Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungsklage. Sonderurlaub
Orientierungssatz
Die Feststellungsklage, die auf Feststellung des Bestehens eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet ist, ist nur zulässig, wenn sich Rechtsfolgen für die Gegenwart ergeben. Aus der Feststellung, daß der Arbeitgeber verpflichtet war, dem Arbeitnehmer für eine bestimmte zurückliegende Zeit Sonderurlaub zu gewähren, könnte der Arbeitnehmer hier keine Rechtsfolgen für die Gegenwart herleiten. Der Arbeitnehmer hatte hier insbesondere nicht vorgetragen, daß er noch einen bestehenden Anspruch auf Ersatzurlaub oder Erholungsurlaub habe oder eine Vergütungsrückforderung zu erwarten sei.
Normenkette
BGB §§ 249, 280, 286-287; ZPO § 139; BAT § 47 Abs. 7, § 50 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 22.11.1985; Aktenzeichen 16 Sa 1304/85) |
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 08.05.1985; Aktenzeichen 1 Ca 3101/84) |
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Beklagten seit 1977 als Ingenieur beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Die Techniker-Krankenkasse, deren Mitglied der Kläger ist, bewilligte dem Kläger eine Badekur in R. Auf den Antrag, ihm für die Durchführung der Kur Sonderurlaub nach § 50 Abs. 1 BAT zu gewähren, teilte die Beklagte dem Kläger mit, eine Entscheidung könne erst getroffen werden, wenn feststehe, wie hoch der Kostenanteil ist, den die Krankenkasse übernimmt. In der Zeit zwischen dem 18. Januar und dem 15. Februar 1984 unterzog der Kläger sich der Kur. Mit Schreiben vom 4. April 1984 lehnte die Beklagte die Bewilligung des Sonderurlaubs ab, weil die Krankenkasse nicht mehr als 50 % der Kurkosten übernommen habe. In weiteren Schreiben vom 6. Juni und 24. Juli 1984 beharrte die Beklagte auf ihrem Standpunkt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für die Gewährung des Sonderurlaubs seien gegeben. Er hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflich-
tet ist, ihm für die Kurmaßnahme vom 18. Ja-
nuar bis 15. Februar 1984 im H
Sanatorium, Kurpark-Sanatorium M ,
R , 21 Tage Sonderurlaub
zu gewähren.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Die Feststellungsklage ist unzulässig.
Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt wird. Ist die Klage auf Feststellung des Bestehens eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, so ist sie nur dann zulässig, wenn sich Rechtsfolgen für die Gegenwart ergeben (BAG Urteil vom 25. Februar 1987 - 8 AZR 430/84 - AP Nr. 3 zu § 52 BAT, zu A I der Gründe, mit weiteren Nachweisen, zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt).
Diese Voraussetzungen erfüllt die vorliegende Klage nicht. Aus der Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet war, dem Kläger für die Zeit vom 18. Januar bis zum 15. Februar 1984 Sonderurlaub zu gewähren, könnte der Kläger keine Rechtsfolgen für die Gegenwart herleiten. Dies ergibt sich aus dem Sachverhalt, wie er sich im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Endes der Revisionsverhandlung (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 15. Aufl., Anm. III A vor § 253 mit weiteren Nachweisen) aufgrund des bisherigen und des vom Senatsvorsitzenden nach § 139 Abs. 2 ZPO angeregten ergänzenden Vortrags der Parteien darstellt.
Der Kläger hat bereits dazu, ob die Beklagte auf sein durch die Kur verursachtes Fernbleiben vom Dienst überhaupt Urlaub angerechnet hat, und gegebenenfalls, ob es sich dabei um übertragenen Urlaub aus dem Jahr 1983 oder um Urlaub aus dem Jahr 1984 gehandelt hat, keine Tatsachen vorgetragen. Weiter hat er nicht behauptet, daß ein etwaiger Anspruch auf zu Unrecht angerechneten Erholungsurlaub trotz des in § 47 Abs. 7 BAT geregelten Verfalls ausnahmsweise noch geltend gemacht werden kann, etwa aufgrund einer Vereinbarung der Parteien. Schließlich hat er auch für den Fall, daß ein Anspruch auf zu Unrecht angerechneten Erholungsurlaub zwischenzeitlich wegen Fristablaufs erloschen ist, nicht dargetan, ihm stehe wegen Schuldnerverzugs der Beklagten ein Anspruch auf Ersatzurlaub nach § 286 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 249 Satz 1 BGB zu (vgl. ständige Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 26. Juni 1986 - 8 AZR 75/83 - BAGE 52, 254 = AP Nr. 5 zu § 44 SchwbG, zu II der Gründe). Auch darauf, daß er einen Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der während der Kur erhaltenen Vergütung zu besorgen habe, hat sich der Kläger nicht berufen. Die Feststellung, daß dem Kläger zwischen dem 18. Januar und dem 15. Februar 1984 Sonderurlaub nach § 50 Abs. 1 BAT zustand, hätte somit in der Gegenwart für den Kläger keine Auswirkungen. Ein Urteil des Senats zu dieser Frage wäre ein Rechtsgutachten, zu dessen Erstattung die Gerichte nicht berufen sind (BAG Urteil vom 4. September 1986 - 8 AZR 2/84 - nicht veröffentlicht).
2. Weil der Kläger während des gesamten Verfahrens die Voraussetzungen für einen noch bestehenden Anspruch auf Erholungsurlaub oder Ersatzurlaub nicht vorgetragen, sondern mit der Beklagten nur über die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 BAT gestritten hat, kann sein Antrag auch nicht im Wege der Auslegung als eine - eventuell hilfsweise - auf die Gewährung von Erholungsurlaub gerichtete Feststellungs- oder Leistungsklage angesehen werden.
Dr. Leinemann Dr. Peifer Dr. Wittek
Dr. Gaber R. Schmidt
Fundstellen
Haufe-Index 441636 |
EEK, I/947 (ST1) |