Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusätzliches Urlaubsgeld. Ausschlussfrist. Tarifauslegung. Ausschlussfristen. Urlaubsgel
Orientierungssatz
- Nach § 5 TV Urlaubsabkommen erhalten alle Arbeitnehmer ein zusätzliches Urlaubsgeld. Es wird ausgezahlt, wenn der Arbeitnehmer den überwiegenden Teil seines Jahresurlaubs nimmt.
- Der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld, das der Arbeitnehmer für gewährten und genommenen Urlaub beanspruchen kann, unterliegt der Ausschlussfrist des § 18 MTV. Danach sind “sämtliche” Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf des Lohnabrechnungszeitraums, in dem sie entstanden sind, geltend zu machen.
- Die in § 8 TV Urlaubsabkommen bestimmte zweistufige Ausschlussfrist ist nicht anzuwenden. Die Vorschrift enthält eine Sonderregelung für das zusätzliche Urlaubsgeld, das der Arbeitgeber dann zu zahlen hat, wenn das Arbeitsverhältnis im Urlaubsjahr endet.
Normenkette
Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Südbayerischen Textilindustrie (MTV) vom 6. Oktober 1994 §§ 12, 18; Urlaubsabkommen für die gewerblichen Arbeitnehmer, für Angestellte und Meister, sowie für Auszubildende der südbayerischen Textilindustrie einschl. Maschenindustrie (TV Urlaubsabkommen) vom 6. Oktober 1994 i.d.F. vom 17. Januar 1997 §§ 5, 8
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 17. Juli 2002 – 10 Sa 1044/01 – aufgehoben, soweit die Beklagte zu einem höheren Zinssatz als 4 vH verurteilt worden ist. Insoweit wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München – Kammern Weilheim – vom 31. Oktober 2001 – 29 b Ca 269/01 W – zurückgewiesen.
Im übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revision über zusätzliches Urlaubsgeld für das Jahr 1999.
Die Klägerin ist seit 1988 bei der Beklagten als Arbeiterin mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt. Beide Parteien waren bis einschließlich 1999 Mitglied der die Tarifverträge für die Südbayerische Textilindustrie schließenden Verbände. In dem Urlaubsabkommen für die gewerblichen Arbeitnehmer, für Angestellte und Meister, sowie für Auszubildende der südbayerischen Textilindustrie einschl. Maschenindustrie vom 6. Oktober 1994 in der Fassung vom 17. Januar 1997 heißt es auszugsweise:
Ҥ 2
1.) Jeder Arbeitnehmer hat im Laufe eines Kalenderjahres Anspruch auf bezahlten Urlaub. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.
…
§ 4
1.) Während des Urlaubs ist das regelmäßige Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber weiterzuzahlen. Als regelmäßiges Arbeitsentgelt gilt das Einkommen, das der Arbeitnehmer bei betriebsüblicher regelmäßiger Arbeitszeit im Durchschnitt der drei letzten abgerechneten Monate erzielt hat.
…
§ 5
1.) Weiterhin erhalten alle Arbeitnehmer ein zusätzliches Urlaubsgeld, dessen Höhe im jeweiligen Lohn- bzw. Gehaltstarifvertrag und im Abkommen über die Festsetzung der Ausbildungsbeihilfen abgedruckt wird, ohne unter deren Geltungsbereich zu fallen.
…
2.) Der Umfang des Anspruches auf zusätzliches Urlaubsgeld richtet sich nach der Höhe des Anspruches auf bezahlten Urlaub. …
6.) Das Urlaubsgeld wird ausgezahlt, wenn der Arbeitnehmer den überwiegenden Teil seines Jahresurlaubs nimmt.
7.) Bei Teilzeitarbeit verringert sich das Urlaubsgeld im Verhältnis der tariflichen Arbeitszeit zur Teilarbeitszeit.
