Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstordnungsangestellter. Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit. Mitbestimmung
Orientierungssatz
1. Ein Beteiligungsrecht des Personalrats bei der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit eines Dienstordnungsangestellten in Anwendung des § 27 BeamtStG ergab sich in Nordrhein-Westfalen weder aus § 74 Abs. 3 LPVG NW aF noch aus § 73 Nr. 2 LPVG NW aF. Die personalvertretungsrechtlichen Regelungen beruhten auf einem Änderungsgesetz, mit dem der Gesetzgeber das Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der „Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit” abschaffen wollte.
2. Stellt ein Arbeitgeber in Anwendung von § 27 BeamtStG die begrenzte Dienstfähigkeit eines Dienstordnungsangestellten fest, setzt dies voraus, dass weder nach § 26 Abs. 2 und Abs. 3 BeamtStG die weitere volle Verwendung des Beamten möglich noch der Beamte dienstunfähig iSv. § 26 Abs. 1 BeamtStG ist. Die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt der Arbeitgeber.
Normenkette
LPVG NW in der früheren Fassung durch Gesetz vom 9. Oktober 2007 (GVBl. NW S. 394, berichtigt S. 460 und berichtigt GVBl. NW 2008 S. 186: LPVG NW aF) § 73 Nr. 2; LPVG NW in der früheren Fassung durch Gesetz vom 9. Oktober 2007 (GVBl. NW S. 394, berichtigt S. 460 und berichtigt GVBl. NW 2008 S. 186: LPVG NW aF) § 74 Abs. 3; BeamtStG § 27
Verfahrensgang
LG Hamm (Urteil vom 21.02.2012; Aktenzeichen 17 Sa 897/11) |
ArbG Minden (Urteil vom 15.04.2011; Aktenzeichen 3 Ca 40/10) |
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21. Februar 2012 – 17 Sa 897/11 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, im Hinblick auf eine begrenzte Dienstfähigkeit des Klägers dessen Arbeitszeit als Dienstordnungsangestellter auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit herabzusetzen mit der daraus hergeleiteten Folge, dass sich die Bezüge des Klägers verringerten.
Der Kläger war bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen tätig mit einer anrechenbaren Dienstzugehörigkeit seit dem 19. Juli 1984. Bis zum 30. Juni 2008 war er freigestellter Personalratsvorsitzender. Dem Arbeitsverhältnis lagen Dienstverträge vom 24. September 1984, 1. Februar 1988 und 2. Dezember 1993 zugrunde. Danach war die Dienstordnung anzuwenden. Maßgeblich war zuletzt die Dienstordnung der Beklagten vom 23. März 2000. Diese Dienstordnung lautet auszugsweise wie folgt:
Der Angestellte auf Lebenszeit steht in einem Dienstverhältnis, das dem eines Landesbeamten auf Lebenszeit entspricht.
… |
§ 18 |
Anpassung an beamtenrechtliche Vorschriften |
(1) |
Soweit nicht durch besondere gesetzliche Vorschrift oder in dieser Dienstordnung etwas anderes bestimmt ist, gelten für die Angestellten und die Versorgungsempfänger entsprechend oder sinngemäß die jeweiligen Vorschriften für Landesbeamte über |
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… |
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b) |
Eintritt und Versetzung in den Ruhestand und in den einstweiligen Ruhestand sowie die erneute Berufung in das Beamtenverhältnis, |
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… |
§ 23 |
Zuständigkeit in dienstlichen Angelegenheiten |
Soweit in beamtenrechtlichen Vorschriften, auf die diese Dienstordnung verweist, die Zuständigkeit für dienstrechtliche Entscheidungen besonders geregelt ist, tritt an die Stelle der dort genannten Behörden der Vorstand.”
Der Kläger war seit dem 29. September 2008 durchgehend dienstunfähig krank. Die Beklagte ordnete daraufhin seine amtsärztliche Untersuchung an. Mit Schreiben vom 7. Juli 2009 empfahl die Amtsärztin Dr. L den Einsatz des Klägers nach Ende der Dienstunfähigkeit auf der Grundlage einer begrenzten Dienstfähigkeit von 50 %; mit dieser Begrenzung könne eine kurzfristige Wiederaufnahme der Tätigkeit im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme durchgeführt werden. Im November 2009 teilte die Beklagte dem Kläger ihre Absicht mit, seine regelmäßige Arbeitszeit im Hinblick auf eine begrenzte Dienstfähigkeit auf 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit zu verringern. Trotz Gegenvorstellungen des Klägers stellte der Vorstand der Beklagten die begrenzte Dienstfähigkeit des Klägers iHv. 50 % fest. Den bei ihr gebildeten Personalrat beteiligte die Beklagte nicht.
