Entscheidungsstichwort (Thema)
DO-Angestellte. Versorgung bei Fusion von Krankenkassen. Betriebliche Altersversorgung. Dienstordnungsangestellte. Kassenartübergreifende Vereinigung von Krankenkassen. Versorgungsbezüge und Beihilfe nach Bundesoder Landesbeamtenrecht
Leitsatz (amtlich)
Die bei einer Vereinigung einer Innungskrankenkasse und einer Ortskrankenkasse entstehende „neue” Ortskrankenkasse, die lediglich für die abgegrenzte Region eines Bundeslandes besteht, hat als landesunmittelbare Körperschaft der Sozialversicherung die Versorgung der aktiven und bereits im Ruhestand befindlichen Dienstordnungsangestellten, deren Arbeits- und Versorgungsverhältnisse von den geschlossenen Krankenkassen auf sie übergegangen sind, nach Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. BesVNG in der Dienstordnung nach dem für Landesbeamte geltenden Recht zu regeln. Dies gilt auch dann, wenn sich die Versorgung der übergegangenen Dienstordnungsangestellten zuvor bei der Innungskrankenkasse als bundesunmittelbarer Körperschaft nach dem für Bundesbeamte geltenden Recht bestimmte.
Orientierungssatz
1. Bei der kassenartübergreifenden Vereinigung einer Innungskrankenkasse und einer Ortskrankenkasse zu einer „neuen” Ortskrankenkasse gehen nach § 171a Abs. 1 Satz 3 iVm. § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V die Versorgungsverhältnisse der Versorgungsempfänger der vereinigten Krankenkassen auf die „neu” gebildete Ortskrankenkasse über. Besteht die neu gegründete Ortskrankenkasse lediglich für die abgegrenzte Region eines Bundeslandes, handelt es sich um eine landesunmittelbare Körperschaft, die nach Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. BesVNG die Versorgung und die Beihilfeansprüche ihrer aktiven und bereits im Ruhestand befindlichen Dienstordnungsangestellten in der Dienstordnung nach dem für die Landesbeamten geltenden Recht zu regeln hat.
2. Die Versorgung der von der „neuen” Ortskrankenkasse übernommenen, bereits im Ruhestand befindlichen Dienstordnungsangestellten richtet sich in diesem Fall auch dann nach dem für Landesbeamte geltenden Recht, wenn sie zuvor von der Innungskrankenkasse als bundesunmittelbarer Körperschaft Versorgungsbezüge nach den für Bundesbeamte geltenden Vorschriften erhalten haben. Eine damit einherge hende Reduzierung der Versorgungsbezüge verstößt weder gegen § 164 Abs. 2 SGB V noch gegen das auf Art. 33 Abs. 5 GG beruhende Alimentationsprinzip oder gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes.
3. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Wahlleistungen in Form von gesondert berechneten wahlärztlichen Leistungen und einer gesondert berechneten Unterkunft bei stationärer Behandlung verletzt weder das Alimentationsprinzip noch die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5, Art. 87 Abs. 2; RVO § 351 Abs. 1, §§ 352, 353 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 354 Abs. 1, § 357 Abs. 3, § 358; Niedersächsisches Besoldungsgesetz (NBesG) i.d.F. vom 7. November 2008 § 1 Abs. 3; NBesG i.d.F. vom 25. März 2009 § 12 Abs. 1; NBesG i.d.F. vom 25. März 2009 Anlage 2; Beamtenversorgungsgesetz in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; Bundesbesoldungsgesetz i.d.F. vom 19. Juni 2009 § 20 Abs. 2 S. 2; Bundesbesoldungsgesetz i.d.F. vom 19. Juni 2009 Anlage IV; Zweites Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 23. Mai 1975 i.d.F. vom 5. Februar 2009 (2. BesVNG) Art. VIII § 1 Abs. 1; Zweites Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 23. Mai 1975 i.d.F. vom 5. Februar 2009 (2. BesVNG) § 2 Abs. 1 Nr. 1; SGB IV § 87 Abs. 1 S. 2, § 89; SGB V § 4 Abs. 2, §§ 143, 144 Abs. 4, § 150 Abs. 1-2, § 155 Abs. 1, § 160 Abs. 1, §§ 162-164, 168a Abs. 1, § 171a Abs. 1, § 173 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1, 3-4, Sätze 2-4, § 194 Abs. 1 Nr. 2; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. November 2011 – 3 Sa 567/11 B – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, nach welchen Vorschriften sich die Versorgungsbezüge des Klägers berechnen und ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die infolge eines Tarifwechsels bei seiner privaten Krankenversicherung entstandenen höheren Beitragskosten zu erstatten.
Der Kläger war seit dem 1. November 1975 als Dienstordnungsangestellter bei der Innungskrankenkasse (im Folgenden: IKK) W beschäftigt. Nach § 3 des Anstellungsvertrags vom 14. November 1975 war die Dienstordnung für die Angestellten der IKK W vom 19. März 1974 einschließlich der zu dieser ergangenen oder noch ergehenden Änderungen Bestandteil des Anstellungsvertrags. Die IKK W und der Kläger schlossen am 23. Dezember 1992 den „3. Nachtrag zum Dienstvertrag (Änderung der Besoldungsgruppe)”. § 1 des Nachtrags lautet:
„§ 1 Besoldungsgruppe, Dienstbezeichnung
Der Angestellte wird aufgrund des Vorstandsbeschlusses vom 26.10.1992 mit Wirkung vom 1.1.1993 zum Direktor befördert und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 BBesO eingewiesen.”
