Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung – Personalratsanhörung – Ausschlußfrist
Leitsatz (amtlich)
1. Kündigt der Arbeitgeber nicht schon aufgrund des Verdachts einer strafbaren Handlung, sondern wartet er das Ergebnis des Strafverfahrens ab, so wird die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB jedenfalls dann gewahrt, wenn der Arbeitgeber die außerordentliche Kündigung binnen zwei Wochen seit Kenntniserlangung von der Tatsache der Verurteilung ausspricht.
2. Stellt der Arbeitgeber allein hierauf ab, ohne die schriftlichen Gründe des Strafurteils zu kennen, so genügt eine entsprechende Information gegenüber dem Personalrat jedenfalls dann den Anforderungen an die Mitteilungspflicht gemäß § 77 Abs. 3 LPVG Baden-Württemberg, wenn der Personalrat die näheren Umstände des Tatvorwurfs bereits kennt (im Anschluß an BAG Urteil vom 27. Juni 1985 – 2 AZR 412/84 – AP Nr. 37 zu § 102 BetrVG 1972 1972).
3. Zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit erstinstanzlicher Zeugenaussagen durch das Berufungsgericht.
Normenkette
LPVG Baden-Württemberg § 77; BGB § 626; ZPO §§ 286, 355
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 12.08.1998; Aktenzeichen 12 Sa 20/98) |
ArbG Karlsruhe (Urteil vom 04.11.1997; Aktenzeichen 2 Ca 582/94) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. August 1998 – 12 Sa 20/98 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Kläger war seit Mitte April 1967 bei der beklagten Rundfunkanstalt als Kameraassistent, zuletzt mit einer Vergütung von 5.327,60 DM brutto beschäftigt.
Ursprünglich hatte der Kläger im ersten Obergeschoß des sog. Fernsehbetriebsgebäudes der Beklagten in Baden-Baden einen persönlichen, mittels Sicherheitsschlüssel abschließbaren Garderobenspind mit der laufenden Nr. 55, der neben weiteren Spinden im Flur des ersten Obergeschosses neben dem Raum 1111 untergebracht war. Es existierten zwei Schlüssel, nämlich einer am privaten Schlüsselbund des Klägers und ein zweiter, den die Beklagte im sog. Produktionsbereich unter Verschluß hielt. Nachdem der Kläger – wohl vor Ende 1989 – einen neuen Spind im Untergeschoß des sog. E erhalten hatte, war er – neben weiteren Kollegen – durch Aushang aufgefordert worden, den Spind im Fernsehbetriebsgebäude zu räumen; zuletzt war eine Räumung bis spätestens Ende Mai 1991 vorgesehen.
Die Pforte im Fernsehbetriebsgebäude war werktags zwischen 22.00 und 6.00 Uhr, sowie an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen rund um die Uhr mit einem Pförtner besetzt, der Besuche im sog. Wachbuch einzutragen hatte. Außerhalb dieser Zeiten konnte der Kläger dieses Gebäude mittels einer Magnetkarte, d.h. ohne persönliche Kontrolle, betreten und verlassen. Anfang Dezember 1990 wurde in diesem Gebäude ein sog. SWF-Shop zum Zwecke des Vertriebs von Werbeartikeln des Senders eingerichtet. Am Freitagabend, 7. Dezember 1990, waren bis gegen 19.30 Uhr die Einräumarbeiten nicht vollständig erledigt, so daß eine Vielzahl von Werbeartikeln, darunter Feuerzeuge in Gestalt von Mikrofonen und Regenschirme, unter einer Plane aufbewahrt wurden. Am Samstag, den 8. Dezember 1990, wurde der Verlust mehrerer dieser Gegenstände festgestellt. Der Kläger hatte am Abend des 7. Dezember 1990 und am folgenden Tage dienstfrei.
Am Freitag, den 1. März 1991, lagerte der Werkstattleiter D im Flur vor dem Raum 1111 im Fernsehbetriebsgebäude mehrere Akku-Geräte für transportable Fernsehkameras und u.a. ein dazugehöriges Ladegerät, alles originalverpackt. Bis zu seinem Dienstschluß gegen 16.00 bzw. 17.00 Uhr kam der Werkstattleiter nicht mehr dazu, diese Geräte an einem verschlossenen Ort zu verstauen. Am Montag, den 4. März 1991, bemerkte er gegen 8.00 Uhr den Verlust von mindestens acht Akkus und einem Ladegerät. Der Kläger befand sich bis zum 27. Februar 1991 auf einer Dienstreise nach Madrid. Er hatte von Freitag, den 1. März 1991 bis Sonntag, den 3. März 1991, dienstfrei und trat erst am Montag, den 4. März 1991, gegen 11.00 Uhr eine neuerliche Dienstreise zum Autosalon nach Genf an.
