Entscheidungsstichwort (Thema)
Suspendierende Aussperrung von Betriebsratsmitgliedern
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 25.10.1988 1 AZR 368/87 = BB 1989, 1055.
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 10.03.1987; Aktenzeichen 8 (14) Sa 96/86) |
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 19.03.1986; Aktenzeichen 3 Ca 488/85) |
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Lohn unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Arbeiter zu einem Stundenlohn von 16,07 DM brutto im Betrieb L beschäftigt. Er ist Mitglied des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats, der aus 15 Mitgliedern besteht. Drei Betriebsratsmitglieder, zu denen nicht der Kläger gehört, sind von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt. Der Kläger ist Mitglied des Betriebs-, Lohn-, Technologie-, Sicherheits- und des Sozialausschusses sowie des Ausschusses für Ausländerfragen; darüber hinaus ist er Ersatzmitglied des Ausschusses für das Verbesserungsvorschlagswesen.
Anläßlich der Tarifauseinandersetzung im Tarifgebiet Nordwürttemberg/Nordbaden mit rund 500.000 Arbeitnehmern um die Einführung der 35-Stunden-Woche rief die IG Metall am 11. Mai 1984 die Arbeiter in 14 Zulieferbetrieben der Automobilindustrie zum Streik auf. Dem Streikaufruf folgten etwa 12.700 Arbeiter. In der Folgezeit wurde der Streik auf zehn weitere Betriebe ausgedehnt. Nach Darstellung der Beklagten befanden sich in der Zeit vom 21. Mai bis zum 28. Juni 1984 täglich zwischen 38.600 und 41.100 Arbeitnehmer im Streik.
Auf Beschluß des Arbeitgeberverbandes sind mit Wirkung vom 22. Mai 1984 in allen Betrieben der Verbandsmitglieder mit mehr als 2.000 Beschäftigten die Arbeiter ausgesperrt worden. Mit Wirkung vom 18. Juni 1984 wurde die Aussperrung auf Betriebe der Mitgliedsfirmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern ausgedehnt. Die Zahl der insgesamt ausgesperrten Arbeitnehmer betrug nach Darstellung der Beklagten bis zum 28. Juni 1984, dem Ende der Aussperrung, zwischen 100.200 und 101.100 bei durchschnittlich 100.800 Arbeitern je Aussperrungstag. Nach Darstellung der Beklagten streikten am 29. Juni und 2. Juli 1984 noch 164.000 bzw. 136.000 Arbeiter, weil die IG Metall die ausgesperrten Arbeiter aufgerufen hatte, die Arbeit nicht wieder aufzunehmen. Am 3. Juli 1984 war der Arbeitskampf beendet.
Von der zweiten Aussperrungsstufe wurde auch der Betrieb der Beklagten erfaßt. Die Beklagte teilte am 15. Juni 1984 ihren Arbeitnehmern u.a. schriftlich mit:
"...
Zur Verkürzung des Arbeitskampfes und damit zur Ver-
ringerung der Schäden für alle Beteiligten hat der
Verband der Metallindustrie in Nordwürttemberg-Nord-
baden beschlossen,
die Abwehraussperrung der Arbeiter auf
alle Betriebe mit mehr als 1.000 Be-
schäftigten (ohne Auszubildende) aus-
zudehnen.
Aufgrund dieses Aussperrungsbeschlusses geben wir be-
kannt, daß die Arbeitsverhältnisse unserer Arbeiter...
in den Betriebsstätten... L von Montag,
18. Juni 1984, 0 Uhr an ohne Lohnzahlung ausgesetzt
werden. Eine Auflösung der Arbeitsverhältnisse ist
mit der Abwehraussperrung nicht verbunden. Die Aus-
gesperrten dürfen während dieser Zeit das Werkgelän-
de nicht betreten.
...
Das Ende des Arbeitskampfes wird durch Anschlag an
den Werktoren sowie voraussichtlich durch Presse
und Funk und Fernsehen bekanntgegeben.
...."