Unter dem 16. Dezember 2009 teilte die Beklagte die Entscheidung
dem Kläger schriftlich mit. Die Mitteilung lautet:
„Feststellung von begrenzter Dienstfähigkeit
Sehr geehrter Herr S,
bereits mit unserem Schreiben vom 04.11.2009 haben wir Ihnen mitgeteilt, dass Sie nach einem von der Regionaldirektion H in Auftrag gegebenen amtsärztlichen Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises M vom 21.10.2009 als begrenzt dienstfähig im Sinne des § 27 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) anzusehen sind. Die Dienstfähigkeit ist auf 50 v. H. der regelmäßigen Arbeitszeit begrenzt. Ihre Einwendungen gegen die beabsichtigte Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit führen nicht zur Einstellung des Verfahrens.
Ihre auf 50 v. H. der regelmäßigen Arbeitszeit begrenzte Dienstfähigkeit wird daher gemäß § 27 BeamtStG (vgl. § 18 Abs. 1 Buchst. b der Dienstordnung i. V. m. und in entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 2 LBG NRW) vom 01.01.2010 an festgestellt.
Wir bitten Sie, den Empfang dieses Schreibens auf der Rückseite der beigefügten Mehrausfertigung zu bestätigen.”
Das Schreiben war an den Kläger adressiert. Er fand es am 29. Dezember 2009 in seinem Briefkasten vor.
Nach erneuter medizinischer Behandlung beantragte der Kläger am 10. August 2011 seine Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit. Die Beklagte leitete daraufhin am 13. September 2011 eine erneute amtsärztliche Untersuchung des Klägers ein, die am 7. Oktober 2011 stattfand. Am 25. Oktober 2011 teilte die Amtsärztin Dr. T der Beklagten mit, der Kläger sei auf Dauer nicht mehr in der Lage, die Dienstpflichten in seinem Aufgabenbereich zu erfüllen und aus gesundheitlichen Gründen dienstunfähig. Mit der Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate sei nicht zu rechnen, auch die Wiederherstellung innerhalb eines längeren Zeitraums sei nicht wahrscheinlich. Daraufhin versetzte der Vorstand der Beklagten den Kläger mit Ablauf des 31. Dezember 2011 wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.
Mit seiner am 11. Januar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Entscheidung des Vorstands der Beklagten über die Feststellung der Begrenzung seiner Dienstfähigkeit auf 50 % gewendet. Dabei hat er zunächst vorgebracht, mit einer Wiederherstellung seiner vollen Dienstfähigkeit könne gerechnet werden. Zuletzt hat er behauptet, er sei bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten über die begrenzte Dienstfähigkeit sowie am 1. Januar 2010 vollständig dienstunfähig gewesen. Er hat die Ansicht vertreten, die Feststellung der auf 50 % begrenzten Dienstfähigkeit habe der Mitwirkung des Personalrats bedurft. Bei dem Schreiben vom 16. Dezember 2009 handele es sich um einen Verwaltungsakt, der zuzustellen gewesen sei. Eine förmliche Zustellung sei nicht erfolgt. Dieser Fehler sei auch nicht geheilt worden.
Der Kläger hat – soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse – zuletzt beantragt
festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 16. Dezember 2009 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 angeordnete Kürzung der Arbeitszeit und die Kürzung der Vergütung auf die Hälfte unwirksam ist;
hilfsweise,
den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2009, wonach angeordnet worden ist, mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 die Arbeitszeit und die Vergütung auf die Hälfte zu verkürzen, aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit des Klägers sei rechtswirksam. Die rechtlichen Voraussetzungen lägen vor. Der Personalrat sei nicht zu beteiligen gewesen. Auch einer förmlichen Zustellung habe es nicht bedurft. Jedenfalls seien eventuelle Zustellungsmängel geheilt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte weiterhin das Ziel der Klageabweisung. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist erfolgreich. Sie führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Aufgrund der bisherigen Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, ob die Klage begründet ist.
