Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Anpassung der Betriebsrente. wirtschaftliche Lage der Versorgungsschuldnerin. Rentnergesellschaft. unzureichende Ausstattung. Schadensersatzanspruch gegen die Rentnergesellschaft
Orientierungssatz
1. Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers rechtfertigt die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG, wenn das Unternehmen nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügt. Das vorhandene Eigenkapital spiegelt die dem Unternehmen zuzuordnende Vermögenssubstanz wider und zeigt, inwieweit das Unternehmen Wertzuwächse oder Wertverluste zu verzeichnen hat. Daher ist es dem Arbeitgeber zuzubilligen, dass er nach Eigenkapitalverlusten oder einer Eigenkapitalauszehrung möglichst rasch für eine ausreichende Kapitalausstattung sorgt und verlorene Vermögenssubstanz wieder aufbaut. Solange das vorhandene Eigenkapital des Unternehmens die Summe aus gezeichnetem Kapital (§ 272 Abs. 1 Satz 1 HGB) und zusätzlich gebildeten Kapitalrücklagen (vgl. § 272 Abs. 2 HGB) noch nicht erreicht hat, besteht keine Verpflichtung zur Anpassung von Versorgungsleistungen.
2. Bei der Übertragung von Versorgungsverbindlichkeiten auf eine Rentnergesellschaft im Wege der umwandlungsrechtlichen Abspaltung nach § 123 Abs. 2 UmwG steht den Versorgungsberechtigten kein Schadensersatzanspruch gegen die Rentnergesellschaft zu, wenn diese vom bisherigen Versorgungsschuldner für die Erfüllung der laufenden Betriebsrentenansprüche und die Anpassungen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG nicht ausreichend ausgestattet wurde. Der bisherige Versorgungsschuldner bestimmt den Umfang der zu übertragenden Vermögensteile und damit auch des Kapitals, mit dem die Rentnergesellschaft ausgestattet wird. Deshalb ist die Rentnergesellschaft hinsichtlich ihrer Ausstattung nicht Handelnde, sondern lediglich Handlungsobjekt. Damit fehlt es an einem schadensverursachenden Verhalten der Rentnergesellschaft.
Normenkette
BetrAVG § 16 Abs. 1-2; UmwG § 3 Abs. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 123 Abs. 2 Nr. 2, § 125 S. 1, § 191 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3, § 202 Abs. 1 Nr. 1; HGB § 267 Abs. 1, § 272 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; BGB § 280 Abs. 1, § 826
Verfahrensgang
LAG Nürnberg (Urteil vom 20.03.2014; Aktenzeichen 7 Sa 369/13) |
ArbG Würzburg (Urteil vom 16.05.2013; Aktenzeichen 5 Ca 1264/12) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 20. März 2014 – 7 Sa 369/13 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anpassung der Betriebsrenten des Klägers zum 1. Juli 2012.
Der Kläger war bis Dezember 1994 bei der B GmbH & Co. KG (im Folgenden B KG) beschäftigt. Diese hatte ihm Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt. Der Kläger erhält seit dem 1. Januar 1997 zwei Betriebsrenten. Deren Höhe belief sich zunächst auf insgesamt 3.044,86 DM.
Im Januar 2001 schied die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der B KG, die B L GmbH, aus der Gesellschaft aus. Dadurch wurde die B KG aufgelöst und die Firma erlosch. Gesamtrechtsnachfolgerin war – als zuletzt einzige Kommanditistin der B KG – die B G AG. Diese wurde durch formwechselnde Umwandlung im Jahr 2002 in die B V GmbH umgewandelt.
Im Juni 2005 wurden im Wege der Abspaltung gemäß Spaltungsplan vom 28. Juni 2005 Teile des Vermögens – Teilbetrieb: „Pensionen” – der B V GmbH abgespalten und auf die neu gegründete Beklagte übertragen. Die Abspaltung wurde am 5. August 2005 in das Handelsregister eingetragen. Durch die Abspaltung wurden der Beklagten die Pensionsverpflichtungen der B V GmbH sowie ua. Ansprüche aus Rückdeckungsversicherungen und das für die Erfüllung der Versorgungsverbindlichkeiten gebildete Barvermögen übertragen. Die Beklagte, die eine kleine Kapitalgesellschaft iSd. § 267 Abs. 1 HGB ist, unterhält kein eigenes operatives Geschäft. Sie finanziert sich im Wesentlichen aus den Zinserträgen ihres Vermögens.
