Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifvertrag mit sozialplanähnlichem Inhalt. Differenzierung zwischen Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern. Stichtagsregelung, negative Koalitionsfreiheit. arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz. betriebsverfassungsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz. Antragsgrundsatz. erforderliche Revisionsbegründung. unzulässige Klageerweiterung in der Revisionsinstanz.. Stichtagsregelung für Leistungen an Gewerkschaftsmitglieder
Leitsatz (amtlich)
Die Tarifvertragsparteien können in einem Tarifvertrag mit sozialplanähnlichem Inhalt für Leistungen mit einer Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion zwischen verschiedenen Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern – solchen, die vor einem Stichtag Gewerkschaftsmitglied waren und später eingetretenen – grundsätzlich differenzieren, wenn der Stichtag nicht willkürlich gewählt wird, sondern für ihn ein sachlicher Grund besteht (hier: Datum des Abschlusses der Tarifverhandlungen über eine Teilbetriebsstillegung).
Orientierungssatz
1. Bei einer Stichtagsregelung in einem Tarifvertrag, die zwischen verschiedenen Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern differenziert, handelt es sich nicht um eine sog. einfache Differenzierungsklausel, mit der zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und sog. Außenseitern unterschieden wird, sondern um eine „Binnendifferenzierung” zwischen tarifgebundenen Arbeitnehmern, also denjenigen, für die ein Tarifvertrag ohnehin nur Rechtsnormen nach § 1 Abs. 1 TVG treffen kann.
2. Die Tarifparteien können die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft zu einem bestimmten Stichtag als Anspruchsvoraussetzung formulieren. Dieser kann ein zulässiges Differenzierungskriterium sein, wenn er nicht willkürlich gewählt wurde, sondern es für ihn einen sachlichen Grund gibt.
3. Die negative Koalitionsfreiheit eines nicht tarifgebundenen Arbeitnehmers wird durch eine tarifliche Differenzierung zwischen verschiedenen Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern nicht verletzt. Zum einen ist die Tarifmacht der Tarifvertragsparteien auf ihre Mitglieder beschränkt. Zum anderen wird durch eine solche Tarifregelung die Handlungs- und insbesondere die Vertragsfreiheit der sog. Außenseiter und des Arbeitgebers nicht eingeschränkt.
4. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist auf tarifliche Regelungen nicht anzuwenden, weil durch diese die Rechte und Pflichten für ein Arbeitsverhältnis zwar privatautonom, aber unter den Bedingungen eines strukturellen Gleichgewichts vereinbart werden. Werden in arbeitsvertraglichen Regelungen allein die tarifvertraglichen Vorgaben umgesetzt, ist der Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes regelmäßig nicht eröffnet.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3; ArbGG § 45 Abs. 3, § 108 Abs. 4; BetrVG § 75 Abs. 1, §§ 111-112; BGB § 305c; TVG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1-2, § 4 Abs. 1; ZPO § 308 Abs. 1 S. 1; Transfer- und Sozialtarifvertrag zwischen der IG Metall undder Nokia Solutions and Networks GmbH & Co. KG (vom 4. April 2012) §§ 5, 7-8; Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag zwischen der IG Metall und der Nokia Solutions and Networks GmbH & Co. KG (vom 4. April 2012) § 1 Abs. 2, §§ 2-3
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 25. Juli 2013 – 4 Sa 166/13 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf ein höheres Bruttoentgelt gegen die Beklagte zu 1. und eine weitere Abfindungszahlung gegen die Beklagte zu 2.
Die Klägerin war seit August 1988 bei der Beklagten zu 2. und deren Rechtsvorgängerin im Betrieb S-Straße in M gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 6.962,00 Euro beschäftigt.
Zu Beginn des Jahres 2012 gab die Beklagte zu 2. die geplante Schließung dieses Betriebs bekannt. In den nachfolgenden Verhandlungen zwischen ihr sowie dem bei ihr bestehenden Betriebsrat und der zuständigen Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) hatte die Beklagte zu 2. als „Kompensation” für einen Verzicht auf Betriebsschließung eine Aufhebung des manteltariflichen Sonderkündigungsschutzes sowie die Aufstellung einer Namensliste iSd. § 1 Abs. 5 KSchG verlangt und den Tarifvertragsabschluss von der Zustimmung von mindestens 90 vH der betroffenen Arbeitnehmer zum Verhandlungsergebnis abhängig gemacht. Die IG Metall hatte ihrerseits zusätzliche Leistungen für ihre Mitglieder gefordert.
Eine vollständige Betriebsschließung konnte, nachdem die Verhandlungsergebnisse auf einer Mitgliederversammlung der IG Metall am 22. März 2012 mitgeteilt worden waren, abgewendet werden. Von den bisher bei der Beklagten zu 2. beschäftigten Arbeitnehmern sollten 2.000 in vier Folgegesellschaften weiterbeschäftigt und weiteren 1.600 ein Wechsel in eine Transfergesellschaft angeboten werden.
Am 4. April 2012 schlossen die Beklagte zu 2. und die IG Metall einen Transfer- und Sozialtarifvertrag (nachfolgend TS-TV), der ua. regelte:
(1) |
Infolge der Restrukturierungsmaßnahmen, die im Interessenausgleich vom 04.04.2012 beschrieben sind, entsteht die Notwendigkeit, die wirtschaftlichen und sozialen Nachteile, die für die Beschäftigten entstehen, abzumildern. |
(2) |
Dieser Tarifvertrag soll die Bedingungen dafür schaffen, dass durch die Schaffung einer Auffangstruktur die von Entlassung bedrohten Beschäftigten der N GmbH & Co. KG bei ihrer notwendigen beruflichen Neuorientierung unterstützt werden. |
|
Zu diesem Zweck soll die Transfergesellschaft der S AG mit der Einrichtung einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (beE) gem. § 216b SGB III beauftragt werden. Den von der Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigten soll nach Maßgabe dieses Tarifvertrages der Abschluss von Transferarbeitsverhältnissen angeboten werden. |
Dieser Tarifvertrag gilt
(1) |
räumlich für den Betrieb der Firma N GmbH & Co. KG in M. |
(2) |
Persönlich: Für alle Beschäftigten des Betriebes S-Str. in M, sofern sie die individuellen Voraussetzungen für den Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld gemäß den §§ 169 ff SGB III erfüllen. |
… |
|
§ 2 |
EINRICHTUNG EINER BeE |
Die N GmbH & Co. KG in M beauftragt die Abteilung Global Shared Services Human Resources Services der S AG mit der Einrichtung einer beE für die vom persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfassten Beschäftigten.
…
§ 4 |
KOOPERATIONSVEREINBARUNG MIT DER TG |
Zentrale Aufgabe der Transfergesellschaften ist es, die von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigten in neue, nach Inhalt, Qualifikationsanforderung und Einkommen möglichst gleichwertige Arbeitsverhältnisse zu vermitteln und dabei im Interesse der zu fordernden Nachhaltigkeit nach Möglichkeit prekäre Arbeitsverhältnisse zu vermeiden. …
§ 5 |
MINDESTBEDINGUNGEN DER TRANSFERARBEITSVERHÄLTNISSE |
Der Übertritt in die Transfergesellschaft erfolgt auf Basis eines dreiseitigen Vertrages (= drei Vertragsparteien), der die Beendigung des mit der N GmbH & Co. KG bestehenden Arbeitsvertrages und die Begründung eines befristeten Transferarbeitsverhältnisses bei der N gesellschaft mbH beinhaltet.
Wesentliche Bestandteile dieses dreiseitigen Vertrages sind:
(1) |
Mindestlaufzeit des Transferarbeitsverhältnisses von vierundzwanzig Monaten |
(2) |
ein Jahresurlaubsanspruch von 20 Tagen auf Basis einer 5-Tagearbeitswoche |
(3) |
Die Beschäftigten erhalten innerhalb der BeE – unter Anrechnung der Zahlungen der Agentur für Arbeitein |
|
BeE-Monatsentgelt von monatlich 70 Prozent ihres Bruttomonatseinkommens. Das Bruttomonatseinkommen ist das 13,5-fache des bisherigen Bruttomonatsgehaltes dividiert durch zwölf. |
… |
|
In dem Dreiseitigen Vertrag wird der Anspruch auf Abfindung und deren Fälligkeit festgehalten (§ 7).