Die IKK W fusionierte zum 1. Januar 2004 mit der IKK Niedersachsen zur „neuen” IKK Niedersachsen (im Folgenden: IKK Niedersachsen). In der zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Satzung der IKK Niedersachsen hieß es auszugsweise:
„§ 1
Name, Sitz, Bezirk und Gliederung der IKK
(1) Die IKK führt den Namen:
Innungskrankenkasse Niedersachsen
- Kurzform: IKK Niedersachsen
(2) Sitz der IKK Niedersachsen ist:
Hannover
(3) Der Bezirk der IKK erstreckt sich auf die Bezirke der im Anhang 1 benannten Innungen.
(4) Außerdem können nach § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte die IKK Niedersachsen wählen.
Dies gilt für alle Regionen im Sinne des § 143 Abs. 1 SGB V, in denen Mitgliedsbetriebe oder deren unselbständige Betriebsteile der im Anhang 1 zu Absatz 3 genannten Trägerinnungen ihren Sitz haben.
(5) Der Bereich der IKK Niedersachsen erstreckt sich auf die Regionen:
- Niedersachsen,
- Sachsen-Anhalt,
- Thüringen,
- Hamburg,
- Bremen,
- Westfalen-Lippe,
- Bayern,
- Hessen.
…”
Die mit Wirkung zum 1. April 2004 in Kraft getretene Dienstordnung der IKK Niedersachsen (im Folgenden: DO IKK) bestimmte ua.:
„§ 1
Geltungsbereich
(1) Diese Dienstordnung regelt die Rechts- und allgemeinen Dienstverhältnisse der Angestellten auf Lebenszeit.
…
§ 20
Anpassung an beamtenrechtliche Vorschriften
(1) Soweit nicht durch besondere gesetzliche Vorschriften oder in dieser Dienstordnung etwas anderes bestimmt ist, gelten für die Angestellten und für die Versorgungsempfänger entsprechend oder sinngemäß die jeweiligen Vorschriften für Bundesbeamte über
…
e) die Rechte des Beamten,
…
§ 21
Geld- und geldwerte Leistungen
(1) Neben der Besoldung (§ 7) und der Aufwandsentschädigung (§ 11) werden Geld- und geldwerte Leistungen im Rahmen und nach den Grundsätzen der für die Bundesbeamten geltenden Bestimmungen gewährt.
…
…
§ 28
Versorgung
Für die Versorgung gelten die Vorschriften für Bundesbeamte entsprechend.
…”
Der Kläger erhielt seit seinem Eintritt in den Ruhestand von der IKK Niedersachsen ein monatliches Ruhegehalt, das nach den Vorschriften für Bundesbeamte ermittelt wurde und zuletzt 3.517,62 Euro brutto betrug. Außerdem wandte die IKK Niedersachsen auf ihre Dienstordnungsangestellten und Versorgungsempfänger das Beihilferecht des Bundes an.
Die IKK Niedersachsen vereinigte sich zum 1. April 2010 mit der AOK Niedersachsen zur Beklagten. Die Vereinigung wurde vom Bundesversicherungsamt und vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit im März 2010 genehmigt. Die am 1. April 2010 in Kraft getretene Satzung der Beklagten lautet auszugsweise:
„§ 1 Name, Sitz und Bezirk
(1) Die Krankenkasse führt den Namen ‚AOK – Die Gesundheitskasse für Niedersachsen’ (im Folgenden AOK).
(2) Die AOK umfasst die Region des Landes Niedersachsen; sie hat ihren Sitz in Hannover (Direktion).
…”
In der mit Wirkung zum 1. April 2010 in Kraft getretenen Dienstordnung der Beklagten (im Folgenden: DO AOK) ist ua. Folgendes bestimmt:
„§ 1 Geltungsbereich
Diese Dienstordnung regelt die Rechts- und allgemeinen Dienstverhältnisse der Angestellten auf Lebenszeit (§§ 5 bis 18).
…
§ 20 Anpassung an beamtenrechtliche Vorschriften
(1) Soweit nicht durch besondere gesetzliche Vorschriften oder in dieser Dienstordnung etwas anderes bestimmt ist, gelten für die Angestellten und für die Versorgungsempfänger entsprechend oder sinngemäß die jeweiligen Vorschriften für Landesbeamte über
…
e) die Rechte des Beamten,
…
§ 27 Versorgung
(1) Für die Versorgung gelten die Vorschriften für Landesbeamte entsprechend.
…”
Die Beklagte gewährt dem Kläger seit April 2010 ein Ruhegehalt nach den für Beamte des Landes Niedersachsen geltenden Vorschriften iHv. 3.483,35 Euro brutto monatlich. Zudem wendet die Beklagte seit Juli 2010 das Beihilferecht des Landes Niedersachsen auf ihre Dienstordnungsangestellten und Versorgungsempfänger an. Anders als nach der Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 (BGBl. I S. 326) sind nach dem niedersächsischen Beihilferecht Aufwendungen für Wahlleistungen in Form von gesondert berechneten wahlärztlichen Leistungen und einer gesondert berechneten Unterkunft bei stationärer Behandlung nicht beihilfefähig. Deshalb nahm der Kläger zum 1. Juli 2010 eine Tarifumstellung bei seiner privaten Krankenversicherung vor. Diese führte dazu, dass sich sein monatlicher Versicherungsbeitrag von 21,38 Euro auf 138,98 Euro erhöhte.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihm auch nach dem 1. April 2010 ein Ruhegehalt sowie Beihilfe nach den für Bundesbeamte geltenden Vorschriften gewähren. Bei der Beklagten handele es sich um eine bundesunmittelbare Körperschaft iSd. Art. 87 Abs. 2 GG. Da sie die Mitglieder der IKK Niedersachsen mit Wohnorten außerhalb Niedersachsens übernommen habe, erstrecke sich ihr Zuständigkeitsbereich – ebenso wie zuvor derjenige der IKK Niedersachsen – auf mehr als drei Bundesländer. Die Regelung in § 173 Abs. 2 Satz 4 SGB V, nach der bei einer Vereinigung von Innungsoder Betriebskrankenkassen die in der Satzung enthaltene Öffnungsklausel auch für die vereinigte Krankenkasse gelte, greife auch bei der Fusion einer Innungsmit einer Ortskrankenkasse. Zudem folge die Verpflichtung der Beklagten, das Versorgungsrecht des Bundes anzuwenden, aus § 164 Abs. 2 SGB V. Die Anwendung des niedersächsischen Versorgungs- und Beihilferechts verstoße gegen das Alimentationsprinzip und den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die Beklagte schulde ihm daher auch über den 1. April 2010 hinaus ein monatliches Ruhegehalt iHv. 3.517,62 Euro brutto. Außerdem sei sie verpflichtet, ihm die monatlichen Mehrkosten zu erstatten, die infolge des Tarifwechsels bei seiner privaten Krankenversicherung entstanden seien.
