Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungshöhe in einem von den Vertragsparteien als freies Mitarbeiterverhältnis geführten Arbeitsverhältnis. fehlerhaftes Aktenzeichen und Verwechslung der Parteirollen in einer Revisionsschrift
Orientierungssatz
- Legen die Parteien ihrer Vergütungsvereinbarung eine unrichtige rechtliche Beurteilung darüber zu Grunde, ob die Dienste abhängig oder selbständig erbracht werden, bedarf es einer (ergänzenden) Auslegung. Die Vergütung kann unabhängig von der rechtlichen Einordnung des bestehenden Vertrags gewollt oder gerade an diese geknüpft sein. Maßgebend ist der erklärte Parteiwille, wie er nach den Umständen des konkreten Falles aus der Sicht des Erklärungsempfängers zum Ausdruck kommt (§§ 133, 157 BGB).
- Bestehen (etwa im öffentlichen Dienst) unterschiedliche Vergütungsordnungen für Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter, ist regelmäßig anzunehmen, dass die Parteien die Vergütung der ihrer Auffassung nach zutreffenden Vergütungsordnung entnehmen wollten. Es fehlt dann an einer Vergütungsvereinbarung für das in Wahrheit vorliegende Rechtsverhältnis; die Vergütung richtet sich nach § 612 Abs. 2 BGB.
- Dagegen ist anzunehmen, die jeweilige Parteivereinbarung solle gem. § 611 Abs. 1 BGB maßgebend bleiben, wenn der Arbeitgeber Tagespauschalen nur der Höhe nach abhängig von der rechtlichen Behandlung als Selbständiger oder Arbeitnehmer zahlt. Finden im Betrieb keine Tarifverträge Anwendung und trifft der Arbeitgeber individuelle Vereinbarungen, spricht dies dafür, dass eine Pauschalvergütung gerade auf die konkrete Arbeitsleistung des Verpflichteten abstellt und im Hinblick auf den angenommenen Status nur (teilweise) die “Ersparnis” der Arbeitgeberanteile berücksichtigt.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 313, 611; ZPO § 549 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung für geleistete Arbeit.
Die Klägerin betreibt eine Spedition. Der Beklagte war für sie vom 17. Mai bis zum 7. Oktober 1999 an insgesamt 97 Arbeitstagen als Kraftfahrer tätig. Nach den mündlichen Vereinbarungen der Parteien sollte es sich um eine freiberufliche Tätigkeit handeln. Die Klägerin leistete an Vorschüssen und Abschlagszahlungen insgesamt 13.500,00 DM (= 6.902,44 Euro). Nach dem Ende der Vertragsbeziehung erteilte sie dem Beklagten für den genannten Zeitraum Abrechnungen auf der Grundlage eines monatlichen Bruttolohns von 3.800,00 DM. Sie addierte einen Bruttolohn von insgesamt 18.506,74 DM, führte Lohnsteuer gemäß Steuerklasse VI sowie Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von zusammen 10.742,22 DM (= 5.492,67 Euro) ab und errechnete einen Nettoverdienst des Beklagten in Höhe von 7.764,52 DM. Die Parteien gehen nunmehr übereinstimmend von einem Arbeitsverhältnis aus.