(1) |
Alle vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfassten Beschäftigten haben mit Unterzeichnung des dreiseitigen Vertrages (Zustimmung zum Eintritt in die beE) einen Anspruch auf eine aus dem individuellen Bruttomonatsentgelt errechnete Abfindung: |
|
a. |
Beschäftigte, die vor 01.04.2007 in die N GmbH & Co. KG oder deren Rechtsvorgängerin eingetreten sind, erhalten ein Jahresgehalt als Abfindung (Basis 12 Monatsgehälter). |
|
… |
|
|
e. |
Beschäftigte, die zwischen dem 01.04.2010 und vor 01.04.2011 … eingetreten sind, erhalten zwei Monatsgehälter als Abfindung. |
(2) |
Der Höchstbetrag für eine Abfindung nach Abs. 1 beträgt EUR 110.000,00, …. |
(3) |
… |
(4) |
Die Abfindung ist mit dem Ausscheiden aus der BeE zur Zahlung fällig. |
… |
|
(7) |
Der Anspruch auf Abfindung und deren Fälligkeit ist in den Dreiseitigen Vertrag aufzunehmen. |
Bei Nichteinigung über die Auslegung der Bestimmungen dieses Tarifvertrages entscheidet eine aus jeweils 2 Beisitzern/-innen (Arbeitgeberin/Gewerkschaft IG Metall) und einem neutralen Vorsitzenden bestehende Tarifschiedsstelle. …”
Ebenfalls am 4. April 2012 vereinbarten die Beklagte zu 2. und der Betriebsrat einen „Interessenausgleich”, der ua. die Gründung von vier neuen Unternehmen als Rechtsnachfolgerinnen einzelner betroffener Unternehmensbereiche, die Überleitung von Arbeitnehmern und eine Namensliste iSd. § 1 Abs. 5 KSchG zum Gegenstand hatte. Weiterhin ist unter der Überschrift „5. Sozialplan” geregelt:
„Der Betriebsrat und das Unternehmen stimmen dahingehend überein, dass ein gesonderter Sozialplan nicht aufgestellt wird, weil in dem als
– Anlage 7
bezeichneten Transfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 Regelungen zur Milderung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen enthalten sind, die beide Betriebsparteien als Ausgleichsmaßnahmen i.S.d. § 112 BetrVG anerkennen und die sie für alle betroffenen Beschäftigten abschließend übernehmen. …”
Schließlich schlossen die Tarifvertragsparteien des TS-TV am gleichen Tag einen Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag (ETS-TV), der wie folgt lautet:
Dieser Tarifvertrag gilt
(1) |
räumlich für den Betrieb S-Str. der Firma N GmbH & Co. KG in M. |
(2) |
Persönlich: Für alle Beschäftigten, die bis einschließlich 23.03.2012, 12.00 Uhr Mitglied der IG Metall geworden sind, sofern sie die individuellen Voraussetzungen für den Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld gemäß den §§ 169 ff SGB III erfüllen. |
(3) |
Sachlich: Für die Rechte, Regelungen und Maßnahmen im Zusammenhang mit der betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (beE). |
§ 2 |
ERGÄNZUNG ZU DEN MINDESTBEDINGUNGEN DER TRANSFERARBEITSVERHÄLTNISSE |
Vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfasste Beschäftigte erhalten unter Anrechnung ihrer Ansprüche aus § 5 Abs. 3 des Transfer- und Sozialtarifvertrages innerhalb der BeE – unter Anrechnung der Zahlungen der Agentur für Arbeit – ein BeE-Monatsentgelt von monatlich 80 Prozent ihres Bruttomonatseinkommens. Das Bruttomonatseinkommen ist das 13,5-fache des bisherigen Bruttomonatsgehaltes dividiert durch zwölf. Die weiteren Leistungen nach § 5 des Transfer- und Sozialtarifvertrages werden von dieser Regelung nicht berührt.
§ 3 |
ERGÄNZUNG ZU DER HÖHE DER ABFINDUNG |
Vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfasste Beschäftigte erhalten als weiteren Bestandteil der Abfindung nach § 7 des Transfer- und Sozialtarifvertrages EUR 10.000,00 unabhängig vom Zeitpunkt ihres Unternehmenseintritts. Für diese Beschäftigten gilt ein Höchstbetrag von EUR 120.000,00.
Die Regelungen des Transfer- und Sozialtarifvertrages gelten im Übrigen entsprechend. Dies gilt insbesondere für die Tarifschiedsstelle nach § 8 und die Patronatserklärung nach § 10.”
Mit Schreiben vom 4. April 2012 erhielt die Klägerin von den Beklagten einen „Dreiseitigen Vertrag” (nachfolgend DV), der ua. folgenden Inhalt hat:
„Dreiseitiger Vertrag |
zwischen |
Frau … (Arbeitnehmer/in) |
und |
N GmbH & Co. KG (NSN) … |
sowie |
N gesellschaft mbH |
(NSN TG) |
… |
Präambel |
- Am 04.04.2012 wurden ein Transfer- und Sozialtarifvertrag und ein Interessenausgleich abgeschlossen. Die Bestimmungen dieser Vereinbarungen sind dem/der Arbeitnehmer/-in bekannt. Dem/der Arbeitnehmer/-in ist auch bekannt, dass sein/ihr Arbeitsplatz bei NSN entfällt und insoweit das Arbeitsverhältnis bei NSN mit Ablauf vom 30.04.2012 aus betriebsbedingten Gründen beendet werden muss. Aus diesem Grund wird dem/der Arbeitnehmer/-in ein befristetes Vermittlungs- und Qualifizierungsverhältnis mit der NSN TG angeboten, um eine betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden.
- Die NSN TG wird für den Arbeitnehmer Transferkurzarbeitergeld im Sinne des § 111 SGB III beantragen.
- Die NSN TG bildet eine betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit (beE) im Sinne des § 111 SGB III. Sie trägt die Bezeichnung beE NSN Mch.
- Durch die Bildung der beE sollen Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung die Vermittlungschancen auf dem externen Arbeitsmarkt erhöhen.
Auf dieser Grundlage werden folgende Regelungen getroffen:
Abschnitt A: Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit NSN |
1. |
Beendigung des Arbeitsverhältnisses |
|
Das zwischen dem/der Arbeitnehmer/-in und NSN bestehende Arbeitsverhältnis wird aus betriebsbedingten Gründen mit Ablauf des 30.04.2012 enden, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Der/die Arbeitnehmer/-in tritt zum 01.05.2012 in die NSN TG über. |
2. |
Abfindungszahlung |
|
2.1. |
Die Höhe der Abfindung ist gem. § 7 Abs. 1 des Transfer- und Sozialtarifvertrags abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Der Höchstbetrag für die Abfindung beträgt gem. § 7 Abs. 2 Transfer- und Sozialtarifvertrag EUR 110.000,00. Im Übrigen findet § 7 Abs. 3 Anwendung. Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags fallen, erhalten gem. § 3 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags als weiteren Bestandteil der Abfindung zusätzlich EUR 10.000,00, der Höchstbetrag für die Abfindung beträgt EUR 120.000,00. Die Abfindungszahlung ist nach Abschluss des Dreiseitigen Vertrags und vor Fälligkeit vererbbar, jedoch nicht abtretbar. Die Abfindung ist mit dem Ausscheiden aus der NSN TG fällig. … |
…
Abschnitt B: Begründung eines Vermittlungs- und Qualifizierungsverhältnisses mit NSN TG |
1. |
Vertragsdauer |
|
Der/die Arbeitnehmer/-in und NSN TG vereinbaren den Abschluss eines befristeten Vermittlungs- und Qualifizierungsvertrages ab dem 01.05.2012. Das Vermittlungs- und Qualifizierungsverhältnis endet mit Austritt aus der NSN TG, spätestens am 30.04.2014, ohne dass es einer Kündigung bedarf. |
|
Es wird Kurzarbeit Null angeordnet und der Beschäftigungsanspruch entfällt. |
… |
|
4. |
Monatliche Vergütung |
|
Der/die Arbeitnehmer/-in erhält gemäß § 5 Abs. 3 des Transfer- und Sozialtarifvertrags auf der Basis der von NSN an die NSN TG zur Verfügung gestellten Gehaltsdaten, ab Eintritt in die NSN TG – unter Anrechnung von Zahlungen der Agentur für Arbeit – bis zu ihrem/seinem Ausscheiden monatlich 70 % ihres/seines Brutto-Monats-Einkommens. Das BruttoMonatsEinkommen ist das 13,5-fache des bisherigen BruttoMonatsEinkommens dividiert durch zwölf. |
|
Der/die Arbeitnehmer/-in, die unter den Geltungsbereich des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag fallen, erhalten gem. § 2 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags ab Eintritt in die NSN TG – unter Anrechnung von Zahlungen der Agentur für Arbeit – monatlich 80 % ihres/seines BruttoMonatsEinkommens. |
… |
|
Abschnitt C: Allgemeine Regelungen |
… |
|
5. |
Bedingung |
|
Dieser Dreiseitige Vertrag steht unter dem Vorbehalt, dass die schriftliche Annahme des Vertragsangebots entsprechend § 3 Abs. 4 des Interessenausgleichs vom 04.04.2012 durch den/die Arbeitnehmer/in spätestens am 13.04.2012 bis 12.00 Uhr vorliegt.” |
Nach fristgerechter Annahme des Antrags durch die Klägerin ist diese seit dem 1. Mai 2012 bei der Beklagten zu 1. im Rahmen des „Vermittlungsund Qualifizierungsvertrags” beschäftigt.
In der Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 17. Januar 2013 war die Klägerin Mitglied der IG Metall. Das nach § 5 Abs. 3 TS-TV zu zahlende Entgelt berechnete die Beklagte zu 1., indem sie zusätzlich zum erhaltenen Kurzarbeitergeld ein Bruttoentgelt leistete, das insgesamt zu einer Nettolohnsumme führte, die die Klägerin erhalten hätte, wenn keine Kurzarbeit angeordnet worden wäre und sie einen Anspruch auf 70 vH ihres Bruttomonatsentgelts iSv. B. 4. Satz 2 DV gehabt hätte.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin einen weiteren Abfindungsbetrag in Höhe von 10.000,00 Euro brutto sowie eine monatliche Bruttovergütung auf der Basis von 80 vH des maßgebenden Bruttomonatsentgelts nach den Regelungen des ETS-TV begehrt.
Am 14. Dezember 2012 entschied die von der IG Metall angerufene Tarifschiedsstelle durch Schiedsspruch nach § 8 TS-TV, dass deren Anträge, sowohl der TS-TV als auch der ETS-TV enthielten „eine Regelung, die Beschäftigten auch für die Zeit des Bezuges von KuG eine Bruttomonatsvergütung” iHv. 70 vH (TS-TV) und von 80 vH (ETS-TV) „des 13,5-fachen des bisherigen Bruttomonatsgehaltes dividiert durch 12” zusage, zurückgewiesen werden.