…
§ 7
Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht gewährt werden, so ist er abzugelten. Bei vertragswidriger, fristloser Auflösung des Arbeitsverhältnisses und im Falle einer vom Arbeitnehmer verschuldeten, rechtswirksamen fristlosen Entlassung reduziert sich der Abgeltungsanspruch auf eineinhalb Werktage für jeden Beschäftigungsmonat im Kalenderjahr. …
§ 8
Urlaubsansprüche, die am Ende des Urlaubsjahres noch bestehen, sind spätestens zwei Monate nach Ende des Urlaubsjahres bei der Firmenleitung geltend zu machen. Bleibt dies erfolglos, so hat der Arbeitnehmer seinen Anspruch binnen einer weiteren Frist von 1 Monat beim Arbeitsgericht durch Klageerhebung geltend zu machen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch anerkannt hat.
Wird das Arbeitsverhältnis beendet, so laufen die oben genannten Fristen zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an.
Entsprechendes gilt für Abgeltungsansprüche, sowie für Ansprüche auf zusätzliches Urlaubsgeld.”
Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese aus Druckausgaben ersichtliche Fassung des § 8 Urlaubsabkommen der von den Tarifvertragsparteien unterschriebenen Originalfassung entspricht. Nach der Behauptung der Klägerin weist das Original nur zwei Absätze auf: Sätze eins bis drei einerseits und Sätze vier und fünf andererseits.
In dem Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Südbayerischen Textilindustrie (MTV) vom 6. Oktober 1994 ist ua. geregelt:
Ҥ 12
Lohnabrechnung und Lohnauszahlung
1.) Der Lohnabrechnungszeitraum und der Lohnabrechnungstermin sind mit dem Betriebsrat schriftlich zu vereinbaren. Der Lohnabrechnungszeitraum darf nicht mehr als einen Monat betragen.
2.) Jeder Arbeitnehmer erhält eine schriftliche Abrechnung, aus der der Lohnabrechnungszeitraum, die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden und Überstunden …, die Zuschläge, der Bruttoverdienst, die einzelnen Abzüge für Sozialversicherungsbeiträge, Steuern usw., etwa erhaltene Vorschüsse sowie der Nettoverdienst ersichtlich sind.
…
§ 18
Geltendmachung von Ansprüchen
1.) Sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf des Lohnabrechnungszeitraumes, in dem sie entstanden sind, geltend zu machen.
Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beträgt diese Ausschlußfrist zwei Monate nach dem tatsächlichen Ausscheiden des Arbeitnehmers. Die Geltendmachung hat schriftlich beim Arbeitgeber oder bei der von ihm dafür bestimmten Stelle zu erfolgen.
Ansprüche wegen strafbarer Handlungen gelten nicht als Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.
2.) Das Erlöschen der Ansprüche mit Ablauf der vorgenannten Fristen tritt bei Lohnansprüchen nicht ein, wenn dem Arbeitnehmer nicht eine Lohnabrechnung gemäß § 12 Ziffer 2 ausgehändigt worden ist. Die Bestimmungen in § 12 Ziffer 3 und 5 bleiben unberührt.”
Im August 1999 erklärte die Beklagte gegenüber der IG Metall – Verwaltungsstelle Weilheim –, sie verzichte “hinsichtlich Urlaubsgeld 1999 und Tariferhöhung 1999” zugunsten der Mitglieder der Gewerkschaft auf die Anwendung der tariflichen Ausschlussfristen und die Geltendmachung von Verjährungseinreden, soweit die Ansprüche noch nicht verfallen seien. Im Dezember 1999 teilte der zuständige Arbeitgeberverband der IG Metall – Verwaltungsstelle Weilheim – schriftlich mit, die Erklärung gelte bis “31.4.2000” weiter. Der Verzicht wurde schriftlich zuletzt bis 30. November 2000 verlängert.
Mit Schreiben vom 28. November 2000 machte die IG Metall – Verwaltungsstelle Weilheim – gegenüber der Beklagten für die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung von 543,24 DM brutto Urlaubsgeld 1999 geltend. Mit der am 23. April 2001 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am folgenden Tag zugestellten Klage verfolgt die Klägerin diesen Anspruch.
