Entscheidungsstichwort (Thema)
Freigestelltes Betriebsratsmitglied. Arbeitszeitkonto. Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit
Orientierungssatz
1. Ist auf dem Zeitkonto eines freigestellten Betriebsratsmitglieds, das an der Erfassung seiner Anwesenheitszeit im Rahmen eines Gleitzeitsystems teilnimmt, am Ende eines vorgesehenen Ausgleichszeitraums ein Stundenguthaben aufgelaufen, hat das Betriebsratsmitglied durch die Erbringung von Betriebsratstätigkeit seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit im Bezugszeitraum überschritten. Dann ist die Betriebsratstätigkeit insoweit als „außerhalb der Arbeitszeit” iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG erbracht anzusehen.
2. Der Ausgleich für außerhalb der Arbeitszeit erbrachte Betriebsratstätigkeit ist in § 37 Abs. 3 BetrVG geregelt. Ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nur, wenn die Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit erbracht wurde. Ist die Arbeitsbefreiung aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, kann das Betriebsratsmitglied nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG die Vergütung der außerhalb der Arbeitszeit aufgewendeten Zeit wie Mehrarbeit verlangen.
3. § 37 Abs. 3 BetrVG ist zwingend und kann weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung abgeändert werden, Regelungen zur Durchführung der Vorschrift müssen sich in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des § 37 BetrVG halten.
4. § 78 Satz 2 BetrVG, wonach Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden, untersagt von der Rechtsordnung gedeckte Ungleichbehandlungen nicht.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 1-3, § 38 Abs. 1, § 78 S. 2; BGB § 242; ArbGG § 72 Abs. 5; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Urteil vom 27.02.2014; Aktenzeichen 7 Sa 57/13) |
ArbG Hamburg (Urteil vom 13.08.2013; Aktenzeichen 9 Ca 580/12) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Februar 2014 – 7 Sa 57/13 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Einstellung von Stunden in das Überstundenkonto des Klägers.
Der Kläger ist seit dem 16. Dezember 1996 bei der Beklagten, einem dem Lufthansa-Konzern angehörenden Dienstleistungsunternehmen, beschäftigt. Er ist seit 2006 Mitglied des Betriebsrats. Seit dem 17. Mai 2010 ist er nach § 38 BetrVG vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt.
Nach § 5 Abs. 1 des kraft vertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Manteltarifvertrags Nr. 14 für das Bodenpersonal in der Fassung vom 1. Januar 2007 (MTV) beträgt die durchschnittliche Gesamtarbeitszeit während eines Bezugszeitraums von 18 Monaten 37,5 Stunden/ Woche. Nach § 5 Abs. 2 MTV kann durch Betriebsvereinbarung geregelt werden, dass am Ende des Bezugszeitraums nicht ausgeglichene Stunden in den folgenden Bezugszeitraum übertragen werden können.
Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007 schlossen die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat die „Rahmenbetriebsvereinbarung Flexible Arbeitszeit für das Bodenpersonal der Lufthansa Technik AG in Deutschland” (RBV). Darin heißt es auszugsweise:
„Präambel
Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat stimmen darin überein, dass die flexible und effiziente Nutzung der Arbeitszeit entsprechend dem tatsächlichen betrieblichen Kapazitätsbedarf und den Anforderungen seitens des Kunden eine herausragende Bedeutung für die notwendige Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Lufthansa Technik und für die zukünftige Sicherung von Beschäftigung hat. …
…
§ 1 Geltungsbereich
Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiter der Lufthansa Technik AG in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie unter den Geltungsbereich der anwendbaren Tarifverträge insbesondere des Manteltarifvertrages für das Bodenpersonal (MTV) bzw. des Manteltarifvertrages Neue Bundesländer (MTV NBL) in ihrer jeweils gültigen Fassung fallen.