Nachdem die Beklagte Strafanzeige erstattet und später Verdacht geschöpft hatte, der Kläger könne die abhanden gekommenen Gegenstände entwendet und im Spind Nr. 55 im Fernsehbetriebsgebäude versteckt haben, wurde er am 10. Mai 1991 im Beisein von zwei Kriminalbeamten und mehreren Angehörigen der Beklagten um Spindöffnung gebeten. Der Kläger stellte anfangs in Abrede, diesen Spind noch in Benutzung zu haben, und blieb hierbei auch, nachdem die Beklagte ihm vorgehalten hatte, sie sei im Besitz eines Zweitschlüssels mit Namensschild des Klägers. Schließlich wurde der Kläger gebeten, seinen privaten Schlüsselbund vorzuzeigen, worauf festgestellt wurde, daß sich daran ein zum Spindschloß Nr. 55 passender Schlüssel befand, der mit dem vorerwähnten Zweitschlüssel übereinstimmte. Im Beisein des Klägers wurde mit diesem Schlüssel der Spind geöffnet. Darin befanden sich zehn originalverpackte Mikrofonfeuerzeuge im Wert von jeweils 21,00 DM, drei Regenschirme mit SWF-Logo sowie zwei Akkus PP 90 im Wert von jeweils 473,84 DM, sechs Akkus PNPX 1 im Wert von jeweils 192,83 DM sowie ein Ladegerät MC-2 A im Wert von 2.268,03 DM. Außerdem lagen dort zwei dem Kläger gehörende spanische Bastschuhe (sog. Espadrillos) mit verstärkter Sohle unter dem Ballen des rechten Fußes. Der Kläger erklärte hierzu, keine Ahnung zu haben, wie diese Gegenstände in seinen Schrank gekommen seien, womöglich seien sie von dritter Seite in schikanöser Absicht heimlich hineingelegt worden. Die Bastschuhe habe er vor geraumer Zeit nach Beendigung einer Dienstreise aus seinem Dienstfahrzeug verloren. Sodann gab er zu, im Laufe des Monats März einmal diesen Spind geöffnet zu haben, aber nur, um eine Jacke darin unterzubringen; hierbei habe er die – nun aufgefundenen – Gegenstände bemerkt, sich darüber gewundert, dem gleichwohl aber keine Bedeutung beigemessen und den Vorgang höheren Ortes nicht gemeldet.
Bei der anschließend mit Duldung des Klägers durchgeführten Durchsuchung seiner Privatwohnung wurden zwei Mikrofone aufgefunden, die im Jahr 1980 von der Beklagten ausgesondert und für eine Versteigerung vorgesehen waren. Der Kläger erklärte hierzu, sie sich seinerzeit ausgeliehen, ihre Rückgabe aber vergessen zu haben. Außerdem wurde ein sog. Euro-Signal-Gerät vorgefunden, welches die Beklagte seinerzeit vermißt hatte und hinsichtlich dessen der Kläger behauptete, es sei in seiner Privatwohnung „in Verstoß” geraten.
Am 14. Mai 1991 wurde der Kläger wegen der Vorgänge – wohl erneut – angehört. Er erklärte, den Schrank eigentlich seit 1989 nicht mehr benutzt, den Schlüssel gleichwohl aber nicht abgegeben zu haben. Ebenso erklärte er sich zu den aufgefundenen Mikrofonen und dem Euro-Signal-Gerät. Bei diesem Gespräch in der Hauptabteilung Personal- und Sozialwesen war u.a. der Vorsitzende des Personalrats, Herr D, anwesend. Die Beklagte erteilte dem Kläger wegen unterlassener Rückgabe der beiden Mikrofone und des Euro-Signal-Gerätes unter dem 21. Mai 1991 eine schriftliche Abmahnung.
Mit Urteil des Amtsgerichts Baden-Baden vom 24. Januar 1992 wurde der Kläger nach Vernehmung mehrerer Zeugen wegen des Diebstahles der zehn Mikrofonfeuerzeuge im Wert von 250,00 DM und der acht Akkus und des Ladegerätes im Gesamtwert von 9.917,89 DM zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen á 100,00 DM verurteilt. Im übrigen wurde das Strafverfahren wegen der in seiner Wohnung vorgefundenen Mikrofone wegen Verjährung eingestellt und der Kläger im übrigen (wegen in seiner Wohnung gefundener Videocassetten etc.) freigesprochen.
Mit Schreiben vom 27. Januar 1992 hörte die Beklagte den Personalrat zur beabsichtigten fristlosen Kündigung an mit dem Hinweis, aufgrund des vorbezeichneten Urteils des Amtsgerichts Baden-Baden könne der Kläger nicht mehr als unschuldig gelten, vielmehr sei es als bewiesen anzusehen, daß er zu Lasten der Beklagten ein Ladegerät, mehrere Akkus und Werbefeuerzeuge entwendet habe. Mit Schreiben vom 29. Januar 1992, am folgenden Tage bei der Beklagten eingegangen, erhob der Personalrat Bedenken mit Rücksicht auf zu erwartende Nachteile für die Betriebsrentenanwartschaft des Klägers; im übrigen liege das Urteil des Amtsgerichts Baden-Baden vom 24. Januar 1992 noch nicht schriftlich vor und sei nicht rechtskräftig, so daß der Personalrat sich außerstande sehe, zu den im Anhörungsschreiben vom 27. Januar 1992 aufgeführten Kündigungsgründen Stellung zu nehmen; sobald das Urteil schriftlich vorliege, werde er dies ggf. nachholen. Mit Schreiben vom 30. Januar 1992 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis gegenüber dem Kläger fristlos mit der Begründung auf, infolge der strafrechtlichen Verurteilung sei das für das Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört.
