Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag mit einer Teilzeit-Lehrerin
Orientierungssatz
1. Teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen sind nach demselben arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu behandeln wie vollberufliche Lehrkräfte (BAG Urteil vom 16.3.1972 5 AZR 460/71 = AP Nr 10 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten).
2. Werden mit einer Lehrerin mit ausländischer Lehrbefähigung während der Aufbauphase einer Realschule drei befristete Arbeitsverträge von jeweils einem Jahr abgeschlossen, so ändert dies nichts daran, daß auch bei derartigen Fallkonstellationen von dem Schulträger eine exakte und detaillierte Bedarfsprognose zu fordern ist.
Normenkette
BGB § 620 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG München (Entscheidung vom 23.03.1983; Aktenzeichen 9 Sa 548/82) |
ArbG München (Entscheidung vom 08.07.1982; Aktenzeichen 25 Ca 1816/82) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf am 31. August 1982.
Die Klägerin hat an der University of Saskatchewan studiert und ihr Studium mit dem Erwerb des akademischen Grades Bachelor of Education abgeschlossen. Sie ist seit 17. November 1979 als Lehrkraft mit acht Unterrichtsstunden pro Woche an der Staatlichen Realschule V, die im Jahre 1979 gegründet worden ist, tätig. Sie unterrichtet das Fach Englisch.
Der Beklagte schloß mit der Klägerin folgende befristete Arbeitsverträge ab:
1. Arbeitsvertrag vom 25. Oktober/5. November
1979 für die Zeit vom 17. September 1979
bis 31. August 1980;
2. Arbeitsvertrag vom 14. Oktober/28. Oktober
1980 für die Zeit vom 1. September 1980
bis 31. August 1981;
3. Arbeitsvertrag vom 7. Oktober/10. November
1981 für die Zeit vom 1. September 1981 bis
31. August 1982.
In den formularmäßigen Arbeitsverträgen ist bestimmt, daß sich "das Dienstverhältnis nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 13. August 1973 (KMBl. S. 925) in der jeweils geltenden Fassung richtet".
Mit der am 15. Februar 1982 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, daß sie in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Beklagten stehe. Sie ist der Auffassung, die Befristungen seien unwirksam, da weder für die Befristungen als solche noch für die gewählte Zeitdauer sachliche Gründe vorhanden seien. Insbesondere sei es unzutreffend, daß an der Staatlichen Realschule V ein vorübergehender Bedarf bestanden habe, weil sich diese in einer Aufbauphase befunden habe, die nun abgeschlossen sei. Die Aufbauphase der Realschule V sei nämlich noch lange nicht beendet. Jahr für Jahr steige die Zahl der Schüler sprunghaft.
Der Beklagte hält die Befristungen für wirksam. Er trägt vor, in der Zeit von 1979 bis zum Schuljahresende 1981/82 habe im Hinblick auf die Tatsache, daß die Staatliche Realschule V im Aufbau gewesen sei, kein Bedarf für eine Vollzeitlehrkraft im Fach Englisch bestanden. Zum Schuljahresende 1982/83 habe die Realschule V ihr Aufbauziel erreicht; sie werde in den beiden dort geführten Wahlpflichtfächergruppen die Jahrgangsstufen 7 - 10 führen.
Die Befristung des Vertrages vom 25. Oktober 1979/5. November 1979 sei sachlich gerechtfertigt gewesen. An der neugegründeten Staatlichen Realschule V hätten hauptamtliche Lehrkräfte nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung gestanden. Ungedeckte Unterrichtsstunden hätten nur gehalten werden können, wenn für den vorübergehenden Bedarf eine Aushilfskraft habe eingesetzt werden können. Auch die Befristung der Verträge vom 14. Oktober 1980/28. Oktober 1980 und vom 7. Oktober 1981/10. November 1981 seien aus den gleichen Gründen gerechtfertigt gewesen.