Die Klägerin fordert mit ihrer Klage die Rückzahlung der Differenz zwischen den geleisteten Vorschüssen/Abschlägen und dem errechneten Nettoverdienst. Sie hat behauptet, vor Aufnahme der Tätigkeit des Beklagten sei eine Vergütung von pauschal 300,00 DM arbeitstäglich vereinbart worden. Der Beklagte habe versprochen, eine Freistellungsbescheinigung des Finanzamts und eine Gewerbeanmeldung vorzulegen. Das sei Voraussetzung für eine freiberufliche Tätigkeit gewesen. Da der Beklagte weder seine Unternehmereigenschaft noch das Bestehen eines Gewerbebetriebs habe nachweisen können, habe sie, die Klägerin, schließlich von einem Arbeitsverhältnis ausgehen müssen. Bei einem Arbeitsverhältnis müssten andere Vergütungsbedingungen als bei freier Mitarbeit gelten; geschuldet werde hier nur der betriebsübliche Lohn. Dieser betrage bei ihr für einen Kraftfahrer 3.800,00 DM monatlich. Dem Beklagten stehe danach auch weder eine Vergütung für Mehrarbeit noch ein Spesenanspruch oder eine weitere Lohnabrechnung zu.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zur Zahlung von 5.735,48 DM (= 2.932,50 Euro) nebst 8,62 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu verurteilen und die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte hat – soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse – beantragt, die Klage abzuweisen und die Klägerin zu verurteilen,
an ihn 20.484,91 Euro brutto abzüglich gezahlter 6.902,44 Euro netto und abzüglich weiterer 5.492,67 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Oktober 1999 aus dem sich ergebenden Betrag zu zahlen,
Lohnabrechnungen für den Zeitraum vom 17. Mai 1999 bis zum 7. Oktober 1999 zu erteilen,
hilfsweise für den Fall, dass das Gericht zu einer Entlohnung von weniger als 300,00 DM je Arbeitstag kommen sollte, Spesen in Höhe von 2.256,84 Euro abzugsfrei nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Oktober 1999 zu zahlen.
Der Beklagte hat behauptet, die Parteien hätten eine Stundenvergütung von 30,00 DM, mindestens aber eine Vergütung von 300,00 DM je Arbeitstag vereinbart. Er habe insgesamt 1.335,5 Stunden gearbeitet, was einen Vergütungsanspruch von 40.065,00 DM (= 20.484,91 Euro) ergebe. Jedenfalls müssten die Mehrarbeitsstunden neben dem Pauschalbetrag von 300,00 DM täglich berücksichtigt werden. Falls eine Vergütung von weniger als 300,00 DM/Tag zugrunde gelegt werde, bestehe ein Anspruch auf übliche Spesen in Höhe von 46,00 DM arbeitstäglich. Der Inhaber der Klägerin habe gewusst, dass er, der Beklagte, selbständiger Unternehmer gewesen sei, und hierzu keine weiteren Nachweise verlangt. Die Klägerin treffe mit ihren Fahrern je nach Qualifikation individuelle und ganz unterschiedliche Vergütungsvereinbarungen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Widerklage hat es die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 14.878,59 Euro brutto abzüglich a) 5.492,67 Euro (“netto”) und b) 6.902,44 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Oktober 1999 zu zahlen und dem Beklagten eine Lohnabrechnung für 97 Arbeitstage je 153,39 Euro, insgesamt 14.878,50 Euro brutto, zu erteilen. Im Übrigen hat es die Widerklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der allein von der Klägerin eingelegten Revision verfolgt diese ihren Klageantrag weiter und begehrt nach wie vor vollständige Abweisung der Widerklage.
In der Revisionsschrift der Klägerin werden zwar die Parteirollen “Klägerin und Revisionsklägerin” sowie “Beklagter und Revisionsbeklagter” korrekt bezeichnet; es heißt dann aber unrichtig: “Namens und Vollmacht der Beklagten” (statt: der Klägerin) “legen wir … Revision ein.” Außerdem lautet das Aktenzeichen des maßgeblichen Urteils des Landesarbeitsgerichts Köln 11 Sa 638/03, nicht wie in der Revisionsschrift genannt 1 Sa 638/03. Im Übrigen ist dieses Urteil mit Verkündungsdatum und Zustellungsdatum richtig bezeichnet. Eine Urteilsabschrift ist erst nach Ablauf der Revisionsfrist beim Bundesarbeitsgericht eingereicht worden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig, aber mit Ausnahme eines Teils der Zinsen nicht begründet.
