Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung. Stationierungsstreitkräfte. Auflösung einer Dienststelle. Anforderungsprofil. Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. Sozialauswahl
Orientierungssatz
1. Eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG ist dem Arbeitgeber selbst bei Vorhandensein eines freien Arbeitsplatzes nur möglich, wenn der Arbeitnehmer dem Anforderungsprofil der freien Stelle – sei es auch erst nach einer dem Arbeitgeber zumutbaren Umschulung oder Fortbildung – entspricht. Bedarf es nach dem Stellenprofil bestimmter behördlicher Erlaubnisse oder Genehmigungen, muss im Kündigungszeitpunkt die berechtigte Erwartung bestehen, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Zeit über sie verfügen wird. Es reicht nicht aus, dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nur mit gewisser Wahrscheinlichkeit gesichert ist.
2. Fallen für mehrere Arbeitnehmer einer Dienststelle Beschäftigungsmöglichkeiten weg und konkurrieren diese um eine geringere Zahl freier Arbeitsplätze in einer anderen Dienststelle des Arbeitgebers, so ist grundsätzlich durch eine Sozialauswahl analog § 1 Abs. 3 KSchG zu entscheiden, gegenüber welchem Arbeitnehmer den Arbeitgeber die Weiterbeschäftigungsobliegenheit aus § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG trifft.
3. Hat der Arbeitgeber eine nach § 1 Abs. 3 KSchG gebotene Sozialauswahl unterlassen, so ist die Kündigung des klagenden Arbeitnehmers zumindest dann nicht sozial ungerechtfertigt, wenn mit ihr – zufällig – eine im Ergebnis vertretbare Auswahlentscheidung getroffen wurde. Entsprechendes gilt, wenn eine Sozialauswahl zwar getroffen wurde, dem Auswahlverfahren aber methodische Fehler anhaften. Der Arbeitgeber hat in solchen Fällen im Prozess die Möglichkeit aufzuzeigen, dass und aus welchen Gründen soziale Gesichtspunkte gegenüber dem klagenden Arbeitnehmer deshalb ausreichend berücksichtigt wurden, weil ihm selbst dann, wenn ein seitens des Arbeitnehmers gerügter Auswahlfehler unterblieben wäre, gekündigt worden wäre. Diese Erwägungen treffen sinngemäß auch auf die Auswahl der weiterzubeschäftigenden Arbeitnehmer analog § 1 Abs. 3 KSchG zu.
Normenkette
Zusatzabkommen zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen (ZA-NTS) Art. 12, 56 Abs. 9, Art. 67; BPersVG in der durch Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS modifizierten Fassung (mod. BPersVG) § 6; BPersVG in der durch Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS modifizierten Fassung (mod. BPersVG) § 72; BPersVG in der durch Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS modifizierten Fassung (mod. BPersVG) § 79; KSchG § 1 Abs. 2-3, § 15 Abs. 4, § 17 ff., § 23 Abs. 2 S. 1; SGB IX § 88 Abs. 5, § 89 Abs. 1, § 94 Abs. 6 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28. April 2016 – 5 Sa 784/15 – aufgehoben.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 17. März 2015 – 1 Ca 3502/14 – wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.
Der Kläger war seit August 2003 als ziviler „bewaffneter” Wachmann bei den Streitkräften des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland (British Forces Germany, künftig BFG) in der Dienststelle N tätig. Diese bestand nach der Festlegung durch die BFG aus der J Kaserne in N und der A Kaserne in M. Der Kläger war zuletzt am Standort M tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Bestimmungen des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Danach war der Kläger in die Tarifgruppe ZW2 eingruppiert. Ebenso galt der Tarifvertrag vom 2. Juli 1997 über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) kraft vertraglicher Vereinbarung.
Der Kläger ist mit einem Grad von 60 behindert. Er war Kandidat für die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung, zu deren stellvertretendem Mitglied er im November 2014 gewählt wurde.
Mit Schreiben vom 19. August 2014 leitete die oberste Dienstbehörde der britischen Streitkräfte in Deutschland (Delegated Military Representative, künftig DMR) gegenüber der Hauptbetriebsvertretung das Mitwirkungsverfahren zur Schließung der Dienststelle N ein. In diesem heißt es ua.:
„Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Oberste Dienstbehörde (…) jetzt entschieden hat, die J Kaserne zum 31.12.2015 zu schließen. Zugleich wird die Dienststelle RALSU N aufgelöst.
…
Es ist entschieden worden, eine neue Dienststelle am Standort der A Kaserne M im Anschluß an die Schließung und Auflösung der derzeitigen Dienststelle (…) einzurichten. Die neue Dienststelle wird unter der Bezeichnung M S geführt und mit Wirkung zum 1. Januar 2016 eingerichtet werden. Diese neue Dienststelle wird entsprechend dem derzeitigen Kenntnisstand folgende Stellen umfassen:
…
Die oben aufgeführten, der neuen Dienststelle M S zugeordneten Stellen, werden zunächst nach Auswahl sozialer Gesichtspunkte mit Beschäftigten aus der jetzigen Dienststelle RALSU N (…) besetzt, bevor Beendigungskündigungen zum 31. Dezember 2015 ausgesprochen werden.”
Die Bundesagentur für Arbeit teilte den BFG mit Schreiben vom 7. November 2014 mit, die beabsichtigten Massenentlassungen seien nicht anzeigepflichtig. Mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 bestätigte das Integrationsamt im Hinblick auf den am 22. Oktober 2014 eingegangenen Antrag der BFG, der beabsichtigten Kündigung des Klägers zuzustimmen, den Eintritt „der Fiktion gem. § 89 SGB IX”.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 kündigten die BFG das Arbeitsverhältnis des Klägers – nach vorheriger Beteiligung der örtlichen Betriebsvertretung gemäß Schreiben vom 12. November 2014 – ordentlich zum 31. Dezember 2015.
Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Als Kandidat für die Wahl „zur Schwerbehindertenvertretung” genieße er besonderen Kündigungsschutz. Eine Entscheidung zur Auflösung der Dienststelle N liege bei sachgerechter Bewertung nicht vor. Unabhängig davon hätten die BFG ihn ab Januar 2016 in der Dienststelle M S weiterbeschäftigen müssen. Soziale Gesichtspunkte seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Einschätzung der BFG, er habe sich als untauglich zum Führen einer Waffe erwiesen, sei nicht berechtigt. Außerdem fehle es an einer ordnungsgemäßen Beteiligung der Betriebsvertretung, der gebotenen Massenentlassungsanzeige und an der Zustimmung des Integrationsamts. Der Bescheid hinsichtlich des Eintritts einer Fiktion sei offensichtlich rechtswidrig.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 10. Dezember 2014 zum 31. Dezember 2015 beendet worden ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Kündigung sei aufgrund der Stilllegung der Dienststelle N zum 31. Dezember 2015 gerechtfertigt. Die Entscheidung der BFG, die Dienststelle aufzulösen und ab 1. Januar 2016 eine neue Dienststelle M S einzurichten, sei ebenso bindend wie deren Festlegungen bezüglich Zahl und Art der jeweils verfügbaren zivilen Arbeitsplätze. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger habe nicht bestanden. Er habe sich in der Vergangenheit als untauglich zum Führen einer Waffe erwiesen. Selbst wenn es bezogen auf die Besetzung der fraglichen Arbeitsplätze einer sozialen Auswahl bedurft hätte, sei der Kläger nicht zu berücksichtigen und eine Beendigungskündigung unvermeidlich gewesen. Die Beteiligung der örtlichen Betriebsvertretung zur Kündigung durch den Dienststellenleiter sei unter Berücksichtigung eines parallel eingeleiteten Mitwirkungsverfahrens hinsichtlich der Stellenbesetzungen in der neuen Dienststelle ordnungsgemäß erfolgt. Zur Anzeige einer Massenentlassung seien die BFG nicht verpflichtet gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers entsprochen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers zu Unrecht entsprochen und der Klage stattgegeben. Die Kündigung vom 10. Dezember 2014 ist wirksam und hat das zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2015 aufgelöst. Das kann der Senat abschließend entscheiden.
A. Die Klage ist zulässig.
I. Der Klageantrag bedarf allerdings der Auslegung. Er ist dahin zu verstehen, dass der Kläger das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und dem Vereinigten Königreich – und nicht zwischen ihm und der Bundesrepublik Deutschland – festgestellt wissen will. Dem Wortlaut nach geht es zwar um die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten des hiesigen Rechtsstreits – der Bundesrepublik Deutschland – durch eine von dieser herrührenden Kündigung. Darin liegt jedoch eine offensichtliche Falschbezeichnung. Die Bundesrepublik Deutschland ist entsprechend den Angaben in der Klageschrift im vorliegenden Rechtsstreit lediglich Prozessstandschafterin für das Vereinigte Königreich, dem die Arbeitgeberstellung zukommt (BAG 26. Januar 2017 – 2 AZR 61/16 – Rn. 11) und das die Kündigung vom 10. Dezember 2014 auch unzweifelhaft erklärt hat.
II. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist nach Maßgabe von Art. 56 Abs. 8 Satz 2 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen (ZA-NTS) gegeben.
B. Die Klage ist unbegründet.
I. Die ordentliche Kündigung ist gemäß § 15 Abs. 4 KSchG zulässig und – entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts – auch im Übrigen sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG.
1. Die Kündigung fällt in den Anwendungsbereich von § 15 Abs. 4 KSchG. Das Kündigungsschutzgesetz ist auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit den BFG anzuwenden (BAG 25. Oktober 2012 – 2 AZR 552/11 – Rn. 23). Zu den gemäß § 15 Abs. 3 KSchG geschützten Arbeitnehmern gehören aufgrund von Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS auch die Bewerber für das Amt der Vertrauensperson und der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung bei den alliierten Streitkräften. Nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX sind für diesen Personenkreis die Vorschriften über den Wahlschutz bei der Wahl des Betriebs- oder Personalrats, wozu § 15 Abs. 3 KSchG zählt (ebenso Düwell in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 94 Rn. 84; Kossens/von der Heide/Maaß SGB IX 4. Aufl. § 94 Rn. 36), sinngemäß anzuwenden. Der Kläger war bei der im November 2014 durchgeführten Wahl Bewerber für das Amt einer Vertrauensperson und der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung. Er unterfiel deshalb im Kündigungszeitpunkt dem nachwirkenden Kündigungsschutz aus § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG.