Der Kläger hat beantragt
- festzustellen, dass die Beklagte weiterhin verpflichtet ist, ab April 2010 an ihn eine monatliche Bruttoversorgung iHv. 3.517,62 Euro zu zahlen,
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn ab Juli 2010 eine monatliche Zahlung iHv. 117,60 Euro wegen erhöhter Krankenversicherungskosten zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Beklagte beantragt die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
A. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt.
Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Der Kläger begehrt die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihm ab April 2010 weiterhin eine monatliche Bruttoversorgung iHv. 3.517, 62 Euro zu zahlen und ihm die um 117, 60 Euro monatlich erhöhten Beiträge für seine private Krankenversicherung zu erstatten. Die gestellten Feststellungsanträge betreffen jeweils ein Rechtsverhältnis, nämlich den Umfang der Zahlungspflicht der Beklagten. Da hierüber zwischen den Parteien Streit besteht, hat der Kläger auch ein Interesse an alsbaldiger gerichtlicher Feststellung (vgl. etwa BAG 19. Juni 2012 – 3 AZR 289/10 – Rn. 19).
Der Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit der Feststellungsanträge nicht entgegen. Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße einfache Erledigung der auftretenden Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 19. Juni 2012 – 3 AZR 289/10 –Rn. 20). Dies ist vorliegend der Fall.
B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger ab April 2010 weiterhin ein monatliches Ruhegehalt iHv. 3.517,62 Euro brutto zu zahlen. Die Beklagte schuldet ihm auch nicht die Erstattung der monatlichen Beiträge für seine private Krankenversicherung iHv. 117,60 Euro.
I. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm ab April 2010 weiterhin ein monatliches Ruhegehalt iHv. 3.517,62 Euro brutto zahlt. Seit dem 1. April 2010 gelten nach § 27 Abs. 1 DO AOK für die Versorgung des Klägers die Vorschriften für Landesbeamte entsprechend. Die Beklagte hat das Ruhegehalt des Klägers daher zu Recht nach dem niedersächsischen Landesrecht berechnet. Damit steht dem Kläger ab April 2010 lediglich das von der Beklagten gewährte monatliche Ruhegehalt iHv. 3.483,35 Euro brutto zu. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Beklagte nicht verpflichtet, ihm ein Ruhegehalt nach den für Bundesbeamte geltenden Vorschriften zu gewähren.
1. Die Versorgung des Klägers richtet sich seit dem 1. April 2010 nicht mehr nach § 28 DO IKK, der auf die Vorschriften für Bundesbeamte verwies, sondern nach § 27 DO AOK. Danach gelten für die Versorgung des Klägers die Vorschriften für die Beamten des Landes Niedersachsen entsprechend.
a) Da der Kläger als Dienstordnungsangestellter bei einer gesetzlichen Krankenkasse beschäftigt war, wird sein Arbeits- und Versorgungsverhältnis durch die Dienstordnung normativ geregelt (§§ 351, 352, 358 RVO). Die dienstordnungsmäßig Angestellten der Sozialversicherungsträger sind zwar weder Beamte noch haben sie einen öffentlich-rechtlichen Status. Dies ändert aber nichts daran, dass ihr Angestelltenverhältnis weitgehend öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist. Die Dienstordnungen der Sozialversicherungsträger sind dem öffentlichen Recht angehöriges, aufgrund gesetzlicher Ermächtigung erlassenes autonomes Satzungsrecht (BAG 30. August 2005 – 3 AZR 391/04 – zu B II 1 der Gründe; 22. Juli 2010 – 6 AZR 82/09 – Rn. 11; 15. November 2001 – 6 AZR 382/00 – zu II 1 der Gründe, BAGE 99, 348). Es gestaltet normativ und zwingend die Arbeitsverhältnisse der Angestellten, die der Dienstordnung unterworfen sind. Der nach § 354 Abs. 1 RVO abzuschließende schriftliche Arbeitsvertrag unterstellt die Angestellten der Dienstordnung. Sobald der Vertrag geschlossen ist, wirkt die Dienstordnung in ihrer jeweiligen Fassung gesetzesgleich auf das Dienstverhältnis ein (vgl. BAG 30. August 2005 – 3 AZR 391/04 – zu B II 1 der Gründe; 22. Juli 2010 – 6 AZR 82/09 – Rn. 11).
b) Danach gilt für die Versorgung des Klägers seit dem 1. April 2010 nicht mehr § 28 DO IKK, sondern § 27 DO AOK.