Die Klägerin hat, soweit hier interessierend, zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 543,24 DM brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld sei nach § 8 Urlaubsabkommen verfallen, weil die Klägerin die Klagefrist nicht gewahrt habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich des Urlaubsgeldes abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist mit Ausnahme eines Teils des zuerkannten Zinsanspruchs unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an die Klägerin das zusätzliche Urlaubsgeld für das Jahr 1999 zu zahlen.
Der Anspruch ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Urlaubsabkommen, der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Grund Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) anzuwenden ist.
1. Nach dieser Vorschrift erhält jeder Arbeitnehmer ein zusätzliches Urlaubsgeld, dessen Höhe sich nach dem für ihn geltenden Vergütungstarifvertrag richtet. Unter Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin (§ 5 Abs. 7 Urlaubsabkommen) ist der Anspruch der Klägerin auf das in der Höhe nicht streitige Urlaubsgeld entstanden.
2. Der Anspruch ist auch fällig geworden. Das Urlaubsgeld “wird” gezahlt, dh. ist iSv. § 271 BGB zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer den überwiegenden Teil seines Jahresurlaubs nimmt (§ 5 Abs. 6 Urlaubsabkommen). Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, wann die Klägerin diese Voraussetzung im Jahr 1999 erfüllt hat. Das ist unschädlich. Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass die Klägerin den gesamten Urlaub des Jahres 1999 erhalten hat. Die Beklagte hätte der Klägerin mithin für den maßgeblichen Urlaubsmonat neben dem Urlaubsentgelt das zusätzliche Urlaubsgeld zahlen müssen.
3. Entgegen der Revision ist der Anspruch der Klägerin nicht wegen Versäumnisses der in § 8 Urlaubsabkommen bestimmten Klagefrist erloschen. Die Vorschrift betrifft allein das zusätzliche Urlaubsgeld, das der Arbeitgeber dann zu zahlen hat, wenn das Arbeitsverhältnis endet. Im bestehenden Arbeitsverhältnis fällig gewordene Ansprüche auf das zusätzliche Urlaubsgeld unterliegen der Ausschlussfrist des § 18 MTV. Das ergibt die Auslegung der Tarifvorschriften, ohne dass es auf die Originalfassung des § 8 Urlaubsabkommen ankäme.
a) Nach § 18 MTV sind sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf des Lohnabrechnungszeitraumes, in dem sie entstanden sind, geltend zu machen. Erfasst werden alle auf Geld gerichteten Ansprüche des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber nach § 12 Abs. 1 MTV monatlich abzurechnen hat. Abzurechnen und in die dem Arbeitnehmer nach § 12 Abs. 2 MTV auszuhändigende schriftliche Lohnabrechnung aufzunehmen sind die Ansprüche des Arbeitnehmers, die entstanden und fällig geworden sind und deren Erfüllung der Arbeitgeber deshalb schuldet. Dazu gehört der Anspruch des Arbeitnehmers auf das Urlaubsgeld, wenn er – wie hier – wegen der Inanspruchnahme des überwiegenden Teils des Urlaubs nach Maßgabe von § 5 Abs. 6 Urlaubsabkommen fällig geworden ist. Er unterscheidet sich insoweit in keiner Weise von anderen Geldansprüchen des Arbeitnehmers. Nach dem Wortlaut des § 18 MTV wird er deshalb auch von dieser Ausschlussfrist erfasst. Sie gilt für “sämtliche” Ansprüche.
b) Das Urlaubsabkommen enthält keine Anhalte für die Annahme der Beklagten, § 18 MTV werde durch § 8 Urlaubsabkommen als einer Sonderregelung verdrängt.
aa) Nach § 8 Satz 1 Urlaubsabkommen sind am Ende eines Urlaubsjahres noch bestehende Urlaubsansprüche frist- und formgebunden geltend zu machen. Erkennt der Arbeitgeber den binnen der ersten zwei Kalendermonate des Folgejahres geltend gemachten Urlaubsanspruch nicht an, so hat der Arbeitnehmer binnen einer weiteren Frist von einem Monat Klage zu erheben. Für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestimmt sodann Satz 4, die “oben genannten Fristen” liefen ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Gemeint sind, wie der Regelungszusammenhang zeigt, die bis dahin nicht erfüllten Urlaubsansprüche. Hieran knüpft wiederum Satz 5 an, wenn dort bestimmt ist: “Entsprechendes gilt für Abgeltungsansprüche, sowie für Ansprüche auf das zusätzliche Urlaubsgeld”.