Die Klägerin ist der Auffassung, sie müsse als zwischenzeitliches Gewerkschaftsmitglied wie Arbeitnehmer der Beklagten zu 2. behandelt werden, die am 23. März 2012 Mitglied der IG Metall gewesen seien. Die Bevorzugung von „Alt-Mitgliedern” der IG Metall verletze ihre negative Koalitionsfreiheit. Durch die Regelungen sei ein inadäquater Druck zum Beitritt in die Gewerkschaft entstanden. Die Differenzierungsklausel schränke nicht nur ihre Vertragsfreiheit ein, sondern verletze die Rechte und Interessen der Außenseiter. Die Stichtagsregelung im ETS-TV sei unzulässig. Für sie gebe es keine sachliche Rechtfertigung. Der ETS-TV verkürze zudem das für einen Sozialplan bestehende Verteilungsvolumen in unzulässiger Weise. Der im Interessenausgleich vom 4. April 2012 enthaltene Sozialplan verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Formulierung „für alle … abschließend übernehmen” zeige, dass es nicht zu einer Differenzierung kommen sollte. Aufgrund der unwirksamen Stichtagsregelung habe sie auch einen Anspruch auf eine „Anpassung nach oben”. Jedenfalls könne sie von der Beklagten zu 1. ein höheres Bruttomonatsentgelt beanspruchen, eine Nettolohnvereinbarung sei im dreiseitigen Vertrag nicht vorgesehen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt:
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat Mai 2012 in Höhe von 89.809,80 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 49.624,08 Euro netto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Juni 2012 zu bezahlen.
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat Juni 2012 in Höhe von 6.265,80 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.098,97 Euro netto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Juli 2012 zu bezahlen.
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat Juli 2012 in Höhe von 6.265,80 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.098,97 Euro netto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. August 2012 zu bezahlen.
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat August 2012 in Höhe von 6.265,80 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.098,97 Euro netto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. September 2012 zu bezahlen.
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat September 2012 in Höhe von 6.265,80 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 1.630,44 Euro netto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Oktober 2012 zu bezahlen.
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat Oktober 2012 in Höhe von 7.434,38 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.617,50 Euro netto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. November 2012 zu bezahlen.
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat November 2012 in Höhe von 6.265,80 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.098,97 Euro netto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Dezember 2012 zu bezahlen.
- Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an sie Abfindung in Höhe von 10.000,00 Euro brutto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit Klageerhebung zu bezahlen.
- Festzustellen, dass die Beklagte zu 1. für den Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis längstens zum 30. April 2014 verpflichtet ist, die monatliche Vergütung nach Abschnitt B. 4. des unter dem Datum des 4. April 2012 geschlossenen Vertrages auf der Basis eines monatlichen Bruttoarbeitsentgelts iHv. 6.265,80 Euro hilfsweise 5.474,70 Euro brutto zu berechnen und Leistungen der Agentur für Arbeit erst aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag anzurechnen sind.
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat Dezember 2012 in Höhe von 6.265,80 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.098,97 Euro netto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Januar 2013 zu bezahlen.
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat Januar 2013 in Höhe von 6.265,80 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.116,13 Euro netto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Februar 2013 zu bezahlen.
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat Februar 2013 in Höhe von 6.265,80 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.116,13 Euro netto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. März 2013 zu bezahlen.
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat März 2013 in Höhe von 6.265,80 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.122,46 Euro netto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. April 2013 zu bezahlen.
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat April 2013 in Höhe von 10.238,97 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 5.003,81 Euro netto zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Mai 2013 zu bezahlen.
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an sie weiteren Lohn für den Lohnmonat Juni 2013 in Höhe von 6.265,80 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.118,24 Euro zuzüglich fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Juli 2013 zu bezahlen.
Die Beklagten haben zur Begründung ihrer Klageabweisungsanträge ausgeführt, aus dem dreiseitigen Vertrag der Parteien ergebe sich kein Anspruch der Klägerin auf die höheren Leistungen. Sie unterfalle nicht dem persönlichen Geltungsbereich des ETS-TV. Die durch die beiden Tarifverträge vorgenommene Differenzierung sei genauso zulässig wie die Wahl des Stichtags. Die Berechnung des geleisteten Zuschusses sei zutreffend. Geschuldet sei eine Vergütung gemäß § 5 Abs. 3 TS-TV, der von einem „BeE-Monatsentgelt” handele.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie hat weder gegen die Beklagte zu 2. einen Anspruch auf eine weitere Abfindungszahlung in Höhe von 10.000,00 Euro brutto nach A. 2.1. Abs. 2 DV iVm. § 3 ETS-TV noch gegen die Beklagte zu 1. einen Anspruch auf BeE-Einkommen von monatlich 80 vH ihres Bruttomonatseinkommens nach B. 4. Abs. 2 iVm. § 2 Satz 1 ETS-TV oder nach B. 4. Abs. 1 DV iVm. § 5 Abs. 2 Nr. 3 TS-TV einen Anspruch auf eine andere Berechnung von 70 vH ihres vormaligen, nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 TS-TV berechneten Bruttomonatseinkommens.
A. Die Revision ist nur teilweise zulässig. Soweit sich die Klägerin für ihr Begehren in der Revisionsinstanz gegenüber der Beklagten zu 2. erstmals auf Ansprüche aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit stützt, handelt es sich um einen in der Revisionsinstanz neuen Streitgegenstand (vgl. BAG 18. Mai 2011 – 4 AZR 457/09 – Rn. 15 mwN) und in der Folge um eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageerweiterung (BAG 17. Juni 2014 – 3 AZR 527/11 – Rn. 38; 16. Mai 2012 – 4 AZR 290/10 – Rn. 55).
B. Die Klagen sind unbegründet.
I. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist allerdings insoweit rechtsfehlerhaft und wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu korrigieren, als es einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. auf Grund beiderseitiger Tarifgebundenheit abgelehnt hat.
1. Der Antragsgrundsatz nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nicht nur dann verletzt, wenn einer Partei etwas zugesprochen wird, ohne dass sie dies beantragt hat, sondern auch, wenn ihr ein Anspruch aberkannt wird, den sie nicht zur Entscheidung gestellt hat (BAG 24. Februar 2010 – 4 AZR 657/08 – Rn. 28, 16. Dezember 1970 – 4 AZR 98/70 – BAGE 23, 146; BGH 29. November 1990 – I ZR 45/89 – zu I 2 a der Gründe mwN).
2. Die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen ihren Anspruch gegen die Beklagte zu 2. nicht auf eine beiderseitige Tarifgebundenheit gestützt. Sie hat sich lediglich auf den dreiseitigen Vertrag und nur in diesem Zusammenhang auf Unwirksamkeit der tariflichen Stichtagsregelung berufen. Indem das Landesarbeitsgericht einen möglichen Anspruch der Klägerin aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit aberkannt hat, hat es gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Dieser Verfahrensverstoß kann nicht durch eine Klageerweiterung in der Revisionsinstanz geheilt werden. Eine solche ist unzulässig (vgl. BAG 25. April 2013 – 6 AZR 800/11 – Rn. 13; 28. August 2008 – 2 AZR 63/07 – Rn. 23, BAGE 127, 329; BGH 29. Juni 2006 – I ZR 235/03 – Rn. 24, BGHZ 168, 179).
3. Das Urteil ist daher – ohne dass es eines förmlichen Entscheidungsausspruchs bedurfte – zu berichtigen, um eine sonst eintretende Rechtskraft (BAG 18. Mai 2011 – 4 AZR 457/09 – Rn. 12; BGH 28. Mai 1998 – I ZR 275/95 – zu II 2 a der Gründe) auszuschließen.
II. Die Klage gegen die Beklagte zu 2. ist unbegründet. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.
1. Die Klägerin kann auf Grundlage der Regelung in A. 2.1. DV keine weitere Abfindung verlangen. Die Voraussetzungen nach § 1 Nr. 2 ETS-TV sind nicht erfüllt. Sie wird nicht vom „Geltungsbereich des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags” gemäß A. 2.1. Abs. 2 DV erfasst, weil sie zum Zeitpunkt des tariflich wirksam geregelten Stichtags nicht Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft war. Die Regelung des ETS-TV verstößt weder gegen die negative Koalitionsfreiheit noch gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Mit der Regelung über den persönlichen Geltungsbereich in § 1 Nr. 2 ETS-TV (zu den Kriterien der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags etwa BAG 23. Februar 2011 – 4 AZR 430/09 – Rn. 21 mwN), nach der lediglich die Beschäftigten, die am Stichtag, dem 23. März 2012, 12:00 Uhr, Mitglieder der Gewerkschaft IG Metall waren, eine weitere Abfindungszahlung erhalten, werden nicht nur „deklaratorisch” die Voraussetzungen für eine normative Wirkung des Tarifvertrags nach § 4 Abs. 1 TVG wiederholt, sondern es wird vielmehr eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung festgelegt (s. zu dieser Auslegung bereits BAG 21. August 2013 – 4 AZR 861/11 – Rn. 19; 5. September 2012 – 4 AZR 696/10 – Rn. 28 ff.). Anders als § 7 Abs. 1 TS-TV setzt ein Anspruch nach § 3 Satz 1 ETS-TV nicht nur eine Mitgliedschaft in der IG Metall iSe. Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG voraus, sondern verlangt für den ergänzenden Abfindungsanspruch nach § 3 ETS-TV eine zum vorgesehenen Stichtag bestehende Gewerkschaftsmitgliedschaft. Damit differenzieren die Tarifverträge zwischen zwei Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern.