aa) Die IKK Niedersachsen und die AOK Niedersachsen haben sich mit Genehmigung des Bundesversicherungsamts als Aufsichtsbehörde über die IKK Niedersachsen (vgl. § 90 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB IV) und des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit als Aufsichtsbehörde über die AOK Niedersachsen (vgl. § 90 Abs. 2 Halbs. 1 SGB IV) nach § 171a Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V zum 1. April 2010 kassenartübergreifend zur Beklagten vereinigt. Gemäß § 171a Abs. 1 Satz 3 SGB V wurde dabei die Kassenartzugehörigkeit Ortskrankenkasse (vgl. § 4 Abs. 2 SGB V) der früheren AOK Niedersachsen aufrechterhalten. Die Vereinigung hat nach § 171a Abs. 1 Satz 3 iVm. § 144 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB V dazu geführt, dass die IKK Niedersachsen und die frühere AOK Niedersachsen zum 1. April 2010 geschlossen wurden und die Beklagte als Rechtsnachfolgerin in deren Rechte und Pflichten eingetreten ist. Damit ist das Versorgungsverhältnis des Klägers auf die Beklagte übergegangen. Die Beklagte ist seit dem 1. April 2010 Versorgungsschuldnerin des Klägers.
bb) Die Beklagte hat die Rechtsverhältnisse der übernommenen Dienstordnungsangestellten einschließlich der im Ruhestand befindlichen ehemaligen Dienstordnungsangestellten zum 1. April 2010 durch die DO AOK geregelt. Hierzu war sie nach § 351 Abs. 1 RVO befugt. Die gesetzliche Ermächtigung in § 351 Abs. 1 RVO erstreckt sich nicht nur auf die Regelung der Arbeitsverhältnisse von aktiven Dienstordnungsangestellten, sondern auch auf die Rechtsverhältnisse der bereits im Ruhestand befindlichen Dienstordnungsangestellten (in diesem Sinne auch BAG 20. Februar 2008 – 10 AZR 440/07 – Rn. 13). Dies zeigt § 353 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVO. Danach ist in der Dienstordnung auch zu regeln, unter welchen Bedingungen Ruhegehalt und Hinterbliebenenfürsorge gewährt werden.
c) Nach § 27 Abs. 1 DO AOK gelten für die Versorgung der Dienstordnungsangestellten die Vorschriften für Landesbeamte entsprechend. Demnach richtet sich die Versorgung des Klägers seit dem 1. April 2010 nach den für die Versorgung der Beamten des Landes Niedersachsen geltenden Bestimmungen. Das Ruhegehalt des Klägers beträgt daher seit diesem Zeitpunkt 3.483,35 Euro brutto.
aa) Für die Versorgung der Beamten des Landes Niedersachsen galt nach § 1 Abs. 3 des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes (NBesG) in der Fassung vom 7. November 2008 bis zum Inkrafttreten des Niedersächsischen Beamtenversorgungsgesetzes vom 17. November 2011 am 1. Dezember 2011 (Nds. GVBl. 2011 S. 422) das Beamtenversorgungsgesetz in seiner bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung vom 16. März 1999 (BGBl. I S. 322, 847, 2033), zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1818; im Folgenden: BeamtVG aF). Als ruhegehaltsfähige Dienstbezüge iSd. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG aF waren seit dem 1. April 2010 allerdings nicht mehr die Grundgehaltssätze nach der Anlage IV zum Bundesbesoldungsgesetz zugrunde zu legen (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 2 BBesG in der Fassung vom 19. Juni 2009), sondern nach § 12 Abs. 1 NBesG in der Fassung vom 25. März 2009 die Grundgehaltssätze nach der Anlage 2 zum Niedersächsischen Besoldungsgesetz. Danach betrug das monatliche Ruhegehalt des gers – unstreitig – nur noch 3.483,35 Euro brutto.
bb) Aus dem Nachtrag zum Dienstvertrag des Klägers und der IKK W vom 23. Dezember 1992 ergibt sich nichts anderes. Mit der Regelung in § 1 des Nachtrags wollten die Vertragsparteien erkennbar nicht vereinbaren, dass auch die späteren Versorgungsbezüge des Klägers unabhängig von der Dienstordnung ausschließlich nach dem Bundesbesoldungsgesetz zu bemessen sind. Eine solche Vereinbarung wäre als eine von § 27 DO AOK abweichende arbeitsvertragliche Zusage im Übrigen nach § 357 Abs. 3 RVO nichtig.
2. § 27 Abs. 1 DO AOK ist wirksam. Die Regelung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
a) Die von der Krankenkasse erlassene Dienstordnung für die Dienstord nungsangestellten muss sich als autonomes Satzungsrecht im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften halten, andernfalls ist sie als sekundäre Rechtsquelle unwirksam (vgl. BAG 15. November 2001 – 6 AZR 382/00 – zu II 1 der Gründe mwN, BAGE 99, 348).
b) § 27 Abs. 1 DO AOK ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Regelung verstößt weder gegen Art. VIII § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 23. Mai 1975 (BGBl. I S. 1173) in der seit dem 5. Februar 2009 geltenden Fassung (BGBl. I S. 160; im Folgenden: 2. BesVNG) noch gegen § 164 Abs. 2 SGB V. Das in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Alimentationsprinzip ist ebenso wenig verletzt wie die Grundsätze des Vertrauensschutzes.
aa) Die Regelung in § 27 Abs. 1 DO AOK steht mit den gesetzlichen Vorgaben in Art. VIII des 2. BesVNG in Einklang. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Beklagten nicht um eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung, sondern um eine landesunmittelbare Körperschaft. Daher hat sie nach Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. BesVNG die Versorgung ihrer Dienstordnungsangestellten nach dem für Landesbeamte geltenden Recht zu regeln.
