Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhaltensbedingte Kündigung - Unrichtige Anhörung des Betriebsrats
Orientierungssatz
Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Neben näheren Informationen über die Person des betroffenen Arbeitnehmers, die Art und den Zeitpunkt der Kündigung hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor allem die seiner Ansicht nach maßgeblichen Gründe für die Kündigung mitzuteilen.
Normenkette
KSchG § 1; BetrVG § 102
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 14.06.1988; Aktenzeichen 7 Sa 104/87) |
ArbG Ulm (Entscheidung vom 07.10.1987; Aktenzeichen 1 Ca 337/87) |
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen - hilfsweise ordentlichen - Kündigung, die die Beklagte gegenüber ihrem früheren Arbeitnehmer S S, dem Vater der Rechtsnachfolger des Klägers (im folgenden: Erblasser), ausgesprochen hat.
Der während des Rechtsstreits am 22. Juli 1988 verstorbene Erblasser war seit dem 6. Oktober 1960 im Betrieb der Beklagten, in dem ca. 440 Arbeitnehmer tätig sind, beschäftigt. Sein monatliches Bruttogehalt betrug zuletzt 3.500,-- DM. Er war in der aus neun Arbeitnehmern bestehenden Abteilung "Rahmenbau" als Schweißer tätig. In der hier fraglichen Zeit war als Meister für die Abteilung "Rahmenbau" u. a. Herr P zuständig, dem die Wartung der Geräte und Vorrichtungen oblag.
Am 1. Juli 1987 stellte P einen Wagen mit von Schlossern zu bearbeitenden Teilen in der Nähe des Arbeitsplatzes des Erblassers ab. Es kam hierauf zwischen beiden zu einer Auseinandersetzung, deren Anlaß und Verlauf von den Parteien zum Teil unterschiedlich dargestellt wird. Unstreitig ist, daß der Erblasser auf P zuging und ihm erregt sagte: "M hat mehr im Kopf wie Du". Bei "M" handelt es sich um den von Arbeitnehmern hinsichtlich seiner Intelligenz nicht sehr hoch eingeschätzten Hofkehrer der Beklagten. Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung trat der Zeuge P mit dem Fuß nach dem Erblasser. Streitig ist insoweit, ob der Erblasser am Fuß, so der Meister P, oder am Schienbein, so der Erblasser, getroffen wurde und ob er dort eine Prellung davongetragen hat.
P teilte diesen Vorfall dem Betriebsleiter der Beklagten Sch mit, der wiederum die Personalabteilung verständigte. Daraufhin befragte der Personalleiter den Erblasser und den Meister P zu dem Vorfall.
Am 2. Juli 1987 übersandte die Beklagte dem Betriebsrat ein Anhörungsschreiben für die geplante außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung des Erblassers, in dem es u. a. heißt:
"Am 1. Juli 1987 gegen 14.30 Uhr ereignete sich am
Arbeitsplatz des Herrn S ein Vorfall der uns
zwingt, das Arbeitsverhältnis fristlos zu beenden.
Der Meister, Herr P , wollte Herrn S Arbeit
zuteilen. Daraufhin trat dieser auf den Meister zu,
tippte mit den Zeigefingern beider Hände an seine
Stirn und rief aus: 'Du bist so blöd wie der M ]'
M ist der Hofkehrer. Daraufhin gab es einigen Wort-
wechsel, wobei Herr S den Meister zweimal in das
Gesicht spuckte. Anschließend kam es sogar noch zu
Tätlichkeiten.
Bei dem Wortwechsel mit dem Meister sagte Herr S
u. a.: 'Wenn ich Dich draußen erwische, dann schlage ich
Dich.'
Es ist uns unmöglich, ein solches Verhalten zu tolerieren.
Der Betriebsablauf und die betriebliche Disziplin verlan-
gen die sofortige Entfernung des Herrn S . Nach un-
seren Nachforschungen trifft an dem Vorfall den Meister
P keine Schuld und er hat für diese Auseinander-
setzung keine Veranlassung gegeben."