Die vom Kläger eingelegte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts wurde mit Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 9. April 1992 mit der Maßgabe verworfen, daß die Gesamtgeldstrafe auf 40 Tagessätze zu je 50,00 DM herabgesetzt wurde, wobei als Grundlage hierfür nicht nur die Entwendung der vorbezeichneten Akkus, des Ladegerätes und der Feuerzeuge, sondern auch der Schirme diente. Das Oberlandesgericht Karlsruhe verwarf mit Beschluß vom 12. Oktober 1992 die vom Kläger eingelegte Revision als unbegründet.
Der Kläger hat geltend gemacht, er sei zu Unrecht verdächtigt worden, seien es doch wahrscheinlich unbekannte Dritte gewesen, die ihm die im Spind 55 aufgefundenen Gegenstände untergeschoben hätten. Es gebe nämlich eine ominöse „Arbeitsgemeinschaft Sauberer”, die unter der Kurzbezeichnung „ASS” den Justizbehörden Mitte Oktober 1992 anonym zwei Schlüssel zum Dienstwagen des Klägers übersandt habe und am 13. April 1993 ihn, den Kläger, hierauf hingewiesen habe. Dies lasse vermuten, daß eine Vielzahl von Schlüsseln aus dem Bereich der Beklagten in den Händen Unbefugter gewesen sei, so daß nicht ausgeschlossen werden könne, daß diese vor dem 10. Mai 1991 seinen Schrank geöffnet und mit dem Diebesgut gefüllt hätten. Im übrigen – so hat der Kläger weiter geltend gemacht – habe der Personalrat am 29. Januar 1992 noch gar keine abschließende Stellungnahme abgegeben.
Der Kläger hat – soweit für die Revisionsinstanz von Belang – beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 30. Januar 1992 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag vorgetragen, wegen der Vermögensdelikte zu ihrem Nachteil sei ihr jedenfalls nach der erstinstanzlichen Verurteilung des Klägers eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar. In diesem Sinne sei auch der Personalrat informiert worden, der eine abschließende Stellungnahme abgegeben habe.
Das Arbeitsgericht hat nach Beiziehung der Strafakten sowie Vernehmung der Zeugen D, W, P und Pl die Klage abgewiesen; Tatbestand und Entscheidungsgründe sind infolge altersbedingten Ausscheidens des erstinstanzlichen Berufsrichters nicht zu den Akten gelangt. Die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hält der Kläger an seinem obigen Antrag fest.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Kündigung vom 30. Januar 1992 sein Ende gefunden hat.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung – kurz zusammengefaßt – wie folgt begründet: Aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes und der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, daß der Kläger in erheblichem Umfang Diebstähle zu Lasten der Beklagten begangen habe. Der Ausspruch der fristlosen Kündigung sei auch nicht verfristet (§ 626 Abs. 2 BGB), weil die Verurteilung im strafgerichtlichen Verfahren eine neue Tatsache darstelle, die die Beklagte zum Anlaß der Kündigung genommen habe. In diesem Sinne sei auch der Personalrat ordnungsgemäß angehört worden, der sich unter dem 29. Januar 1992 abschließend geäußert habe.
II. Dieser Entscheidung folgt der Senat im Ergebnis wie auch weitgehend in der Begründung. Die Revisionsangriffe greifen nicht durch.
1. Dies gilt zunächst einmal hinsichtlich der Rüge der Revision, § 77 Abs. 3 LPVG Baden-Württemberg sei verletzt, weil der Personalrat mangels Vorliegens der Gründe der strafrechtlichen Verurteilung nicht ausreichend informiert worden sei. Soweit der Kläger damit in der Revision erstmals rügt, der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, kann er mit dieser Rüge schon im Hinblick auf § 561 ZPO nicht durchdringen. Wie das Bundesarbeitsgericht (BAGE 43, 129 = AP Nr. 10 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; BAG Urteile vom 14. Oktober 1982 – 2 AZR 811/79 – AP Nr. 36 zu § 613 a BGB und vom 15. Juni 1989 – 2 AZR 600/88 – n.v., zu II 3 der Gründe) wiederholt entschieden hat, haben die Tatsachengerichte zur Überprüfung der Voraussetzungen des § 102 BetrVG – hier des § 77 LPVG Baden-Württemberg – erst dann Veranlassung, wenn der Arbeitnehmer die nicht ordnungsgemäße Anhörung des Betriebs- bzw. Personalrates geltend macht. Das gilt nur dann nicht, wenn sich eine unrichtige Anhörung bereits aus dem Vortrag der Parteien als unstreitig ergibt. Im vorliegenden Fall lagen Anhaltspunkte dafür, der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, angesichts der Beteiligung des Personalratsvorsitzenden an der Anhörung des Klägers am 14. Mai 1991 sowie des ausführlichen Anhörungsschreibens vom 27. Januar 1992 nicht vor. Danach verfügte der Personalrat bereits über die erforderliche Kenntnis des der Strafverurteilung zugrundeliegenden Tatvorwurfs (im Anschluß an BAG Urteil vom 27. Juni 1985 – 2 AZR 412/84 – BAGE 49, 136 = AP Nr. 37 zu § 102 BetrVG 1972), wobei das Wissen des Personalratsvorsitzenden dem Personalrat zuzurechnen ist.