Entgegen der Auffassung der Klägerin wird dabei nicht zwischen Mitgliedern einer Gewerkschaft einerseits und „Unorganisierten” oder „Außenseitern” andererseits unterschieden, sondern zwischen verschiedenen Gruppen von Mitgliedern der Gewerkschaft IG Metall (BAG 21. August 2013 – 4 AZR 861/11 – Rn. 21; 5. September 2012 – 4 AZR 696/10 – Rn. 27, 30) und damit allein zwischen tarifgebundenen Arbeitnehmern, also denjenigen, für die ein Tarifvertrag ohnehin nur Rechtsnormen nach § 1 Abs. 1 TVG setzen kann (BAG 5. September 2012 – 4 AZR 696/10 – Rn. 28; 22. September 2010 – 4 AZR 117/09 – Rn. 23; 18. März 2009 – 4 AZR 64/08 – Rn. 25, BAGE 130, 43). Es handelt sich daher nicht um eine sog. einfache Differenzierungsklausel (zum Begriff BAG 18. März 2009 – 4 AZR 64/08 – Rn. 31 ff., aaO).
b) Diese von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Gruppenbildung zwischen Gewerkschaftsmitgliedern orientiert sich an einem Stichtag, der im Rahmen der vorliegenden Tarifverträge mit sozialplanähnlichen Inhalten wirksam ist. Im Übrigen wäre ein von der Klägerin aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit geltend gemachter Anspruch im Entscheidungsfall unbegründet.
aa) Die Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, solchen Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen.
(1) Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz idR verletzt, wenn eine Gruppe von Regelungsadressaten im Vergleich zu anderen unterschiedlich behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (zum Prüfungsmaßstab ausf. BVerfG 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 ua. – Rn. 73 ff., BVerfGE 133, 377; 21. Juli2010 – 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 – Rn. 78, BVerfGE 126, 400; BAG 16. April 2014 – 4 AZR 802/11 – Rn. 21 mwN, BAGE 148, 139; 19. Juli2011 – 3 AZR 398/09 – Rn. 25 mwN, BAGE 138, 332; 18. Dezember 2008 – 6 AZR 287/07 – Rn. 21 mwN, BAGE 129, 93; vgl. zu den Maßstäben weiterhinBAG 27. Oktober 2010 – 10 AZR 410/09 – Rn. 22 mwN; 21. September 2010 – 9 AZR 442/09 – Rn. 27; 25. Oktober 2007 – 6 AZR 95/07 – Rn. 24, BAGE 124, 284).
(2) Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen und dem Zweck der Leistung ab. Dabei steht den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zu (BAG 15. Januar 2015 – 6 AZR 646/13 – Rn. 32 mwN; 20. September 2012 – 6 AZR 211/11 – Rn. 15 mwN; 25. Januar 2012 – 4 AZR 147/10 – Rn. 31 mwN, BAGE 140, 291).
(3) Nach der Konzeption des Grundgesetzes ist die Festlegung der Höhe des Entgelts wie auch der weiteren, den tarifgebundenen Arbeitnehmern zufließenden Leistungen grundsätzlich Sache der Tarifvertragsparteien, weil dies nach Überzeugung des Verfassungsgebers zu sachgerechteren Ergebnissen führt als eine staatlich beeinflusste Entgelt- und Leistungsfindung (vgl. auch BVerfG 4. Juli 1995 – 1 BvF 2/86 ua. – zu C I 1 a der Gründe, BVerfGE 92, 365; BAG 25. Januar 2012 – 4 AZR 147/10 – Rn. 32, BAGE 140, 291; 17. Dezember 2009 – 6 AZR 665/08 – Rn. 19 mwN). Das schließt auch die Befugnis zur Vereinbarung von Regelungen ein, die den Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen mögen. Die Tarifvertragsparteien sind nicht dazu verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (st. Rspr., BAG 11. Dezember 2013 – 10 AZR 736/12 – Rn. 14 mwN, BAGE 147, 33; 25. Januar 2012 – 4 AZR 147/10 – Rn. 32, aaO; 30. Oktober 2008 – 6 AZR 712/07 – Rn. 15, BAGE 128, 219). Weiterhin können auch typische Sachzwänge der kollektiven Vertragsform sowie namentlich koalitionsspezifische Interessen berücksichtigt werden (BAG 25. Januar 2012 – 4 AZR 147/10 – aaO; 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – zu B II 3 c aa der Gründe, BAGE 111, 8; 30. August 2000 – 4 AZR 563/99 – zu I 2 g der Gründe, BAGE 95, 277, jew. mwN; s. auch Deinert RdA 2014, 129, 134;Kocher NZA 2009, 119, 121; Leydecker AuR 2006, 11, 14; Seiwerth RdA 2014, 358, 362 f.).
bb) Die Tarifvertragsparteien sind daher innerhalb der Grenzen ihrer Regelungsmacht bei der Bestimmung der Voraussetzungen und der Festlegung der Höhe von Leistungen zur Abmilderung von wirtschaftlichen und sozialen Nachteilen anlässlich einer Betriebsänderung weitgehend frei (für eine Jahressonderzahlung BAG 5. September 2012 – 4 AZR 696/10 – Rn. 31; vgl. zur Entgelthöhe ua. BAG 16. Mai 2013 – 6 AZR 619/11 – Rn. 34 mwN; 24. Juni 2010 – 6 AZR 18/09 – Rn. 25).
(1) Tarifvertragliche Ansprüche differenzierend festzulegen, entspricht ihrer Regelungsmacht. Dabei sind Stichtagsregelungen als „Typisierungen in der Zeit” mit ihren notwendigen Pauschalierungen aus Gründen der Praktikabilität grundsätzlich – ungeachtet der damit verbundenen Härten – zur Abgrenzung von begünstigten Personenkreisen gerechtfertigt, wenn sich die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und vertretbar erscheint (BAG 17. April2013 – 4 AZR 770/11 – Rn. 26 mwN; für Sonderzahlungen etwa BAG 15. Januar2014 – 10 AZR 297/13 – Rn. 16 ff.; zu Stichtagsregelungen hinsichtlich einer erforderlichen Gewerkschaftsmitgliedschaft BAG 21. August 2013 – 4 AZR 861/11 – Rn. 22). Die Tarifvertragsparteien dürfen dabei generalisieren und typisieren (BAG 14. November 2012 – 10 AZR 903/11 – Rn. 19; 25. Juni 2003 – 4 AZR 405/02 – Rn. 62, BAGE 106, 374; allgemein BAG 16. Juni 2010 – 4 AZR 928/08 – Rn. 39). Eine sich im Einzelfall aus einer knappen Verfehlung des Stichtags ergebende Härte ist dabei unvermeidbar (vgl. auch BverfG 27. Februar 2007 – 1 BvL 10/00 – zu C II 3 a der Gründe, BVerfGE 117, 272; BAG 13. November 2014 – 6 AZR 1102/12 – Rn. 42; 8. Dezember 2011 – 6 AZR 319/09 – Rn. 43, BAGE 140, 83).
(2) Die Tarifparteien können auch eine Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft zu einem Stichtag als Anspruchsvoraussetzung formulieren. Dieser kann ein zulässiges Differenzierungskriterium sein, wenn er nicht willkürlich gewählt wurde, sondern es einen sachlichen Grund für ihn gibt (BAG21. August 2013 – 4 AZR 861/11 – Rn. 22; 5. September 2012 – 4 AZR 696/10 – Rn. 31; 18. März 2009 – 4 AZR 64/08 – Rn. 46 ff., BAGE 130, 43).
Bei Tarifverträgen mit sozialplanähnlichem Inhalt umfasst der den Tarifvertragsparteien zustehende Gestaltungsspielraum dabei auch die Entscheidung, welchen Zeitraum sie für die an den tatsächlich eintretenden Nachteilen orientierte Ausgestaltung der Leistungen wählen (für betriebliche Sozialpläne BAG 9. Dezember 2014 – 1 AZR 102/13 – Rn. 23). Ihnen steht es frei, je nach Art der Betriebsänderung und Art der dadurch entstehenden Nachteile unterschiedliche Leistungen zu vereinbaren und dabei etwa neben einmaligen Abfindungszahlungen auch andere Leistungen – zB laufende Überbrückungsgelder – vorzusehen (vgl. zu solchen Leistungen BAG 18. Dezember 1990 – 1 ABR 15/90 – BAGE 66, 328; bei Sozialplänen BAG 13. Februar 1975 – 3 AZR 24/74 –; Fitting BetrVG 28. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 141).
cc) Unter Berücksichtigung des vorstehenden Maßstabs liegt keine Verletzung des Gleichheitssatzes vor. Den Tarifvertragsparteien des TS-TV und des ETS-TV war es nicht verwehrt, für diejenigen Arbeitnehmer, die bereits am 23. März 2012 (12.00 Uhr) Mitglied in der tarifschließenden IG Metall gewesen waren, eine im Verhältnis zum TS-TV jeweils um 10.000,00 Euro brutto höhere Abfindungszahlung vorzusehen.
(1) Entgegen der Auffassung der Klägerin steht die Stichtagsregelung in § 1 Nr. 2 ETS-TV nicht im Widerspruch zu § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG (BAG 5. September 2012 – 4 AZR 696/10 –; unter Aufgabe von 9. Mai 2007 – 4 AZR 275/06 – Rn. 32; s. auch bereits 18. März 2009 – 4 AZR 64/08 – Rn. 123, BAGE 130, 43). Mit der Stichtagsregelung werden nicht – in unzulässiger Weise – die Voraussetzungen für eine unmittelbare Tarifgebundenheit relativiert (Franzen RdA 2008, 304, 306 f.). Durch § 1 Nr. 2 ETS-TV wird „lediglich” der personelle Geltungsbereich und damit eine tatbestandliche Voraussetzung für eine einmalige tarifliche Leistung anlässlich eines Ereignisses festgelegt, der Betriebsänderung bei der Beklagten zu 2. im Betrieb in M.