2. Die Kündigung ist trotz des nachwirkenden Kündigungsschutzes aus § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes iSd. § 626 BGB gemäß § 15 Abs. 4 KSchG zulässig. Nach der insoweit rechtsfehlerfreien Beurteilung des Landesarbeitsgerichts wurde die Beschäftigungsdienststelle des Klägers aufgelöst. Die Kündigung wurde nicht vor der Auflösung wirksam.
a) § 15 Abs. 4 KSchG ist für Arbeitsverhältnisse von Zivilangestellten der alliierten Streitkräfte mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Betriebsstilllegung die Auflösung der Dienststelle tritt (BAG 22. September 2005 – 2 AZR 544/04 – Rn. 24). Für die Qualifizierung einer organisatorischen Einheit als „Dienststelle” kommt es nach Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS auf die Festlegungen der jeweiligen Streitkräfte an.
aa) Gemäß Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS iVm. Abs. 1 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS (zuletzt geändert durch Abkommen vom 23. November 1994, BGBl. II S. 3710, 3712) sind bei den Stationierungsstreitkräften Dienststellen iSd. Bundespersonalvertretungsgesetzes die einzelnen Verwaltungsstellen und Betriebe einer Truppe und eines zivilen Gefolges nach näherer Bestimmung durch die betreffende Truppe selbst. Das Unterzeichnungsprotokoll zum ZA-NTS hat Gesetzesqualität. Für seinen Geltungsbereich ist es lex specialis. Die hinsichtlich ihrer Dienststellen autonom getroffenen Festlegungen der Stationierungsstreitkräfte sind grundsätzlich bindend (BAG 26. Januar 2017 – 2 AZR 61/16 – Rn. 17). In deren Bereich kommt es demnach auf die den Dienststellenbegriff nach § 6 BPersVG im Allgemeinen kennzeichnenden Merkmale nicht an. Dafür spricht auch, dass sich der von § 6 BPersVG vorausgesetzte Dienststellenaufbau nicht ohne Weiteres auf die Entscheidungsbefugnisse im militärischen Bereich bei den alliierten Streitkräften übertragen lässt (BAG 20. Januar 2000 – 2 ABR 19/99 – zu B II 5 c aa der Gründe).
bb) Die autonome Bestimmung der Dienststellen durch die Entsendestaaten mit Wirkung für das Personalvertretungsrecht ist völkerrechtlich vorgegeben. Sie ist grundsätzlich auch für das Kündigungsschutzgesetz maßgeblich (BAG 26. Januar 2017 – 2 AZR 61/16 – Rn. 17; für § 15 KSchG BAG 22. September 2005 – 2 AZR 544/04 – Rn. 25).
b) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit in tatsächlicher Hinsicht für den Senat bindenden (§ 559 Abs. 2 ZPO) Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatten die BFG vor Zugang der Kündigung den endgültigen und ernsthaften Entschluss gefasst, die von der Truppe als solche bestimmte Dienststelle N zum 31. Dezember 2015 aufzulösen.
c) Die Annahme, darin liege eine iSv. § 15 Abs. 4 KSchG beachtliche Organisationsentscheidung, wird durch die weitere Entscheidung der BFG, am Standort der A Kaserne zum 1. Januar 2016 die neue Dienststelle M S zu bilden, nicht infrage gestellt. Daraus kann angesichts der Befugnis der Stationierungsstreitkräfte, hinsichtlich ihrer Dienststellen autonom Festlegungen zu treffen, nicht abgeleitet werden, in Wahrheit liege lediglich die „Teilauflösung” der Dienststelle N vor. Ein Rechtsmissbrauch, der die Grenze des Bestimmungsrechts der Entsendestaaten bildet, ist nicht erkennbar. Die organisatorischen Entscheidungen der BFG stehen im Zusammenhang mit dem Abzug ihrer Truppen aus Deutschland und ihrem damit verbundenen vollständigen Rückzug aus der J Kaserne zum 31. Dezember 2015. Dieser Abzug hat nicht nur zu einem deutlich verringerten Bedarf an zivilen Arbeitskräften geführt, was sich darin ausdrückt, dass der Dienststelle M S nur 98 zivile Arbeitnehmer zugeordnet wurden, während in der Dienststelle N im Kündigungszeitpunkt noch rund 300 Zivilbeschäftigte tätig waren. Daneben wurden die verbliebenen geringeren Aufgaben am Standort der A Kaserne gebündelt. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, aufgrund dieser Umstände seien Änderungen in der Organisation indiziert, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dass die dienststellenbezogenen Entscheidungen der BFG bestimmte kündigungsschutzrechtliche Wirkungen nach sich ziehen, vermag für sich genommen die vom Kläger behauptete „Treuwidrigkeit” nicht zu begründen.
3. Die Kündigung ist entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG iVm. Art. 12 ZA-NTS, § 1 Abs. 3 KSchG unwirksam.
a) Auch eine im Übrigen nach § 15 Abs. 4 KSchG zulässige ordentliche Kündigung ist nur wirksam, wenn für den Arbeitgeber keine Möglichkeit bestand, den geschützten Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb oder einer anderen Dienststelle iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG weiterzubeschäftigen (BAG 22. September 2005 – 2 AZR 544/04 – Rn. 33).
b) Die Weiterbeschäftigung muss sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich sein. Dies setzt voraus, dass ein Arbeitsplatz zu vergleichbaren (gleichwertigen) oder zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist. Als „frei” sind regelmäßig nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind. Dem steht es gleich, wenn ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird (BAG 26. März 2015 – 2 AZR 417/14 – Rn. 27, BAGE 151, 199). Insoweit gelten für die nach § 15 Abs. 1 bis 3 KSchG geschützten Personen keine Besonderheiten. Insbesondere besteht selbst für aktive Mandatsträger kein Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber für sie einen Arbeitsplatz in einer anderen Dienststelle frei macht. Eine solche Obliegenheit begründet § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG nicht. Die mit dem Mandatsschutz bezweckte Sicherung der Kontinuität des Betriebsrats oder hier der Schwerbehindertenvertretung verlangt keinen weitergehenden Schutz, da die Mandatsträger ihr Amt mit dem Wechsel in den anderen Betrieb bzw. in die andere Dienststelle verlieren (vgl. KR/Etzel/Kreft 11. Aufl. § 15 KSchG Rn. 118; APS/Linck 5. Aufl. § 15 KSchG Rn. 147; Wertheimer in Löwisch/Spinner/Wertheimer KSchG 10. Aufl. § 15 Rn. 99).