Soweit das Landesarbeitsgericht entgegen dem ursprünglichen, in der Berufungsinstanz nicht einmal wiederholten, Vorbringens des Klägers, es liege angeblich keine abschließende Stellungnahme des Personalrats vor, das Gegenteil aus dem Schreiben des Personalrats vom 29. Januar 1992 geschlußfolgert hat, ist dies aus revisionsrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden. Insoweit erhebt die Revision auch keine Rüge.
2. Soweit die Revision weiter eine Verletzung des § 626 Abs. 2 BGB rügt, kann sie auch hiermit nicht durchdringen.
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. u.a. Urteil vom 14. Dezember 1996 – 2 AZR 274/95 – AP Nr. 26 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung, zu II 3 der Gründe; Urteil vom 11. März 1976 – 2 AZR 29/75 – AP Nr. 9, aaO) entschieden, die Beklagte habe innerhalb von zwei Wochen nach der Kenntniserlangung von der erstinstanzlichen strafgerichtlichen Verurteilung des Klägers die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen; damit sei die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Mit Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, nach den Anhörungen des Klägers vom 10. und 14. Mai 1991 hinsichtlich des ihm zur Last gelegten Verdachtes habe die Beklagte bis zur erstinstanzlichen Strafverurteilung zuwarten dürfen, um sich Gewißheit über die Schwere des Verdachtes bzw. einen Nachweis der Tatbegehung zu verschaffen. Es entspricht der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (Senatsurteil vom 14. Februar 1996, AP, aaO), daß der Arbeitgeber seinen Kündigungsentschluß vom Fortgang eines Strafermittlungs- bzw. Strafverfahrens abhängig machen darf, wobei auch die erstmalige, nicht rechtskräftige Verurteilung des Arbeitnehmers zum Anlaß einer außerordentlichen Kündigung genommen werden darf, so daß die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ab Kenntniserlangung des Arbeitgebers von der Verurteilung zu laufen beginnt. Wenn die Beklagte sich nach den Anhörungen des Klägers, der einen Diebstahl der in Rede stehenden Gegenstände abgestritten hat, dafür entschied, keine Verdachtskündigung auszusprechen, so trug die Beklagte damit der Tatsache Rechnung, daß bei einer Verdachtskündigung immer die Gefahr besteht, daß ein „Unschuldiger” betroffen ist (so u.a. Senatsurteil vom 13. September 1995 – 2 AZR 587/94 – BAGE 81, 27, 33 f. = AP Nr. 25, aaO, zu II 3 der Gründe). Deshalb werden von der Rechtsprechung strenge Anforderungen an die Verdachtskündigung gestellt und vom Arbeitgeber erhebliche Aufklärungsbemühungen verlangt. Entschied sich die Beklagte deshalb angesichts dieser Umstände dafür, nicht eine Verdachtskündigung auszusprechen, sondern den – wenn auch nicht rechtskräftigen – Ausgang des Strafverfahrens abzuwarten und alsdann innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung von der Verurteilung eine sog. Tatkündigung auszusprechen, so ist damit die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht versäumt. Schon im Senatsurteil vom 14. Februar 1996 (AP, aaO, zu II 3 der Gründe) hat der Senat betont, die Rechtskraft der Verurteilung habe der Arbeitgeber nicht abzuwarten brauchen, dadurch würde nur eine zusätzliche Gewißheit erbracht, die wiederum als neue Tatsache in Betracht komme, um innerhalb der Frist des § 626 BGB ggf. erneut unter Wahrung der Ausschlußfrist kündigen zu können (vgl. dazu auch BAG Beschluß vom 16. September 1999 – 2 ABR 68/98 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Der Kläger beruft sich zu Unrecht auf diesen Beschluß, in dem bei anderer Sachlage die ganz andere Rechtsfrage entschieden worden ist, daß in einem nicht rechtskräftigen Strafurteil unter dem Blickwinkel der Rechtskraft dann keine neue Kündigungstatsache zu sehen ist, wenn bereits in einem vorhergehenden Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG über denselben Tatvorwurf rechtskräftig entschieden und ein Kündigungsrecht des Arbeitgebers verneint worden ist (aaO, zu II 2 c der Gründe).