I. Der Hauptantrag bedarf der Auslegung und ist ausgelegt zulässig. Mit der von ihm gegebenen Begründung hätte das Landesarbeitsgericht das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht abändern und der Klage stattgeben dürfen. Es bedarf weiterer tatsächlicher Feststellungen um zu entscheiden, ob die Klage begründet ist.
1. Der Hauptantrag erweist sich nach gebotener Auslegung als zulässig.
a) Wie der Kläger vor dem Senat klargestellt hat, richtet sich sein Antrag ausschließlich auf die Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt war, für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2011 seine auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit begrenzte Dienstfähigkeit festzustellen.
b) So ausgelegt ist die Klage zulässig.
aa) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Jedenfalls nach der Klarstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat steht fest, dass es ausschließlich um die Berechtigung der Beklagten zur Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit – und nicht um die konkrete Höhe der dem Kläger zustehenden Vergütung – geht.
bb) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor.
Der Kläger macht das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses geltend. Rechtsverhältnis in diesem Sinn können auch einzelne Rechte aus einem Rechtsverhältnis sein (vgl. BAG 4. Dezember 2013 – 7 ABR 7/12 – Rn. 18). Hier geht es um das Recht der Beklagten, im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses die auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit begrenzte Dienstfähigkeit des Klägers festzustellen. An der alsbaldigen gerichtlichen Feststellung dieses Rechtsverhältnisses hat der Kläger ein rechtliches Interesse. Die Beklagte nimmt dieses Recht weiter für sich in Anspruch. Dass es sich nach der Versetzung des Klägers in den Ruhestand um ein auf einen vergangenen Zeitraum beschränktes Rechtsverhältnis handelt, steht hier dem Feststellungsinteresse nicht entgegen (zur vergangenheitsbezogenen Feststellungsklage: BAG 12. Oktober 1994 – 7 AZR 745/93 – zu 2 der Gründe mwN). Die Feststellungsklage ermöglicht eine sachgemäße einfache Erledigung der aufgeworfenen Streitpunkte, so dass prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen, denn die Feststellung ist Grundlage für die rückwirkende Abrechnung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 18. Februar 2014 – 3 AZR 568/12 – Rn. 19 mwN). Im Übrigen war der Kläger nicht gehalten, von einer zulässig erhobenen Feststellungsklage auf eine Leistungsklage überzugehen.
2. Ob die Klage sich als begründet erweist, kann erst aufgrund weitergehender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts entschieden werden. Zu Unrecht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte den Personalrat bei der Feststellung der Begrenzung der Dienstfähigkeit auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit hätte beteiligen müssen. Die Entscheidung erweist sich auch nicht deshalb als richtig, weil dem Kläger die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde. Ebenso wenig ist der Rechtsstreit zugunsten der Beklagten entscheidungsreif. Es bedarf weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu der Frage, ob die materiellen Voraussetzungen der Begrenzung der Dienstfähigkeit auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit des Klägers vorlagen.
a) Zu Unrecht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte für die Entscheidung über die Feststellung der auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit begrenzten Dienstfähigkeit des Klägers der Mitwirkung des Personalrats bedurfte. Der Rechtsstreit ist deshalb unter Aufhebung der landesarbeitsgerichtlichen Entscheidung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
aa) Maßgeblich für die Entscheidung sind die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte des Personalrats nach dem Nordrhein-Westfälischen Landespersonalvertretungsgesetz in der Fassung, die es im Dezember 2009 aufgrund des Gesetzes vom 9. Oktober 2007 (GVBl. NW S. 394, berichtigt S. 460 und berichtigt GVBl. NW 2008 S. 186) hatte. Durch dieses Gesetz wurden im Vergleich zur vorangegangenen Fassung des Landespersonalvertretungsgesetzes (Gesetz vom 3. Dezember 1974, GVBl. NW S. 1514, vorher zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. März 2007, GVBl. NW S. 140) die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte des Personalrats deutlich eingeschränkt. Nach dieser vorangegangenen Fassung hatte der Personalrat nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 LPVG NW ein volles Mitbestimmungsrecht bei der „Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit”, daneben hatte diese Fassung auch ein Mitbestimmungsrecht bei „vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand” vorgesehen. Ferner hatte es nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 letzte Alternative LPVG NW auch ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei „wesentlichen Änderungen des Arbeitsvertrages” gegeben. Aufgrund der Gesetzesänderung entfiel das Mitbestimmungsrecht bei „Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit” vollständig. Lediglich bei vorzeitiger Versetzung von Beamten in den Ruhestand verblieb dem Personalrat ein Mitwirkungsrecht, wenn der Beamte einen Antrag auf Beteiligung des Personalrats stellte (§ 74 Abs. 3 LPVG NW in der hier maßgeblichen Fassung). Das bisherige Mitbestimmungsrecht bei wesentlichen Änderungen des Arbeitsvertrages wurde lediglich als Mitwirkungsrecht aufrechterhalten (§ 73 Nr. 2 LPVG NW in der hier maßgeblichen Fassung). Den Wegfall der Mitbestimmung des Personalrats bei der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit begründete der Gesetzgeber damit, die detaillierten gesetzlichen Regelungen im Beamtenrecht ließen für eine Mitbestimmung keinen Raum (LT-Drs. 14/4239 S. 98).