c) Bei den Stationierungsstreitkräften ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG die Weiterbeschäftigungspflicht räumlich auf denselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets beschränkt. Einzugsgebiet ist nach den im Umzugskostenrecht maßgeblichen Grundsätzen das Gebiet, das auf einer üblicherweise befahrenen Strecke nicht mehr als 30 km vom Dienstort entfernt ist. Diese gesetzliche Weiterbeschäftigungsobliegenheit wird durch die Bestimmungen im SchutzTV und den dort zu § 4 geregelten Unterbringungsanspruch nicht erweitert (BAG 26. Januar 2017 – 2 AZR 61/16 – Rn. 35 f.).
d) Danach bestand für den Kläger im Kündigungszeitpunkt keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit.
aa) In die Prüfung einzubeziehen sind nur die der Dienststelle M S mit Wirkung zum 1. Januar 2016 zugeordneten Arbeitsplätze. Auf die Verfügbarkeit anderer im Einzugsgebiet von 30 km gelegener Stellen hat sich der Kläger, den insoweit eine abgestufte Darlegungslast trifft (vgl. BAG 20. Juni 2013 – 2 AZR 583/12 – Rn. 22), nicht berufen.
bb) Hinsichtlich der unstreitig zum 1. Januar 2016 in der Dienststelle M S zu besetzenden 17 Arbeitsplätze als „bewaffneter” Wachmann der Tarifgruppe ZW2 bestand schon deshalb keine Weiterbeschäftigungsobliegenheit der BFG, weil der Kläger im Kündigungszeitpunkt nicht über die zur Ausübung der Tätigkeit zwingend erforderliche, von den BFG zu erteilende Waffenerlaubnis iSv. Art. 12 ZA-NTS verfügte, und nicht zu erwarten stand, dass er die Erlaubnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder in absehbarer Zeit danach wiedererlangen würde.
(1) Eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG ist dem Arbeitgeber selbst bei Vorhandensein eines freien Arbeitsplatzes nur möglich, wenn der Arbeitnehmer dem Anforderungsprofil der freien Stelle – sei es auch erst nach einer dem Arbeitgeber zumutbaren Umschulung oder Fortbildung – entspricht (BAG 29. August 2013 – 2 AZR 721/12 – Rn. 18). Bedarf es nach dem Stellenprofil bestimmter behördlicher Erlaubnisse oder Genehmigungen, muss im Kündigungszeitpunkt die berechtigte Erwartung bestehen, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Zeit über sie verfügen wird. Es reicht nicht aus, dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nur mit gewisser Wahrscheinlichkeit gesichert ist (BAG 7. Februar 1991 – 2 AZR 205/90 – zu B II 2 b der Gründe, BAGE 67, 198).
(2) Dabei unterliegt die Gestaltung des Anforderungsprofils grundsätzlich der nur auf offenbare Unsachlichkeit zu überprüfenden unternehmerischen Disposition des Arbeitgebers (BAG 29. August 2013 – 2 AZR 721/12 – Rn. 18). Von diesem Bestimmungsrecht haben die BFG unstreitig und in nicht unsachlicher Weise mit ihrer Festlegung Gebrauch gemacht, auf der Position „bewaffneter” Wachmann in der Dienststelle M S ausschließlich Mitarbeiter zu beschäftigen, die über eine Waffenerlaubnis gemäß Art. 12 Abs. 1 ZA-NTS verfügen. Nach dieser Vorschrift ist Waffenerlaubnis die von den Behörden einer Truppe gegenüber einer in ihrem Dienst stehenden Person erteilte Ermächtigung, Waffen zu besitzen und zu führen, soweit diese Person für den Schutz von Geld oder Sachwerten verantwortlich oder durch die besondere Art ihrer dienstlichen Stellung oder Tätigkeit besonders gefährdet ist. Sie wird durch einen von den Behörden der Truppe ausgestellten Waffenausweis belegt (Art. 12 Abs. 3 Satz 1 ZA-NTS), der bei nachgewiesener Unzuverlässigkeit aufgrund eigener Entscheidung der Behörden der Truppe entzogen werden kann (Art. 12 Abs. 4 Satz 2 ZA-NTS).
(3) Diesem Anforderungsprofil entsprach der Kläger im Kündigungszeitpunkt nicht. Er hatte sich nach Einschätzung der Dienststellenleitung als untauglich zum Führen einer Waffe erwiesen. Dieser Beurteilung gingen Berichte vom 21. März 2014 und 14. September 2014 über ein gefahrvolles Verhalten im Umgang mit seiner Waffe bei einem Schichtwechsel bzw. anlässlich der Durchführung von Schießübungen voraus. Die BFG hatten daraufhin die Entscheidung getroffen, den Kläger dauerhaft nicht mehr mit einem Waffenausweis auszustatten und ihn in diesem Sinne zu „entwaffnen”. Ohne Bedeutung ist, ob der Kläger im Anschluss an die Entscheidung der Streitkräfte noch im Besitz einer Waffe war. Dies änderte nichts daran, dass er nicht berechtigt war, die Waffe bei der Verrichtung seiner Tätigkeit als Wachmann zu führen.