Ausweislich der von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft R GmbH erstellten Jahresabschlüsse wies die Beklagte im Geschäftsjahr 2009 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 2.608.577,01 Euro aus. Dieser erhöhte sich im Geschäftsjahr 2010 auf 3.179.221,20 Euro und im Geschäftsjahr 2011 auf 3.402.556,38 Euro.
Die Beklagte nimmt – ebenso wie zuvor ihre Rechtsvorgängerinnen – die Anpassungsprüfungen gebündelt zum 1. Juli eines Jahres vor. Die Betriebsrenten des Klägers wurden zum 1. Juli 2000, 1. Juli 2003, 1. Juli 2006 und zum 1. Juli 2009 angepasst. Die beiden Betriebsrenten des Klägers belaufen sich seitdem auf insgesamt 1.721,87 Euro.
Mit seiner Klage hat der Kläger eine Erhöhung seiner Betriebsrenten zum 1. Juli 2012 um insgesamt 3,8 % verlangt. Er hat die Ansicht vertreten, die wirtschaftliche Lage der Beklagten stehe einer Anpassung seiner Betriebsrenten nicht entgegen. Die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, dass ihre Entscheidung, die Betriebsrenten zum 1. Juli 2012 nicht anzupassen, billigem Ermessen entspreche. Jedenfalls müssten für Rentnergesellschaften im Rahmen der Anpassungsprüfungsentscheidung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG andere Grundsätze als für werbende Unternehmen gelten. Die Beklagte verfüge über ausreichendes Vermögen, welches sie für die Anpassung der Betriebsrenten einsetzen könne. Bei ordnungsgemäßer Verwaltung ihres Vermögens hätte die Beklagte höhere Renditen erzielen können.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn Betriebsrente für den Zeitraum 1. Juli 2012 bis 30. September 2012 iHv. 196,29 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 65,43 Euro ab dem 1. Juli 2012, aus weiteren 65,43 Euro ab dem 1. August 2012 und aus weiteren 65,43 Euro ab dem 1. September 2012 zu zahlen, sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn ab dem 1. Oktober 2012 die betriebliche Rente iHv. monatlich 1.787,30 Euro jeweils am Monatsersten zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unbegründet.
I. Die Beklagte ist nicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG verpflichtet, die Betriebsrenten des Klägers zum 1. Juli 2012 an den Kaufkraftverlust anzupassen; es liegt eine Eigenkapitalauszehrung vor.
1. Die Beklagte war nach § 16 Abs. 1 BetrAVG verpflichtet, zum Anpassungsstichtag 1. Januar 2012 zu prüfen und nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, ob eine Anpassung der Betriebsrenten des Klägers an den Kaufkraftverlust zu erfolgen hatte.
a) Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden.
b) Die Beklagte ist Arbeitgeber iSd. § 16 Abs. 1 BetrAVG.
aa) Arbeitgeber im Sinne dieser Bestimmung ist dasjenige Unternehmen, das ursprünglich als Arbeitgeber die entsprechende Versorgungszusage erteilt oder im Wege der Rechtsnachfolge die sich daraus ergebenden Verpflichtungen übernommen hat (BAG 10. März 2015 – 3 AZR 739/13 – Rn. 21).