(2) Durch die beiden Tarifverträge wollten die Tarifvertragsparteien diejenigen wirtschaftlichen und sozialen Nachteile verringern oder ggf. vermeiden, die sich für ihre Mitglieder infolge der im Interessenausgleich vom 4. April 2012 beschriebenen Restrukturierungsmaßnahmen ergeben (Präambel Abs. 1 TS-TV), und die Arbeitnehmer bei der beruflichen Neuorientierung unterstützen (Präambel Abs. 2 TS-TV). Auf Grund dieser zukunftsgerichteten Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion (zu diesem Zweck bei betrieblichen Sozialplänen s. nur BAG 9. Dezember 2014 – 1 AZR 102/13 – Rn. 23 mwN; 26. März 2013 – 1 AZR 813/11 – Rn. 33, BAGE 144, 378) stellen Abfindungszahlungen kein zusätzliches Entgelt für in der Vergangenheit erbrachte Dienste dar. Sie sollen vielmehr die voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Folgen eines durch Betriebsänderung verursachten Arbeitsplatzverlusts möglichst ausgleichen oder doch zumindest mildern (für Sozialpläne BAG 7. Juni 2011 – 1 AZR 34/10 – Rn. 31, BAGE 138, 107; 26. Mai 2009 – 1 AZR 198/08 – Rn. 23, BAGE 131, 61).
(3) Die Tarifvertragsparteien konnten neben den Abfindungszahlungen nach § 7 TS-TV, die sich zwischen zwei Bruttomonatsgehältern und maximal 110.000,00 Euro brutto bewegen, eine weitere zusätzliche Abfindung von 10.000,00 Euro brutto nur für diejenigen Gewerkschaftsmitglieder vorsehen, die schon im Verlauf der Tarifvertragsverhandlungen und jedenfalls bis zu dem Tag, an dem sie ein Ergebnis über den TS-TV und den ETS-TV erzielt hatten, Mitglied der IG Metall waren.
(a) Die vereinbarte Stichtagsregelung orientiert sich an der geplanten Betriebsänderung als einmaligem Vorgang und den damit verbundenen Überbrückungsleistungen. Im Hinblick auf den tariflichen Regelungsgegenstand war es nicht sachlich ungerechtfertigt, für den persönlichen Geltungsbereich des ETS-TV einen Stichtag zu vereinbaren (§ 1 Abs. 2 ETS-TV), nach dem sich der Kreis der betroffenen Arbeitnehmer bestimmen sollte. Die Tarifvertragsparteien konnten unter Berücksichtigung der koalitionsspezifischen Interessen der IG Metall, die der Aufhebung eines bestehenden tariflichen Sonderkündigungsschutzes für bereits bei ihr organisierte Arbeitnehmer zustimmen sollte, die tariflich vorgesehenen „Ergänzungsleistungen” nach §§ 2, 3 ETS-TV auf die Mitglieder beschränken, die am 23. März 2012 (12.00 Uhr) bereits der Gewerkschaft beigetreten waren und nicht erst, nachdem die Tarifverhandlungsergebnisse feststanden.
(b) Ohne eine solche Stichtagsregelung ließe sich zudem der Regelungszweck, allein einem bestimmten „berechenbaren” Kreis von Mitgliedern einen Anspruch auf die Ergänzungsleistungen zu vermitteln, nicht erreichen. Der Anspruch auf eine Abfindungszahlung entstand nach § 5 TS-TV iVm. § 7 Abs. 1 und 2 TS-TV erst „mit Unterzeichnung des dreiseitigen Vertrags (Zustimmung zum Eintritt in die beE)”, der nach C. 5. DV allerdings bis zum 13. April 2012, 12:00 Uhr angenommen werden konnte. Es wäre dann nicht verlässlich zu bestimmen und planbar gewesen, wie viele Mitglieder einen Anspruch auf ergänzende Leistungen tatsächlich haben könnten und nach welchen abstrakten Kriterien das ausgehandelte Tarifvertragsvolumen des ETS-TV bei den ergänzenden Leistungen bestimmt werden soll (zu diesem Aspekt bei Stichtagsregelungen in betrieblichen Sozialplänen BAG 24. Januar 1996 – 10 AZR 155/95 – Rn. 44; s. auch Franzen RdA 2008, 304, 306 f.: Stichtagsregelungen als „Kompromiss zwischen gegenläufigen Gewerkschafts- und Arbeitgeberinteressen”).
(4) Entgegen der Auffassung der Klägerin bestand für die Tarifvertragsparteien keine rechtliche Pflicht, die „Ergänzung zur Höhe der Abfindung” nach § 3 ETS-TV nur für die Mitglieder vorzusehen, deren tariflicher Sonderkündigungsschutz in Wegfall geraten sollte.
Die Ergebnisse von Tarifvertragsverhandlungen, die von widerstreitenden Interessen bestimmt sind, stellen regelmäßig einen Kompromiss dar (BAG 3. Mai 2006 – 4 AZR 795/05 – Rn. 24, BAGE 118, 159: „Kennzeichen des Tarifvertrages”; 30. August 2000 – 4 AZR 563/99 – zu I 2 g der Gründe, BAGE 95, 277; Dieterich FS Schaub 1998, S. 120, 129). Eine rechtliche Verpflichtung, etwaige „Kompensationen” im Zusammenhang mit nachteiligen Regelungen nur für einen Teil der Mitglieder zu vereinbaren, besteht im Rahmen von Tarifvertragsverhandlungen als kollektiv ausgeübter Privatautonomie nicht. Maßgebend ist grundsätzlich nur, ob das gefundene Tarifergebnis mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Im Übrigen sind die Tarifvertragsparteien in Ausübung ihrer verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie frei (s. oben B II 1 b aa (2)).
c) Mit der unterschiedlich geregelten Höhe der Abfindungsleistungen und der „Überbrückungsgelder” durch den TS-TV und den ETS-TV wird entgegen der Auffassung der Klägerin kein „unerträglicher Druck” zum Gewerkschaftsbeitritt erzeugt. Ein von tariflichen Regelungen ausgehender bloßer Anreiz zum Beitritt einer Koalition ist unerheblich (BVerfG 11. Juli 2006 – 1 BvL 4/00 – Rn. 66, BVerfGE 116, 202) und lässt sich zudem ohne Weiteres durch die Gestaltung der individualvertraglichen Regelungen gänzlich minimieren (BAG 21. August 2013 – 4 AZR 861/11 – Rn. 25). Deshalb fehlt es auch an einem Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit, unabhängig davon, ob eine solche negative Freiheit in Art. 9 Abs. 3 GG oder in Art. 2 Abs. 1 GG begründet ist (dazu BAG 18. März 2009 – 4 AZR 64/08 – Rn. 35 mwN, BAGE 130, 43; s. auch Deinert RdA 2014, 129, 133 ff. mwN).
aa) Ohne eine gesonderte Rechtsgrundlage besteht für nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer kein Anspruch auf Anwendung von Tarifnormen auf ihr Arbeitsverhältnis, also auf eine „Gleichbehandlung” mit tarifgebundenen Arbeitnehmern (s. dazu nur BAG 18. März 2009 – 4 AZR 64/08 – Rn. 54 mwN, BAGE 130, 43; sowie 23. März 2011 – 4 AZR 366/09 – Rn. 21, BAGE 137, 231; 20. April 1999 – 1 ABR 72/98 – zu B II 2 b bb der Gründe, BAGE 91, 210; 20. Juli 1960 – 4 AZR 199/59 –). Die individuelle Vertragsfreiheit gibt allerdings sowohl dem Arbeitgeber als auch jedem Arbeitnehmer die rechtliche Möglichkeit, die Anwendbarkeit eines ganzen Tarifvertrags zu vereinbaren oder von einer vertraglichen Einbeziehung von Tarifrecht abzusehen. Ihnen steht es überdies grundsätzlich frei, tariflich vorgesehene Leistungen – etwa wie im Entscheidungsfall die begehrte weitere Abfindung – individualvertraglich zu vereinbaren (BAG 18. März 2009 – 4 AZR 64/08 – Rn. 54, aaO).
bb) Die negative Koalitionsfreiheit wird insbesondere nicht durch die nach § 1 Nr. 2 ETS-TV vorgenommene Gruppenbildung zwischen verschiedenen Gewerkschaftsmitgliedern verletzt. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die tarifliche Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien für Rechtsnormen iSd. § 1 Abs. 1 TVG von Verfassungs und von Gesetzes wegen (§ 3 Abs. 1 TVG) ausschließlich auf ihre Mitglieder beschränkt ist (BVerfG 24. Mai 1977 – 2 BvL 11/74 – zu B II 2 b der Gründe, BVerfGE 44, 322). Die unmittelbare und zwingende Wirkung einer Tarifregelung auf Außenseiter ist danach ausgeschlossen (BAG 23. März 2011 – 4 AZR 366/09 – Rn. 21, BAGE 137, 231).
cc) Die hier vorliegende „Binnendifferenzierung” zwischen Gewerkschaftsmitgliedern schränkt weiterhin weder die Handlungs- und insbesondere Vertragsfreiheit des Arbeitgebers noch die der sog. Außenseiter ein. Ihnen bleibt es unbenommen, ihre vertraglichen Beziehungen frei zu gestalten und durchzuführen. Soweit eine Tarifnorm sich auf das Arbeitsverhältnis von Außenseitern wie hier der Klägerin auswirkt, beruht dies vorliegend nicht auf der normativen Wirkung des Tarifvertrags, sondern auf der privatautonom gestalteten Arbeitsvertragsbeziehung der Arbeitsvertragsparteien (BAG 23. März 2011 – 4 AZR 366/09 – Rn. 21, BAGE 137, 231; 18. März 2009 – 4 AZR 64/08 – Rn. 57, BAGE 130, 43; ebenso Deinert RdA 2014, 129, 131). Von einer solchen Regelung geht gegenüber den sog. Außenseitern kein „höherer Druck” aus, als derjenige, der sich stets ergibt, wenn die individualvertraglichen Vereinbarungen hinter denjenigen Regelungen zurückbleiben, die durch einen Tarifvertrag für die Mitglieder der Tarifvertragsparteien geregelt werden.