Mit Schreiben vom 7. Juli 1987 widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 10. Juli 1987 das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. Dezember 1987.
Der Erblasser hat geltend gemacht, die Beklagte habe die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Das Kündigungsschreiben sei ihm erst am 16. Juli 1987 durch einen Boten ausgehändigt worden, obwohl die Beklagte bereits am 1. Juli 1987 von dem betreffenden Vorfall in Kenntnis gesetzt worden sei.
Er hat weiter vorgetragen, die Kündigung sei auch nicht gerechtfertigt. Die dem Betriebsrat mitgeteilten Gründe deckten sich nicht mit den tatsächlichen Vorgängen. Der Meister P habe durch das Anfahren und Abstellen von Material ihn und andere Arbeitskollegen bei der Arbeit behindert, was Anlaß der Auseinandersetzung gewesen sei. Er habe die Auseinandersetzung rein verbal geführt.
Die Rechtsnachfolger des früheren Klägers haben zuletzt beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen
dem Erblasser und der Beklagten durch die Kündigung
vom 10. Juli 1987 nicht aufgelöst worden sei, sondern
sowohl über den 13. Juli 1987 als auch über den
31. Dezember 1987 bis zum 22. Juli 1988 fortbestan-
den habe.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt worden. Die Aufklärung des Vorfalls sei bei Einleitung des Anhörungsverfahrens noch nicht abgeschlossen gewesen. Aufgrund der gegensätzlichen Schilderung habe erst am 6. Juli 1987 nach mehrmaligem Befragen der Beteiligten für den Personalleiter Klarheit über den Sachverhalt bestanden.
Die Kündigung sei auch gerechtfertigt. Der Erblasser sei am 1. Juli 1987 plötzlich auf P zugegangen, habe mit den Zeigefingern an seine Stirn getippt und gerufen: "Du bist so blöd wie der M". Im Verlaufe des darauf folgenden Wortwechsels habe der Erblasser zweimal direkt in das Gesicht des Zeugen gespuckt. Der Erblasser habe P dann, nachdem dieser nach dem Erblasser getreten hatte, einen Faustschlag an das Kinn versetzt. In diesem Zusammenhang habe der Erblasser geäußert: "Wenn ich Dich draußen erwische, schlage ich Dich".
Das Arbeitsgericht hat der Klage und dem Antrag auf Weiterbeschäftigung des Klägers, über den in der Revision nicht mehr zu befinden war, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Die auf die Frage der Wirksamkeit der Kündigung beschränkte Revision der Beklagten ist zulässig. Wegen der mit der Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses verbundenen Folgewirkungen auf Ansprüche, die von diesem Rechtsverhältnis abhängig sind, ist in der Einlegung des Rechtsmittels keine rechtsmißbräuchliche oder unnötige Inanspruchnahme des Rechtsmittelgerichts zu sehen (vgl. KR-Becker, 3. Aufl., § 1 KSchG Rz 129 ff., m.w.N.).
Die Revision der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hat bis zum Tod des Erblassers bestanden.
I. Die Kündigungsschutzklage ist nicht durch den Tod des Erblassers unzulässig geworden.
Das auch noch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis für die Klage (BAGE 12, 290 = AP Nr. 40 zu § 256 ZPO; Urteil vom 18. Januar 1966 - 1 AZR 247/63 - AP Nr. 37 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers) liegt vor. Im allgemeinen ist ein Feststellungsinteresse der Erben zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzprozesses nach Ablauf der Kündigungsfrist verstirbt (KR-Friedrich, 3. Aufl., § 4 KSchG Rz 81 ff.; Rohlfing/Rewolle/Bader, KSchG, Stand Februar 1984, § 4 Rz 8; Maus, Handbuch des Arbeitsrechts, VI D, § 4 KSchG Rz 24; Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 4 Rz 19; a.A. Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 4 Rz 23; Monjau/Heimeier, KSchG, § 4 S. C 66; Auffarth/Müller, KSchG, § 3 Rz 4). Da das Arbeitsverhältnis Grundlage einer Vielzahl von Ansprüchen ist, die nicht alle höchstpersönlicher Natur sind, und die Entscheidung über das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zugleich für andere aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Ansprüche bindend ist, besteht vorliegend für die Kündigungsschutzklage ein Rechtsschutzbedürfnis.
