Entscheidungsstichwort (Thema)
Internationale Zuständigkeit der Arbeitsgerichte
Orientierungssatz
- Finden auf ein Arbeitsverhältnis keine internationalen Verträge oder Übereinkommen Anwendung, wird die internationale Zuständigkeit mit Ausnahme einzelner Vorschriften (zB §§ 606a, 640a Abs. 2 ZPO, §§ 35b, 43b Abs. 1 FGG) durch die örtliche Zuständigkeit indiziert (Bestätigung von BAG 17. Juli 1997 – 8 AZR 328/95 – AP ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 13 = EzA ZPO § 23 Nr. 1).
- Örtlich zuständig ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis gemäß § 29 Abs. 1 ZPO das Gericht des Ortes, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Der Erfüllungsort richtet sich bei Arbeitsverhältnissen mit ausländischen Arbeitgebern gemäß Art. 27 Abs. 1 ff. EGBGB nach deutschem Recht (dazu Senat 12. Dezember 2001 – 5 AZR 255/00 – NZA 2002, 734, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
- Zur Bestimmung des Erfüllungsorts bei Arbeitsverhältnissen ist in der Regel von einem einheitlichen (gemeinsamen) Erfüllungsort auszugehen. Dies ist der Ort, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung zu erbringen hat (Bestätigung von Senat 6. Januar 1998 – 5 AS 24/97 – nv.; 12. März 1992 – 5 AS 10/91 – nv.; 3. November 1993 – 5 AS 20/93 – AP GVG § 17a Nr. 11 = EzA ZPO § 36 Nr. 18; 30. März 1994 – 5 AS 6/94 –, 10. Juli 1995 – 5 AS 12/95 –, 23. Oktober 1996 – 5 AS 6/96 – und 17. April 1997 – 5 AS 8/97 – nv.), also der tatsächliche Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit liegt.
Normenkette
ZPO § 29; BGB § 269
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche und hierbei vorab über die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Arbeitssachen.
Der Kläger war zunächst bei der R… GmbH mit Sitz in C… beschäftigt. Am 4. Oktober 1999 schloß der Kläger mit der Beklagten zu 1, einer Gesellschaft nach tschechischem Recht mit Sitz in CZ-34507 Vseruby, einen Arbeitsvertrag. In diesem Arbeitsvertrag ist der Geschäftführer der R… GmbH als Vertreter der Beklagten zu 1 benannt. In dem Vertrag ist ua. geregelt:
“…
§ 2 – Tätigkeit
Herr K… nimmt am 1. November 1999 in oben bezeichnetem Betrieb die Tätigkeit als Schweißfachingenieur und Fertigungsleiter auf.
…
§ 3 – Gehalt
…
Die Gehaltsabrechnung erfolgt über den deutschen Betrieb W…-Unternehmensverwaltung e.K., C….
…”
In der Zeit vom 1. November 1999 bis zum 19. Januar 2000 war der Kläger zweimal in dem tschechischen Betrieb tätig. Ansonsten arbeitete er wie bisher bei der R… GmbH in C…. Der Kläger hatte weder eine Arbeits- noch eine Aufenthaltserlaubnis für die Tschechische Republik beantragt. Am 19. Januar 2000 beendete der Kläger seine Tätigkeit unter im einzelnen streitigen Umständen.
Mit seiner auch gegen die W…-Unternehmensverwaltung gerichteten Klage verlangt der Kläger Zahlung bereits abgerechneter Vergütung sowie Urlaubsabgeltung abzüglich des Kaufpreises für ein über die Beklagte bezogenes Garagentor. Er vertritt die Auffassung, das Arbeitsgericht Weiden sei international und örtlich zuständig. Er habe seine Arbeitsleistung auch nach Abschluß des Arbeitsvertrags mit der Beklagten weiterhin in dem Betrieb der R… GmbH in C… erbracht. Bei Vertragsschluß sei geplant gewesen, daß er sich zwei- bis dreimal im Monat im tschechischen Betrieb aufhalte.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 15.238,33 DM brutto abzüglich 6.061,00 DM netto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit dem 15. Februar 2000 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Arbeitssachen gerügt und geltend gemacht, Erfüllungsort des Arbeitsverhältnisses sei der 25 km von dem Betrieb der R… GmbH in C… entfernt liegende Betrieb in Vseruby gewesen. Hierfür sei der Kläger eingestellt worden. Er sei verpflichtet gewesen, dort zweimal täglich zu erscheinen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 1 als unzulässig und die Klage gegen die Beklagte zu 2 als unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und, soweit die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen wurde, den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Arbeitsgericht zurückverwiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte zu 1 mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision. Die Berufung gegen die Beklagte zu 2 hat das Landesarbeitsgericht rechtskräftig zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Arbeitssachen angenommen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Müller, Reinders
Fundstellen
NZA 2003, 339 |
SAE 2003, 274 |
AP, 0 |
EzA-SD 2003, 12 |
EzA |
IPRspr. 2002, 151 |