Die ausdrückliche Erwähnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes im Zusammenhang mit der einleitenden Formulierung “entsprechend” schließt nicht von vornherein die Auslegung der Beklagten aus, die Tarifvertragsparteien hätten damit die Geltung der zweistufigen Ausschlussfrist für alle Ansprüche auf das zusätzliche Urlaubsgeld zur Anwendung bringen wollen. Dieses Verständnis liegt aber fern. Denn das zusätzliche Urlaubsgeld wird nur im Zusammenhang mit Abgeltungsansprüchen genannt. Abzugelten ist Urlaub, der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch offen ist. Die sprachliche Verknüpfung macht deutlich, dass die Klagefrist nur für solche Ansprüche auf zusätzliches Urlaubsgeld gelten soll, die erst wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig werden.
bb) Auch die Erwägung der Beklagten, § 8 Urlaubsabkommen gelte “logischerweise” für alle Ansprüche, die im Urlaubsabkommen geregelt seien, überzeugt nicht. Denn auch der Anspruch auf das während des Urlaubs fortzuzahlende regelmäßige Entgelt ist im Urlaubsabkommen geregelt (§ 4). Gleichwohl wird der Anspruch auf das Urlaubsentgelt nach dem insoweit unmissverständlichen Wortlaut von § 8 Urlaubsabkommen nicht erfasst. Er unterliegt wie alle anderen Geldansprüche der Ausschlussfrist des § 18 MTV (zur Geltung tariflicher Ausschlussfristen für Urlaubsentgelt vgl. Senat 22. Januar 2002 – 9 AZR 601/00 – BAGE 100, 189). § 8 Urlaubsabkommen enthält mithin kein in sich stimmiges System für alle im Urlaubsabkommen geregelten Ansprüche, wie die Beklagte meint. Sie enthält eine Sonderregelung für im Urlaubsjahr nicht erfüllte Urlaubsansprüche und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses für Abgeltungsansprüche und für Ansprüche auf das zusätzlich Urlaubsgeld.
cc) Die Geltung des § 18 MTV und nicht des § 8 Urlaubsabkommen für die fällig gewordenen Geldansprüche macht auch Sinn. Das in § 8 Satz 1 Urlaubsabkommen bestimmte Hinausschieben der Geltendmachung bis zum Anfang des auf das Urlaubsjahr folgende Kalenderjahres beruht auf dem Regelungsgegenstand “Urlaubsanspruch”. Gemeint ist damit der in § 2 Urlaubsabkommen genannte Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht. Die in Tarifverträgen üblicherweise vereinbarten Ausschlussfristen, die – wie hier § 18 MTV – an Entstehen oder Fälligkeit eines Anspruchs anknüpfen, sind auf den Urlaubsanspruch regelmäßig nicht anzuwenden. Sie “passen” nicht. Der Urlaubsanspruch entsteht nach Erfüllung der Wartezeit mit Beginn des Kalenderjahres. Er erlischt mit Ablauf des Kalenderjahres, spätestens mit Ende des Übertragungszeitraums. Innerhalb dieser Zeitspanne kann der Anspruch jederzeit geltend gemacht und Urlaub in Anspruch genommen werden. Ein Verfall ist ausgeschlossen. Das gilt auch für das zusätzliche Urlaubsgeld, das nach der tariflichen Konzeption von der tatsächlichen Gewährung des Urlaubs abhängt. Ein Verfall von Urlaubsansprüchen im Urlaubsjahr oder im Übertragungszeitraum kommt erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses für einen dann abzugeltenden Urlaub in Betracht. Dass der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld in § 8 Satz 5 Urlaubsabkommen neben den Ansprüchen auf Urlaubsabgeltung genannt ist, leuchtet daher unmittelbar ein.