dd) Die Unzulässigkeit einer Tarifnorm kann sich nur aus übergeordnetem Recht, nicht aber aus der Vertragspraxis der Individualvertragsparteien ergeben (BAG 18. März 2009 – 4 AZR 64/08 – Rn. 57, BAGE 130, 43). Will ein Arbeitnehmer am Inhalt eines Kollektivvertrags partizipieren, muss er, wenn er in den individuellen Vertragsverhandlungen seine Interessen nicht durchsetzen kann, in die tarifschließende Gewerkschaft eintreten (Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1861; ähnlich Giesen NZA 2004, 1317, 1317 f.; Jacobs FS Bauer 2010, S. 488 f.; Franzen RdA 2008, 193, 199; Lobinger/Hartmann RdA 2010, 235, 239; s. auch Deinert RdA 2014, 129, 134, unter Hinweis auf die „Verhandlungsmacht des Individuums”; sowie Ulber/Strauß DB 2008, 1970, 1974). Im anderen Fall würde es von der individuellen Arbeitsvertragsgestaltung abhängen, ob eine ansonsten zulässige Regelung in einem Tarifvertrag, durch die das Grundrecht auf koalitionsgemäße Betätigung aus Art. 9 Abs. 3 GG ausgeübt wird, unwirksam ist. Den Tarifvertragsparteien wäre es unter Hinweis auf individualvertragliche Abreden verwehrt, abweichende, günstigere Inhaltsnormen für die Arbeitsverhältnisse ihrer Mitglieder zu vereinbaren oder – in im Übrigen sachlich gerechtfertigten Fallgestaltungen (dazu oben B II 1 b) – zwischen ihren Mitgliedern zu differenzieren.
d) Entgegen der Ansicht der Klägerin müssen Tarifvertragsregelungen nach § 1 Abs. 1 TVG nicht geeignet sein, an die Stelle einer staatlichen Regelung über Arbeitsbedingungen zu treten, daher angemessene und ausgewogene Regelungen für seinen Geltungsbereich enthalten und Rücksicht auf die Interessen von Außenseitern nehmen. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus den Erwägungen des Senats in der Entscheidung vom 18. März 2009 (– 4 AZR 64/08 – Rn. 60 ff., BAGE 130, 43; s. auch 23. März 2011 – 4 AZR 366/09 – Rn. 22, BAGE 137, 231; dazu krit. Schubert ZTR 2011, 579, 581; Ulber/Strauß EzA GG Art. 9 Nr. 104; anders wohl Waltermann Arbeitsrecht 17. Aufl. Rn. 546; sowie Kalb jM 2015, 107, 111). Insoweit handelte es sich um nicht tragende und nicht entscheidungserhebliche Erwägungen. Sie standen zur tragenden Begründung in einem rechtlichen Alternativverhältnis. An ihnen hält der Senat im Übrigen unter Hinweis auf die Begründung in seinem Urteil vom 7. Juli 2010 (– 4 AZR 549/08 – Rn. 63 ff. mwN, BAGE 135, 80) – klarstellend – nicht mehr fest.
aa) Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verfolgt den im öffentlichen Interesse liegenden Zweck, dem von der staatlichen Rechtssetzung ausgesparten Raum des Arbeitslebens im Einzelnen durch Tarifverträge autonom zu regeln. Bei dieser Zweckverfolgung durch den Abschluss von Tarifverträgen sollen die Vereinigungen nach dem Willen des Grundgesetzes frei sein. Mit dem Tarifvertragsgesetz hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen für ein gesetzlich gesichertes tarifvertragliches Regelungsverfahren in Ausgestaltung der verfassungsrechtlich abgesicherten Tarifautonomie geschaffen. Die Tarifvertragsparteien regeln auf dessen Grundlage (privat-)autonom, mit welchen tarifpolitischen Forderungen (dazu BAG 24. April 2007 – 1 AZR 252/06 – Rn. 99, BAGE 122, 134) sie für ihre Mitglieder tarifvertragliche Regelungen mit welchem Tarifvertragspartner setzen wollen und letztlich vereinbaren. Anders als § 3 Abs. 2 und Abs. 3 TVG für betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Rechtsnormen eines Tarifvertrags enthält das Tarifvertragsgesetz grundsätzlich keine gesetzlichen Vorgaben, die auf eine bestimmte inhaltliche Ordnung des Tarifvertragssystems iSe. einheitlichen Regelung der Inhalts-, Abschluss- und Beendigungsnormen im jeweiligen Betrieb ausgerichtet sind (BAG 7. Juli 2010 – 4 AZR 549/08 – Rn. 65, BAGE 135, 80).
bb) Ebenso wenig besteht eine Regelungsverpflichtung der Tarifvertragsparteien in dem von der Klägerin angeführten Sinne. Dem steht schon die auf die Mitglieder beschränkte Regelungsmacht entgegen. Sie beschränkt die Ordnungsfunktion eines Tarifvertrags durch § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG auf ihre Mitglieder. Die in erster Linie als Freiheitsgrundrecht strukturierte Koalitionsfreiheit überlässt es den tariffähigen Koalitionen, in Ausübung ihrer kollektiven Regelungsmacht durch Tarifverträge mit Abschluss-, Inhalts- und Beendigungsnormen iSd. § 1 Abs. 1 TVG die Rechtsverhältnisse für ihre Mitglieder zu regeln (BAG 7. Juli 2010 – 4 AZR 549/08 – Rn. 68, BAGE 135, 80).
e) Die Verweisungen in dem dreiseitigen Vertrag unter A. 2.1. auf den TS-TV und den ETS-TV (zu den Maßstäben der Auslegung von AGB BAG 19. Mai 2010 – 4 AZR 796/08 – Rn. 15 mwN, BAGE 134, 283) führen zu keinem anderen Ergebnis. Rechtsfolge dieser Verweisungsklauseln ist allein, die Anwendbarkeit der Tarifnormen im Arbeitsverhältnis mit den dort vorhandenen Voraussetzungen herbeizuführen. Die Vereinbarung unter A. 2.1. Abs. 2 DV nennt ausdrücklich die Bestimmungen über den Geltungsbereich des ETS-TV (§ 1 Abs. 2 ETS-TV) als eine Voraussetzung für eine zusätzliche Abfindungszahlung nach § 3 ETS-TV an. Sie substituiert schon deshalb nicht die weitere Anspruchsvoraussetzung einer Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft zu einem bestimmten Stichtag (vgl. auch BAG 21. August 2013 – 4 AZR 861/11 – Rn. 23; s. auch 18. März 2009 – 4 AZR 64/08 – Rn. 27, BAGE 130, 43), die bei der Klägerin, die erst im Monat Juli 2012 Mitglied der IG Metall wurde, nicht vorliegt.
2. Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (ausf. zu dessen Inhalt BAG 21. Mai 2014 – 4 AZR 50/13 – Rn. 19 ff., BAGE 148, 139) stützen. Die vertraglichen Vereinbarungen nach A. 2.1. Abs. 1 DV sind nicht an dessen Maßstab zu überprüfen.
a) Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beachtung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes besteht nicht bei jeder Form privatautonomen Handelns. Werden Rechte und Pflichten für ein Arbeitsverhältnis zwar privatautonom, aber unter den Bedingungen eines strukturellen Gleichgewichts vereinbart, bleibt der Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verschlossen (ausf. BAG 21. Mai 2014 – 4 AZR 50/13 – Rn. 29 ff. mwN, BAGE 148, 139).
b) Nach diesen Maßstäben unterliegen die differenzierenden arbeitsvertraglichen Regelungen unter A. 2.1. Abs. 1 und Abs. 2 DV als Teil der vertraglich erforderlichen Umsetzung der Abfindungs- und Mindestbedingungsregelungen des TS-TV und des ETS-TV durch den tariflich vorgegebenen dreiseitigen Vertrag keiner Kontrolle anhand der Kriterien des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Sie dienen allein der vertraglichen Umsetzung der im TS-TV und im ETS-TV genannten Bestimmungen über die Abfindungszahlung.
aa) Nach den Tarifregelungen des TS-TV und des ETS-TV hat die Beklagte zu 2., die selbst an beide Tarifverträge gebunden ist, in einem Antrag auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrags (§ 145 BGB) einen Abfindungsanspruch nach den Bestimmungen des § 7 TS-TV und nach § 3 ETS-TV aufzunehmen, die mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu ihr (§ 5 Abs. 1 TS-TV) verbunden ist. § 5 Abs. 3 TS-TV sieht – ebenso wie § 7 Abs. 7 TS-TV – vor, dass „in dem dreiseitigen Vertrag … der Anspruch auf Abfindung und deren Fälligkeit festgehalten (§ 7)” wird. Gleiches gilt für die weitere Abfindung nach § 3 ETS-TV gemäß § 4 Abs. 1 ETS-TV, der eine entsprechende Anwendung der Regelungen des TS-TV bestimmt.
bb) Damit ist das Vertragsangebot der Beklagten zu 2. (A. DV) auf eine Umsetzung der beiden Tarifverträge – TS-TV und ETS-TV – gerichtet. Diesen – hinsichtlich der Abfindung differenzierenden – tariflichen Regelungen kommt, da sie nicht wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam sind (oben B II 1 a bis c), jedenfalls im Rahmen einer vertraglichen Umsetzung durch die an sie gebundene Beklagte zu 2. (§ 3 Abs. 1 TVG) die Vermutung der Angemessenheit zu. Die Voraussetzungen für eine Begrenzung privatautonomen Handelns anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (BAG 21. Mai 2014 – 4 AZR 50/13 – Rn. 19 ff., 24 ff., BAGE 148, 139; s. auch 3. September 2014 – 5 AZR 6/13 – Rn. 23) liegen deshalb hier nicht vor.