bb) Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der B KG, die dem Kläger die Versorgungszusage erteilt hat. Mit dem Ausscheiden der einzigen persönlich haftenden Gesellschafterin – der B L GmbH – aus der B KG ist diese ohne Liquidation erloschen; die Versorgungsverbindlichkeiten gegenüber dem Kläger sind im
Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die einzige beschränkt haftende Gesellschafterin der KG – die B G AG – übergegangen (vgl. zur Gesamtrechtsnachfolge des Kommanditisten bei Ausscheiden des Komplementärs aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft bei vereinbarter Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch den Kommanditisten: BGH 14. Februar 2005 – II ZR 361/02 – zu III der Gründe; 15. März 2004 – II ZR 247/01 – zu I der Gründe; 16. Dezember 1999 – VII ZR 53/97 – zu II 1 b der Gründe mwN; 25. März 1999 – I ZR 77/97 – zu II 1 der Gründe mwN; 10. Mai 1978 – VIII ZR 32/77 – zu II 2 a aa der Gründe mwN, BGHZ 71, 296). Durch die formwechselnde Umwandlung der B G AG in die B V GmbH wurde diese Versorgungsschuldnerin (vgl. § 202 Abs. 1 Nr. 1, § 191 Abs. 1 Nr. 2 iVm. § 3 Abs. 1 Nr. 2, § 191 Abs. 2 Nr. 3 UmwG). Nach der Abspaltung des Vermögensteils „Pensionen” und dessen Übertragung auf die Beklagte gingen die damit verbundenen Verbindlichkeiten auf diese über (§ 123 Abs. 2 Nr. 2, § 125 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG).
c) Die Anpassungsprüfung hatte zum 1. Januar 2012 stattzufinden.
aa) Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Versorgungsschuldner in zeitlichen Abständen von jeweils drei Jahren nach dem individuellen Leistungsbeginn die Anpassungsprüfung vorzunehmen. Ausgehend vom Rentenbeginn des Klägers am 1. Januar 1997 hätte die Anpassungsprüfung erstmals zum 1. Januar 2000 und – unter nachfolgender Beibehaltung des Drei-Jahres-Rhythmus – zum 1. Januar 2012 erfolgen müssen.
bb) Allerdings hat die Beklagte ersichtlich alle bei ihr anfallenden Prüfungstermine zum 1. Juli eines jeden Kalenderjahres gebündelt. Damit ergab sich für den Kläger der 1. Juli 2012 als rechtlich maßgeblicher Prüfungstermin.
(1) Der gesetzlich vorgegebene Drei-Jahres-Rhythmus zwingt nicht zu starren, individuellen Prüfungsterminen. Die Bündelung aller in einem Unternehmen anfallenden Prüfungstermine zu einem einheitlichen Jahrestermin ist zulässig, wenn sich durch den gemeinsamen Anpassungsstichtag die erste Anpassungsprüfung um nicht mehr als sechs Monate verzögert und in der Folgezeit der Drei-Jahres-Rhythmus allerdings eingehalten wurde (st. Rspr., vgl. ausführlich BAG 11. November 2014 – 3 AZR 117/13 – Rn. 11 mwN).
(2) Der Kläger bezieht seit dem 1. Januar 1997 Betriebsrente. Seine erste Anpassungsprüfung am 1. Juli 2000 hat sich um nicht mehr als sechs Monate verzögert. Daher leitet sich hieraus der weitere Anpassungsstichtag 1. Juli 2012 ab.
2. Wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat, steht die wirtschaftliche Lage der Beklagten einer Anpassung der Betriebsrenten des Klägers an den Kaufkraftverlust zum 1. Juli 2012 entgegen.
a) Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers ist eine zukunftsbezogene Größe. Sie umschreibt die künftige Belastbarkeit des Arbeitgebers und setzt eine Prognose voraus. Beurteilungsgrundlage für die insoweit zum Anpassungsstichtag zu erstellende Prognose ist grundsätzlich die bisherige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens vor dem Anpassungsstichtag, soweit daraus Schlüsse für dessen weitere Entwicklung gezogen werden können. Für eine zuverlässige Prognose muss die bisherige Entwicklung über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel mindestens drei Jahren ausgewertet werden. Allerdings kann sich auch die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag auf die Überprüfung der Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers auswirken. Die wirtschaftlichen Daten nach dem Anpassungsstichtag bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz können die frühere Prognose bestätigen oder entkräften, soweit sie zum Anpassungsstichtag bereits vorhersehbar waren (BAG 10. März 2015 – 3 AZR 739/13 – Rn. 17 mwN).
b) Die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens wird durch dessen Ertragskraft im Ganzen geprägt. Der Versorgungsschuldner ist nicht schon dann zur Anpassung der Betriebsrenten verpflichtet, wenn einzelne Einkünfte den Umfang der Anpassungslast übersteigen; andererseits darf er eine Anpassung der Betriebsrenten nicht schon mit der Begründung ablehnen, dass einzelne Bereiche defizitär arbeiten. Zudem kommt es im Rahmen der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners an und nicht auf eine fiktive Lage, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären (vgl. etwa BAG 10. Februar 2015 – 3 AZR 734/13 – Rn. 30 mwN).
c) Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers rechtfertigt die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung insoweit, als das Unternehmen dadurch übermäßig belastet und seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet würde. Dies ist nicht nur der Fall, wenn keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet wird, sondern auch, wenn das Unternehmen nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügt. Das vorhandene Eigenkapital spiegelt die dem Unternehmen zuzuordnende Vermögenssubstanz wider und zeigt, inwieweit das Unternehmen Wertzuwächse oder Wertverluste zu verzeichnen hat. Dem Arbeitgeber ist deshalb zuzubilligen, dass er nach Eigenkapitalverlusten oder einer Eigenkapitalauszehrung möglichst rasch für eine ausreichende Kapitalausstattung sorgt und verlorene Vermögenssubstanz wieder aufbaut (vgl. BAG 21. Oktober 2014 – 3 AZR 1027/12 – Rn. 24 mwN; 10. Februar 2009 – 3 AZR 727/07 – Rn. 13, BAGE 129, 292). Bis dahin besteht keine Verpflichtung zur Anpassung von Versorgungsleistungen. Von einer Gesundung des Unternehmens kann nicht ausgegangen werden, solange das vorhandene Eigenkapital des Unternehmens die Summe aus gezeichnetem Kapital (§ 272 Abs. 1 Satz 1 HGB) und zusätzlich gebildeten Kapitalrücklagen (vgl. § 272 Abs. 2 HGB) noch nicht erreicht hat. Vom Versorgungsschuldner kann nicht verlangt werden, dass er zur Finanzierung einer Betriebsrentenanpassung in die Vermögenssubstanz des Unternehmens eingreift. Die Kapitalrücklagen müssen daher nicht für Betriebsrentenanpassungen verwandt werden (vgl. BAG 21. Oktober 2014 – 3 AZR 1027/12 – Rn. 31 mwN).
d) Entgegen der Rechtsansicht des Klägers gelten diese für werbende Unternehmen entwickelten Grundsätze auch für sog. Rentner- und Abwicklungsgesellschaften. Auch diese haben eine Anpassung der Betriebsrenten nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG zu prüfen. Dabei sind auch Rentner- und Abwicklungsgesellschaften nicht verpflichtet, die Kosten für die Betriebsrentenanpassung aus ihrer Vermögenssubstanz aufzubringen (vgl. BAG 17. Juni 2014 – 3 AZR 298/13 – Rn. 42 f. mwN).
e) Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass seine Anpassungsentscheidung billigem Ermessen entspricht und sich in den Grenzen des § 16 BetrAVG hält.
aa) Die Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich auf alle die Anpassungsentscheidung beeinflussenden Umstände. Hinsichtlich des Anpassungskriteriums „wirtschaftliche Lage” folgt dies auch daraus, dass Sachvortrag und Beweis in der Regel von der Partei zu verlangen sind, die über die maßgeblichen Umstände Auskunft geben kann und über die entsprechenden Beweismittel verfügt. Dieser Grundsatz gilt vor allem dann, wenn es auf die besonderen Interessen einer Partei und deren Vermögensverhältnisse ankommt (vgl. BAG 11. November 2014 – 3 AZR 116/13 – Rn. 46 mwN).
bb) Die handelsrechtlichen Jahresabschlüsse bieten den geeigneten Einstieg für die Feststellung sowohl des vorhandenen Eigenkapitals als auch der erzielten Betriebsergebnisse. Allerdings sind betriebswirtschaftlich gebotene Korrekturen vorzunehmen, wenn der Sachvortrag der Parteien hierfür ausreichende Anhaltspunkte enthält. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Jahresabschlüsse handelsrechtlich ordnungsgemäß erstellt wurden. Sofern der Versorgungsberechtigte die Fehlerhaftigkeit testierter Jahresabschlüsse geltend machen will, hat er die nach seiner Ansicht unterlaufenen Fehler näher zu bezeichnen. Hat er die ordnungsgemäße Erstellung der Jahresabschlüsse substantiiert bestritten, hat der Arbeitgeber vorzutragen und unter Beweis zu stellen, weshalb die Jahresabschlüsse insoweit nicht zu beanstanden sind (vgl. BAG 11. November 2014 – 3 AZR 116/13 – Rn. 47 mwN).
