesG Bezug. Seine vertraglichen Rechte können von der behaupteten Verfassungswidrigkeit abhängen. Deshalb dürfen auch die Gerichte für Arbeitssachen § 14a BBesG bei der Auslegung und Anwendung des Arbeitsvertrags nicht berücksichtigen, wenn sie diese Norm für verfassungswidrig halten.
§ 14a BBesG ist nach Auffassung des Senats verfassungsgemäß. Weder die Alimentierungspflicht noch die Versorgungsbeitragsfreiheit der Beamten wird verletzt (so auch OVG Rheinland-Pfalz 26. Oktober 2001 – 2 A 10167/01.OVG – DRiZ 2002, 222; Battis/Kersten NVwZ 2000, 1337 ff.; Schwegmann/Summer BBesG § 14a Rn. 4; Clemens/Millack/Engelking/Lantermann/Henkel Besoldungsrecht des Bundes und der Länder BBesG § 14a Rn. 5).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts läßt Art. 33 Abs. 5 GG dem Gesetzgeber bei der Konkretisierung der Verpflichtung zur angemessenen Alimentierung der Beamten einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfG 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 – BVerfGE 81, 363, 375 f. mwN). Der Gesetzgeber muß lediglich sicherstellen, daß die Besoldung dem Beamten einen amtsangemessenen Lebensunterhalt (Alimentation) gewährleistet, der dem Dienstrang, der Verantwortung des Amtes, der Bedeutung des Berufsbeamtentums, den allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen sowie dem allgemeinen Lebensstandard entspricht (vgl. BVerfG 24. November 1998 – 2 BvL 10/96 – BVerfGE 99, 300, 314 f. mwN). Er kann die Struktur der Besoldungsordnung, die Struktur des Beamtengehalts und die Zahlungsmodalitäten innerhalb des Rahmens, den die verfassungsrechtlich garantierte Alimentierungspflicht zieht, ändern, insbesondere auch die Gehaltsbeträge, solange sie nicht an der unteren Grenze der amtsangemessenen Alimentierung liegen, kürzen. Art. 33 Abs. 5 GG gewährt keinen Anspruch auf unveränderte Beibehaltung der Struktur der Besoldungsordnungen und des Beamtengehalts (BVerfG 30. März 1977 – 2 BvR 1039/75 – BVerfGE 44, 249, 263; 15. Juli 1999 – 2 BvR 544/97 – NVwZ 1999, 1328; 14. Dezember 2000 – 2 BvR 1457/96 – ZTR 2001, 192). Ob die Dienstbezüge des Beamten einschließlich der Alters- und Hinterbliebenenversorgung amtsangemessen sind, beurteilt sich nach dem Nettoeinkommen (BVerfG 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 – BVerfGE 81, 363, 376).
Der Besoldungsgesetzgeber hat der Alimentierungspflicht durch Art. 1 Abs. 1 BBVAnpG 99 genügt, da die Grundgehaltssätze zum 1. Juni 1999 um 2,9 % erhöht wurden. Dadurch ist gewährleistet, daß die Besoldungsanpassung den allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen sowie dem allgemeinen Lebensstandard entspricht (vgl. Schwegmann/Summer aaO). Der Preisindex der Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte hat unter Berücksichtigung aller Verbrauchsgüter (bezogen auf 1995 = 100) im Jahre 1998 104,3 und im Jahre 1999 104,9 betragen (Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 2000 S 613).
Das Alimentationsprinzip gebietet es, den Beamten von der Notwendigkeit einer eigenen Daseinsvorsorge freizustellen (OVG Rheinland-Pfalz 26. Oktober 2001 – 2 A 10167/01.OVG – DRiZ 2002, 222, 224; Merten, ZBR 1996, 353, 375; ders. NVwZ 1999, 809, 814; vgl. auch BVerfG 26. März 1980 – 1 BvR 121/76 – BVerfGE 54, 11, 31 f.; 24. Juni 1992 – 1 BvR 459/87 – BVerfGE 86, 369, 371 f.). Der Beamte hat seine Versorgung durch seine Leistungen verdient; seine Bezüge während der aktiven Dienstzeit fallen entsprechend niedriger aus, weil sie unter Berücksichtigung der späteren Versorgung festgelegt werden. Die Alimentierungsverpflichtung des Dienstherrn ist unabdingbar und nicht teilbar. Auf dem Boden der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums darf das Gehalt des aktiven Beamten nicht (ganz oder teilweise) in Leistungen anderer Qualität wie zB Sozialversicherungsleistungen übergeleitet werden. Die Besoldung und Versorgung muß vom Dienstherrn selbst gewährt werden, der sich hinsichtlich keiner der bedeutsamen Alimentationsleistungen durch einen Dritten entlasten darf (BVerfG 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256, 319 f.).
Dieser Grundsatz wird durch § 14a BBesG nicht verletzt. Sofern der Beamte eine amtsangemessene Alimentierung erhält, ist es verfassungsrechtlich unerheblich, ob sein Bruttogehalt bei einer Besoldungsanpassung im Vergleich zu tariflich Beschäftigten in geringerem Umfang erhöht wird. Der Besoldungs- und Versorgungsanspruch richtet sich nach wie vor allein gegen den Dienstherrn. Dieser darf auf von ihm selbst gebildete Versorgungsrücklagen zurückgreifen. Eigene Beiträge hierzu hat der Beamte gemäß § 14a BBesG nicht zu leisten.