II. Die Kündigung der Beklagten war unwirksam. Der Betriebsrat ist nicht ordnungsgemäß angehört worden.
1. Nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ist die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats Wirksamkeitsvoraussetzung jeder Kündigung.
Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Neben näheren Informationen über die Person des betroffenen Arbeitnehmers, die Art und den Zeitpunkt der Kündigung hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat vor allem die seiner Ansicht nach maßgeblichen Gründe für die Kündigung mitzuteilen (BAGE 30, 176 = AP Nr. 15 zu § 102 BetrVG 1972; BAGE 34, 309, 315 = AP Nr. 22 zu § 102 BetrVG 1972, zu II der Gründe; BAGE 49, 136, 142 = AP Nr. 37 zu § 102 BetrVG 1972, zu II 1 a der Gründe). Hierfür genügt es nicht, die Kündigungsgründe nur pauschal, schlagwort- oder stichwortartig zu bezeichnen oder bloße Werturteile ohne Angabe der für die Bewertung maßgeblichen Tatsachen anzugeben (BAGE 30, 386 = AP Nr. 17 zu § 102 BetrVG 1972). Daher sind die für den Kündigungsentschluß maßgebenden Tatsachen so substantiiert darzustellen, daß der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in die Lage versetzt wird, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und eine Stellungnahme abzugeben (BAGE 30, 386, 390 f. = AP Nr. 17 zu § 102 BetrVG 1972, zu III 2 a der Gründe). Ob die im Anhörungsverfahren vom Arbeitgeber mitgeteilten - nach seiner Ansicht die Kündigung rechtfertigenden - Gründe in einem nachfolgenden Kündigungsschutzprozeß der gerichtlichen Nachprüfung standhalten, ist für das Anhörungsverfahren ohne Bedeutung (BAGE 31, 1, 7 = AP Nr. 18 zu § 102 BetrVG 1972, zu II 3 b der Gründe; BAGE 45, 277, 285 = AP Nr. 31 zu § 102 BetrVG 1972, zu III 2 c der Gründe; Urteil vom 30. Juni 1988 - 2 AZR 49/88 -, n.v., zu II 2 b, bb der Gründe). Kommt der Arbeitgeber den genannten Anforderungen an seine Mitteilungspflicht nicht oder nicht richtig nach, unterlaufen ihm insoweit bei der Durchführung der Anhörung Fehler, dann ist die Kündigung unwirksam (BAGE 27, 209 = AP Nr. 4 zu § 102 BetrVG 1972; BAGE 30, 386 = AP, aa0), und zwar unabhängig davon, ob und wie der Betriebsrat zu der mangelhaften Anhörung Stellung genommen hat (BAGE 31, 83, 89 = AP Nr. 19 zu § 102 BetrVG 1972, zu III 2 a der Gründe; BAGE 44, 201, 206 = AP Nr. 29 zu § 102 BetrVG 1972, zu A I 2 b der Gründe). Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist (BAGE 43, 129, 135 = AP Nr. 10 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu B I 1 der Gründe; KR-Etzel, 3. Aufl., § 102 BetrVG Rz 192; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 102 Rz 25 a; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 102 Rz 48; Grunsky, ArbGG, 5. Aufl., § 58 Rz 17; Busemann, NZA 1987, 581, 582).