Für die Zeit der Aussperrung war im Werk der Beklagten ein Notdienst eingerichtet, der die Produktion fortführte. Am 14. Juni 1984 faßte der Betriebsrat den Beschluß, ab Montag, den 18. Juni 1984 sämtliche Betriebsratsmitglieder einschließlich der Jugendvertretung von ihrer beruflichen Tätigkeit gemäß § 37 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG freizustellen. Der Inhalt des Betriebsratsbeschlusses wurde dem zuständigen Werksleiter mitgeteilt, der sich zu dem Beschluß nicht äußerte. In der Zeit vom 18. bis zum 29. Juni 1984 führte der Betriebsrat auch Betriebsratssitzungen durch. Die Beklagte hat sich geweigert, an den Kläger für die Zeit der Aussperrung Lohn einschließlich der Feiertagsvergütung für den 21. Juni 1984 (Fronleichnam) zu zahlen. Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger Lohnzahlung in unstreitiger Höhe.
Der Kläger ist der Ansicht, das Kampfmittel der Abwehraussperrung sei unzulässig. Zumindest sei die vorliegende Aussperrung unzulässig gewesen. Die Arbeitgeberseite habe mehr als ein Viertel der rd. 500.000 Arbeitnehmer des Tarifgebietes ausgesperrt, nämlich 82.406 Arbeitnehmer anläßlich der ersten Aussperrungsstufe und weitere 45.629 Arbeiter anläßlich der zweiten Stufe, zusammen mithin 128.035 Arbeitnehmer. Zu dieser Zahl seien die "kalt ausgesperrten" Arbeitnehmer hinzuzurechnen, deren Zahl der Kläger mit 50.000 angibt. Er bestreitet, daß diese Arbeitnehmer infolge des Streiks nicht hätten weiterbeschäftigt werden können.
Schließlich stehe ihm der geltend gemachte Anspruch auch deshalb zu, weil die Arbeitsverhältnisse von Betriebsratsmitgliedern durch eine Aussperrung weder gelöst noch suspendiert werden könnten. Auch während einer Aussperrung seien betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben wahrzunehmen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn
DM 1.446,20 brutto nebst 4 % Zinsen
aus dem hieraus sich ergebenden Net-
tobetrag seit dem 11. Juli 1985 zu
zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das Kampfmittel der Aussperrung sei zulässig. Die Aussperrung habe die Grenze von einem Viertel der im Tarifgebiet beschäftigten Arbeitnehmer nicht überschritten.
Der Kläger könne sich nicht pauschal auf seine Betriebsratstätigkeit berufen, um den Fortbestand seiner Lohnansprüche für die Dauer der Aussperrung darzutun. Der Kläger habe nicht im einzelnen ausgeführt, ob er und gegebenenfalls an welchen Betriebsratssitzungen er teilgenommen habe. Gleiches gelte für die Sprechstunden. Zu den Sitzungen der Ausschüsse, denen der Kläger angehöre, habe er substantiiert nichts vorgetragen. Er habe nicht einmal behauptet, daß er an den Sitzungen teilgenommen habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht für die Zeit vom 18. bis 29. Juni 1984 kein Anspruch auf Lohnzahlung zu, da die Beklagte ihn rechtmäßig ausgesperrt hat.
I. Die Abwehraussperrung ist ein zulässiges Arbeitskampfmittel der Arbeitgeber. Das hat der Senat in seiner zur Veröffentlichung bestimmten Entscheidung vom 26. April 1988 (- 1 AZR 399/86 -) erneut ausgesprochen und im einzelnen begründet. Er hat dabei auch diejenigen Argumente berücksichtigt, die der Kläger im vorliegenden Verfahren gegen die Zulässigkeit der Aussperrung geltend gemacht hat, und, soweit erforderlich, beschieden.