bb) Wie sich daher aus der Systematik des Landespersonalvertretungsgesetzes und der Gesetzgebungsgeschichte ergibt, wollte der Gesetzgeber mit der hier maßgeblichen Fassung des Landespersonalvertretungsgesetzes ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit abschaffen, ohne auch nur ein Mitwirkungsrecht vorzusehen. Er war der Auffassung, insoweit ergäben sich hinreichende Vorgaben aus dem Beamtenrecht. Auf die hier für Beamte geltende maßgebliche Fassung des § 74 Abs. 3 LPVG NW kann deshalb ein Mitwirkungsrecht des Personalrats bei dieser Feststellung nicht unter dem Gesichtspunkt der Versetzung von Beamten in den Ruhestand gestützt werden. Es wäre aber auch ein Wertungswiderspruch, wollte man § 73 Nr. 2 LPVG NW in der hier maßgeblichen Fassung, der für wesentliche Änderungen des Arbeitsvertrages ein Mitwirkungsrecht des Personalrats vorsieht, für den Sonderfall der Dienstordnungsangestellten so auslegen, dass diese Regelung sich auch auf die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit bezieht. Dienstordnungsangestellte, deren Rechtsstellung nur durch Verweisung auf das Beamtenrecht geregelt ist (zur Rechtsstellung der Dienstordnungsangestellten: BAG 21. Januar 2014 – 3 AZR 860/11 – Rn. 20), stünden sich dann besser als Beamte. Dafür ist kein Grund ersichtlich.
b) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht deshalb als richtig (§ 561 ZPO) und eine Zurückverweisung ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Entscheidung über die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit dem Kläger nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde.
aa) Dahinstehen kann, ob nach § 15 der hier anwendbaren Dienstordnung der Beklagten auch § 106 LBG NW im Streitfall anwendbar ist. Nach dieser Bestimmung des Landesbeamtengesetzes müssen Entscheidungen, die dem Beamten nach den Vorschriften des Gesetzes mitzuteilen sind, ua. dann zugestellt werden, wenn durch sie Rechte des Beamten berührt werden. Zugunsten des Klägers kann dabei davon ausgegangen werden, dass die zwingenden Zustellregelungen in § 5 Verwaltungszustellungsgesetz für das Land NordrheinWestfalen (im Folgenden: VwZG NW) verletzt wurden.
bb) Denn jedenfalls sind Zustellungsmängel nach § 8 VwZG NW geheilt, da das maßgebliche Schreiben dem Kläger im Dezember 2009 zugegangen ist, spätestens als er es in seinem Briefkasten vorfand. Nach § 8 VwZG NW gilt ein Schreiben, wenn sich seine formgerechte Zustellung nicht nachweisen lässt oder es unter Verletzung zwingender Zustellvorschriften zugegangen ist, zu dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten nachweislich zugegangen ist. Dahinstehen kann, ob – wie es für den leicht abweichend formulierten § 189 ZPO angenommen wird (dazu BAG 25. November 2008 – 3 AZB 55/08 – Rn. 6; BGH 7. Dezember 2010 – VI ZR 48/10 – Rn. 11) – die Heilung nach dieser Vorschrift einen Zustellungswillen der zustellenden Behörde voraussetzt (wohl eher gegenläufig: OVG Nordrhein-Westfalen 25. Februar 2014 – 13 A 1037/12 –). Ein solcher Zustellungswille liegt hier vor. Er ergibt sich daraus, dass die Beklagte den Kläger im Schreiben vom 16. Dezember 2009 bat, den Empfang des Schreibens auf der – nach dem Inhalt des Schreibens beigefügten – Mehrausfertigung zu bestätigen.