2. Diese Rechtsgrundsätze hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei auf den vorliegenden Sachverhalt angewandt.
a) Es hat ausgeführt, die Beklagte sei ihrer Informationspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen, der Betriebsrat sei von ihr nicht vollständig unterrichtet worden.
Der für ihren Kündigungsentschluß maßgebliche Sachverhalt sei die gesamte Auseinandersetzung des Erblassers mit dem Meister P gewesen. Dies ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut des Kündigungsschreibens als auch aus dem Inhalt des Anhörungsschreibens sowie aus dem Vortrag der Beklagten im Prozeß. In dem Anhörungsschreiben sei der Betriebsrat mit der Information "anschließend kam es sogar noch zu Tätlichkeiten" über einen maßgeblichen Teil des Kündigungssachverhaltes unzureichend unterrichtet worden. Die Information hätte offengelassen, wer von den Streitbeteiligten in welcher Weise und Intensität tätlich geworden sei.
Darüber hinaus sei der Betriebsrat bewußt falsch informiert worden. Die im Anhörungsschreiben mitgeteilte Drohung des Erblassers gegenüber dem Meister P sei ein Jahr oder noch länger vor dem Vorfall am 1. Juli 1987 von diesem ausgesprochen worden. Gegenüber dem Betriebsrat habe sie den Sachverhalt jedoch so dargestellt, als sei die Äußerung am 1. Juli 1987 im Verlaufe der Auseinandersetzung gefallen. Die unrichtige Information stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit dar.
b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, der für den Kündigungsentschluß maßgebende Sachverhalt sei die gesamte Auseinandersetzung des Erblassers mit dem Meister P gewesen. Dies ergibt sich zwingend aus dem Anhörungsschreiben und dem Vortrag der Beklagten im Prozeß. Die Beklagte hat diesen Sachverhalt jedoch bewußt so beschnitten, daß der Betriebsrat ein unvollständiges und sogar unrichtiges Bild von den Gesamtzusammenhängen erhielt.
aa) Dies gilt zunächst für die Tatbeteiligung ihres Meisters P. Wenn es in dem Anhörungsschreiben im Anschluß an geschildertes Verhalten des Erblassers heißt, "anschließend kam es sogar noch zu Tätlichkeiten", so kann hieraus gefolgert werden, es sei allein der Erblasser gewesen, der sich zu Tätlichkeiten habe hinreißen lassen, während tatsächlich der Meister P zuerst tätlich wurde und nach dem Erblasser trat. Die Darstellung ist insoweit nicht nur unsubstantiiert ("Tätlichkeiten"), sondern sie entstellt durch Weglassung erheblicher Tatsachen den für die Kündigung maßgebenden Sachverhalt. Während die Beklagte den überwiegend verbal geführten Teil ganz genau unter wörtlicher Angabe der Beleidigungen und der einzelnen Handlungen geschildert hat, hat sie den weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen pauschal dem Betriebsrat dargestellt.
bb) Das gleiche gilt für die Drohungen des Klägers. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit festgestellt, dem Betriebsrat sei mitgeteilt worden, der Erblasser werde den Meister schlagen, wenn er ihn draußen erwische. Das Berufungsgericht hat dies rechtsfehlerfrei dahingehend ausgelegt, der Sachverhalt sei dem Betriebsrat so dargestellt worden, als ob diese Drohung bei der Auseinandersetzung vom 1. Juli 1987 ausgesprochen worden sei, obwohl aufgrund der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme feststehe, daß diese Drohung etwa ein Jahr oder länger vor dem in Rede stehenden Vorfall ausgesprochen worden sei und obwohl die Beklagte dies, wie ihrem Schriftsatz vom 5. November 1987 zu entnehmen sei, auch bei Einleitung des Anhörungsverfahrens gewußt habe.