(4) Die Entscheidung der BFG ist bindend. Sie beruht auf der ihnen nach Art. 12 ZA-NTS eingeräumten hoheitlichen Befugnis, selbst darüber zu entscheiden, ob sie einem Arbeitnehmer einen Waffenausweis und die damit verbundene Erlaubnis zum Führen einer Waffe in ihrem Zuständigkeitsbereich erteilen oder entziehen. Diese Berechtigung wiederum trägt den Besonderheiten bei der Bewachung von militärischen Einrichtungen der Stationierungsstreitkräfte Rechnung. Sie entspricht zudem den Befugnissen der Bundeswehr gegenüber zivilen Wachpersonen, die, ohne Soldat zu sein, militärische Einrichtungen bewachen (BAG 19. März 2008 – 7 AZR 1033/06 – Rn. 12). Ob die Stationierungsstreitkräfte ihr Entscheidungsrecht sachgerecht ausgeübt haben, ist einer Kontrolle durch die deutschen Gerichte entzogen. Dies schließt die Entscheidung ein, ob der Entzug der Waffenerlaubnis vorübergehend oder auf Dauer erfolgt. Eine arbeitsgerichtliche Überprüfung der Nachhaltigkeit des Widerrufs der Ermächtigung, eine Waffe zu führen, wird durch Art. 12 ZA-NTS ebenso ausgeschlossen wie die Überprüfung der Entscheidung selbst. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, wie Stellen außerhalb der Truppe die Waffentauglichkeit des Klägers eingeschätzt haben.
(5) Ein Rechtsmissbrauch ist nicht zu erkennen und insbesondere nicht deshalb anzunehmen, weil die BFG hinsichtlich einzelner anderer Arbeitnehmer ihre Entscheidung, diesen die Waffenerlaubnis dauerhaft zu entziehen, auf Intervention der Betriebsvertretung revidierten. Daraus kann nicht geschlossen werden, die „Entwaffnung” des Klägers beruhe auf sachfremden Erwägungen. Das gilt umso mehr als der Kläger selbst vorgetragen hat, ihm sei bereits bei früherer Gelegenheit die Waffenerlaubnis vorübergehend entzogen worden. Unter diesem Blickwinkel spricht seine erneut zutage getretene Unzuverlässigkeit eher für als gegen die im Kündigungszeitpunkt getroffene Einschätzung der BFG, ein sicherer Umgang mit der Waffe stehe bei ihm dauerhaft nicht zu erwarten. Dieser Prognose widerspricht es auch nicht, dass der Kläger im Verlauf der Kündigungsfrist an Schusswaffentrainings teilgenommen haben mag. Die BFG konnten davon ausgehen, dass es seinem wohlverstandenen Interesse entsprach, sich unter Aufsicht im Umgang mit Schusswaffen weiter zu üben. Hätte er sich bei den Trainings – wie nach Beurteilung der BFG nicht – unerwartet wieder als waffentauglich erwiesen, hätte dies immerhin für eine etwaige Unterbringungsverpflichtung der Stationierungsstreitkräfte nach § 4 SchutzTV Bedeutung gewinnen können.
cc) Die angefochtene Entscheidung kann selbst bei unterstellter Waffentauglichkeit des Klägers keinen Bestand haben. Auch unter dieser Prämisse bestand keine Obliegenheit der BFG, den Kläger als „bewaffneten” Wachmann in der Dienststelle M S weiterzubeschäftigen. Sie waren vielmehr unter Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte gehalten, die Stellen anderen, gegenüber dem Kläger iSv. § 1 Abs. 3 KSchG schutzbedürftigeren Arbeitnehmern anzubieten. Im Kündigungszeitpunkt waren damit die fraglichen Positionen für den Kläger nicht „frei”. Soweit andere Arbeitnehmer innerhalb der Kündigungsfrist ein entsprechendes Stellenangebot abgelehnt haben und sich daraus für den Kläger die Möglichkeit eines „Nachrückens” ergab, berührt dies die Wirksamkeit der Kündigung nicht.
(1) Unstreitig waren in der bisherigen Dienststelle N 34 Zivilbeschäftigte mit der Tätigkeitsbezeichnung „bewaffneter” Wachmann beschäftigt und in die Tarifgruppe ZW2 eingruppiert, während in der neuen Dienststelle lediglich 17 solcher Positionen zu besetzen waren.
(2) Fallen für mehrere Arbeitnehmer einer Dienststelle Beschäftigungsmöglichkeiten weg und konkurrieren diese um eine geringere Zahl freier Arbeitsplätze in einer anderen Dienststelle des Arbeitgebers, so ist grundsätzlich durch eine Sozialauswahl analog § 1 Abs. 3 KSchG zu entscheiden, gegenüber welchem Arbeitnehmer den Arbeitgeber die Weiterbeschäftigungsobliegenheit aus § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG trifft (vgl. BAG 12. August 2010 – 2 AZR 945/08 – Rn. 40; 25. April 2002 – 2 AZR 260/01 – zu B III 2 b cc (1) der Gründe; KR/Griebeling/Rachor 11. Aufl. § 1 KSchG Rn. 546).
(3) Im Streitfall haben die BFG diese Vorgaben insoweit nicht beachtet, als sie zunächst – unstreitig – ausnahmslos gegenüber allen von der Auflösung der Dienststelle N betroffenen Arbeitnehmern eine Beendigungskündigung erklärt und erst anschließend – im Lauf der jeweiligen Kündigungsfristen – Weiterbeschäftigungsangebote hinsichtlich der zum 1. Januar 2016 in der Dienststelle M S zu besetzenden Stellen unterbreitet haben. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts richteten sich diese Angebote zunächst an 17 „bewaffnete” Wachmänner, die innerhalb der Vergleichsgruppe gemäß einer Punktetabelle mit insgesamt 75 bis 171 Sozialpunkten eine höhere Punktzahl erreicht hatten als der an Position 23 der Tabelle gelistete Kläger, der nach den Berechnungen der BFG insgesamt 72 Sozialpunkte erzielte. Nachdem in der Folgezeit einzelne der von den BFG als am schutzbedürftigsten erkannten Mitarbeiter – nach Vortrag der Beklagten vier Personen – das Angebot einer Weiterbeschäftigung abgelehnt hatten, boten die BFG die dadurch freigewordenen Plätze anderen „bewaffneten” Wachmännern an, die zwischen 70 und 73 Sozialpunkten erreicht hatten (sog. Nachrücker).