Der Revision kann auch nicht darin gefolgt werden, die Beklagte habe erst die Begründung des Strafurteils abwarten müssen, ehe sie von einer Gewißheit bezüglich der Tatbegehung ausging. Denn die Verurteilung des Klägers zu einer Gesamtgeldstrafe wegen Diebstahls in zwei Fällen, die auf einer umfangreichen Beweisaufnahme beruhte, hatte als solche der Beklagten offenbar die Gewißheit von der Tatbegehung verschafft, die sie zum Anlaß der Kündigung nehmen wollte. Ob es bei dieser Verurteilung blieb, muß ihrem Risiko überlassen bleiben, nämlich den von ihr reklamierten Kündigungsgrund – Diebstahl zu ihren Lasten und dadurch herbeigeführte Zerstörung des Vertrauensverhältnisses – auch im Arbeitsrechtsstreit beweisen zu können. Denn ein Strafurteil ist ohnehin allein für sich genommen nicht geeignet, eine Tatkündigung zu rechtfertigen; vielmehr haben die Arbeitsgerichte im Kündigungsschutzprozeß ohne Bindung an das Strafurteil den Sachverhalt selbst aufzuklären und zu bewerten, § 14 Abs. 2 Nr. 1 EG ZPO (vgl. Senatsurteil vom 26. März 1992 – 2 AZR 519/91 – AP Nr. 23 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung, zu B II 4 und III 3 b, dd der Gründe). Andererseits hat der Senat (Urteil vom 20. November 1997 – 2 AZR 643/96 – AP Nr. 43 zu § 1 KSchG 1969) entschieden, daß Straftaten eines öffentlich Bediensteten wegen seiner Stellung im öffentlichen Dienst schon als solche kündigungsrelevant sein können. Ähnliches gilt für den Kläger als Angestellten einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt. Die Beklagte hat damit jedenfalls nachvollziehbar begründet, von den für die Kündigung maßgebenden Kündigungsgründen innerhalb von zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung Kenntnis erhalten zu haben, § 626 Abs. 2 BGB.
b) Bei § 626 Abs. 2 BGB handelt es sich um einen gesetzlich konkretisierten Verwirkungstatbestand (vgl. BAGE 24, 341, 343 = AP Nr. 3 zu § 626 BGB Ausschlußfrist, zu I 2 der Gründe und BAG Beschluß vom 9. Januar 1986 – 2 ABR 24/85 – AP Nr. 20, aaO, zu 2 b aa der Gründe); verwirkt ist ein Anspruch oder ein Recht regelmäßig dann, wenn der Berechtigte längere Zeit hindurch untätig geblieben ist, dadurch den Eindruck erweckt hat, er wolle das Recht nicht mehr geltend machen, sein Vertragspartner sich auf den dadurch geschaffenen Vertrauenstatbestand eingestellt hat und es ihm deshalb nicht mehr zugemutet werden kann, sich auf das verspätete Begehren des Berechtigten zu berufen. Unter diesem Aspekt liegt vorliegend schon deshalb kein Verwirkungstatbestand vor, weil der Kläger gerade angesichts der Abmahnung der Beklagten vom 21. Mai 1991 hinsichtlich der in seiner Wohnung vorgefundenen Gegenstände annehmen mußte, wegen des schon umfangmäßig weitergehenden Diebstahlsverdachts werde die Beklagte die Sache nicht auf sich beruhen lassen, sondern den Ausgang des Strafverfahrens abwarten. Die Beklagte hat nämlich im Abmahnungsschreiben ausdrücklich erklärt, falls nach dem weiteren Verfahren die bisherige Einlassung des Klägers als widerlegt anzusehen und ihm eine Entwendung anzulasten sei, werde sie weitergehende Maßnahmen prüfen. Daß der Kläger dies auch so verstanden hat, zeigt sein weiteres prozessuales Verhalten: Nachdem der beim Arbeitsgericht in der Güteverhandlung vom 21. Februar 1992 abgeschlossene Vergleich, der für den Fall des rechtskräftigen Freispruchs des Klägers im Strafverfahren eine Wiedereinstellung vorsah, von der Beklagten rechtzeitig widerrufen und die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Strafurteil am 9. April 1992 durch das Landgericht verworfen worden war, hat er das zum Ruhen gekommene Arbeitsgerichtsverfahren mehr als 2 ½ Jahre, nämlich bis zum 20. Oktober 1994, nicht betrieben. Dem Kläger war also absolut klar, daß die Beklagte sich den Ausspruch einer Kündigung für den Fall vorbehielt, daß sich der ursprünglich begründete Tatverdacht eines Diebstahls zur Gewißheit verdichtete und daß die Beklagte von Anfang an den Ausspruch einer Kündigung vom Ausgang des Strafverfahrens abhängig machte.