A. Die Revision ist zulässig. Die Revisionsschrift genügt noch den Anforderungen des § 549 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
I. Die fehlerhafte Angabe des Aktenzeichens macht die Revision nicht unzulässig.
1. Nach § 549 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO muss die Revisionsschrift die Bezeichnung des Urteils enthalten, gegen das die Revision gerichtet wird. Das Gesetz bestimmt nicht, auf welche Weise das angefochtene Urteil bezeichnet werden muss. Da die Revisionsschrift als bestimmender Schriftsatz form- und fristgebunden einen neuen Verfahrensabschnitt einleitet und die Einlegung der Revision den Eintritt der Rechtskraft des angefochtenen Urteils aufschiebt, dürfen im Interesse der Rechtsklarheit an die Urteilsbezeichnung keine zu geringen Anforderungen gestellt werden. Der Prozessgegner und – innerhalb der Revisionsfrist – das Revisionsgericht müssen in der Lage sein, sich Gewissheit über die Identität des angefochtenen Urteils zu verschaffen. Es ist daher anerkannt, dass eine vollständige Bezeichnung die Angabe der Parteien, des Gerichts, das das angefochtene Urteil erlassen hat, des Verkündungsdatums und des Aktenzeichens erfordert. Nicht jede Ungenauigkeit, die eine Revisionsschrift bei einzelnen Angaben enthält, führt freilich zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Fehlerhafte oder unvollständige Angaben schaden nicht, wenn auf Grund der sonstigen erkennbaren Umstände für Gericht und Prozessgegner nicht zweifelhaft bleibt, welches Urteil angefochten wird. Ob ein solcher Fall gegeben ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BAG 27. August 1996 – 8 AZB 14/96 – NZA 1997, 456; BGH 11. Januar 2001 – III ZR 113/00 – NJW 2001, 1070, 1071; 24. April 2003 – III ZB 94/02 – NJW 2003, 1950, jeweils mwN).
2. Für den Beklagten konnte auf Grund der vom Aktenzeichen abgesehen zutreffenden Bezeichnung des Urteils im Ergebnis nicht zweifelhaft sein, dass dieses Urteil angefochten werden sollte. Ein anderer Rechtsstreit kam nicht in Betracht. Für das Revisionsgericht war die Identität des angefochtenen Urteils ebenfalls nicht fraglich. Zwar war die Fehlerhaftigkeit des Aktenzeichens innerhalb der Revisionsfrist nicht ohne weiteres erkennbar; ein solches Aktenzeichen wäre möglich gewesen. Doch konnte das zutreffende Aktenstück bereits auf Grund der Angaben in der Revisionsschrift praktisch ohne Verwechslungsgefahr beim Landesarbeitsgericht Köln angefordert werden, weil der Fehler des Aktenzeichens dort sofort auffallen musste und das Landesarbeitsgericht das richtige Urteil wegen dessen im Übrigen korrekter Bezeichnung eindeutig bestimmen konnte. Die Angaben des Verkündungsdatums und der Parteien wiesen auf das Urteil der Elften Kammer hin. Offenbar gab es “Sa 638/03” innerhalb des gesamten Landesarbeitsgerichts nur einmal. Hiervon abgesehen hat die Geschäftsstelle die Akten unter dem richtigen Aktenzeichen angefordert. Zu diesem Zeitpunkt lag bereits die von der Revisionsklägerin mit dem Original der Revisionsschrift eingereichte Urteilsabschrift vor (vgl. BGH 25. Februar 1993 – VII ZB 22/92 – NJW 1993, 1719, 1720).
II. Die Verwechslung der Parteirollen führt ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit der Revision.
1. Nach § 549 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Revisionsschrift die Erklärung enthalten, dass gegen das Urteil Revision eingelegt werde. Dabei gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsschrift auch die Angabe, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Aus Gründen der Rechtssicherheit und im Interesse eines geordneten Verfahrensablaufs müssen die Parteien des Rechtsmittelverfahrens und insbesondere die Person des Rechtsmittelführers bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennbar sein. Allerdings dürfen an die Bezeichnung der Partei nicht rein formalistische Anforderungen gestellt werden, die zur Erreichung der genannten Zwecke nicht erforderlich sind. Die notwendige Klarheit über die Person des Rechtsmittelführers kann im Wege der Auslegung der Revisionsschrift und der sonst etwa vorliegenden Unterlagen gewonnen werden. Die Angaben hierzu müssen dem Revisionsgericht bis zum Ablauf der Revisionsfrist vorliegen (vgl. BAG 23. August 2001 – 7 ABR 15/01 – EzA ZPO § 518 Nr. 44, zu B I 1 der Gründe; BGH 13. Oktober 1998 – VI ZR 81/98 – NJW 1999, 291, 292; 15. Dezember 1998 – VI ZR 316/97 – NJW 1999, 1554, jeweils mwN).