dd) Bestätigt wird die Auslegung des Tarifwerks durch das Ergebnis, zu dem die Auffassung der Revision führt. Der Arbeitnehmer müsste nach Erhalt von Urlaub Ansprüche auf Urlaubsentgelt innerhalb von zwei Monaten nach dem Zeitraum, in dem es abzurechnen ist, geltend machen (§ 18 MTV). Mit der Geltendmachung des Anspruchs auf das zusätzliche Urlaubsgeld könnte er dagegen bis Ende Februar des Folgejahres abwarten (§ 8 Satz 1 iVm. Satz 5 Urlaubsabkommen), müsste den Anspruch dann allerdings, wenn der Arbeitgeber seine Erfüllung ablehnt, innerhalb eines Monats klageweise verfolgen. Ein derartiges Ergebnis ist mit der Funktion von Ausschlussfristen unvereinbar. Sie dienen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (BAG 20. Februar 2001 – 9 AZR 46/00 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 139). Berechtigte Ansprüche können nicht mehr durchgesetzt werden, auch wenn sie zwischen den Parteien nicht streitig sind. Das bedingt, dass sie sorgfältig formuliert werden. Die Tarifunterworfenen müssen erkennen können, welche Ansprüche innerhalb welcher Fristen und Formen geltend zu machen sind. Dem wird die von der Beklagten vertretene Auslegung nicht gerecht. Die Tarifvertragsparteien hätten, folgte man ihr, für das im fortbestehenden Arbeitsverhältnis fällig gewordene zusätzliche Urlaubsgeld eine nur für diesen Geldanspruch geltende zweistufige Ausschlussklausel vereinbart, die weder dem Wortlaut noch der Systematik der Tarifverträge unschwer zu entnehmen ist. Die Tarifvertragsparteien hätten die Verfallklausel gleichsam “versteckt”. Das kann ihnen nicht unterstellt werden.
4. Die Ausschlussfrist des § 18 MTV steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Ihre schriftliche Zahlungsaufforderung vom 28. November 2000, die der Beklagten bis zum 30. November 2000 zugegangen ist, wahrte zwar nicht die nach § 18 Abs. 1 MTV geltende Frist von zwei Monaten nach Ablauf des Lohnabrechnungszeitraumes, in dem der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld fällig geworden ist. Auf die Einhaltung dieser Frist hat die Beklagte indessen bis 30. November 2000 verzichtet. Sie kann sich auf die fehlende frühere Geltendmachung daher nicht berufen. Ein Arbeitgeber setzt sich mit einem solchen Vorgehen in Widerspruch zu seinem eigenen früheren Verhalten, wenn er zunächst den Arbeitnehmer zur Untätigkeit veranlasst, um aus dieser Untätigkeit wegen des Verfalls des Anspruchs einen Vorteil herzuleiten (BAG 22. Januar 1997 – 10 AZR 459/96 – AP BAT § 70 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 125).
5. Unbegründet ist der Zinsantrag, soweit die Klägerin mehr als 4 vH verlangt. Auf den Anspruch der Klägerin sind § 288 und § 291 BGB aF anzuwenden. Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 gilt nach Art. 229 Abs. 1 Satz 3 EGBGB nur für Geldschulden, die seit dem 1. Mai 2000 fällig geworden sind. Für die bereits im Jahr 1999 fällig gewordene Forderung der Klägerin verbleibt es daher bei dem Zinssatz von 4 vH.
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 ZPO.
Unterschriften
Reinecke, Zwanziger, Schwarz, Heilmann
Reinecke zugleich für den urlaubsabwesenden Richter am BAG Krasshöfer.
Fundstellen
Haufe-Index 1150596 |
FA 2004, 223 |
NZA 2004, 623 |
EzA |
NJOZ 2004, 2050 |