3. Bei dieser Sachlage könnte eher der von der Beklagten erhobene Verwirkungseinwand durchgreifen, der Kläger habe trotz Ankündigung seines Prozeßbevollmächtigten vom 18. November 1992, daß nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe im Strafverfahren das Verfahren beim Arbeitsgericht binnen zwei Wochen wieder angerufen werde, hiermit bis Oktober 1994 trotz wiederholter Aufforderung zur Klagerücknahme zugewartet. Da das Berufungsgericht vorliegend hierauf nicht abgestellt und dazu auch selbst keine Feststellungen getroffen hat (§ 561 ZPO), fehlt dem Senat jedenfalls zum sog. Umstandsmoment (vgl. dazu BAG Urteil vom 20. Mai 1988 – 2 AZR 711/87 – AP Nr. 5 zu § 242 BGB Prozeßverwirkung, zu II 2 und 3 der Gründe, m.w.N.) die notwendige Entscheidungsgrundlage.
4. Schließlich ist auch der prozessualen Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die vernommenen Zeugen mangels eigener Würdigung des Arbeitsgerichts erneut vernehmen müssen, der Erfolg zu versagen. Die Rüge, darin liege ein Verstoß gegen § 286 ZPO und gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 Abs. 1 ZPO), greift ebensowenig durch (nachfolgend zu a) wie die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht vom Kläger angebotene Beweise nicht ausgeschöpft (nachfolgend zu b).
a) Das Landesarbeitsgericht war nicht verpflichtet, die erstinstanzlich durch das Arbeitsgericht vernommenen Zeugen D, W, P und Pl erneut zu vernehmen; es konnte sich vielmehr auf die Protokolle der Zeugenvernehmung stützen und diese seiner Entscheidung zugrundelegen. Das gilt vorliegend umso mehr, als das Landesarbeitsgericht den Inhalt der Zeugenaussagen unter Wiedergabe ihres wesentlichen Inhalts zum Gegenstand seines Tatbestandes gemacht hat, ohne daß die Revision insoweit Tatbestandsrügen erhoben hat. Im übrigen behält die Beweisaufnahme erster Instanz, wie aus dem Grundsatz der Einheit der mündlichen Verhandlungen folgt, ihren Wert auch für die Berufungsinstanz; bei der Verwertung der Protokolle der Zeugenvernehmung handelt es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht um einen Urkundenbeweis, sondern um Zeugenbeweis (vgl. BAG Urteil vom 16. März 1967 – 2 AZR 64/66 – AP Nr. 31 zu § 63 HGB). In diesem Urteil hat der Senat ausgeführt, die Verwertung des Beweisergebnisses erster Instanz durch das Berufungsgericht verstoße nicht gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, § 355 ZPO. Wenn erstinstanzliche Zeugenaussagen in der zweiten Instanz berücksichtigt würden, handele es sich auch für die Berufungsinstanz um eine Wertung von Zeugenbeweis und nicht um einen Urkundenbeweis; dieser Einheit der erst- und zweitinstanzlichen Beweisaufnahme schreibe § 526 ZPO vor, daß in der Berufungsverhandlung nicht nur das erstinstanzliche Urteil, sondern auch die erstinstanzlichen Beweisverhandlungen vorzutragen seien. Dies ist hier in der Tat geschehen: Die Beklagte hat in ihrer Berufungsbeantwortung unter ausführlicher Wiederholung des bisher vorgetragenen Sachverhalts auch die Zeugenvernehmung zum Gegenstand ihres Vortrages gemacht und darauf hingewiesen, ihr Vortrag sei dadurch in vollem Umfang bestätigt worden. Der Kläger hat sich demgegenüber damit begnügt, das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen zu rügen und lediglich vorzutragen, die fristlose Kündigung sei ungerechtfertigt. Zwar bemängelt der Kläger mit der Berufung zu Recht, das Urteil des Arbeitsgerichts enthalte weder Tatbestand noch Entscheidungsgründe. Das enthob den Kläger jedoch angesichts des in der Sache klageabweisenden Urteils nicht der Notwendigkeit, spätestens anläßlich der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht deutlich zu machen, er sehe den Kündigungssachverhalt nicht als bewiesen an, erhebe Einwendungen gegen die Glaubwürdigkeit der vernommenen Zeugen und beantrage deren wiederholte Vernehmung vor dem Berufungsgericht.
Gemäß §§ 398, 395 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG, § 523 ZPO steht es im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es die im erstinstanzlichen Rechtszug gehörten Zeugen nochmals vernimmt (st. Rechtsprechung, vgl. u.a. Senatsurteile vom 16. März 1967, AP, aaO; vom 30. Juli 1964 – 2 AZR 482/63 – AP Nr. 1 zu § 398 ZPO und BAG Urteil vom 26. September 1989 – 3 AZR 375/89 – AP Nr. 3, aaO; ebenso BGH Urteile vom 19. Juni 1991 – VIII ZR 116/90 – NJW 1991, 2285, 2286; vom 7. Juli 1981 – VI ZR 48/80 – NJW 1992, 108, 109 und vom 28. Januar 1972 – V ZR 183/69 – NJW 1972, 584, 585). Nach dieser Rechtsprechung kann die erneute Vernehmung von Zeugen sogar als Mißbrauch des Zeugniszwangs zu mißbilligen sein, wenn nicht zu erwarten ist, daß die Zeugen ihre Aussagen ändern und auch sonst keine erheblichen Gründe für eine nochmalige Vernehmung bestehen. Solche Gründe bestanden hier nicht: Die nunmehr mit der Revision im vorliegenden Prozeß erstmals geltend gemachte Notwendigkeit erneuter Zeugenvernehmung liefe im Ergebnis darauf hinaus, daß die vernommenen Zeugen zum vierten Male anzuhören wären. Zum ersten Mal sind die Zeugen – jedenfalls ein Teil der Zeugen – vom Amtsgericht Baden-Baden im Strafverfahren vernommen worden. Anläßlich der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Baden-Baden vom 9. April 1992 haben die Zeugen erneut ausgesagt. Zum dritten Mal sind die Zeugen vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe angehört worden. Zutreffend weist die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung darauf hin, bei der Ermessensausübung habe das Gericht auch die Belange der Zeugen zu bedenken und deshalb nur bei begründetem Anlaß die wiederholte Vernehmung anzuordnen.