(1) Nach Art. VIII § 1 Abs. 1 2. BesVNG haben bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung bei der Aufstellung ihrer Dienstordnungen den Rahmen des Bundesbesoldungsgesetzes, insbesondere das für die Bundesbeamten geltende Besoldungs- und Stellengefüge, einzuhalten (Nr. 1) und alle weiteren Geld- und geldwerten Leistungen sowie die Versorgung im Rahmen und nach den Grundsätzen der für die Bundesbeamten geltenden Bestimmungen zu regeln (Nr. 2). Für landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung gilt dies gemäß Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. BesVNG mit der Maßgabe, dass an die Stelle des für Bundesbeamte geltenden Rechts das für Landesbeamte geltende Recht tritt. Hierbei handelt sich um zwingende gesetzliche Vorgaben, von denen der Sozialversicherungsträger nicht – auch nicht zugunsten der Dienstordnungsangestellten und Versorgungsempfänger – abweichen darf (vgl. BAG 20. Februar 2008 – 10 AZR 440/07 – Rn. 16).
(2) Die Beklagte ist eine landesunmittelbare und keine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung. Denn ihr regionaler Zuständigkeitsbereich erstreckt sich ausschließlich auf das Land Niedersachsen.
(a) Das 2. BesVNG regelt selbst nicht, unter welchen Voraussetzungen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung bundesunmittelbar oder landesunmittelbar ist. Maßgeblich sind daher die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 87 Abs. 2 GG. Nach Art. 87 Abs. 2 Satz 1 GG sind Sozialversicherungsträger bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts, wenn sich ihr Zuständigkeitsbereich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Demgemäß sind Sozialversicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich lediglich auf ein Bundesland erstreckt, landesunmittelbare Körperschaften. Eine Ausnahme hiervon enthält Art. 87 Abs. 2 Satz 2 GG. Danach werden Sozialversicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich zwar über das Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hinaus erstreckt, abweichend von Art. 87 Abs. 2 Satz 1 GG als landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts geführt, wenn das aufsichtsführende Land durch die beteiligten Länder bestimmt ist.
(b) Der Zuständigkeitsbereich iSd. Art. 87 Abs. 2 GG ist räumlich gemeint und nach dem Gebiet zu beurteilen, innerhalb dessen die für die jeweils relevante Sozialversicherung maßgeblichen Anknüpfungspunkte bestehen (so bereits BSG 16. Dezember 1965 – 3 RK 33/62 – BSGE 24, 171). Nicht maßgeblich ist hingegen, wohin die Versicherungsleistungen erbracht werden (BVerwG 17. Juli 2010 – 6 PB 6/10 – Rn. 11; Ibler in Maunz/Dürig Komm. z. GG Stand Mai 2013 Art. 87 Rn. 211). Für Ortskrankenkassen ist nach § 143 Abs. 1 SGB V die abgegrenzte Region maßgeblich, für die die Ortskrankenkasse besteht. Nach § 143 Abs. 2 SGB V kann die Landesregierung die Abgrenzung durch Rechtsverordnung regeln. Länderübergreifende Regionen können gemäß § 143 Abs. 3 SGB V durch Staatsvertrag der betroffenen Länder gebildet werden. Die regionale Zuständigkeit der Ortskrankenkassen wird durch den Errichtungsakt konstitutiv bestimmt und nach § 194 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der Satzung der Ortskrankenkasse deklaratorisch wiedergegeben (vgl. Krauskopf/Baier SozKV Stand September 2013 § 143 SGB V Rn. 5). Die so festgelegte und in der Satzung wiedergegebene Region bildet den Zuständigkeitsbereich der Ortskrankenkasse iSd. Art. 87 Abs. 2 GG.
(c) Danach handelt es sich bei der Beklagten um eine landesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts. Denn die Beklagte besteht nach § 143 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V nur für die abgegrenzte Region des Landes Niedersachsen.
(aa) Die niedersächsische Landesregierung hat gemäß § 143 Abs. 2 Satz 1 SGB V durch Verordnung vom 15. Oktober 1993 (Nds. GVBl. Nr. 29/1993 S. 455) geregelt, dass die abgegrenzte Region für Ortskrankenkassen iSd. § 143 Abs. 1 SGB V das Land Niedersachsen ist. Dementsprechend ist in § 1 Abs. 2 der Satzung der Beklagten bestimmt, dass sie die Region des Landes Niedersachsen umfasst. Der maßgebliche Zuständigkeitsbereich der Beklagten beschränkt sich daher auf das Land Niedersachsen.
(bb) Entgegen der Ansicht des Klägers ist unerheblich, dass der Beklagten aufgrund der Vereinigung mit der IKK Niedersachsen auch Mitglieder angehören, die ihren Wohnort in anderen Bundesländern haben. Dies ist eine Rechtsfolge der Vereinigung der IKK Niedersachsen mit der früheren AOK Niedersachsen. Nach § 171a Abs. 1 Satz 3 iVm. § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V sind durch die Vereinigung alle Mitgliedsverhältnisse der IKK Niedersachsen auf die Beklagte übergegangen. Der Übergang der Mitgliedsverhältnisse führt nicht dazu, dass die Beklagte auch für diejenigen Regionen zuständig ist, in denen die Wohnorte der übernommenen Mitglieder liegen. Nach der gesetzlichen Regelung in § 143 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V kommt es für den Zuständigkeitsbereich der Beklagten lediglich auf die durch Rechtsverordnung der Niedersächsischen Landesregierung bestimmte Region an, für die sie besteht. Der Wohn- oder Beschäftigungsort ihrer Mitglieder ist für die regionale Zuständigkeit der Beklagten dagegen unerheblich. Dieser hat nur Bedeutung für das allgemeine Kassenwahlrecht der Versicherungspflichtigen bzw. -berechtigten (vgl. § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V).
(cc) Der Einwand des Klägers, die Beklagte sei „faktisch” nicht gehindert, auch Mitglieder aufzunehmen, die ihren Wohn- oder Beschäftigungsort außerhalb des Landes Niedersachsen haben, führt zu keiner anderen Beurteilung. Nach § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V können Versicherungspflichtige und -berechtigte grundsätzlich nur die Ortskrankenkasse ihres Beschäftigungsoder Wohnorts wählen. Etwaige Verstöße der Beklagten gegen diese gesetzlichen Vorgaben würden an der räumlichen Zuständigkeit der Beklagten für die Region des Landes Niedersachsen nichts ändern. Sie könnten lediglich Maßnahmen der zuständigen Aufsichtsbehörde nach § 87 Abs. 1 Satz 2, § 89 SGB IV zur Folge haben.