Weil im Schuljahr 1982/83 die Aufbauphase abgeschlossen gewesen sei, habe im Rahmen der vom Arbeitgeber geschuldeten Prognose zu keinem Zeitpunkt eine Verlängerung des Dienstverhältnisses mit der Klägerin über das Schuljahr 1981/82 hinaus zur Diskussion gestanden. Es sei allen Lehrern an einer neu gegründeten und aufzubauenden Schule bekannt, daß es wegen der begrenzten Anzahl von Fächerverbindungen bei den Lehramtsprüfungen nicht möglich sei, den gesamten Unterricht durch hauptamtliche bzw. hauptberufliche Lehrer abzudecken. Erfahrungsgemäß könne einer im Aufbau befindlichen Schule erst dann genügend hauptberufliches Lehrpersonal zugewiesen werden, wenn sie mehr als 3/4 ihrer Endgröße erreicht habe. Die Staatliche Realschule V führe im Jahre 1982/83 17 Klassen und werde im Endausbau voraussichtlich 19 bis 20 Klassen haben.
Nach Abschluß der Aufbauphase müsse der Englisch-Unterricht durch eine hauptamtliche oder hauptberufliche Vollzeitlehrkraft erteilt werden. Als Vollzeitlehrkraft habe die Klägerin nicht übernommen werden können, da sie die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Nach den Vorschriften des Lehrerbildungsgesetzes dürfe der Unterricht an Staatlichen Schulen grundsätzlich nur von Lehrkräften erteilt werden, die die hierzu erforderliche Lehrbefähigung erworben hätten. Diese werde für die Realschule durch das Ablegen der fachlichen und pädagogischen Prüfung für das Lehramt an Realschulen nachgewiesen. Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht erbracht. Ihre im Ausland abgelegten Prüfungen könnten nicht als gleichwertig mit den genannten Staatlichen Prüfungen für das Lehramt an Realschulen anerkannt werden. Aufgrund dieser Umstände habe für die Klägerin nur eine Aushilfstätigkeit als Lehrkraft an einer Realschule in Frage kommen können, denn für eine solche Tätigkeit dürften vorübergehend auch Personen ohne Lehrbefähigung eingesetzt werden, wenn hierfür ein vorübergehender Bedarf bestehe.
Würde man die Üblichkeit der Befristung von Arbeitsverträgen mit nebenberuflichen Lehrern an aufzubauenden Schulen in Abrede stellen, so müßten diese Schulen auf Dauer mit einem unerträglich hohen Anteil an nebenberuflichen Lehrern arbeiten. Die Anstellung von hauptberuflichen Lehrern würde hierdurch wesentlich eingeschränkt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist unbegründet.
Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß zwischen den Parteien über den 31. August 1982 hinaus ein Arbeitsverhältnis von unbestimmter Dauer besteht.
I. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, zwischen den Parteien bestehe ein Arbeitsverhältnis, auf das die vom Bundesarbeitsgericht zur Befristungskontrolle entwickelten Rechtsgrundsätze Anwendung finden. Dabei könne es dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Tätigkeit der Klägerin, obwohl sie keinen Hauptberuf ausübe, um eine nebenberufliche Tätigkeit handele und ob ihre Teilzeitbeschäftigung ihre einzige Existenzgrundlage sei oder nicht. Auf derartige Umstände komme es nicht an, da auch das Kündigungsschutzgesetz hierauf nicht abstelle. Der Beklagte habe auch in der Berufungsinstanz nicht schlüssig dargelegt, daß die Befristungen wirksam gewesen seien. Ohne Erfolg berufe sich der Beklagte darauf, der Abschluß von befristeten Arbeitsverträgen mit nebenberuflichen Lehrkräften an Schulen, die sich im Aufbau befänden, sei üblich, weil es wegen der begrenzten Anzahl von Fächerverbindungen nicht möglich sei, den gesamten Unterricht durch hauptamtliche bzw. vollzeitbeschäftigte Lehrer abzudecken. Auch wenn man zugunsten des Beklagten unterstelle, daß eine solche Übung bestehe und daß diese nach der Auffassung verständiger und verantwortungsbewußter Vertragspartner als berechtigt anzuerkennen sei, so sei sie jedenfalls hinsichtlich der Zeitdauer nicht gerechtfertigt. Es könne zwar sein, daß die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für Lehrkräfte über ein Schuljahr hinaus an solchen Schulen weniger gewiß sei, als an anderen Schulen. Allein die Ungewißheit über die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit könne jedoch die Befristung nicht rechtfertigen. Selbst wenn man die Üblichkeit der Befristung von Arbeitsverträgen mit nebenberuflichen Lehrkräften an Schulen, die sich im Aufbau befänden, bejahe, so könne sich die Zeitdauer der Befristung nur an der voraussichtlichen Zeitdauer des Aufbaus der Schule orientieren. Die Rechtfertigung der Befristungsdauer sei daher danach zu beurteilen, ob der Beklagte im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse aufgrund greifbarer Tatsachen mit einiger Sicherheit damit rechnen konnte, daß jeweils nach einem Jahr die Aufbauphase so beendet sei, daß der Einsatz von hauptamtlichen Lehrkräften möglich und sinnvoll sei. Dazu habe der Beklagte nichts vorgetragen. Nicht ausreichend sei der Hinweis auf die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 14. August 1979 (KMBl. I S. 464 ff.), in der bestimmt sei, daß Dienstverhältnisse mit nebenberuflichen Lehrkräften, die nach Jahreswochenstunden vergütet würden, mit dem 31. August enden.
Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, für die Arbeitsleistung der Klägerin habe nur ein vorübergehender Bedarf vorgelegen. Auch hierfür fehle es an der erforderlichen Darlegung, daß im Zeitpunkt der Befristung aufgrund greifbarer Tatsachen mit einiger Sicherheit der Wegfall des Mehrbedarfs nach dem Auslaufen des befristeten Arbeitsverhältnisses zu erwarten sei. Die Befristungen seien schließlich auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerin nicht die volle Lehrbefähigung besitze. Der Beklagte habe nicht behauptet, er habe die Arbeitsverträge mit der Klägerin deswegen befristet, weil nicht genügend voll ausgebildete Lehrkräfte für eine Teilzeitbeschäftigung zur Verfügung gestanden hätten. Grund für die Befristungen sei nicht das Fehlen der vollen Lehrbefähigung der Klägerin, sondern die Tatsache, daß sich die staatliche Realschule V im Aufbau befunden habe und der Beklagte den Bedarf an solchen Schulen nicht in vollem Umfang durch hauptberufliche Lehrkräfte abdecke. Ohne Erfolg berufe sich der Beklagte darauf, die Klägerin habe nicht als Vollzeitlehrkraft übernommen werden können. Da die Klägerin keine Vollzeitbeschäftigung anstrebe, sei dieser Vortrag unbeachtlich.
Nach alledem sei schon der erste zwischen den Parteien abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag zumindest hinsichtlich der Zeitdauer nicht gerechtfertigt gewesen, so daß zwischen den Parteien von Anfang an ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden habe.
II. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, zwischen den Parteien bestehe auch über den 31. August 1982 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, ist im Ergebnis, teilweise auch in der Begründung nicht zu beanstanden.
1. Soweit der Würdigung des Landesarbeitsgerichts tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, sind diese für das Revisionsgericht bindend, da sie weder durch Tatbestandsberichtigungsanträge noch in der Revisionsinstanz mit Verfahrensrügen angegriffen worden sind (§ 561 Abs. 1 und 2 ZPO).
2. Zwischen den Parteien besteht ein Arbeitsverhältnis von unbestimmter Dauer, weil jedenfalls die letzte Befristung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist.
a) Das Landesarbeitsgericht ist, wenn auch ohne nähere Begründung, zutreffend davon ausgegangen, zwischen den Parteien seien arbeitsvertragliche Beziehungen begründet worden.