Dazu bestand entgegen der Auffassung der Revision vorliegend kein Anlaß. Denn das Berufungsgericht hat weder maßgeblich auf den unmittelbaren persönlichen Eindruck der Zeugen abgestellt, noch hat es etwa in Abänderung der Würdigung des Arbeitsgerichts im Ergebnis anders als dieses entschieden.
Insoweit weist die Revision allerdings zutreffend darauf hin, daß das Berufungsgericht die von ihm im Tatbestand referierten Zeugenaussagen in den Gründen mitunter als glaubwürdig (… im einzelnen nachvollziehbar und glaubwürdig ausgesagt …) bezeichnet, obwohl es durch eigene Zeugenvernehmung keinen persönlichen Eindruck von den Zeugen gewonnen hat. Ersichtlich hat das Landesarbeitsgericht die von ihm benutzte Wendung „glaubwürdig” im Sinne einer Glaubhaftigkeit der Aussage benutzt, wie nicht zuletzt aus der kumulativen Bezeichnung … nachvollziehbar und glaubwürdig ausgesagt … zu entnehmen ist. Die Beklagte läßt zutreffend darauf hinweisen, mit dem Wort „glaubwürdig” werde in diesem Zusammenhang nicht etwa das subjektive Aussageverhalten der Zeugen beurteilt, sondern deren Aussagen würden als glaubhaft beschrieben. Das ist in der Sache zutreffend und wird auch von der Revision – wie bereits oben angeführt – nicht näher in Zweifel gezogen. Die Aussagen, die sich sämtlich auf den in Rede stehenden Vorgang vom 10. Mai 1991 aus Anlaß der Öffnung des Spinds Nr. 55 beziehen, sind in der Tat in der Sache übereinstimmend, wie im übrigen bereits das Amtsgericht Baden-Baden in seinem Urteil vom 24. Januar 1992 gerade auch im Hinblick auf die Bekundungen der Zeugen P und E ausgeführt hat. Zum selben Ergebnis ist schließlich die Strafkammer II des Landgerichts – wiederum nach umfänglicher Vernehmung der Zeugen – gekommen. Das Landesarbeitsgericht hat demnach das hartnäckige Leugnen des Klägers, den fraglichen Spind noch in Benutzung zu haben, als auch überhaupt noch über einen Schlüssel zu dem Spind zu verfügen, zutreffend als den Kläger belastend gewürdigt. Auch die vom Zeugen P wiedergegebene Ausflucht des Klägers nach durchgeführtem Schlüsselvergleich, der Schlüssel an seinem Bund gehöre wohl seiner Oma, hat das Berufungsgericht richtig – wiederum ohne nähere Rüge der Revision – dahin gewürdigt, der sukzesiv wechselnde Vortrag des Klägers hinsichtlich der Benutzung des Garderobenschrankes und des dazu gehörenden Schlüssels unter Hinweis, der schließlich vorgezeigte Schlüssel gehöre wahrscheinlich der Oma, könne nach der Lebenserfahrung nur dahin gedeutet werden, der Kläger wolle etwas verheimlichen.
Die Revision ist außerdem nicht der Würdigung des Berufungsgerichts entgegentreten, die schließlich vom Kläger aufgestellte Behauptung, irgendwann im März, aber nach Verlust der Ware und vor deren Entdeckung am 10. Mai 1991, den fraglichen Spind einmal benutzt zu haben, um seine Jacke einzuhängen, und die Behauptung, dann zufälligerweise darin befindliche Diebstahlsware vorgefunden zu haben, ohne sich etwas dabei gedacht zu haben, habe den Charakter einer nicht glaubwürdigen Schutzbehauptung; deshalb komme unter Berücksichtigung der gesamten Umstände nur der Kläger als Täter in Betracht. Das Landesarbeitsgericht hat das weiter unter Herausstellung der einzelnen Umstände näher begründet, ohne daß die Revision darauf ihrerseits eingeht. Der Senat sieht daher – auch unter Berücksichtigung von § 565 a ZPO – keine Veranlassung, weiter auf diese Rüge des Klägers einzugehen.