(d) Der Zuständigkeitsbereich der Beklagten erstreckt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht deshalb über das Land Niedersachsen hinaus, weil § 1 Abs. 4 der Satzung der IKK Niedersachsen eine Öffnungsklausel iSd. § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V enthielt und die Öffnung nach § 173 Abs. 2 Satz 3 SGB V unwiderruflich ist.
(aa) Der Gesetzgeber hat den Innungs- und Betriebskrankenkassen mit § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V das Recht eingeräumt, anstelle der betriebs-bzw. innungsbezogenen Zuständigkeit nach § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB V eine regionale Zuständigkeit nach Maßgabe des § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V zu bestimmen. Die Regelung ermöglicht es den Innungs- und Betriebskrankenkassen, sich uneingeschränkt am Wettbewerb mit den Orts- und den Ersatzkrankenkassen zu beteiligen (vgl. Krauskopf/Baier SozKV Stand September 2013 § 173 SGB V Rn. 13). Eine in der Satzung der Innungs- oder Betriebskrankenkasse enthaltene Öffnungsklausel iSd. § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V kann nicht widerrufen werden (§ 173 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im Fall einer nicht kassenartübergreifenden Vereinigung von Innungs- oder Betriebskrankenkassen bleibt die neu gebildete Innungs- oder Betriebskrankenkasse nach § 173 Abs. 2 Satz 4 SGB V auch dann geöffnet, wenn eine der beiden vereinigten Kassen nicht geöffnet war.
(bb) § 173 Abs. 2 Satz 4 SGB V greift vorliegend nicht. Eine direkte Anwendung der Norm scheidet aus, da es sich bei der Beklagten nicht um eine Betriebs- oder Innungskrankenkasse, sondern um eine Ortskrankenkasse handelt. Auch eine entsprechende Anwendung der Regelung kommt nicht in Betracht. Die Regelung in § 173 Abs. 2 Satz 4 SGB V soll verhindern, dass die Öffnung einer Betriebs- oder Innungskrankenkasse durch Vereinigung mit einer nicht geöffneten Krankenkasse rückgängig gemacht werden kann (vgl. BT-Drucks. 15/1525 S. 137). Der Schutzzweck der Regelung greift damit nur, wenn die aus der Vereinigung entstandene Kasse eine betriebs- oder innungs-bezogene Zuständigkeit iSd. § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB V aufweisen kann. Dies ist bei der Vereinigung einer Innungskrankenkasse mit einer Ortskrankenkasse zu einer Ortskrankenkasse – wie hier – indes nicht der Fall. Die Zuständigkeit der Ortskrankenkasse bestimmt sich gemäß § 143 Abs. 1 SGB V nach der Region, für die sie besteht. Damit kann sie ohne Rücksicht auf die Innungsoder Betriebszugehörigkeit von allen Versicherungspflichtigen und -berechtigten gewählt werden, die in der Region ihren Wohn- oder Beschäftigungsort haben. Einer Öffnung bedarf es daher nicht, sie besteht ohnehin.
(e) Soweit die Revision rügt, eine Qualifikation der Beklagten als landesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil für Versicherte, die ihren Wohn- oder Beschäftigungsort außerhalb von Niedersachsen haben, nicht die Möglichkeit bestehe, die Beklagte als Krankenkasse zu wählen, wohingegen die von der Beklagten übernommenen Versicherten der IKK Niedersachsen, die ihren Wohnoder Beschäftigungsort ebenfalls nicht in Niedersachsen haben, weiter bei ihr versichert sein könnten, vermag dies der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Dabei kann dahinstehen, ob überhaupt eine sachwidrige Ungleichbehandlung der beiden Versichertengruppen iSv. Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt. Jedenfalls wäre die Rechtsfolge aus einem möglichen Gleichheitsverstoß nicht, das für die Versorgung des Klägers als Dienstordnungsangestellter auch nach dem 1. April 2010 weiter die für Bundesbeamte maßgebenden Vorschriften Anwendung finden.
bb) § 27 Abs. 1 DO AOK verstößt auch nicht gegen § 164 Abs. 2 SGB V. Die Norm ist bei einer Vereinigung von Krankenkassen weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.
Nach § 164 Abs. 2 SGB V bleiben die Versorgungsansprüche der am Tag der Auflösung oder Schließung einer Innungskrankenkasse vorhandenen Versorgungsempfänger unberührt. Die Regelung bezieht sich nur auf die Auflösung der Innungskrankenkasse durch zustimmenden Mehrheitsbeschluss des Verwaltungsrats nach § 162 SGB V oder ihre Schließung durch die Aufsichtsbehörde nach § 163 SGB V, nicht jedoch auf die Schließung einer vereinigten Krankenkasse nach § 144 Abs. 4 Satz 1 SGB V. Dies zeigen sowohl die systematische Stellung von § 164 Abs. 2 SGB V hinter den §§ 162, 163 SGB V als auch der weitere Regelungszusammenhang in § 164 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 SGB V. Bei der Auflösung oder Schließung einer Innungskrankenkasse nach §§ 162, 163 SGB V bleibt der bisherige Versorgungsschuldner zwar erhalten; ab dem Zeitpunkt der Schließung oder Auflösung wandelt sich die Krankenkasse jedoch in eine Innungskrankenkasse in Abwicklung um (vgl. § 155 Abs. 1, § 164 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die Rechtsfähigkeit der Innungskrankenkasse in Abwicklung als Körperschaft des öffentlichen Rechts bleibt solange bestehen, bis die Abwicklung vollständig beendet ist (vgl. Mühlhausen in Becker/Kingreen SGB V 3. Aufl. § 155 Rn. 14). Vor diesem Hintergrund enthält § 164 Abs. 2 SGB V lediglich eine – aus Sicht des Gesetzgebers notwendige – „Klarstellung” über die rechtlichen Folgen der Schließung oder Auflösung nach §§ 162, 163 SGB V (vgl. BT-Drucks. 11/2237 S. 212).