§ 2 Bezugszeitraum
(1) |
Für alle Mitarbeiter gilt – dem Gedanken der ‚Jahresarbeitszeit’ folgend – grundsätzlich ein erweiterter Bezugszeitraum von 18 Monaten (nach MTV bzw. MTV NBL § 5). Dieser Bezugszeitraum beginnt erstmals mit dem 1. Januar 2007 und endet am 30. Juni 2008, der daran anschließende Bezugszeitraum erstreckt sich vom 1. Juli 2008 bis zum 31.12.2009 und so fort. |
… |
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§ 3 Zeiterfassung
(1) |
Jeder Mitarbeiter dokumentiert persönlich an dem für ihn vorgesehenen Zeiterfassungsgerät Beginn und Ende seiner Arbeitszeit. |
(2) |
Die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit des Mitarbeiters wird durch eine Kommt-/Geht Stempelung über das Zeiterfassungssystem erfasst, der täglichen Sollarbeitszeit gegenübergestellt und den jeweils zutreffenden Zeitkonten des Mitarbeiters zugeschrieben bzw. abgezogen. |
… |
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§ 4 Flexikonto und Zeitausgleich
(1) |
Jeder Mitarbeiter hat ein persönliches Zeitkonto in welchem nur die Plus- und Minuszeiten geführt werden, die aus dem flexiblen Arbeitszeitverhalten auf Basis dieser Betriebsvereinbarung entstehen (Flexikonto). Reisezeiten, Rufbereitschaftszeiten, Überstunden etc. werden auf den dafür eingerichteten weiteren Zeitkonten erfasst (siehe § 6). |
(2) |
Der Mitarbeiter kann – orientiert an der betrieblichen Einlastungssituation – im Einvernehmen mit seinem betrieblich Verantwortlichen unter Nutzung seines Flexikontos stundenweise, ganz- oder mehrtägig die Arbeit nicht aufnehmen oder die Verlegung der gesamten Arbeitszeit eines oder mehrerer Tage in Anspruch nehmen. |
… |
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§ 6 Weitere Zeitkonten
(1) |
Für Zeitguthaben aus Überarbeit, Feiertags-/Vorfeiertagsarbeit sowie wg. schichtfreien Wochenfeiertagen (SWF), Rufbereitschaft und Reisezeit soll grundsätzlich und soweit betrieblich möglich während des Bezugszeitraumes, in dem diese Zeitguthaben entstanden sind, ein Freizeitausgleich gewährt werden. |
… |
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(3) |
Zusätzlich zu den Zeitkonten gem. Abs. (1-2) wird ein Differenzstundenkonto geführt, das insbesondere als Ausgleichskonto für das Verfahren nach § 7 genutzt wird. … |
… |
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§ 7 Verfahren am Ende des Bezugszeitraumes
(1) |
Das Flexikonto kann am Ende des Bezugszeitraumes einen Saldo von bis zu +75 Stunden bzw. bis zu -75 Stunden aufweisen. |
(2) |
Am Ende des Bezugszeitraumes erfolgt die Saldierung von Zeitguthaben der weiteren Zeitkonten (§ 6) gegen einen ggf. auf dem Flexikonto vorhandenen Minussaldo sowie nachrangig gegen einen ggf. auf dem Differenzstundenkonto bestehenden Minussaldo in folgender Reihenfolge: … |
(3) |
Am Ende des Bezugszeitraumes bestehende Plusstunden des Flexikontos oberhalb von +75 Stunden sind Überarbeit; sie werden faktoriert als Arbeitszeit dem Überstundenkonto gutgeschrieben und in den folgenden Bezugszeitraum vorgetragen. Zeitsalden zwischen 0 und +75 Stunden werden auf das Differenzstundenkonto übertragen. |
… |
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§ 8 Flexible Arbeitszeit für Mitarbeiter ohne Dienst-/Schichtpläne
(1) |
Jeder Mitarbeiter kann grundsätzlich den Beginn und das Ende seiner täglichen Arbeitszeit innerhalb der Spanne von 06:00 bis 20:00 Uhr im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse und seiner persönlichen Belange selbst bestimmen. |
…” |
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Für die Höhe der „Faktorierung” verweist § 7 Abs. 3 RBV mit einer Fußnote auf den in § 9 Abs. 2a MTV im ersten Satz genannten Wert. Dieser beträgt 1,25.