(4) Danach haben sich die BFG zwar nicht rechtskonform verhalten. Sie hätten die Weiterbeschäftigungsangebote im Wege von Änderungskündigungen unterbreiten und insoweit eine Auswahl anhand der Kriterien des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG treffen müssen. Daraus folgt allerdings nicht, dass der Kläger sich ohne Weiteres auf die fragliche Beschäftigungsmöglichkeit berufen könnte. Vielmehr kommt es darauf an, ob im Kündigungszeitpunkt bei „richtigem” Vorgehen zu seinen Gunsten eine Weiterbeschäftigungsobliegenheit der BFG bestanden hat.
(a) Hat der Arbeitgeber eine nach § 1 Abs. 3 KSchG gebotene Sozialauswahl unterlassen, so ist die Kündigung des klagenden Arbeitnehmers zumindest dann nicht sozial ungerechtfertigt, wenn mit ihr – zufällig – eine im Ergebnis vertretbare Auswahlentscheidung getroffen wurde (BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 409/13 – Rn. 61). Entsprechendes gilt, wenn eine Sozialauswahl zwar getroffen wurde, dem Auswahlverfahren aber methodische Fehler anhaften (BAG 7. Juli 2011 – 2 AZR 476/10 – Rn. 48). Der Arbeitgeber hat in solchen Fällen im Prozess die Möglichkeit aufzuzeigen, dass und aus welchen Gründen soziale Gesichtspunkte gegenüber dem klagenden Arbeitnehmer deshalb ausreichend berücksichtigt wurden, weil ihm selbst dann, wenn ein seitens des Arbeitnehmers gerügter Auswahlfehler unterblieben wäre, gekündigt worden wäre (grundlegend BAG 9. November 2006 – 2 AZR 812/05 – Rn. 23, BAGE 120, 137).
(b) Diese Erwägungen treffen sinngemäß auch auf die Auswahl der weiter zu beschäftigenden Arbeitnehmer zu. Gelingt es dem Arbeitgeber aufzuzeigen, dass der klagende Arbeitnehmer bei gesetzeskonformem Vorgehen und bei ausreichender Beachtung sozialer Gesichtspunkte gleichermaßen von einer Beendigungskündigung betroffen gewesen wäre, wirkt sich ein möglicher Fehler im „Angebotsverfahren” nicht aus.
(c) Dabei bleibt es auch dann, wenn der Arbeitgeber bewusst die Entscheidung getroffen hat, zunächst ausnahmslos Beendigungskündigungen zu erklären und die im Kündigungszeitpunkt freien Stellen erst im Lauf der Kündigungsfristen anzubieten. Ein solches Vorgehen führt – anders als vom Landesarbeitsgericht angenommen – nicht dazu, dass nunmehr bezogen auf den Kündigungszeitpunkt eine Prognose darüber anzustellen wäre, ob andere Arbeitnehmer möglicherweise die Weiterbeschäftigung auf dem fraglichen Arbeitsplatz ablehnen würden und deshalb für den klagenden Arbeitnehmer die Aussicht auf ein „Nachrücken” bestand. Andernfalls könnten sich nicht nur die am sozial schutzbedürftigsten und damit vorrangig bei der Stellenbesetzung zu berücksichtigenden Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt des Vorrangs der Änderungskündigung auf die Unwirksamkeit ihrer Kündigung berufen, sondern auch diejenigen Arbeitnehmer, für die sich lediglich „prognostisch” die Chance eines „Nachrückens” hätte ergeben können. Das kann schon deshalb nicht richtig sein, weil die gesetzlichen Weiterbeschäftigungsobliegenheiten des Arbeitgebers iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG durch die im Kündigungszeitpunkt vorhandene Kapazität freier Stellen begrenzt sind.
(d) Soweit sich nach Zugang der Kündigung zeigt, dass ein unter sozialen Aspekten vorrangig zu berücksichtigender Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung auf der fraglichen Position ablehnt, kann dies zugunsten eines Arbeitnehmers, demgegenüber im Kündigungszeitpunkt eine Weiterbeschäftigungsobliegenheit nicht bestand, allenfalls einen Wiedereinstellungsanspruch bzw. im Anwendungsbereich des SchutzTV einen Unterbringungsanspruch nach § 4 SchutzTV begründen (dazu und zur Abgrenzung des Unterbringungsanspruchs vom Weiterbeschäftigungsanspruch aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG BAG 26. Januar 2017 – 2 AZR 61/16 – Rn. 42).
(5) Hiernach durfte das Landesarbeitsgericht das Vorbringen der Beklagten, der Kläger wäre auch bei einer im Kündigungszeitpunkt ordnungsgemäß getroffenen Auswahlentscheidung der BFG von einer Beendigungskündigung betroffen gewesen, nicht unbeachtet lassen. Da die entscheidungserheblichen Tatsachen feststehen, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Eine Weiterbeschäftigungsobliegenheit gegenüber dem Kläger bestand im Kündigungszeitpunkt nicht.