- Mit § 14a BBesG ist zwar der Rahmen der Absenkung für längere Zeit vorgegeben, ohne daß der Gesetzgeber die Verhältnisse bis dahin in vollem Umfang überblicken könnte. Der Kläger wird dadurch aber noch nicht endgültig belastet. Dem Gesetzgeber verbleibt das Ermessen, bei einzelnen Besoldungsanpassungen je nach den wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen sowie dem allgemeinen Lebensstandard höhere oder geringere Minderungsschritte durchzuführen. Es steht ihm frei, die Selbstbindung durch gesetzliche Änderungen für die Zukunft aufzuheben, wie er es im Versorgungsreformgesetz vom 20. Dezember 2001 getan hat.
Wäre § 14a BBesG verfassungswidrig, ergäbe sich der Klageanspruch daraus allerdings nicht unmittelbar. Es müßte vielmehr dem Gesetzgeber überlassen bleiben, eine festgestellte Verfassungswidrigkeit durch eine verfassungsgemäße Regelung zu ersetzen (BVerfG 30. März 1977 – 2 BvR 1039/75 – BVerfGE 44, 249, 282 f.).
Dies führt nicht zwangsläufig zur Auszahlung des Minderungsbetrags an einen mit dem Kläger vergleichbaren beamteten Professor. Deshalb stünde dem Kläger auch bei einer unterstellten Verfassungswidrigkeit ein Anspruch auf die streitgegenständliche Differenz nicht ohne weiteres zu.
Eine Vertragsanpassung nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt nicht in Betracht.
- Geschäftsgrundlage sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs die bei Abschluß des Vertrags zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien hierauf aufbaut (BAG 28. Juni 2000 – 7 AZR 904/98 – BAGE 95, 171, 182 f.; BGH 23. Oktober 1957 – V ZR 219/55 – BGHZ 25, 390, 392; 25. Februar 1993 – VII ZR 24/92 – BGHZ 121, 378, 391 ff.; 5. Januar 1995 – IX ZR 85/94 – BGHZ 128, 230, 236 ff., jeweils mwN). Rechte wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben sich nur, wenn der von der Störung betroffenen Partei das unveränderte Festhalten an dem Vertrag nicht zugemutet werden kann. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage wird erheblich, wenn und soweit das Festhalten an der ursprünglichen Regelung zu einem untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde. Rechtsfolge ist grundsätzlich nur die Anpassung des Vertrags an die geänderten Verhältnisse. Die Geschäftsgrundlage gehört nicht zum Vertragsinhalt. Enthält bereits der Vertrag nach seinem gegebenenfalls durch ergänzende Auslegung zu ermittelnden Inhalt Regeln für Fehlen, Wegfall oder Änderung bestimmter Umstände, scheidet eine Anpassung gemäß § 242 BGB aus (BAG 4. April 2001 – 10 AZR 181/00 – nv.; BGH 1. Februar 1984 – VIII ZR 54/83 – BGHZ 90, 69, 74).
- Der Dienstvertrag der Parteien enthält selbst hinreichende Regelungen über die Anpassung der Vergütung. Er stellt dynamisch auf die jeweilige Besoldung eines entsprechenden Beamten ab. Die Einführung des § 14a BBesG und dessen Umsetzung im BBVAnpG 99 stellen Umstände dar, die der Kläger bereits auf Grund der einzelvertraglichen Vereinbarung hinzunehmen hat. Daran ändert nichts die Tatsache, daß der Kläger als Angestellter an den Versorgungsrücklagen nicht “partizipiert”. Seine Altersversorgung richtet sich, wie den Beteiligten von Anfang an klar war, nicht nach Beamtenrecht, sondern wird durch die allgemeinen Regelungen für Angestellte gewährleistet. Im übrigen “partizipiert” auch der Beamte nicht an der Versorgungsrücklage seines Dienstherrn, die lediglich das abgesenkte Versorgungsniveau sicherstellen soll. Die Vorstellung des Klägers, die Anpassung seiner Vergütung folge jeweils der Entwicklung der tariflichen Gehälter der Angestellten des öffentlichen Dienstes, ist unerheblich. Zudem kann im Hinblick auf die Differenz von 0,2 % der Vergütung nicht davon ausgegangen werden, daß eine Aquivalenzstörung vorliegt, die das unveränderte Festhalten am bisherigen Vertrag unzumutbar macht und zu einem “untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis” führt.
- Der Kläger hat gemäß den §§ 91, 97 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Heel, Rolf Steinmann
Fundstellen
Haufe-Index 884645 |
BAGE 2004, 231 |
BB 2003, 428 |
DB 2003, 671 |
NWB 2003, 647 |
ARST 2003, 123 |
FA 2003, 151 |
NZA 2003, 1148 |
SAE 2003, 322 |
ZTR 2003, 192 |
AP, 0 |
EzA-SD 2003, 3 |
PERSONAL 2003, 60 |
ZfPR 2003, 112 |
ArbRB 2003, 72 |
BAGReport 2003, 127 |
SPA 2003, 5 |
Tarif aktuell 2003, 2 |