Ein Arbeitsverhältnis liegt vor, wenn das Dienstverhältnis durch das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit des Dienstleistenden, insbesondere seine Gebundenheit an Weisungen des Dienstherrn geprägt ist. Ein erhebliches Ausmaß persönlicher Abhängigkeit ist bei Lehrkräften an den Schulen bereits dadurch gegeben, daß diese hinsichtlich des Ortes und der Zeit der Dienstleistungen vollständig an Weisungen des Dienstherrn gebunden sind. Darüber hinaus sind Lehrer an öffentlichen Schulen an den Ausbildungs- und Lehrplan der jeweiligen Schulklasse gebunden. Die Klägerin ist daher Arbeitnehmerin ohne Rücksicht darauf, ob sie hauptberuflich oder nebenberuflich tätig gewesen ist (BAG 37, 305, 313 = AP Nr. 65 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B I 1 der Gründe).
b) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß im Streitfall die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze zur Befristungskontrolle anzuwenden sind.
Teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen sind nach denselben arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu behandeln wie vollberufliche Lehrkräfte (BAG Urteil vom 16. März 1972 - 5 AZR 460/71 - AP Nr. 10 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten, mit zust. Anm. von Söllner; BAG 37, 305, 313, aaO). Besteht zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis, so sind auch die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze zur Befristungskontrolle anzuwenden. Teilzeitbeschäftigte erwerben den allgemeinen Kündigungsschutz gemäß den §§ 1 ff. KSchG unter denselben Voraussetzungen wie vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer (vgl. BAG Urteil vom 9. Juni 1983 - 2 AZR 494/81 - AP Nr. 2 zu § 23 KSchG 1969, zu IV 2 der Gründe, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt; KR-Becker, 2. Aufl., § 1 KSchG Rz 23; Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 1 Rz 12; Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 1 Rz 8; Rohlfing/Rewolle/Bader, KSchG, Stand: Juni 1984, § 1 Anm. 8). Für den Erwerb des allgemeinen Kündigungsschutzes nach Maßgabe der §§ 1 ff. KSchG ist es ohne Belang, ob die Einkünfte des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis seine einzige Existenzgrundlage bilden oder nicht. Ebenso ist es unbeachtlich, ob der Arbeitnehmer die Einkünfte aus einer haupt- oder nebenberuflichen Tätigkeit erzielt. Da sich die vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Befristungskontrolle an der objektiven Umgehung von zwingenden kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften orientiert (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 12. Oktober 1960 - GS 1/59 - BAG 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag), ist es nicht gerechtfertigt, bei der Befristungskontrolle Maßstäbe zugrunde zu legen, die in zwingenden kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften keinen Ausdruck gefunden haben.
Soweit der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts in dem unveröffentlichten Urteil vom 16. Juni 1982 (- 5 AZR 161/80 - unter 3 b der Gründe) den Standpunkt vertreten hat, bei einer nebenberuflichen Tätigkeit seien die Maßstäbe für die Zulässigkeit einer Befristung nicht gleich streng anzuwenden wie bei einer hauptberuflichen, die Lebensgrundlage des Arbeitnehmers bildenden Tätigkeit, kann es dahingestellt bleiben, ob dieser Ansicht zu folgen ist. Wie die Revisionserwiderung zutreffend bemerkt, sind die vom Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 16. Juni 1982 (aaO) aufgestellten Grundsätze im Streitfall bereits deshalb nicht anwendbar, weil die Klägerin keine hauptberufliche Erwerbstätigkeit neben ihrer Teilzeitbeschäftigung als Lehrkraft ausgeübt hat. Mangels Vorliegens einer hauptberuflichen Erwerbsarbeit kann daher die Beschäftigung der Klägerin als Lehrkraft im Rahmen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses nicht als nebenberufliche Tätigkeit angesehen werden. Für nicht nebenberuflich tätige Teilzeit-Lehrkräfte hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 14. Januar 1982 - 2 AZR 254/81 - (BAG 37, 305, aaO) die Auffassung vertreten, daß für diese Arbeitnehmergruppe die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze zur Befristungskontrolle uneingeschränkt gelten.