(a) Die Beklagte hat in den Vorinstanzen – unter Darstellung der Sozialdaten (Name, Geburtsdatum, Tätigkeit, Betriebszugehörigkeit, Familienstand einschließlich Kinder, Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch) der im November 2014 in der Dienststelle N beschäftigten Arbeitnehmer der Tätigkeitsgruppe ZW2 – aufgezeigt, dass 17 mit ihm vergleichbare und für eine Weiterbeschäftigung als „bewaffneter” Wachmann geeignete Arbeitnehmer auf der Grundlage eines angewendeten Punkteschemas eine höhere Punktzahl erreicht hatten als der Kläger, wobei die Gewichtung der Daten untereinander nach dem Vorbringen der Beklagten einer Vereinbarung über soziale Auswahlverfahren vom 7. Juni 2004 folgt, die zwischen der DMR und der Hauptbetriebsvertretung getroffen wurde.
(b) Der Kläger hat die Richtigkeit der Sozialdaten, deren Gewichtung zueinander und die daraus ermittelten Punktwerte nicht beanstandet. Er hat lediglich gemeint, aus seiner Stellung als „Schwerbehindertenvertreter” folge eine besondere Schutzbedürftigkeit, die bei der Auswahl zusätzlich hätte Berücksichtigung finden müssen. Dies ist bei einer anhand der Kriterien des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG getroffenen Auswahlentscheidung nicht zulässig.
(c) Der Kläger zählte damit nicht zu den Personen, denen vorrangig ein Angebot zur Weiterbeschäftigung als „bewaffneter” Wachmann in der Dienststelle M S zu unterbreiten war. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass Arbeitnehmer, die ihm in der Sozialauswahl vorgingen, eine Weiterbeschäftigung in der neuen Dienststelle schon im Zeitpunkt seiner Kündigung abgelehnt hatten. Welche Anforderungen andernfalls an die Wirksamkeit der Kündigung zu stellen wären, bedarf hier keiner Entscheidung.
(d) Soweit der Kläger auf den Zivilbeschäftigten K verwiesen hat, der nach der Punktetabelle 71 Sozialpunkte erreichte, handelt es sich unstreitig um einen sog. „Nachrücker” für den gegenüber dem Kläger schutzbedürftigeren Arbeitnehmer V. Dessen Ablehnung einer Weiterbeschäftigung wiederum konnte zugunsten des Klägers allenfalls einen Wiedereinstellungs- oder Unterbringungsanspruch begründen.
dd) Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten außerhalb der Position eines „bewaffneten” Wachmanns hat der Kläger nicht aufgezeigt. Stellen für unbewaffnete Wachmänner wurden der Dienststelle M S nicht zugeordnet. Soweit der Kläger pauschal auf andere Beschäftigungsalternativen verwiesen hat, fehlt es an der gebotenen Konkretisierung, in welchem Tätigkeitsbereich er sich seine Weiterbeschäftigung vorstellt. Ein solcher Vortrag war ihm auch zumutbar, nachdem die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit offengelegt hatte, welche konkreten Stellen der Dienststelle M S mit Wirkung zum 1. Januar 2016 zugeordnet wurden.
II. Ein anderer Unwirksamkeitsgrund liegt nach dem festgestellten Streitverhältnis nicht vor.
1. Die Kündigung des Klägers als schwerbehinderter Mensch ist nicht nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig. Die Zustimmung des Integrationsamts galt als erteilt, bevor die Kündigung erklärt wurde.
a) Die BFG hatten die Zustimmung des Integrationsamts zur ordentlichen Kündigung des Klägers beim Integrationsamt eingehend am 22. Oktober 2014 beantragt. Dieses hat durch Bescheid vom 3. Dezember 2014 bekannt gegeben, die Zustimmung gelte, da innerhalb der Monatsfrist des § 88 Abs. 5 Satz 1 SGB IX eine Entscheidung nicht getroffen worden sei, als erteilt.
b) Der Bescheid ist nicht, wie der Kläger gemeint hat, „offensichtlich rechtswidrig”.
aa) Nach § 88 Abs. 5 SGB IX gilt die Entscheidung des Integrationsamts über den Zustimmungsantrag des Arbeitgebers zu einer ordentlichen Kündigung in den Fällen des § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IX als erteilt, wenn das Integrationsamt die Entscheidung über den Antrag nicht innerhalb eines Monats vom Tag seines Eingangs trifft. Gemäß der letztgenannten Bestimmung erteilt das Integrationsamt die Zustimmung bei Kündigungen in Dienststellen, die nicht nur vorübergehend aufgelöst werden, wenn zwischen dem Tag der Kündigung und dem Tag, bis zu dem Gehalt oder Lohn gezahlt wird, mindestens drei Monate liegen.
bb) Die Voraussetzungen des § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IX lagen im Streitfall vor. Selbst wenn es insoweit auf das Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit ankommen sollte (so etwa Düwell BB 2004, 2811, 2813), wäre auch diese Anforderung erfüllt.
c) Die Monatsfrist gemäß § 88 Abs. 3 SGB IX ist durch die Kündigung vom 10. Dezember 2014 gewahrt. Der gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2014 erhobene Widerspruch des Klägers hatte keine aufschiebende Wirkung (§ 88 Abs. 5 Satz 3 iVm. Abs. 4 SGB IX).