2. Im Streitfall bestehen im Ergebnis keine vernünftigen Zweifel, dass die Revision für die Klägerin, nicht für den Beklagten eingelegt wurde. Die Revisionsschrift enthält zunächst ein vollständiges Rubrum mit Firma und Anschrift der Klägerin und deren ausdrücklicher Bezeichnung als “Klägerin und Revisionsklägerin”. Der Beklagte wird als Revisionsbeklagter bezeichnet. Dass die Parteirollen hier (und nicht weiter unten im Zusammenhang mit den Worten “legen wir Revision ein”) vertauscht worden sein könnten, erscheint praktisch ausgeschlossen; denn die einlegenden Rechtsanwälte vertreten nach den Angaben im Rubrum der Revisionsschrift gerade die Klägerin/Revisionsklägerin, nicht den Beklagten. Auch wird die Klägerin/Revisionsklägerin zuerst genannt; sie streitet “gegen” den Beklagten/Revisionsbeklagten. Schließlich wäre eine Revisionseinlegung allenfalls namens “des” (nicht: der) Beklagten in Betracht gekommen. Das spricht dafür, dass “die Firma” gemeint war. Bei der Revisionseinlegung namens “der Beklagten” (statt: der Klägerin) handelt es sich demnach um eine offensichtliche Unrichtigkeit.
III. Danach kommt es nicht darauf an, dass im angefochtenen Urteil unrichtig dahin belehrt wird, die Revision müsse beim Bundesarbeitsgericht, “Graf-Bernadotte-Platz 3, 34119 Kassel-Wilhelmshöhe” eingelegt werden (vgl. § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG).
B. Die Revision ist im Wesentlichen unbegründet. Der Klägerin steht kein Rückzahlungsanspruch zu. Vielmehr kann der Beklagte die vereinbarte Vergütung von 300,00 DM (= 153,39 Euro) für 97 Arbeitstage nebst einer entsprechenden Abrechnung verlangen. Der Zahlungsanspruch ist durch Erfüllung auf Grund der Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen (5.492,67 Euro) sowie Auszahlung an den Kläger (6.902,44 Euro) teilweise erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). Zinsen werden nur in Höhe von 4 % geschuldet, da die Forderung vor dem 1. Mai 2000 fällig geworden ist.
I. Der Vergütungsanspruch des Beklagten beruht auf § 611 Abs. 1 BGB.
1. Die Vorinstanzen sind zu Recht von der Vereinbarung einer Tagespauschale in Höhe von 300,00 DM ausgegangen. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, es sei eine Vergütung von 300,00 DM arbeitstäglich vereinbart worden. Auf die weitergehende Behauptung einer Mindestvergütung durch den Beklagten kommt es nicht an, weil der Beklagte kein Rechtsmittel eingelegt hat.
2. Die Klägerin hat geltend gemacht, die Vergütungsvereinbarung habe nur für das von den Parteien gewollte selbständige Dienstverhältnis Bedeutung besessen. Bei einem Arbeitsverhältnis werde nur ein betriebsüblicher Monatslohn von 3.800,00 DM brutto geschuldet. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
a) Legen die Parteien ihrer Vergütungsvereinbarung eine unrichtige rechtliche Beurteilung darüber zugrunde, ob die Dienste abhängig oder selbständig erbracht werden, bedarf es einer (ergänzenden) Auslegung. Die Vergütung kann unabhängig von der rechtlichen Einordnung des bestehenden Vertrags gewollt oder gerade an diese geknüpft sein. Maßgebend ist der erklärte Parteiwille, wie er nach den Umständen des konkreten Falls aus der Sicht des Erklärungsempfängers zum Ausdruck kommt (§§ 133, 157 BGB). Für die Beurteilung, was die Parteien redlicherweise vereinbart hätten (vgl. BAG 13. November 2002 – 4 AZR 393/01 – BAGE 103, 364, 371), ist ebenso wie für die Feststellung des gewöhnlich nicht