Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang
Leitsatz (redaktionell)
Legt der Arbeitnehmer, der einen Übergang seines Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB geltend macht, dar, daß der in Anspruch genommene Betriebserwerber die wesentlichen Betriebsmittel nach Einstellung des Geschäftsbetriebes des bisherigen Geschäftsinhabers verwendet, um einen gleichartigen Geschäftsbetrieb zu führen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß dies aufgrund eines Rechtsgeschäfts im Sinne von § 613a BGB geschieht.
Normenkette
ZPO § 286; BGB § 613a Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 30.03.1984; Aktenzeichen 2 Sa 1992/83) |
ArbG Solingen (Entscheidung vom 12.10.1983; Aktenzeichen 4 Ca 1784/82) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten des zwischen der Klägerin und der Firma J K & Co. bestehenden Arbeitsvertrages eingetreten ist.
Die Klägerin war ab August 1979 bei der Firma J K & Co. als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Sie verdiente zuletzt 1.600,-- DM brutto monatlich. Die Firma K & Co. betrieb ein Anzeigen- und Verlagsunternehmen und gab ein Anzeigenblatt mit dem Namen Rhein-Wupper-Anzeiger heraus. Zu diesem Zweck hatte sie u.a. Geschäftsräume in L, D und in B, H, angemietet. Diese Mietverträge wurden von den jeweiligen Hauseigentümern wegen Zahlungsrückständen fristlos gekündigt.
Über das Vermögen der Firma K & Co. ist am 1. April 1982 das am 3. Februar 1982 beantragte Konkursverfahren eröffnet worden. Mit Schreiben vom 2. Februar 1982 kündigte die Firma J K & Co. das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum Ablauf desselben Tages fristlos.
Im Hinblick auf den Konkursantrag vom 3. Februar 1982 ist der Klägerin von der Beklagten zunächst ein Arbeitsplatz angeboten worden. Zum Abschluß eines Arbeitsvertrages kam es jedoch nicht. Die Klägerin hatte etwa Mitte Februar 1982 der Firma K mitgeteilt, sie sei im zweiten Monat schwanger.
Mit Schreiben vom 19. Februar 1982 erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage gegen die Firma K & Co. und machte zugleich einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend. Wegen der Eröffnung des Konkursverfahrens wurde das Kündigungsschutzverfahren zunächst unterbrochen, bis es die Klägerin gegen den Konkursverwalter mit Schriftsatz vom 16. April 1982 wiederaufnahm. Mit Urteil vom 8. Dezember 1982 - 4 Ca 194/82 (L) - entsprach das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage. Die dagegen von dem Konkursverwalter eingelegte Berufung ist durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 1. Juni 1983 - 5 Sa 324/83 - zurückgewiesen worden.
Am 4. bzw. 18. Februar 1982 schloß die Beklagte mit den jeweiligen Vermietern neue Mietverträge über die zuvor von der Firma K & Co. genutzten Geschäftsräume. Das dort noch aufgrund deren Vermieterpfandrechts vorhandene Büromobiliar wurde von der Beklagten mit Zustimmung der Firma J K & Co., später der des Konkursverwalters, zunächst weiter benutzt. Später ist es von dem Konkursverwalter anderweitig verkauft worden.
Die Beklagte betreibt ebenfalls ein Verlagsunternehmen und verlegt ein Anzeigenblatt mit Namen "Wochenpost", dessen Verbreitungsgebiet und Auflagenstärke mit dem von der Firma K & Co. herausgegebenen Rhein-Wupper-Anzeiger nur teilweise übereinstimmt.
Die Klägerin hat mit der am 14. September 1982 bei dem Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage von der Beklagten Arbeitslohn bzw. Zuschuß zum Mutterschaftsgeld unter Anrechnung erhaltener Arbeitslosenbezüge für die Zeit von April bis Juni 1982 verlangt. Mit späteren Schriftsätzen hat sie die Klage für den Zeitraum bis 31. August 1983 erweitert. Sie hat behauptet, die Beklagte habe den Betrieb der Firma K & Co. am 3. Februar 1982 übernommen und sei damit in das im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehende Arbeitsverhältnis eingetreten. Im einzelnen hat die Klägerin unter Beweisantritt folgendes vorgetragen: Die Beklagte habe die gesamte Geschäftsstelle in B übernommen sowie die Geschäftsräume in L bezogen. Darüber hinaus habe die Beklagte auch einen wesentlichen Teil der Arbeitnehmer der Firma K & Co. eingestellt und einen großen Teil des Inventars sowie alle Geschäftspapiere, Kundenlisten und das Barvermögen genutzt. Auch der telefonische Anzeigenverkauf der Firma K & Co. nebst den dazugehörigen Kundenlisten und Adressen seien von der Beklagten benutzt worden. Dadurch habe die Beklagte das gesamte "know how" eines eingefahrenen Zeitungsbetriebes erhalten.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
einen Betrag in Höhe von 6.400,-- DM brutto
abzüglich 2.428,-- DM netto nebst 4 % Zinsen
seit Klageerweiterung (13. September 1982) zu
zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
einen Betrag in Höhe von 1.600,-- DM brutto
abzüglich 607,20 DM netto nebst 4 % Zinsen
seit Klageerweiterung (13. September 1982) zu
zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
einen Betrag in Höhe von 1.600,-- DM brutto
abzüglich 607,20 DM netto nebst 4 % Zinsen
seit Klageerweiterung (12. Oktober 1982) zu
zahlen;
4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
einen Betrag in Höhe von 6.400,-- DM brutto
abzüglich 1.879,45 DM netto nebst 4 % Zinsen
seit Klageerweiterung (27. Januar 1983) zu
zahlen;
5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
einen Betrag in Höhe von 9.600,-- DM brutto
abzüglich 3.744,-- DM netto nebst 4 % Zinsen
seit Klageerweiterung (10. August 1983) zu
zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein Betriebsübergang nach § 613 a BGB zwischen der Firma J K & Co. und ihr habe nicht stattgefunden. Sie habe nach der fristlosen Kündigung der Mietverträge über die Geschäftsräume in L und B jeweils neue Mietverträge mit den Vermietern abgeschlossen. Im übrigen habe sie weder Kundenlisten noch sonstige Geschäftspapiere oder Barvermögen der früheren Arbeitgeberin der Klägerin übernommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. 1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil es "letztlich" unstreitig sei, daß ein Rechtsgeschäft zwischen der Beklagten einerseits, dem Konkursverwalter bzw. der Firma J K & Co. andererseits zu keinem Zeitpunkt abgeschlossen worden sei. Zwar habe die Beklagte die Betriebsräume der Firma K
Fundstellen
Haufe-Index 439947 |
BAGE 48, 345-350 (LT1) |
BAGE, 345 |
BB 1985, 1794-1795 (LT1) |
NJW 1986, 454 |
NJW 1986, 454-455 (LT1) |
BlStSozArbR 1985, 306-306 (T) |
NZA 1985, 736-737 (LT1) |
WM IV 1985, 1514-1516 (LT1) |
ZIP 1985, 1158 |
ZIP 1985, 1158-1160 (LT1) |
AP § 613a BGB (LT1), Nr 41 |
AR-Blattei, Betriebsinhaberwechsel Entsch 57 (LT1) |
AR-Blattei, ES 500 Nr 57 (LT1) |
EzA § 613a BGB, Nr 43 |
JuS 1986, 410-412 (LT1) |
MDR 1985, 1052-1052 (LT1) |