c) Das Landesarbeitsgericht ist bei seiner Würdigung daher zu Recht von einer uneingeschränkten Geltung der von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Befristung von Arbeitsverträgen entwickelten Grundsätze ausgegangen. Nach den vom Großen Senat (Beschluß vom 12. Oktober 1960 - GS 1/59 - BAG 10, 65) aufgestellten und von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fortgeführten Grundsätzen (BAG 31, 40 = AP Nr. 46; BAG 32, 85 = AP Nr. 50; BAG 37, 283 und 305 = AP Nr. 64 und 65 - alle zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) ist die an sich zulässige Befristung von Arbeitsverträgen dann unwirksam, wenn dadurch Kündigungsschutzbestimmungen umgangen werden und hierfür keine sachlich rechtfertigenden Gründe vorliegen. Befristete Arbeitsverträge müssen ihre sachliche Rechtfertigung so in sich tragen, daß sie die Kündigungsschutzvorschriften sachlich nicht beeinträchtigen. Bereits bei Abschluß des Arbeitsvertrages muß ersichtlich sein, daß die Befristung des Vertrages entweder im Arbeitsleben üblich ist, sofern dies der Auffassung verständiger und verantwortungsbewußter Vertragspartner entspricht, oder nach den konkreten, sich auf das jeweilige Arbeitsverhältnis auswirkenden Umständen des Einzelfalles sachlich gerechtfertigt ist. Fehlt es für die Befristung an einem sachlichen Grund, dann kann sich der Arbeitgeber nicht auf die Befristung berufen. Zur Konkretisierung des sachlichen Grundes bilden generelle Merkmale den Ausgangspunkt in der Weise, daß auf die Üblichkeit im Arbeitsleben abzustellen ist. Die Üblichkeit muß nach Auffassung verständiger und verantwortungsbewußter Vertragspartner berechtigt sein. Die Umstände des Einzelfalles gewinnen Bedeutung, wenn die damit verbundenen Interessen ein solches Gewicht haben, daß es geboten ist, sie vor den generellen Umständen zu berücksichtigen (BAG 25, 125 = AP Nr. 38 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Liegen die entscheidenden Umstände in der Zukunft, so ist die Frage, ob für die Befristung ein sachlicher Grund vorliegt, von einer Prognose des Arbeitgebers abhängig. Aufgrund greifbarer Tatsachen muß der Arbeitgeber mit einiger Sicherheit annehmen können, daß der in Zukunft liegende Ungewißheitstatbestand eintritt (BAG 32, 274 = AP Nr. 56 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Die Prognose basiert auf einer von Fall zu Fall wechselnden Vielzahl von Elementen und Bewertungen, wobei es sich aber stets um ein prognostisches Urteil über die Dauer handelt. Die Ungewißheit, die jeder prognostischen Wertung innewohnt, eröffnet dem Arbeitgeber keinen der gerichtlichen Kontrolle verschlossenen Spielraum. Vielmehr hat der Arbeitgeber die Grundlagen seines Wahrscheinlichkeitsurteils stets auszuweisen.
d) Da im Streitfall die letzte Befristung mangels Vorliegens eines sachlichen Grundes unwirksam ist, bedarf es keiner Stellungnahme zu der vom Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts in dem Beschluß vom 20. Oktober 1983 (2 AZR 292/82) dem erkennenden Senat vorgelegten Frage, ob bei mehreren zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen grundsätzlich nur der letzte Arbeitsvertrag einer Befristungskontrolle zu unterwerfen ist oder ob in den Fällen, in denen die Befristung des letzten Arbeitsvertrages sachlich gerechtfertigt ist, auch die davorliegenden Arbeitsverträge einer Befristungskontrolle unterliegen (vgl. hierzu den Beschluß des Senats vom 11. April 1984 - 7 AS 2/84 -).
3. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Beklagte hier hätte darlegen müssen, weshalb unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in der betreffenden Schule die Beschäftigung der Klägerin in drei aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverhältnissen für einen Zeitraum von drei Jahren sachlich gerechtfertigt ist. Das ist nicht geschehen.