c) Zwar genügt der Arbeitgeber grundsätzlich seiner Mitteilungspflicht nach § 102 BetrVG auch dann, wenn die mitgeteilten Kündigungsgründe die Kündigung objektiv nicht rechtfertigen, nicht bewiesen werden können oder unwahr sind (BAGE 34, 309 = AP, aa0; BAGE 44, 249 = AP Nr. 30 zu § 102 BetrVG 1972; BAG Urteil vom 24. März 1977 - 2 AZR 289/86 - AP Nr. 12 zu § 102 BetrVG 1972; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 102 Rz 36; Stege/Weinspach, BetrVG, 5. Aufl., § 102 Rz 56; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aa0, § 102 Rz 19; KR-Etzel, aa0, BetrVG, Rz 66). Teilt der Arbeitgeber dem Betriebsrat jedoch, wie vorliegend, bewußt wahrheitswidrig unrichtige Kündigungsgründe mit, so verletzt er nicht nur die auch im Anhörungsverfahren geltende Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG (vgl. BAGE 40, 95, 99 f. = AP Nr. 25 zu § 102 BetrVG 1972, zu I 2 b, cc der Gründe; BAGE 44, 201, 206 = AP, aa0, zu A I 2 b der Gründe; Galperin/Löwisch, aa0, § 102 Rz 30), sondern er setzt auch den Betriebsrat außerstande, sich ein zutreffendes Bild von den Gründen für die Kündigung zu machen und entsprechend zu handeln. In einem Gründen für die Kündigung zu machen und entsprechend zu handeln. In einem solchen Falle ist das Anhörungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt und die Kündigung daher gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.
d) Revisionsrechtlich ist darüber hinaus auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden. Die Darstellung der Beklagten sei unsubstantiiert.
Der Arbeitgeber genügt seiner Mitteilungspflicht nicht schon dann, wenn er pauschal oder stichwortartig den für seinen Kündigungsentschluß maßgeblichen Sachverhalt mitteilt (BAGE 30, 386 = AP Nr. 17 zu § 102 BetrVG 1972). Vielmehr setzt die ordnungsgemäße Mitteilung voraus, daß der Sachverhalt so genau und umfassend gekennzeichnet ist, daß der Betriebsrat ohne eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über seine Stellungnahme schlüssig zu werden (BAGE 44, 201, 206 = AP, aa0, zu A I 2 b der Gründe).
aa) Wie dargelegt, hat das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Kündigungsschreibens, des Anhörungsschreibens und des Vortrags der Beklagten im Prozeß zu Recht festgestellt, der für den Kündigungsentschluß der Beklagten maßgebliche Sachverhalt sei die Auseinandersetzung am 1. Juli 1987 in ihrer Gesamtheit gewesen und nicht einzelne Akte der Streitigkeit. Der Mitteilung im Anhörungsschreiben "anschließend kam es sogar noch zu Tätlichkeiten" hat es rechtsfehlerfrei nicht zu entnehmen vermocht, wer tätlich geworden ist und um welche Handlung oder Handlungen es sich gehandelt hat. Dies war zur Meinungsbildung unerläßlich, zumal es nicht allein der Kläger war, der sich zu Tätlichkeiten hat hinreißen lassen. Ohne eigene Nachforschungen war für den Betriebsrat nicht feststellbar, ob die ihm mitgeteilte überwiegend verbale Auseinandersetzung durch die - in der Art und Umfang unbekannten - Tätlichkeiten das Gewicht eines wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung erhalten hat oder eine ordentliche Kündigung rechtfertigte.
bb) Der Vortrag der Revision, der Betriebsrat habe im Zeitpunkt der Einleitung des Anhörungsverfahrens über ausreichende, umfassende Informationen verfügt, kann, da es sich um erstmals in der Revisionsinstanz erfolgtes Vorbringen handelt, gemäß § 561 ZPO nicht berücksichtigt werden.
Triebfürst Bitter Ascheid
Timpe Dr. Bächle
Fundstellen