Demgegenüber hat der Gesetzgeber für den Fall einer Vereinigung von Krankenkassen ausdrücklich angeordnet, dass die fusionierten Kassen mit dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Vereinigung geschlossen sind und die neue Krankenkasse in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen eintritt (§ 144 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2, § 150 Abs. 1 und Abs. 2, § 160 Abs. 1, § 168a Abs. 1, § 171a Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zu den Pflichten der bisherigen Krankenkassen gehören auch die Versorgungsverpflichtungen gegenüber ihren Versorgungsempfängern. Da diese bei einer Vereinigung von Krankenkassen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die neu gegründete Kasse übergehen, besteht über deren weiteres rechtliches Schicksal kein Klarstellungsbedarf.
cc) Die in § 27 Abs. 1 DO AOK angeordnete Anwendbarkeit der für die Beamten des Landes Niedersachsen geltenden Vorschriften verstößt nicht gegen das Alimentationsprinzip.
(1) Das auf Art. 33 Abs. 5 GG beruhende Alimentationsprinzip gilt für Dienstordnungsangestellte zwar nicht unmittelbar, da diese trotz der weitgehenden Annäherung ihrer Rechtsverhältnisse an das Beamtenrecht keine Beamte, sondern privatrechtliche Angestellte sind. Für die Beurteilung der Angemessenheit ihrer Bezüge gelten diese Grundsätze jedoch entsprechend, weil die Rechtsverhältnisse der Dienstordnungsangestellten nach den gesetzlichen Vorgaben trotz der Statusunterschiede materiell weitgehend so auszugestalten sind wie Beamtenverhältnisse (vgl. BAG 22. Juli 2010 – 6 AZR 82/09 – Rn. 19; 30. August 2005 – 3 AZR 391/04 – zu B II 3 a der Gründe; 15. November 2001 – 6 AZR 382/00 – zu II 1 der Gründe, BAGE 99, 348). Dienstordnungen, die dagegen verstoßen, sind daher unwirksam (vgl. BAG 15. November 2001 – 6 AZR 382/00 – zu II der Gründe, aaO).
(2) Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren (vgl. BVerfG 2. Oktober 2007 – 2 BvR 1715/03, 2 BvR 1716/03, 2 BvR 1717/03 – Rn. 30, BVerfGK 12, 253; 19. September 2007 – 2 BvF3/02 – Rn. 70, BVerfGE 119, 247; 6. März 2007 – 2 BvR 556/04 – Rn. 64, BVerfGE 117, 330). Art. 33 Abs. 5 GG gilt nicht nur für die Besoldung während der aktiven Dienstzeit, sondern auch für die Versorgung während des Ruhestandes und nach dem Ableben (vgl. BVerwG 19. Dezember 2002 – 2 C 34.01 – BVerwGE 117, 305). Das bedeutet, dass auch die Alters- und Hinterbliebenenversorgung so zu bemessen ist, dass sie einen angemessenen Lebensunterhalt garantiert (BAG 19. Juni 2012 – 3 AZR 558/10 – Rn. 37).
(3) Danach verstößt die in § 27 Abs. 1 DO AOK angeordnete Anwendbarkeit der für die Beamten des Landes Niedersachsen geltenden Vorschriften nicht gegen das Alimentationsprinzip. Das Ruhegehalt des Klägers ist so bemessen, dass es einen angemessenen Lebensunterhalt garantiert. Gegenteiliges macht der Kläger nicht geltend. Zwar führt die Anwendung der für die niedersächsischen Beamten geltenden Regelungen dazu, dass das Ruhegehalt des Klägers ab dem 1. April 2010 geringfügig niedriger ist als nach dem für Bundesbeamte geltenden Recht. Das Alimentationsprinzip gewährleistet indes nicht, dass Versorgungsbezüge nicht gekürzt werden dürfen, sondern nur, dass ein Anspruch auf eine angemessene Versorgung besteht.
dd) § 27 Abs. 1 DO AOK begegnet auch im Hinblick auf den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes keinen Bedenken. Der Kläger konnte als Dienstordnungsangestellter einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung angesichts der seit dem 1. Juli 1975 gültigen Regelungen in Art. VIII § 1 und § 2 2. BesVNG nicht schutzwürdig darauf vertrauen, dass sich seine Versorgung stets nach Bundesrecht richten würde. Die bloße allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, genießt, soweit nicht besondere – vorliegend nicht ersichtliche – Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfG 7. Juli 2010 – 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 – Rn. 46, BVerfGE 127, 61).
II. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der monatlich um 117,60 Euro höheren Beiträge für seine private Krankenversicherung. Die Beklagte wendet zu Recht nach § 20 Abs. 1 Buchst. e) DO AOK ab Juli 2010 auf ihre Dienstordnungsangestellten und die Versorgungsempfänger die für die Beamten des Landes Niedersachsen geltenden Beihilfevorschriften an. Da die Beklagte eine landesunmittelbare Körperschaft ist, steht § 20 DO AOK mit Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. BesVNG im Einklang. Nach dem niedersächsischen Beihilferecht sind Aufwendungen für Wahlleistungen nicht beihilfefähig. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit dieser Aufwendungen verstößt weder gegen das Alimentationsprinzip noch verletzt die Beklagte damit ihre Fürsorgepflicht gegenüber den Dienstordnungsangestellten. Auch der Grundsatz des Vertrauensschutzes steht dem Wegfall der Beihilfefähigkeit von Wahlleistungen nicht entgegen. Schon deshalb ist die Beklagte nicht verpflichtet, die Kosten der privaten Krankenversicherung des Klägers zu tragen, die dieser zur Abdeckung derartiger Aufwendungen abgeschlossen hat.