2. Die Kündigung ist nicht entsprechend § 79 Abs. 4 BPersVG unwirksam.
a) Im Bereich des durch Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS modifizierten Mitwirkungsverfahrens nach § 79 BPersVG (mod. BPersVG) gelten die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats iSd. § 102 BetrVG entsprechend (BAG 26. Januar 2017 – 2 AZR 61/16 – Rn. 19).
b) Gemäß dem danach für die Unterrichtung maßgeblichen Grundsatz der subjektiven Determination (BAG 26. Januar 2017 – 2 AZR 61/16 – Rn. 20) ist die örtliche Betriebsvertretung nach mod. § 79 Abs. 1 Satz 1 BPersVG ordnungsgemäß angehört worden.
aa) Der Leiter der Dienststelle N hat das Mitwirkungsverfahren zur Kündigung des Klägers durch Schreiben vom 12. November 2014, dem ein auf die Person des Klägers zugeschnittener Anhörungsbogen beigefügt war, eingeleitet. Daraus waren für die Betriebsvertretung der Kündigungsgrund, die Tätigkeit des Klägers, seine wesentlichen persönlichen Daten wie Lebensalter, Beschäftigungszeit und Schwerbehinderung, sowie der Kündigungstermin ersichtlich. Zudem wurde die Betriebsvertretung über verfügbare Stellen in der neuen Dienststelle M S unterrichtet, und ihr wurde mitgeteilt, dass auf diesen Positionen eine Weiterbeschäftigung des Klägers aufgrund seiner dauerhaften Waffenuntauglichkeit nicht infrage komme.
bb) Soweit in den Vorinstanzen streitig geblieben ist, ob dem Unterrichtungsschreiben eine Anlage beigefügt war, die nach Vortrag der Beklagten die Sozialdaten anderer Arbeitnehmer der Dienststelle enthielt, bedurfte es keiner Sachaufklärung. Die Daten konnten aus Sicht der BFG nur für eine Auswahl unter Arbeitnehmern Bedeutung gewinnen, die für eine Weiterbeschäftigung in der neuen Dienststelle geeignet waren. Zu diesem Kreis rechnete nach ihrer subjektiven Auffassung der Kläger nicht. Dementsprechend ist für die den Kläger betreffende Anhörung auch unbeachtlich, ob die Betriebsvertretung aufgrund weiterer Ausführungen im Schreiben vom 12. November 2014 annehmen musste, die BFG würden die zum 1. Januar 2016 zu besetzenden Stellen den aus ihrer Sicht geeigneten Arbeitnehmern – nach entsprechender sozialer Auswahl – im Wege von Änderungskündigungen anbieten.
c) Die BFG brauchten die Betriebsvertretung nicht über die Stellung des Klägers als stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung zu unterrichten. Nach ihrem Dafürhalten und auch objektiv war dies für die Wirksamkeit der Kündigung nicht von Bedeutung. Aus der Angabe des Kündigungstermins war schließlich für die Betriebsvertretung erkennbar, dass die beabsichtigte Kündigung unter Einhaltung sowohl der gesetzlich (§ 622 Abs. 2 BGB) als auch der tarifvertraglich (§ 44 Nr. 1 Buchst. b TV AL II) längsten Kündigungsfrist erfolgen und auch erst zum Zeitpunkt der Auflösung der Dienststelle Wirkung entfalten sollte.
d) Die Betriebsvertretung hat Einwände gegen die Kündigung nicht erhoben. Damit galt die Maßnahme gemäß mod. § 72 Abs. 2 Satz 1 BPersVG nach Ablauf von zehn Arbeitstagen als gebilligt (BAG 15. Dezember 2016 – 2 AZR 867/15 – Rn. 38, BAGE 157, 273).
3. Die Kündigung ist nicht deshalb nach § 134 BGB nichtig, weil die BFG ihren Pflichten aus § 17 KSchG nicht ordnungsgemäß nachgekommen wären, insbesondere – wie vom Kläger gerügt – keine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige iSv. § 17 Abs. 3 KSchG erstattet hätten. Die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes (§§ 17 bis 22 KSchG) fanden nach dessen § 23 Abs. 2 Satz 1 keine Anwendung.
a) Gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 KSchG gelten die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Gesetzes für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen. Zur öffentlichen Verwaltung zählen auch die Stationierungsstreitkräfte (EuGH 18. Oktober 2012 – C-583/10 – [Nolan] Rn. 34; BAG 15. Dezember 2016 – 2 AZR 867/15 – Rn. 25, BAGE 157, 273). Wirtschaftliche Zwecke werden verfolgt, wenn die Dienststelle sich wie ein privatwirtschaftlich geführter Betrieb am – privaten – Wirtschaftsleben beteiligt. Unter diesen Umständen soll die öffentliche Verwaltung nicht anders behandelt werden als ein Unternehmen der Privatwirtschaft. Öffentliche Betriebe, die keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgen, unterfallen hingegen nicht den §§ 17 bis 22 KSchG (BAG 15. Dezember 2016 – 2 AZR 867/15 – aaO; 6. Juli 2006 – 2 AZR 442/05 – Rn. 63).
b) Danach ist für eine Anwendung von § 17 KSchG kein Raum. Es sind weder Tatsachen festgestellt noch vom Kläger vorgetragen, aus denen folgen könnte, in seiner Beschäftigungsdienststelle seien wirtschaftliche Zwecke verfolgt worden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass etwaig dort betriebene Versorgungseinrichtungen nicht nur Mitgliedern der Streitkräfte und ihren Angehörigen zugänglich gewesen wären. Gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 3 ZA-NTS sind Lieferungen und Leistungen der Truppe an ihre Mitglieder, an die Mitglieder des zivilen Gefolges sowie an deren Angehörige nicht als Beteiligung am deutschen Wirtschaftsverkehr anzusehen (BAG 15. Dezember 2016 – 2 AZR 867/15 – Rn. 26, BAGE 157, 273).
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Koch, Niemann, Richterin am BAG Berger ist wegen Dienstunfähigkeit an der Beifügung der Unterschrift gehindert. Koch, Niebler, Löllgen
Fundstellen
BB 2018, 116 |
FA 2018, 96 |
NZA 2018, 234 |
ZTR 2018, 98 |
AP 2018 |
EzA-SD 2018, 3 |
EzA 2018 |
PersV 2018, 153 |
RiA 2018, 166 |
ArbRB 2018, 40 |
ArbR 2018, 51 |