ausdrücklich geäußerten Willens die spezifische Fallgestaltung entscheidend. Bestehen, etwa im öffentlichen Dienst, unterschiedliche Vergütungsordnungen für Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter, ist regelmäßig anzunehmen, dass die Parteien die Vergütung der ihrer Auffassung nach zutreffenden Vergütungsordnung entnehmen wollten. Es fehlt dann an einer Vergütungsvereinbarung für das in Wahrheit vorliegende Rechtsverhältnis; die Vergütung richtet sich nach § 612 Abs. 2 BGB. Dagegen ist anzunehmen, die jeweilige Parteivereinbarung solle gem. § 611 Abs. 1 BGB maßgebend bleiben, wenn der Arbeitgeber Tagespauschalen nur der Höhe nach abhängig von der rechtlichen Behandlung als Selbständiger oder Arbeitnehmer zahlt (vgl. BAG 21. November 2001 – 5 AZR 87/00 – BAGE 100, 1, 6 ff.; 12. Dezember 2001 – 5 AZR 257/00 – AP BGB § 612 Nr. 65 = EzA BGB § 612 Nr. 24, zu I 3 der Gründe; 29. Mai 2002 – 5 AZR 680/00 – BAGE 101, 247, 250). Finden im Betrieb keine Tarifverträge Anwendung und trifft der Arbeitgeber individuelle Vereinbarungen, spricht dies dafür, dass eine Pauschalvergütung gerade auf die konkrete Arbeitsleistung des Verpflichteten abstellt und im Hinblick auf den angenommenen Status nur (teilweise) die “Ersparnis” der Arbeitgeberanteile berücksichtigt.
b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, die Klägerin habe weder bewiesen noch unter Beweis gestellt, dass die Vergütungsvereinbarung der Parteien an den Status des Beklagten gebunden gewesen sei. An diese Feststellung ist der Senat gebunden (§ 559 ZPO). Die Klägerin hat hiergegen weder einen Tatbestandsberichtigungsantrag noch eine Verfahrensrüge erhoben. Ihr Hinweis, das Landesarbeitsgericht habe die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Vorliegen unterschiedlicher Vergütungsordnungen nicht zutreffend angewandt, übersieht, dass das Landesarbeitsgericht das Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung überhaupt verneint hat.
c) Die Rüge der Revision kann dahin verstanden werden, das Landesarbeitsgericht habe eine ergänzende Vertragsauslegung fehlerhaft ganz unterlassen. In der Tat hat sich das Landesarbeitsgericht mit der bloßen Feststellung begnügt, es liege keine entsprechende Vereinbarung vor, und die Fallumstände nicht gewürdigt. Im Ergebnis bleibt auch diese Rüge ohne Erfolg. Der Vortrag der Klägerin ist unschlüssig. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin nur vorgetragen, die Gehälter für Kraftfahrer lägen bei ihr weit unter einem Tagessatz von 300,00 DM; man dürfe nicht den Willen der Parteien unterstellen, in dem nunmehr als Arbeitsverhältnis anzusehenden Vertragsverhältnis hätten die gleichen Konditionen gelten sollen. Betriebsüblich sei ein Lohn von 3.800,00 DM monatlich. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die getroffene Vergütungsabrede zu Fall zu bringen. Die Klägerin behauptet weder unterschiedliche Vergütungsordnungen für Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter noch, dass die Vergütung wegen des Irrtums einer “falschen” Ordnung entnommen worden sei. Nach den vorgelegten Lohnabrechnungen anderer Kraftfahrer hat die Klägerin ganz unterschiedliche Löhne abgerechnet. Offensichtlich ist die Vergütungsregelung der Parteien allein im Hinblick auf die konkreten Umstände der Tätigkeit (vorgesehene Tageseinsätze, besondere Arbeitszeiten) unter Berücksichtigung der rechtlichen Behandlung der Vergütung (Pauschalzahlung) erfolgt.