f) In Anwendung dieser Grundsätze durfte die Beklagte zum Anpassungsstichtag 1. Juli 2012 davon ausgehen, dass ihre Eigenkapitalausstattung bis zum nächsten Anpassungsstichtag am 1. Juli 2015 für eine Betriebsrentenanpassung nicht ausreichen würde.
aa) Ausweislich der vorgelegten Jahresabschlüsse waren bei der Beklagten in den Geschäftsjahren 2009 bis 2011 Eigenkapitalverluste in einem eine Betriebsrentenanpassung ausschließenden Umfang vorhanden. Die Beklagte hat in den Jahren 2009 bis 2011 erhebliche Bilanzverluste erlitten, die vom Eigenkapital nicht mehr gedeckt waren. Der nicht vom Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag der Beklagten belief sich im Geschäftsjahr 2009 auf 2.608.577,01 Euro, im Geschäftsjahr 2010 auf 3.179.221,20 Euro und im Geschäftsjahr 2011 auf 3.402.556,38 Euro. Damit liegt eine Eigenkapitalauszehrung vor. Das vorhandene Eigenkapital der Beklagten hat in den Geschäftsjahren 2009 bis 2011 die Summe aus gezeichnetem Kapital (§ 272 Abs. 1 Satz 1 HGB) und zusätzlich gebildeten Kapitalrücklagen (vgl. § 272 Abs. 2 HGB) nicht erreicht. Angesichts dieser Entwicklung durfte die Beklagte zum Anpassungsstichtag 1. Juli 2012 davon ausgehen, dass ihre Eigenkapitalausstattung bis zum nächsten Anpassungsstichtag für eine Betriebsrentenanpassung nicht ausreichen würde.
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Beklagte der ihr im Rahmen von § 16 Abs. 1 BetrAVG obliegenden Darlegungslast im erforderlichen Umfang nachgekommen. Sie hat zur Höhe ihres bilanziellen Fehlbetrags in den Geschäftsjahren 2009 bis 2011 vorgetragen und ihre handelsrechtlichen Jahresabschlüsse für diese Geschäftsjahre vorgelegt. Daher bedurfte es keines weiteren Vortrags der Beklagten. Das Landesarbeitsgericht hat im Rahmen der ihm obliegenden Beweiswürdigung (§ 286 Abs. 1 ZPO) das in den Jahresabschlüssen ausgewiesene Zahlenwerk als bewiesen angesehen. Hiergegen hat die Revision keine Rügen erhoben. Deshalb bedarf es keiner Entscheidung, ob der Kläger das von der Beklagten vorgetragene Zahlenwerk pauschal bestreiten konnte.
cc) Die Beklagte ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht gehalten, die Betriebsrentenanpassung aus ihrem Vermögen zu finanzieren. Auch Rentnergesellschaften sind nicht verpflichtet, die Kosten für die Betriebsrentenanpassung aus ihrer Vermögenssubstanz aufzubringen. § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG sichert nur einen Anspruch auf eine Anpassungsprüfung, die auch die wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners berücksichtigt. Eine Anpassungsgarantie gewährt die Regelung nicht. Bei einem Eingriff in die Vermögenssubstanz bestünde zudem die Gefahr, dass der Versorgungsschuldner langfristig auch die laufenden Rentenzahlungen nicht mehr erbringen kann (vgl. ausführlich dazu BAG 17. Juni 2014 – 3 AZR 298/13 – Rn. 43 mwN).
dd) Der Einwand des Klägers, die Beklagte hätte bei ordnungsgemäßer Verwaltung ihres Vermögens höhere Renditen erzielen können, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Im Rahmen des § 16 Abs. 1 BetrAVG ist die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers entscheidend, nicht eine fiktive, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären (vgl. BAG 21. Oktober 2014 – 3 AZR 1027/12 – Rn. 22 mwN). Aus diesem Grund ist es auch nicht erheblich, ob – wie der Kläger behauptet – die B V GmbH die Beklagte nicht ausreichend ausgestattet hat. Selbst wenn die frühere Versorgungschuldnerin des Klägers nicht für eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Beklagten gesorgt haben sollte, würde dies nicht dazu führen, dass die Beklagte sich nicht auf ihre mangelnde Leistungsfähigkeit berufen kann (vgl. BAG 17. Juni 2014 – 3 AZR 298/13 – Rn. 47 f.).