II. Auch die anläßlich der Tarifauseinandersetzung im Tarifgebiet Nordwürttemberg/Nordbaden um die Einführung der 35-Stunden- Woche im Jahre 1984 erklärte Aussperrung hält sich in den nach der Senatsentscheidung vom 10. Juni 1980 (BAGE 33, 140 = AP Nr. 64 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) bestehenden Grenzen. Das hat der Senat in seiner zur Veröffentlichung bestimmten Entscheidung vom 7. Juni 1988 (- 1 AZR 597/86 -) bereits im einzelnen ausgeführt.
III.1. Auch Betriebsratsmitglieder können mit suspendierender Wirkung ausgesperrt werden (BAGE GS 23, 292, 313 = AP Nr. 43 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu Teil III C 5 der Gründe; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 74 Rz 25; Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, 2. Aufl., Rz 622; GK-Wiese, BetrVG, 4. Aufl., § 24 Rz 28; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 74 Rz 6).
2. Davon wird das Betriebsratsamt jedoch nicht berührt. Das ist heute die ganz herrschende Meinung (BAGE GS 23, 292, 313; BAGE 30, 43; 30, 58 und 30, 86 = AP Nr. 57, 58 und 60 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; BAGE 34, 331 und 34, 355 = AP Nr. 70 und 71 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; Brox/Rüthers, aaO, Rz 436; Dietz/Richardi, aaO, § 74 Rz 21; GK-Wiese, aaO, § 24 Rz 28; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 74 Rz 6, alle m.w.N.). Der Betriebsrat ist ein eigenständiges Organ der Betriebsverfassung, dessen gesetzliche Rechte und Pflichten im Betriebsverfassungsgesetz geregelt sind. Aus § 74 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BetrVG ergibt sich, daß die Arbeitskämpfe tariffähiger Parteien Rechte und Pflichten des Betriebsrats grundsätzlich nicht berühren. Die Betriebsratsmitglieder haben ihr Amt vielmehr auch während eines Arbeitskampfs im wohlverstandenen Interesse der Belegschaft und des Arbeitgebers neutral wahrzunehmen. Die Revision hat auch zu Recht darauf hingewiesen, daß gerade während des Arbeitskampfs vielfältige Aufgaben auf den Betriebsrat zukommen können, für die er erhebliche Zeit aufwenden muß. Im vorliegenden Falle ergibt sich dies schon daraus, daß die Beklagte nur die Arbeiter ausgesperrt hatte und deshalb vom Betriebsrat die laufenden Geschäfte für die Angestellten fortzuführen waren und daneben sich zusätzliche Aufgaben im Zusammenhang mit dem Arbeitskampf ergeben konnten.
3.a) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich daraus jedoch kein Anspruch auf Weiterzahlung des Arbeitsentgelts für die Betriebsratsmitglieder für die Dauer der Aussperrung. Vielmehr sind auch insoweit Arbeitsverhältnis und Betriebsratsamt auseinanderzuhalten.
Das Betriebsratsamt führen die Betriebsratsmitglieder nach § 37 Abs. 1 BetrVG unentgeltlich als Ehrenamt. Einen Entgeltanspruch haben sie deshalb grundsätzlich nach § 611 Abs. 1 BGB nur dann, wenn sie die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht haben. Dem widerspricht nicht, daß nach § 37 Abs. 2 BetrVG die Mitglieder des Betriebsrats ohne Minderung des Arbeitsentgelts von ihrer beruflichen Tätigkeit zu befreien sind, wenn und soweit dies nach Umfang und Art des Betriebes zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Denn auch hierbei handelt es sich nur um einen über § 37 Abs. 2 BetrVG vermittelten Anspruch auf Arbeitsvergütung nach § 611 Abs. 1 BGB (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. z.B. BAG Beschluß vom 18. Juni 1974 - 1 ABR 119/73 - und Urteil vom 17. September 1974 - 1 AZR 574/73 - AP Nr. 16 und 17 zu § 37 BetrVG 1972). Mit dieser Vorschrift soll nur gesichert werden, daß die erforderliche Wahrnehmung des Betriebsratsamts nicht zu einer Benachteiligung der Betriebsratsmitglieder