1. Durch den Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Wahlleistungen verstößt die Beklagte nicht gegen ihre Fürsorgepflicht.
a) Die Gewährung von Beihilfen findet ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Der Dienstherr muss Vorkehrungen dafür treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er dieser Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise Genüge tut, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch die Eigenvorsorge des Beamten ergänzende Beihilfen nachzukommen, so muss er sicherstellen, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann. Der Dienstherr darf somit die Beihilfe – da er sie als eine die Eigenvorsorge ergänzende Leistung konzipiert hat – nicht ohne Rücksicht auf die vorhandenen Versicherungsmöglichkeiten ausgestalten. Eine in Ergänzung der zumutbaren Eigenvorsorge lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen verlangt die Fürsorgepflicht dagegen nicht (BVerfG 27. September 2011 – 2 BvR 86/11 – Rn. 10 mwN).
b) Selbst wenn zugunsten des Klägers davon auszugehen sein sollte, dass diese für Beamte geltenden Grundsätze uneingeschränkt auch auf Dienstordnungsangestellte übertragbar sind, läge kein Verstoß der Beklagten gegen ihre Fürsorgepflicht vor. Die Fürsorgepflicht gebietet nur, angemessene Beihilfen zu den im Krankheitsfall notwendigen Aufwendungen – dh. bei einem Krankenhausaufenthalt zu einer als vollwertig anzusehenden stationären Behandlung – zu gewähren. Dem ist genügt, wenn – wie vorliegend – für die allgemeinen Krankenhausleistungen nach § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung) Beihilfe gewährt wird (vgl. für Beamte BVerfG 7. November 2002 – 2 BvR 1053/98 – zu C I 2 a aa der Gründe, BVerfGE 106, 225). Dem Dienstordnungsangestellten muss als Krankenhausversorgung nicht mehr gewährleistet werden als das, was nach der Bundespflegesatzverordnung den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechend dem Inhalt ihrer versicherungsrechtlichen Ansprüche als medizinisch gebotene Behandlung garantiert wird. Er kann daher ohne Verstoß gegen die Fürsorgepflicht darauf verwiesen werden, entweder auf die Inanspruchnahme von Wahlleistungen zu verzichten oder aber selbst zusätzliche Vorsorge durch Abschluss einer ergänzenden Krankenversicherung zu treffen (vgl. für Beamte BVerfG 7. November 2002 – 2 BvR 1053/98 – zu C I 2 a aa und bb der Gründe, aaO).
2. Das Alimentationsprinzip wird dadurch nicht verletzt.
Ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip wäre erst dann gegeben, wenn die zur Abwendung von krankheitsbedingten Belastungen erforderlichen Krankenversicherungsprämien einen solchen Umfang erreichten, dass der angemessene Lebensunterhalt der Beamten und Versorgungsempfänger nicht mehr gewährleistet wäre (vgl. BVerfG 16. August 2011 – 2 BvR 287/10 – Rn. 20 f.; 13. Februar 2008 – 2 BvR 613/06 – Rn. 10, BVerfGK 13, 278; 7. November 2002 – 2 BvR 1053/98 – zu C I 1 c der Gründe, BVerfGE 106, 225). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Beklagte hat aufgrund ihrer Fürsorgepflicht nur Vorkehrungen zur Abdeckung der Kosten einer medizinisch erforderlichen Behandlung im Krankheitsfall zu treffen. Genügt – wie vorliegend – die Ausgestaltung der Beihilfe auch nach Wegfall der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Wahlleistungen diesen Anforderungen, so kann eine verfassungswidrige Lücke in der amtsangemessenen Alimentation nicht entstehen. Ein Dienstordnungsangestellter, der weiter Wahlleistungen in Anspruch nehmen will, muss für die dadurch entstehenden Kosten selbst aufkommen. Die so begründeten finanziellen Einbußen sind nur die Kehrseite seiner Freiheit, seine Dienstbezüge so zu verwenden, wie er möchte. Verwendet er einen Teil seiner Bezüge für eine auch Wahlleistungen umfassende Krankenversicherung, die dann insoweit gegenüber einer „beihilfekonformen” Versicherung erhöht ist, kann er die ihm daraus erwachsende Belastung nicht seinem Dienstherrn unter Berufung auf das Alimentationsprinzip „in Rechnung stellen” (vgl. nur BVerfG 7. November 2002 – 2 BvR 1053/98 – zu C I 2 b aa der Gründe, aaO).
3. Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes ist nicht gegeben. Der Kläger konnte nicht schutzwürdig darauf vertrauen, dass ihm für Wahlleistungen zukünftig stets Beihilfe gewährt wird. Der Wegfall der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Wahlleistungen bei stationärer Behandlung entspricht der ergänzenden Funktion der Beihilfe (vgl. BVerfG 7. November 2002 – 2 BvR 1053/98 – zu C III der Gründe, BVerfGE 106, 225).
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Gräfl, Schlewing, Ahrendt, Schmalz, Schultz
Fundstellen
Haufe-Index 6682379 |
BAGE 2015, 138 |
BB 2014, 1011 |
DB 2014, 7 |
EBE/BAG 2014 |
FA 2014, 183 |
NZA 2014, 1154 |
ZTR 2014, 359 |
AP 2015 |
NZA-RR 2014, 440 |
PersV 2014, 358 |
RiA 2015, 165 |
AUR 2014, 246 |
AP-Newsletter 2014, 114 |