3. Die Beklagte ist auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes nicht zu einer Anpassung der Betriebsrente des Klägers zum 1. Juli 2012 verpflichtet.
a) Der Kläger hat erstmals in der Revision geltend gemacht, die Beklagte sei auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu einer Anpassung seiner Betriebsrente an den Kaufkraftverlust zum 1. Juli 2012 verpflichtet, da die frühere Versorgungsschuldnerin – die B V GmbH – sie nicht ausreichend ausgestattet habe. Damit führt er einen weiteren Streitgegenstand in das Verfahren ein. Die darin liegende Klageerweiterung ist jedoch ausnahmsweise zulässig.
aa) Im Revisionsverfahren können neue prozessuale Ansprüche grundsätzlich nicht zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden. Klageänderungen und Klageerweiterungen können in der Revisionsinstanz nur dann ausnahmsweise aus prozessökonomischen Gründen zugelassen werden, wenn sich der neue Antrag – abgesehen von den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO – auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt oder ggf. auf den unstreitigen Parteivortrag stützt. Erforderlich ist außerdem, dass berechtigte Interessen der gegnerischen Partei nicht beeinträchtigt werden (vgl. etwa BAG 18. November 2014 – 1 AZR 257/13 – Rn. 46 mwN).
bb) Danach sind die Voraussetzungen für eine zulässige Klageerweiterung in der Revision ausnahmsweise gegeben. Für eine Entscheidung des Senats über einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte bedarf es keiner weiteren Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Berechtigte Interessen der Beklagten werden durch die Zulassung der Klageerweiterung nicht beeinträchtigt.
b) Die Beklagte schuldet dem Kläger auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes keine Anpassung seiner Betriebsrenten an den Kaufkraftverlust zum 1. Juli 2012. Daher kann offenbleiben, ob die Beklagte von der B V GmbH ausreichend für die Zahlung der laufenden Betriebsrenten und die Anpassungen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG ausgestattet wurde. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, stünde den Versorgungsberechtigten kein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs.1 BGB oder § 826 BGB gegen die Beklagte zu.
Bei der Übertragung von Versorgungsverbindlichkeiten auf eine Rentnergesellschaft im Wege der umwandlungsrechtlichen Abspaltung nach § 123 Abs. 2 UmwG spaltet der bisherige Versorgungsschuldner von seinem Vermögen Teile ab und überträgt diese zur Aufnahme oder zur Neugründung als Gesamtheit auf die Rentnergesellschaft; im Gegenzug werden ihm oder seinem Anteilsinhaber dafür Anteile oder Mitgliedschaften an der Rentnergesellschaft gewährt. Den Umfang der zu übertragenden Vermögensteile und damit auch des Kapitals, mit dem die Rentnergesellschaft ausgestattet wird, bestimmt dabei der bisherige Versorgungsschuldner. Die Rentnergesellschaft ist hinsichtlich ihrer Ausstattung dagegen nicht Handelnde, sondern lediglich Handlungsobjekt. Sie stattet sich nicht selbst unzureichend mit dem für die Zahlung der laufenden Betriebsrenten und die Anpassungen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG erforderlichen Kapital aus; vielmehr wird sie von der die Versorgungsverbindlichkeiten übertragenden bisherigen Versorgungsschuldnerin nur unzureichend ausgestattet. Mangels eines schadensverursachenden Verhaltens der Rentnergesellschaft scheiden damit vertragliche oder deliktische Schadensersatzansprüche gegen die Rentnergesellschaft aus.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Zwanziger, Spinner, Ahrendt, SchmalzSchultz
Fundstellen
Haufe-Index 8391162 |
BB 2015, 2227 |
DB 2015, 2519 |
DStR 2015, 12 |