3. Die Klägerin kann die von ihr geltend gemachten Ansprüche auch nicht auf den von der Beklagten zu 2. und dem bei ihr bestehenden Betriebsrat vereinbarten „Interessenausgleich” vom 4. April 2012 stützen. Dabei kann zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, die Betriebsparteien hätten durch Nr. 5 des Interessenausgleichs („Sozialplan”) die Regelungen des TS-TV als eigenen Sozialplan übernommen. Die ausschließlich erfolgte Einbeziehung des TS-TV und nicht zugleich des ETS-TV in die betriebliche Vereinbarung verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 BetrVG. Deshalb kann offenbleiben, ob bei dessen Verletzung – wie die Klägerin meint – sich überhaupt ein Anspruch auf eine erhöhte Abfindungszahlung im Wege einer „Anpassung nach oben” ergeben könnte (vgl. etwa BAG 19. Februar 2008 – 1 AZR 1004/06 – Rn. 23 ff., 42, BAGE 125, 366; 21. Oktober 2003 – 1 AZR 407/02 – zu III 1 der Gründe mwN, BAGE 108, 147).
a) Sozialpläne unterliegen wie andere Betriebsvereinbarungen der gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle. Sie sind daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht, insbesondere dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG), vereinbar sind. Danach haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von Personen aus den in dieser Vorschrift genannten Gründen unterbleibt. § 75 Abs. 1 BetrVG enthält nicht nur ein Überwachungsgebot, sondern verbietet zugleich Vereinbarungen, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgeführten Merkmale benachteiligt werden (st. Rspr., etwa BAG 26. März 2013 – 1 AZR 813/11 – Rn. 20, BAGE 144, 378; 7. Juni 2011 – 1 AZR 34/10 – Rn. 20, BAGE 138, 107; 12. April 2011 – 1 AZR 764/09 – Rn. 10 f.).
Nach § 75 Abs. 1 BetrVG können die Betriebsparteien daher auch bei der Festlegung von Leistungen in einem Sozialplan Arbeitnehmern nicht deswegen eine höhere Abfindung zuerkennen, weil diese Mitglied einer Gewerkschaft sind. Ein solches Vorgehen verstieße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Ein sog. Außenseiter könnte in einem solchen Falle ggf. die gleiche Behandlung verlangen, wie sie den Gewerkschaftsmitgliedern bei der Bemessung der Leistungen zukommt (vgl. BAG 12. Februar 1985 – 1 AZR 40/84 –).
b) Die Beklagte zu 2. und der Betriebsrat haben aber mit der alleinigen Übernahme der Regelungen des TS-TV nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 BetrVG verstoßen.
aa) Die in den „Interessenausgleich” übernommenen Regelungen sehen – in Anwendung des persönlichen Geltungsbereichs nach § 1 Nr. 2 TS-TV – Leistungen für alle Beschäftigten vor, sofern sie, wie die Klägerin, die individuellen Voraussetzungen für den Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld erfüllen. Die Betriebsparteien haben gerade davon abgesehen, die Bestimmungen des ETS-TV – mit denen zwischen bestimmten Mitgliedern der IG Metall differenziert wird – zu übernehmen. Damit haben sie den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, der darauf abzielt, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen (BAG 12. April 2011 – 1 AZR 505/09 – Rn. 15), beachtet.
bb) Mit ihrem Hinweis, es wäre keine Ungleichbehandlung eingetreten, wenn der Betriebsrat seine ihm nach „§§ 111 ff. BetrVG obliegende Aufgabe selbst wahrgenommen” hätte, verkennt die Revision das grundsätzlich mögliche „Nebeneinander” von Tarifverträgen mit sozialplanähnlichem Inhalt und Sozialplänen nach § 112 BetrVG sowie den Umstand, dass für beide unterschiedliche Akteure verantwortlich sind und unterschiedliche rechtliche Maßstäbe gelten.
(1) Den Tarifvertragsparteien fehlt auch in Betrieben mit einem Betriebsrat nicht die Kompetenz zur Schaffung von Regelungen, die inhaltlich denen eines möglichen Sozialplans nach § 112 BetrVG entsprechen. Diese Materie ist nicht ausschließlich den Betriebsparteien vorbehalten. Die §§ 111 ff. BetrVG hindern den einvernehmlichen Abschluss eines Haustarifvertrags zum Ausgleich der mit einer konkreten Betriebsänderung verbundenen Nachteile nicht (BAG 24. April 2007 – 1 AZR 252/06 – Rn. 81 ff., BAGE 122, 134). Ein Tarifvertrag mit sozial-planähnlichem Inhalt, der ohne Weiteres nur für die bei der tarifschließenden Gewerkschaft organisierten Arbeitnehmer des Betriebs gilt, und ein für alle betroffenen Arbeitnehmer des Betriebs unabhängig von ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit geltender Sozialplan der Betriebsparteien können prinzipiell nebeneinander bestehen. Die Tarifvertragsparteien sind zudem nicht darauf beschränkt, nur Regelungen zu treffen, die auch wirksamer Inhalt eines betrieblichen Sozialplans nach § 112 BetrVG sein könnten (BAG 6. Dezember 2006 – 4 AZR 798/05 – Rn. 30, BAGE 120, 281).
(2) Ebenso wie die Annahme einer Sperrwirkung eines betriebsverfassungsrechtlichen Sozialplans gegenüber dem Tarifvertrag systemfremd ist, weil sich aus dem BetrVG keine Einschränkung der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien ergibt (BAG 6. Dezember 2006 – 4 AZR 798/06 – Rn. 30, BAGE 120, 281), ist auch die Auffassung der Klägerin unzutreffend, die Betriebsparteien seien zur inhaltsgleichen Übernahme aller tariflichen Regelungen verpflichtet, die Inhalt von Tarifverträgen mit sozialplanähnlichem Inhalt anlässlich einer Betriebsänderung geworden sind. Dem steht bereits entgegen, dass den Betriebsparteien angesichts der Vielfalt ausgleichsfähiger und ausgleichsbedürftiger Nachteile ein Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. nur BAG 1. Februar 2011 – 1 AZR 472/09 – Rn. 17).
cc) Es ist schließlich nicht erkennbar, dass sich für nicht in einer Gewerkschaft organisierte Arbeitnehmer mittelbar ein Nachteil dadurch ergeben hat, dass aufgrund des Tarifvertragsabschlusses des ETS-TV für den betrieblichen Sozialplan keine oder erheblich geringere Mittel vorhanden gewesen wären, es also zu einer „Aufzehrung” der zur Verfügung stehenden Mittel durch die beiden Tarifverträge gekommen wäre. Alle Arbeitnehmer haben nach dem Vorbringen der Parteien einen Anspruch auf eine Abfindung von bis zu 110.000,00 Euro brutto und ein „beE-Monatsentgelt” iHv. 70 vH des bisherigen Bruttomonatseinkommens für die Dauer ihres Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten zu 1. Zudem ist eine etwaige Ungleichbehandlung von sog. Außenseitern und Gewerkschaftsmitgliedern in einer auf die Bildung von Zwangsorganisationen verzichtenden Tarifvertragsordnung immanent (Fischinger Anm. zu AP Nr. 2 zu § 1 TVG Sozialplan mwN). Eine Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien scheidet deshalb nicht aus (BAG 24. April 2007 – 1 AZR 252/06 – Rn. 85, BAGE 122, 134).
dd) Soweit die Revision schließlich anführt, der bei der Beklagten zu 2. bestehende Betriebsrat habe „anstatt einen Interessenausgleich und Sozialplan selbst zu verhandeln”, der IG Metall ein „Mandat erteilt”, handelt es sich um einen in der Revisionsinstanz unzulässigen neuen Vortrag, der sich zudem auf eine pauschale und nicht durch nähere Tatsachen gestützte Behauptung beschränkt. Hinzu kommt, dass der Betriebsrat gesetzlich noch nicht einmal verpflichtet gewesen ist, überhaupt eine Sozialplanregelung zu vereinbaren.
4. Die Klägerin kann sich für ihren Anspruch schließlich nicht auf § 3 Abs. 2 TVG stützen. Entgegen ihrer Auffassung ist die Stichtagsregelung in § 1 Abs. 2 ETS-TV wirksam. Deshalb kann dahinstehen, ob die Auffassung der Klägerin, im Falle der Unwirksamkeit dieser Regelung sei der TS-TV insgesamt nichtig und bei den dann allein noch verbleibenden Regelungen des ETS-TV handele es sich nunmehr um Betriebsnormen iSd. § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG, von denen auch die Klägerin erfasst werde, auch nur im Ansatz zutreffend sein könnte.
5. Einer Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 Abs. 3 ArbGG bedurfte es nicht. Bei der vom Großen Senat in der Entscheidung vom 29. November 1967 behandelten Rechtsfrage (– GS 1/67 – BAGE 20, 175) handelt sich um eine andere als diejenige nach der Zulässigkeit einer Differenzierung zwischen verschiedenen Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern (ausf. zu den behandelten Rechtsfragen BAG 18. März 2009 – 4 AZR 64/08 – Rn. 86 ff., BAGE 130, 43).
III. Der Klägerin steht auch gegen die – nicht tarifgebundene – Beklagte zu 1. weder einen Anspruch auf weitere Leistungen nach B. 4. Abs. 2 DV iVm. § 2 ETS-TV noch auf Zahlung eines Bruttomonatsentgelts iHv. 70 vH des nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 TS-TV ermittelten Bruttomonatseinkommens zu.
1. Die Klägerin hat auf Grund der Regelung in B. 4. Abs. 2 DV keinen Anspruch auf Zahlung eines Entgelts nach Maßgabe des § 2 Satz 1 ETS-TV (Ergänzung der Mindestbedingungen der Transferarbeitsverhältnisse). Die Tarifvertragsparteien haben in § 1 Nr. 2 ETS-TV eine wirksame Geltungsbereichsbestimmung vereinbart (oben B II 1 a bis c). Deshalb kann die Klägerin auch auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Verweisung in B. 4. Abs. 2 DV nicht die in § 2 ETS-TV vorgesehene Leistung verlangen.