gegenüber anderen Arbeitnehmern führt. Die Betriebsratsmitglieder sind deshalb so zu stellen, wie sie gestanden hätten, wenn sie keine Betriebsratstätigkeit ausgeübt hätten, dagegen soll die Betriebsratstätigkeit nicht wie Arbeit vergütet werden (BAGE 25, 305, 307 = AP Nr. 3 zu § 37 BetrVG 1972, zu 3 der Gründe; BAG Urteil vom 23. April 1974 - 1 AZR 139/73 - AP Nr. 11 zu § 37 BetrVG 1972). Nach dem insoweit geltenden Lohnausfallprinzip ist für die Vergütung von Betriebsratstätigkeit immer danach zu fragen, was das Betriebsratsmitglied verdient haben würde, wenn es keine Betriebsratstätigkeit ausgeübt hätte (Urteil des Sechsten Senats vom 31. Juli 1986 - 6 AZR 298/84 - AP Nr. 55 zu § 37 BetrVG 1972, zu 3 a der Gründe, m.w.N.). Die Vergütung der Betriebsratstätigkeit als Arbeitsleistung, also losgelöst von dem Entgeltanspruch, den das Betriebsratsmitglied erworben hätte, wenn von ihm keine Betriebsratsaufgaben wahrgenommen worden wären, würde dem Charakter des Betriebsratsamts als Ehrenamt widersprechen. Deshalb entsteht in den Fällen, in denen die Arbeit während der Betriebsratstätigkeit ausfällt, ohne daß dies von dem Arbeitgeber nach den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre zu vertreten ist, kein Anspruch auf Arbeitsentgelt nach § 611 BGB. Ein solcher Anspruch folgt auch nicht aus § 37 Abs. 2 BetrVG (vgl. BAG Urteil vom 31. Juli 1986, aaO, m.w.N.). Im vorliegenden Falle hat die Aussperrung die Arbeitsverhältnisse der Arbeiter des Betriebes L suspendiert. Dementsprechend hätte der Kläger, wenn er keine Betriebsratsaufgaben wahrgenommen hätte, ebensowenig wie die anderen gewerblichen Arbeitnehmer arbeiten und einen Entgeltanspruch erlangen können. Da also eine Minderung des Arbeitsentgelts infolge der Betriebsratstätigkeit nicht eingetreten ist, kann der geltend gemachte Anspruch auch nicht § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 37 Abs. 2 BetrVG entnommen werden.
b) Entgegen der Auffassung von Brox (Brox/Rüthers, aaO, Rz 624) können die mit suspendierender Wirkung ausgesperrten Betriebsratsmitglieder auch nicht Arbeitnehmern gleichgestellt werden, die Erhaltungs-(Notstands-)arbeiten verrichten. Beide unterscheiden sich nämlich gerade dadurch, daß der Arbeitnehmer, der aufgrund einer Vereinbarung der Arbeitskampfparteien Erhaltungsarbeiten ausführt, hierzu verpflichtet ist, seine Arbeitspflicht im Gegensatz zu der der übrigen am Arbeitskampf beteiligten Arbeitnehmer (zu denen auch die Betriebsratsmitglieder gehören) nicht suspendiert ist. Deshalb hat er auch im Gegensatz zu den von der Arbeitsleistung suspendierten Arbeitnehmern für seine Arbeitsleistung einen Anspruch auf Arbeitsentgelt (§ 611 Abs. 1 BGB).
c) Für den geltend gemachten Anspruch des Klägers ergibt sich auch nichts aus dem unveröffentlichten Urteil des Sechsten Senats vom 5. Dezember 1978 (- 6 AZR 485/76 -). In dieser Entscheidung hat der Sechste Senat einen Anspruch der Betriebsratsmitglieder auf Entgeltfortzahlung bejaht, die während eines wilden Streiks mit Einverständnis des Arbeitgebers zwischen Belegschaft und Arbeitgeber zu schlichten suchten. Mit dem vorliegenden Fall ist jene Fallgestaltung schon deshalb nicht vergleichbar, weil es sich um einen nicht organisierten Streik handelte, bei dem daher auch die Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder nicht suspendiert waren. Sie waren zur Arbeit verpflichtet. Hätten sie die als Betriebsratstätigkeit gewertete Vermittlung nicht versucht, hätten sie arbeiten müssen und dann auch einen Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt. Hätte der Arbeitgeber sie trotz Arbeitswilligkeit nicht beschäftigen können, hätten sie einen Anspruch aus § 611 in Verbindung mit § 615 BGB gehabt.