a) Selbst wenn man zugunsten des Beklagten davon ausgeht, daß die Neugründung einer öffentlichen Schule einen sachlichen Grund für die zeitlich befristete Einstellung von Teilzeit-Lehrern mit fehlender vollen Lehrbefähigung darstellen kann, fehlt es im Streitfall an einer einzelfallbezogenen Bedarfsprognose. Der Beklagte hat nicht dargetan, daß bei Abschluß des letzten Zeitvertrages (7. Oktober/10. November 1981) aufgrund greifbarer Tatsachen mit einiger Sicherheit feststand, daß nach Ablauf der vereinbarten Befristung kein Bedarf mehr für die Unterrichtstätigkeit der Klägerin bestand. Der Umstand, daß sich die betreffende Schule zum damaligen Zeitpunkt noch in der Aufbauphase befand, ändert nichts daran, daß auch bei derartigen Fallkonstellationen von dem Schulträger eine exakte und detaillierte Bedarfsprognose zu fordern ist (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil des Senats vom 29. September 1982 - 7 AZR 147/80 -, BAG 40, 177, 182 = AP Nr. 70 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, unter III 2 c bb der Gründe). Der Senat verkennt nicht, daß für den Schulträger eine exakte und detaillierte Bedarfsprognose während der Aufbauphase einer Schule mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist. Unsicherheiten über die künftige Auslastung von Lehrkräften treten aber auch bei Schulen auf, bei denen die Aufbauphase bereits abgeschlossen ist (z.B. durch die Erschließung neuer Wohngebiete, Zuzug oder Wegzug von Schülern, Nichtversetzung von Schülern, vorzeitiger Abgang von Schülern, Ausscheiden von Lehrkräften infolge Dienstunfähigkeit oder Tod, Arbeitsverhinderungen von Lehrkräften infolge Krankheit oder Schwangerschaft). Die hieraus resultierenden Beschäftigungsunsicherheiten berechtigen den Schulträger ebenfalls nicht, ohne Rücksicht auf einzelfallbezogene Bedarfsprognosen Befristungen mit Lehrkräften zu vereinbaren.
Der Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, bei Abschluß des letzten Arbeitsvertrages sei mit einiger Sicherheit vorauszusehen gewesen, daß nach Ablauf des Schuljahres 1981/82 kein Bedarf für die Arbeitsleistung der Klägerin bestanden habe. Es fehlt an der Darlegung, mit welchem Gesamtbedarf an Englisch- Unterricht der Beklagte an der betreffenden Schule nach Ablauf des Schuljahres 1981/82 gerechnet hat. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, an die der Senat gemäß § 561 Abs. 2 ZPO gebunden ist, hat der Beklagte selbst vorgetragen, die Aufbauphase der betreffenden Schule sei erst im Schuljahr 1982/83 abgeschlossen gewesen. Der Beklagte hätte daher eine auf die konkrete Schule bezogene Bedarfsprognose unter Berücksichtigung der mit dem weiteren Ausbau der Schule verbundenen Erweiterung der Schülerkapazität vornehmen müssen, um feststellen zu können, ob für die Unterrichtsleistung der Klägerin auch über den Zeitpunkt der letzten Befristung hinaus ein Bedarf besteht oder nicht. Der Beklagte hat lediglich rückblickend für die (mit dem Schuljahr 1982/83 abgeschlossene Aufbauphase) die Entwicklung über die Anzahl der Klassen, des nebenberuflich erteilten Unterrichts sowie über die Anzahl der nebenberuflich erteilten Fächer geschildert (vgl. Berufungsbegründung vom 27. September 1982, S. 4). Auch die weitere Darlegung, für die Arbeitsleistung der Klägerin habe aufgrund der im Februar 1982 erfolgten Zuteilung eines hauptamtlichen Lehrers für Sport und Englisch kein Bedarf mehr über den Ablauf der vereinbarten Befristung bestanden, ist unschlüssig. Im Unterschied zu einer betriebsbedingten Kündigung kommt es für die Frage, ob der Abschluß eines Zeitvertrages wegen eines vorübergehenden Bedarfes sachlich gerechtfertigt ist, auf eine exakte und detaillierte Bedarfsprognose, nicht dagegen auf einen nachträglichen Fortfall des Beschäftigungsbedürfnisses an.
b) Der zwischen den Parteien vereinbarte letzte Zeitvertrag ist auch nicht wegen Fehlens der vollen Lehrbefähigung sachlich gerechtfertigt. Es fehlt auch insoweit an der erforderlichen einzelfallbezogenen Bedarfsprognose.
Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die fehlende volle Lehrbefähigung dem Grunde nach geeignet ist, eine Befristung sachlich zu rechtfertigen (BAG Urteil vom 12. August 1976 - 3 AZR 502/75 - AP Nr. 42 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG 32, 274). Der Schulträger muß schon wegen der von ihm zu beachtenden gesetzlichen Vorschriften über die Lehrerausbildung daran interessiert sein, daß auf Dauer nur vollausgebildete Lehrkräfte nach Ablegung der geforderten Prüfungen in seinem Schuldienst tätig werden. Kann der Bedarf an Lehrern für bestimmte Fächer (z.B. wegen eines vorübergehenden Lehrermangels) nicht völlig mit voll ausgebildeten Lehrkräften abgedeckt werden, muß der Schulträger notgedrungen auf nicht voll qualifizierte Lehrkräfte zurückgreifen. Der öffentliche Arbeitgeber muß aber in die Lage versetzt werden, dafür Sorge zu tragen, daß er die nicht voll qualifizierten Lehrkräfte durch Lehramtsbewerber mit den geforderten Staatsprüfungen ersetzt, sobald solche Bewerber zur Verfügung stehen.
Die Klägerin gehört zu den Lehrern mit fehlender voller Lehrbefähigung, da sie die nach Art. 7 Abs. 1 Bayerisches Lehrerbildungsgesetz (i.d.F. der Bekanntmachung vom 29. September 1977, GVOBl. S. 507, zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. August 1979, GVOBl. S. 232) erforderliche Befähigung zu einem Lehramt an Realschulen unstreitig nicht besitzt. Ob die von der Klägerin im Ausland abgelegten Prüfungen als gleichwertig i.S. des Art. 7 Abs. 2 Bayerisches Lehrerbildungsgesetz anzusehen sind, ist zwischen den Parteien streitig und Gegenstand eines Verwaltungsrechtsstreits.
Selbst wenn man der Ansicht der Revision folgt, nach der es allein darauf ankomme, ob die Befristungen objektiv wegen der fehlenden vollen Lehrbefähigung der Klägerin sachlich gerechtfertigt seien und es deshalb unbeachtlich sei, ob sich der Beklagte auf diesen Befristungsgrund berufen habe, ist im Ergebnis das angefochtene Urteil zu bestätigen. Es fehlt nämlich auch hier an der substantiierten Darlegung der erforderlichen einzelfallbezogenen Bedarfsprognose (vgl. BAG 32, 274 = AP Nr. 56 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Der Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, es hätte bei Abschluß des letzten Arbeitsvertrages die berechtigte Erwartung bestanden, durch den absehbaren Einsatz von Lehrern mit den erforderlichen Staatsprüfungen werde die Tätigkeit der Klägerin nach dem vorgesehenen Vertragsende entbehrlich.
c) Der von der Revision angeführte Grundsatz, nach dem Lehrer an öffentlichen Schulen in der Regel in das Beamtenverhältnis zu berufen sind, stellt für sich allein keinen sachlichen Grund für den Abschluß von befristeten Arbeitsverträgen mit Teilzeit-Lehrern dar.
Aus diesem Grundsatz läßt sich nicht entnehmen, ob und für welche Dauer die Befristung von Arbeitsverträgen mit Lehrern zulässig ist (vgl. BAG Urteil vom 20. Januar 1983 - 2 AZR 452/80 -, unter B III 5 der Gründe, unveröff.). Es folgt aus diesem Grundsatz nur, daß Lehrer ausnahmsweise auch im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden können. Die Wirksamkeit von arbeitsvertraglichen Befristungen kann aus diesem Grundsatz nicht hergeleitet werden. Es bedarf vielmehr sowohl für die Befristung als auch für die Dauer des Vertrages eines sachlichen Grundes.
III. Da das Landesarbeitsgericht somit im Ergebnis zu Recht die mit der Klägerin vereinbarten Befristungen für unwirksam erachtet hat, befindet sich die Klägerin über den 31. August 1982 hinaus in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.
Die Revision des Beklagten war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Dr. Seidensticker Dr. Steckhan Dr. Becker
Neuroth Breier
Fundstellen