Die Beklagte behandelte das Arbeitszeitkonto des Klägers vor seiner Freistellung im Bezugszeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009 nach § 7 Abs. 3 RBV. Im anschließenden Bezugszeitraum wurden im Rahmen der elektronischen Zeiterfassung des Klägers in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum Beginn seiner Freistellung am 17. Mai 2010 53,76 Plusstunden aufgezeichnet. Zum Ende dieses Bezugszeitraums am 30. Juni 2011 buchte die Beklagte den gesamten Bestand des Flexikontos des Klägers von +296,54 Stunden in Blöcken von +75 Stunden und +221,54 Stunden dessen Differenzstundenkonto zu. Eine „Faktorierung” der 221,54 Plusstunden und deren Buchung auf das Überstundenkonto erfolgte nicht.
Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet, sein auf dem Flexikonto bestehendes Guthaben von mehr als 75 Stunden am 30. Juni 2011 mit 1,25 zu „faktorieren” und die so errechneten Stunden dem Überstundenkonto gutzuschreiben. Die RBV sei auch auf Betriebsratsmitglieder anzuwenden. Da er stets innerhalb des Gleitzeitrahmens von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr anwesend gewesen sei, habe er in der Zeit seiner Freistellung Betriebsratstätigkeit innerhalb der Arbeitszeit durchgeführt. Es sei keine „Betriebsratsmehrarbeit” iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG angefallen. Er sei nicht wesentlich freier im Aufbau von Plusstunden als andere Mitarbeiter der Beklagten. Da die RBV weder Kontrollinstrumente oder Gegenmaßnahmen des Arbeitgebers vorsehe noch die Mitarbeiter zum Abbau von Plusstunden verpflichte, diene ihre Anwendung auf ihn als freigestelltes Betriebsratsmitglied der Gleichbehandlung und nicht seiner Begünstigung. Das Verlangen der Beklagten nach einer Dokumentation der von ihm geleisteten Betriebsratstätigkeit sei treuwidrig. Er habe aufgrund des Verhaltens der Beklagten keinen Anlass gehabt, die von ihm geleistete Betriebsratsarbeit zu dokumentieren.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, auf dem für ihn geführten Mehrarbeitszeitkonto (MAZ-Konto) zum Stichtag 30. Juni 2011 276,93 Stunden einzustellen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Anspruch könne nicht auf § 7 Abs. 3 RBV gestützt werden. Seit der vollständigen Freistellung des Klägers finde diese Regelung auf ihn keine Anwendung, da die Betriebsratstätigkeit nicht mit der beruflichen Tätigkeit gleichzusetzen sei. Da der Kläger die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG nicht vorgetragen habe, bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht. Es sei nicht dargelegt, dass der Kläger Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb seiner Arbeitszeit habe durchführen müssen. Die Vergütung der aufgewendeten Zeit „wie Mehrarbeit” erfordere gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG zudem eine auf betriebsbedingten Gründen beruhende Unmöglichkeit der Gewährung von Arbeitsbefreiung. Dem Kläger sei es möglich gewesen, die auf dem Flexikonto aufgelaufenen Plusstunden innerhalb des Bezugszeitraums auszugleichen. Nur wenn aus betrieblichen Gründen ein Ausgleich nicht möglich sei, habe ab der Grenze von +75 Stunden eine „Faktorierung” mit dem Faktor 1,25 zu erfolgen. Bei freigestellten Betriebsratsmitgliedern liege die Verantwortung für den Abbau von Plusstunden bei diesen selbst, da die Arbeitszeit nicht durch einen Vorgesetzten gesteuert werde. Für die Zeit ab dem 1. Dezember 2009 hätten sich die Betriebsparteien auf die gemeinsame Rechtsauffassung verständigt, dass von Betriebsratsmitgliedern für Betriebsratstätigkeiten erfasste Zeiten, die über ihre jeweilige Arbeitszeit hinausgehen, nicht gemäß § 7 Abs. 3 RBV zu „faktorieren” seien. Der Kläger würde aufgrund seines Amtes unzulässig begünstigt, wenn er nach freiem Belieben Plusstunden aufbauen könnte, obwohl hierfür keine gesetzliche Grundlage bestehe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 259,55 Stunden stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten insgesamt abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
I. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Revision zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen. Sie setzt sich mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung hinreichend auseinander.