Bei dem „beE-Monatsentgelt” handelt es sich um eine Überbrückungsleistung anlässlich einer Betriebsänderung sowie der damit verbundenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2., die lediglich auf die Dauer des bestehenden Transferarbeitsverhältnisses verteilt ist, und nicht um ein Entgelt (s. auch B II 1 b cc (2)). Entgegen der Auffassung der Revision greift daher die „Ergänzung zu den Mindestbedingungen der Transferarbeitsverhältnisse” nach § 2 ETS-TV nicht differenzierend in das arbeitsvertragliche Synallagma ein. In dem mit der Beklagten zu 1. begründeten befristeten Transferarbeitsverhältnis (§ 5 TS-TV) ist „Kurzarbeit Null angeordnet” (B. 1. Abs. 2 DV) und der Beschäftigungsanspruch entfallen. Es ist gerade keine (produktive) Arbeitsleistung zu erbringen (vgl. BAG 19. März 2014 – 5 AZR 299/13 (F) – Rn. 21).
2. Die Klägerin kann sich für einen Anspruch auf eine erhöhte Zahlung nach § 2 Satz 1 ETS-TV nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Dessen Anwendungsbereich ist auch bezogen auf die tarifungebundene Beklagte zu 1. nicht eröffnet. Die Regelungen in B. 4. Abs. 1 und Abs. 2 DV unterliegen als tarifvertraglich vorgesehene notwendige Umsetzung von zwischen tariffähigen Vertragspartnern vereinbarten Regelungen nicht der Kontrolle anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (zu den Grundsätzen ausf. BAG 21. Mai 2014 – 4 AZR 50/13 – Rn. 29 ff. mwN, BAGE 148, 139; sowie oben B II 2 a).
a) Der von der Beklagten zu 1. der Klägerin in Umsetzung der beiden Tarifverträge angebotene und von ihr angenommene Arbeitsvertrag (nach Abschnitt B. des Dreiseitigen Vertrags) dient vor allem der rechtlich erforderlichen Umsetzung der im TS-TV unter § 5 Abs. 2 Nr. 1 bis 12 festgelegten „Mindestbedingungen der Transferarbeitsverhältnisse” sowie der in § 2 ETS-TV vorgesehenen Ergänzung zu den Mindestbedingungen der Transferarbeitsverhältnisse. Hierfür ist nach § 5 Abs. 1 TS-TV – der vermittelt über § 4 Satz 1 ETS-TV auch für die dort geregelten Ergänzungsleistungen gilt – der Abschluss eines dreiseitigen Vertrags des jeweiligen Arbeitnehmers mit dem bisherigen Arbeitgeber – der Beklagten zu 2. – zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Transfergesellschaft – der Beklagten zu 1. – zur Begründung eines sich unmittelbar anschließenden Transferarbeitsverhältnisses (Teil B. DV) vorgesehen. Die Transfergesellschaft war nach § 2 TS-TV von der Beklagten zu 1. als betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit (beE) auf „Basis einer mit der IG Metall abgestimmten Kooperationsvereinbarung” (§ 4 Abs. 2 TS-TV), deren wesentliche Bestandteile zudem in § 4 Abs. 3 TS-TV geregelt sind, zu errichten. Die Begründung eines Transferarbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. als Träger der Transfermaßnahme und damit einem „Dritten” entsprechend § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB III (idF vom 20. Dezember 2011, in Kraft getreten am 1. April 2012, BGBl. I 2011, 2854; s. auch BT-Drucks. 15/1515, S. 91) schafft die betrieblichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld (s. auch Geschäftsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit Teil C Stand Juni 2013 S. 217 f.).
b) Aufgrund dieser rechtlichen Vorgaben des TS-TV und des ETS-TV hinsichtlich der Ausgestaltung der Transferarbeitsverhältnisse handelt es sich bei den differenzierenden Vergütungsregelungen B. 4. DV um eine Umsetzung von verbindlichen tariflichen Vorgaben der zwischen der Beklagten zu 2. und der IG Metall vereinbarten Transfer- und Sozialtarifverträge. Dabei ist unbeachtlich, dass die weitere Durchführung der Transferarbeitsverhältnisse allein durch die Beklagte zu 1. ohne zwingende rechtliche Beteiligung der IG Metall als Organisation erfolgt ist (vgl. auch BAG 21. Mai 2014 – 4 AZR 50/13 – Rn. 35, 45, mwN, BAGE 148, 139).
3. Soweit sich die Klägerin weiterhin für ihren Anspruch auf den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 BetrVG sowie auf eine Geltung der Regelungen nach § 3 Abs. 2 TVG stützt, verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine vorstehenden Ausführungen (unter B II 3 und 4). Zudem übersieht die Klägerin in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte zu 1. an die beiden Tarifverträge nicht gebunden ist, weshalb eine Geltung der Regelungen nach § 3 Abs. 2 TVG auch deshalb ausscheiden würde.
4. Der Klägerin kann von der Beklagten zu 1. auch nicht die Zahlung der monatlichen Vergütung nach B. 4. Abs. 1 DV auf der Basis ihres (bisherigen) Bruttomonatseinkommens in Höhe von 70 vH unter Heranziehung des Berechnungsfaktors in § 5 Abs. 3 Satz 2 TS-TV („13,5 fache des bisherigen Bruttomonatsgehalts dividiert durch 12”) beanspruchen. Das ergibt die Auslegung der im Formulararbeitsvertrag enthaltenen vertraglichen Regelung (zu den Maßstäben der Auslegung BAG 19. Mai 2010 – 4 AZR 796/08 – Rn. 15, BAGE 134, 283).
a) Entgegen der Auffassung der Klägerin haben die Parteien in B. 4. Abs. 1 Satz 2 DV nicht lediglich ein Bruttomonatseinkommen iHv. 70 vH der nach B. 4. Abs. 1 Satz 2 DV maßgebenden Bezugsgröße vereinbart. Zwar spricht die vertragliche Bestimmung von einem „BruttoMonatsEinkommen”. Dieses ist aber „gemäß § 5 Abs. 3 des Transfers- und Sozialtarifvertrags” zu zahlen, der von einem „BeE-Monatsentgelt” und gerade nicht von einem Bruttomonatseinkommen – insbesondere dem bisherigen der Klägerin – handelt. Die ausdrückliche Bezugnahme auf § 5 Abs. 3 TS-TV bringt dabei hinreichend klar zum Ausdruck, dass die dort von den Tarifvertragsparteien getroffene Regelung maßgebend sein soll („erhält gemäß § 5 Abs. 3 des Transfer- und Sozialtarifvertrags … – unter Anrechnung von Zahlungen der Agentur für Arbeit – … monatlich 70 % ihres/seines BruttoMonatsEinkommens). Damit wird zur Berechnung der Höhe des monatlichen Entgelts ein „Referenz”-Bruttoeinkommen benannt, welches sich aus den Entgeltzahlungen der Arbeitgeberin und – sofern eine Zahlung erfolgt – aus den netto gewährten Leistungen der Bundesagentur für Arbeit nach Maßgabe des § 5 Abs. 3 TS-TV zusammensetzt.
b) Die Klägerin kann sich nicht auf die Unklarheitenregelung des § 305c BGB stützen. Auf diese kann nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung aller anerkannten Auslegungsmethoden „erhebliche Zweifel” an der richtigen Auslegung bestehen (BAG 16. Mai 2012 – 4 AZR 224/10 – Rn. 22; 21. Oktober 2009 – 4 AZR 880/07 – Rn. 36 mwN). Derartige Zweifel bestehen, wie die Auslegung zeigt, vorliegend nicht. Allein die entfernte Möglichkeit, auch zu einem anderen Auslegungsergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB nicht (BAG 10. Dezember 2008 – 10 AZR 1/08 – Rn. 15).
c) Die Beklagte zu 1. hat in rechtsfehlerfreier Anwendung von § 5 Abs. 3 TS-TV das der Klägerin zustehende Bruttomonatseinkommen berechnet.
Insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die den Parteien bekannte Begründung des Spruchs der tariflichen Schiedsstelle vom 14. Dezember 2012. Deshalb kann es dahinstehen, ob dem Schiedsstellenspruch eine rechtliche Bindungswirkung nach § 108 Abs. 4 ArbGG iVm. § 9 TVG zukommt (so Düwell/Lipke/Voßkühler ArbGG 3. Aufl. § 108 Rn. 28; GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 108 Rn. 29 f.; GK-ArbGG/Mikosch ArbGG Stand 2013 § 108 Rn. 18; Schwab/Weth/Zimmerling ArbGG 4. Aufl. § 108 Rn. 23; alle unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Mai 1960 – 1 AZR 268/57 – zu 1 b der Gründe; aA Däubler/Reinecke TVG 3. Aufl. § 9 Rn. 33; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 9 Rn. 49 f.).
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Eylert, Rinck, Treber, Hannig, Kriegelsteiner
Fundstellen
BAGE 2016, 235 |
BB 2015, 1076 |
BB 2015, 2291 |
BB 2015, 2362 |
DB 2015, 14 |
DB 2015, 2398 |
DB 2015, 7 |
NJW 2015, 8 |
EBE/BAG 2015 |
FA 2015, 218 |
FA 2015, 346 |
NZA 2015, 1388 |
NZA 2015, 6 |
NZG 2015, 6 |
ZIP 2015, 33 |
ZTR 2015, 263 |
ZTR 2015, 640 |
AP 2016 |
EzA-SD 2015, 14 |
EzA-SD 2015, 9 |
EzA 2015 |
AA 2015, 91 |
AUR 2015, 419 |
AUR 2016, 371 |
ArbRB 2015, 299 |
ArbR 2015, 221 |
AP-Newsletter 2015, 237 |
JM 2016, 66 |
Personalmagazin 2015, 63 |
SPA 2015, 88 |