b) Die weitere Verfahrensrüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe angebotene Beweise nicht ausgeschöpft, ist jedenfalls unbegründet.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat den als Alibi gedachten Vortrag des Klägers, er sei am 7. Dezember 1990 nur bis 17.30 Uhr im Dienst des S gewesen, dann nach Hause gefahren und um 18.15 Uhr bei seiner Familie gewesen, als unsubstantiiert zurückgewiesen, weil der Kläger nicht behauptet habe, am 7. Dezember 1990 zwischen 19.30 Uhr und 22.00 Uhr sowie am folgenden Morgen von 6.00 bis 19.00 Uhr keine Möglichkeit gehabt zu haben, auf die Ware des S zuzugreifen. Der Kläger habe nämlich nicht näher nach Zeit, Ort und Anlaß dargestellt, daß er nach Lage der Dinge als Täter nicht in Betracht komme.
Die Behauptung des Klägers hat das Berufungsgericht zutreffend als nicht erheblich angesehen, weil aus ihr sich gerade nicht ergibt, daß der Kläger nicht später oder am folgenden Morgen im S war, also nicht etwa zurückgekehrt ist, um Waren aus dem Shop zu entnehmen. Nach den für den Senat nach § 561 ZPO verbindlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war die Pforte im S -Betriebsgelände am 7. Dezember 1990 von 19.30 Uhr bis 22.00 Uhr und am 8. Dezember 1990 von 6.00 Uhr bis 19.00 Uhr unbesetzt, so daß der Kläger, wenn er das Betriebsgelände innerhalb dieser Zeit mit Hilfe seiner Magnetkarte betrat, unbemerkt geblieben sein kann. Außerdem fällt auf, daß die Behauptung des Klägers zu seinem Familienaufenthalt am 7. Dezember 1990 in dieser Form erstmals im Schriftsatz vom 15. Oktober 1996, also fast sechs Jahre nach dem fraglichen Ereignis, aufgestellt worden ist. Das Berufungsgericht hat also zu Recht eine nähere Konkretisierung verlangt. Die erstmals in der Revisionsinstanz aufgestellte Behauptung, der Kläger sei am 7. Dezember 1990 ab 17.30 Uhr nicht mehr im S gewesen, was seine Frau bezeugen könne, ist für den Senat wegen § 561 ZPO unbeachtlich.
bb) Soweit die Revision darüber hinaus geltend macht, es sei bestritten worden, daß der Kläger die fraglichen Gegenstände am 7. Dezember 1990 entwendet und in den Schrank Nr. 55 verbracht habe, wofür auch Beweis angetreten sei, genügt dieser Vortrag schon nicht den an eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge zu stellenden Anforderungen. Diese nach § 286 ZPO erhobene Verfahrensrüge ist insoweit unzulässig. Prozeßrügen müssen die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Revision geltend machen will. Es genügt nicht, lediglich vorzutragen, das Berufungsgericht habe angetretene Zeugenbeweise nicht berücksichtigt; vielmehr muß nach Beweisantrag und Beweisthema angegeben werden, zu welchem Punkt das Landesarbeitsgericht eine Beweisaufnahme unterlassen habe; eine allgemeine Bezugnahme reicht nicht aus; in der Regel ist die vorinstanzliche Fundstelle der Beweisanträge nach Schriftsatz und – jedenfalls bei umfangreichen Schriftsätzen – Seitenzahl genau anzugeben (st. Rechtsprechung, BAG Urteil vom 23. Februar 1962 – 1 AZR 49/61 – AP Nr. 8 zu § 322 ZPO; BAGE 12, 328, 331 = AP Nr. 22 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag und Senatsurteil vom 11. April 1985 – 2 AZR 239/84 – AP Nr. 39 zu § 102 BetrVG 1972, zu C II 1 der Gründe). Diesen Anforderungen genügt die Rüge nicht.
4. Da ein weitergehender materiell-rechtlicher Fehler, insbesondere im Rahmen der Anwendung des § 626 Abs. 1 BGB, von der Revision nicht geltend gemacht wird, erübrigen sich hierzu weitere Ausführungen. Aus revisionsrechtlicher Sicht ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, angesichts der Diebstähle zu Lasten der Beklagten sei es dieser nicht zuzumuten, den Kläger, wenn auch nur bis zum Ablauf ordentlicher Kündigungsfrist, weiterzubeschäftigen, nicht zu beanstanden.
Unterschriften
Etzel, Bitter, Bröhl, Walter, Dr. Roeckl
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 18.11.1999 durch Anderl, Amtsinspektorin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BAGE, 12 |
BB 2000, 780 |
BB 2000, 935 |
NWB 2000, 1782 |
ARST 2000, 115 |
EWiR 2000, 721 |
FA 2000, 135 |
JR 2001, 484 |
NZA 2000, 381 |
ZAP 2000, 650 |
ZIP 2000, 1020 |
ZTR 2000, 275 |
AP, 0 |
AuA 2001, 89 |
MDR 2000, 586 |
PersR 2000, 175 |
ZfPR 2000, 140 |
AUR 2000, 116 |
AUR 2000, 157 |