3. Die Vergütungsvereinbarung ist nicht wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage (jetzt § 313 BGB: Störung der Geschäftsgrundlage) anzupassen.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats konnte ein Wegfall der Geschäftsgrundlage bei einem beiderseitigen Irrtum in der Beurteilung der Rechtslage bei Abschluss des Vertrags vorliegen, wenn ohne diesen beiderseitigen Irrtum der Vertrag nicht wie geschehen geschlossen worden wäre. Eine Vertragspartei, die nach Aufklärung des Irrtums den Vorteil behalten will, der ihr im Widerspruch zu der wirklichen Rechtslage zufließen würde, handelt regelmäßig gegen Treu und Glauben. Nehmen die Parteien zunächst an, zwischen ihnen bestehe ein freier Dienstvertrag, obwohl es sich in Wirklichkeit um ein Arbeitsverhältnis handelt, so führt ein solcher Irrtum nur dann zur Abänderung des Vertrags, wenn das Festhalten an ihm für den Schuldner ein unzumutbares Opfer darstellt. Ein solches unzumutbares Opfer kann allerdings nicht allein darin gesehen werden, dass der Arbeitgeber auf der Grundlage der vereinbarten Vergütung Beiträge zur Sozialversicherung entrichten muss. Dies ist gesetzliche Rechtsfolge einer Vergütungsvereinbarung, die allein nicht die Unzumutbarkeit begründen kann (Senat 9. Juli 1986 – 5 AZR 44/85 – BAGE 52, 273, 276 f.; 12. Dezember 2001 – 5 AZR 257/00 – AP BGB § 612 Nr. 65 = EzA BGB § 612 Nr. 24, zu I 3b der Gründe).
b) Die Vertragserfüllung auf der vereinbarten Grundlage in Höhe von 300,00 DM brutto arbeitstäglich ist nicht unzumutbar. Die Klägerin hat nicht dargelegt, die Unterschiede in der Vergütung zu den sonstigen Kraftfahrern seien, bezogen auf die geleistete Arbeit, gravierend gewesen. Sie hätte die rechtliche Einordnung als Arbeitsverhältnis erkennen können, die keineswegs von der Vorlage irgendwelcher Bescheinigungen abhing. Auch hat sie die Arbeitsleistung wie vereinbart mit den damit für sie offenbar verbundenen Vorteilen entgegengenommen. Die Bedeutung des Status des Beklagten erschöpfte sich auf beiden Seiten in finanziellen Erwägungen.
4. Der Beklagte kann Zinsen gem. § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB aF in Verb. mit § 614 BGB verlangen. Der ausgeurteilte Zinsbeginn am 23. Oktober 1999 ist nicht rechtsfehlerhaft. Die Vergütung wurde gemäß § 614 BGB unmittelbar nach jedem Arbeitstag fällig. Die Zinshöhe richtet sich nach § 288 BGB in der im Jahre 1999 geltenden Fassung und beträgt 4 %. Der Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gilt nach Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB für alle Geldforderungen, die seit dem 1. Mai 2000 fällig geworden sind. Für die am 1. Mai 2000 bereits fälligen Forderungen bleibt es bei 4 % (Palandt/Heinrichs BGB 63. Aufl. § 288 Rn. 1).
II. Der Anspruch auf die Lohnabrechnung ergibt sich entweder aus den §§ 133h, 134 Abs. 2 GewO idF vom 22. Februar 1999 oder als Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag (vgl. Schaub ArbR-Hdb. 10. Aufl. § 72 Rn. 1). Die Revision hat die Verurteilung zur Lohnabrechnung nicht gesondert angegriffen. Sie kann nur dahin verstanden werden, dass sie sich gegen die Lohnzahlung überhaupt wendet und nur insoweit auch die Verurteilung zur Abrechnung angreift (“wenn kein Lohnanspruch, dann keine Abrechnungspflicht”). Dagegen wird der Abrechnungsanspruch im Umfang der Zahlungspflicht nicht in Abrede gestellt.
III. Nach den Ausführungen zu I und II steht zugleich fest, dass die Klägerin keine Überzahlung geleistet hat und nichts zurückfordern kann.
C. Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Zorn, Wolf
Fundstellen
Haufe-Index 1332611 |
FA 2005, 248 |
NZA 2005, 1432 |
ZTR 2005, 434 |
AP, 0 |
EzA-SD 2005, 10 |
EzA |
PersV 2006, 75 |
AA 2005, 103 |
ArbRB 2005, 264 |
NJOZ 2005, 5098 |