d) Schließlich kann der Kläger auch nicht mit Erfolg geltend machen, der Betriebsrat habe bereits am 14. Juni 1984 beschlossen, ab 18. Juni 1984 sämtliche Betriebsratsmitglieder einschließlich der Jugendvertretung von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen.
Zwar bedarf die Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG nicht der Zustimmung des Arbeitgebers, denn dies würde zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Tätigkeit des Betriebsrats führen, ohne daß dies dem Wortlaut oder Sinn und Zweck von § 37 Abs. 2 BetrVG zu entnehmen wäre (so schon für die alte Rechtslage BAG Urteil vom 8. März 1957 - 1 AZR 113/55 - AP Nr. 4 zu § 37 BetrVG 1952 und nunmehr BAG Urteil vom 6. August 1981 - 6 AZR 505/78 - AP Nr. 39 zu § 37 BetrVG 1972; BAGE 43, 109 und 50, 76 = AP Nr. 45 und 52 zu § 37 BetrVG 1972; Dütz, DB 1976, 1428, 1430; GK-Wiese, aaO, § 37 Rz 39 und Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 37 Rz 32, beide mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Aus einer zulässigen Selbstbefreiung von der Arbeit ergibt sich aber noch kein Anspruch auf Zahlung von Entgelt. Im Urteil vom 7. Juni 1988 (- 1 AZR 597/86 - zur Veröffentlichung vorgesehen) hat der Senat bereits eingehend ausgeführt (zu III 2 a der Gründe), daß die Aussperrung nicht nur eine Beschäftigungspflicht suspendieren kann, sondern unabhängig von der Arbeitspflicht auch die Hauptpflicht zur Lohnzahlung, wenn die Arbeitspflicht bereits aus anderen Gründen vorübergehend entfallen ist. Dementsprechend sind auch im vorliegenden Falle die Betriebsratsmitglieder trotz der Selbstbefreiung von der Arbeit von der Aussperrung betroffen mit der Folge, daß ihr Lohnanspruch für die Zeit der Aussperrung suspendiert gewesen ist.
Abgesehen davon hat der Kläger aber auch deshalb keinen Lohnanspruch, weil nach den mit zulässigen Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts der Kläger nicht im einzelnen dargelegt hat, daß er während der Aussperrung objektiv erforderliche Betriebsratstätigkeit in erheblichem Maße wahrgenommen hat. Daß die Arbeitsbefreiung zur ordnungsgemäßen Durchführung der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben erforderlich ist, ist aber Voraussetzung für deren Wirksamkeit (BAG Urteil vom 6. August 1981 - 6 AZR 1086/79 - AP Nr. 40 zu § 37 BetrVG 1972; GK-Wiese, aaO, § 37 Rz 31, mit zahlreichen weiteren Nachweisen und Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 37 Rz 16).
4. Auch der in die Zeit der Aussperrung fallende gesetzliche Feiertag (Fronleichnam am 21. Juni 1984) ist nicht zu bezahlen. Durch die Aussperrung waren die Arbeitsverhältnisse der ausgesperrten Arbeitnehmer suspendiert und die Beklagte von der Verpflichtung zur Lohnfortzahlung befreit. Alleinige Ursache des Arbeitsausfalles am 21. Juni 1984 war nicht der gesetzliche Feiertag, sondern die von der Beklagten schon vorher erklärte Aussperrung (vgl. dazu Urteil des Senats vom 31. Mai 1988 - 1 AZR 192/87 - zu II 2 der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Dementsprechend war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Gnade Dr. Münzer
Fundstellen
Haufe-Index 437271 |
ASP 1988, 429 (K) |
NZA 1988, 834 |