c) Die Zurückverweisung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil aufgrund der vorsorglich getroffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Sache iSd. Beklagten entscheidungsreif ist (§ 559 Abs. 2, § 563 Abs. 3 ZPO). Es steht noch nicht fest, ob die Beklagte die auf die Hälfte begrenzte Dienstfähigkeit des Klägers zu Recht festgestellt hat.
aa) § 27 BeamtStG über die begrenzte Dienstfähigkeit ist im Rechtsverhältnis der Parteien anzuwenden. Das ergibt sich aus § 15 der Dienstordnung der Beklagten, wonach der Kläger in einem Dienstverhältnis stand, das dem eines Landesbeamten auf Lebenszeit entspricht. Für diese Beamten gilt das Beamtenstatusgesetz (§ 1 BeamtStG). Die Stellung von § 27 BeamtStG in Abschnitt 5 des Beamtenstatusgesetzes, der die „Beendigung des Beamtenverhältnisses” regelt, zeigt, dass diese gesetzliche Bestimmung konzeptionell mit den Voraussetzungen für die Versetzung in den Ruhestand und in den einstweiligen Ruhestand eng verbunden ist. Die Vorschriften über die Versetzung in den Ruhestand und den einstweiligen Ruhestand sind in § 18 Abs. 1 Buchst. b der Dienstordnung erwähnt. Daher scheitert die Anwendung von § 27 BeamtStG nicht daran, dass die Vorschrift in § 18 der Dienstordnung nicht nochmals ausdrücklich angeführt ist.
bb) Auf Seiten der Beklagten hat der nach § 23 der Dienstordnung zuständige Vorstand gehandelt.
cc) Trotz der vorsorglich getroffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die Voraussetzungen der Feststellung einer auf die Hälfte begrenzten Dienstfähigkeit des Klägers durch die Beklagte vorlagen.
(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe eine Dienstunfähigkeit zu 100 % nicht dargetan. Es ist also davon ausgegangen, dass die Darlegungs- und Beweislast dafür, er sei 100 % dienstunfähig, dem Kläger obliegt. Das entspricht auch den Ausführungen wie sie bereits das Arbeitsgericht, dessen Urteil vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommen wurde, gemacht hat.
(2) Damit hat das Landesarbeitsgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Für die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit nach § 27 Abs. 1 BeamtStG ist Voraussetzung, dass weder nach § 26 Abs. 2 und Abs. 3 BeamtStG die weitere volle Verwendung des Beamten möglich noch der Beamte dienstunfähig iSv. § 26 Abs. 1 BeamtStG ist. Davon ist der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts ergangenen Entscheidung vom 26. Juli 2012 (– 6 AZR 52/11 – Rn. 24 mwN) ausgegangen. Diese Voraussetzungen müssen deshalb vorliegen, damit der Dienstherr – hier die Beklagte als Arbeitgeber – die Feststellung begrenzter Dienstfähigkeit treffen kann. Für das Vorliegen dieser ihr günstigen Voraussetzung trifft die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast. Die Verkennung der Beweislast durch das Landesarbeitsgericht ist auch ohne Verfahrensrüge im Revisionsverfahren zu berücksichtigen (BAG 29. Januar 2008 – 3 AZR 42/06 – Rn. 46). Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht die vom Sechsten Senat in seinem genannten Urteil herausgearbeiteten Grundsätze zu beachten haben.
II. Die Zurückverweisung erfasst auch den Hilfsantrag.
III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Unterschriften
Linsenmaier, Rachor, Zwanziger, Schiller, Kley
Fundstellen
Haufe-Index 7366324 |
BB 2014, 2868 |
DB 2014, 2897 |
FA 2014, 383 |
ZTR 2015, 161 |
AP 2019 |
EzA-SD 2014, 11 |
NZA-RR 2014, 678 |
PersV 2015, 279 |
RiA 2015, 165 |