1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Revisionsführer muss darlegen, warum er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält (vgl. etwa BAG 28. September 2016 – 7 AZR 377/14 – Rn. 11; 9. Dezember 2014 – 1 AZR 146/13 – Rn. 15). Hierzu genügt weder die bloße Wiedergabe des bisherigen Vorbringens (BAG 20. Juni 2013 – 8 AZR 482/12 – Rn. 20) noch eine bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils (BAG 18. Mai 2011 – 10 AZR 346/10 – Rn. 10).
2. Diesen Erfordernissen wird die Revisionsbegründung gerecht.
a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein Anspruch auf die begehrte Gutschrift nach § 7 Abs. 3 RBV könne sich nur unter Berücksichtigung der Vorgaben von § 37 Abs. 3 BetrVG ergeben. Es müssten zunächst die Voraussetzungen dieser zwingenden Vorschrift vorliegen. Das sei nicht der Fall. Entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich nicht bei jeglicher Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben innerhalb des Gleitzeitrahmens um Betriebsratstätigkeit innerhalb der Arbeitszeit. Ergebe sich am Ende des Bezugszeitraums ein Stundenguthaben, stehe vielmehr fest, dass der Kläger seine individuelle Arbeitszeit überschritten habe. Der Kläger habe weder vorgetragen, dass die Plusstunden für erforderliche Betriebsratstätigkeit aufgewendet wurden und außerhalb seiner Arbeitszeit aus betriebsbedingten Gründen angefallen seien, noch habe er dargetan, dass ein Abbau dieser Plusstunden bis zum Ende des Bezugszeitraums aus betrieblichen Gründen nicht möglich war. Dadurch werde der Kläger nicht unzulässig benachteiligt. Das Verlangen der Beklagten, die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG darzulegen, sei nicht treuwidrig.
b) Dagegen wendet sich der Kläger in seiner Revisionsbegründung im Wesentlichen mit dem Argument, das Landesarbeitsgericht habe die nach der Rechtsprechung und gemäß § 78 Satz 2, § 37 Abs. 3 BetrVG vorgegebene Prüfungsreihenfolge verkannt. Er rügt, die Beurteilung, ob er überhaupt Betriebsratstätigkeit außerhalb seiner Arbeitszeit iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG erbracht habe, sei nicht nur nach seiner individuell geschuldeten Arbeitszeit, sondern wegen § 78 Satz 2 BetrVG nach der für alle Arbeitnehmer geltenden RBV vorzunehmen. Er sei deshalb nicht verpflichtet, unabhängig von den Regelungen der RBV die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG darzulegen. Arbeitszeit, die er im Einklang mit den Vorgaben der RBV im Gleitzeitrahmen erfasst habe, liege nicht außerhalb der „Arbeitszeit” iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG. Träfe diese Rüge zu, wäre sie geeignet, die angefochtene Entscheidung insgesamt in Frage zu stellen.
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den in der Berufung noch anhängigen Antrag des Klägers, die Beklagte zur Einstellung von 259,55 Stunden auf das Mehrarbeitszeitkonto zu verurteilen, zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Der Klageantrag ist angesichts dessen, dass die Beklagte das am 30. Juni 2011 bestehende Zeitguthaben des Klägers von mehr als 75 Plusstunden (221,54 Stunden) ohne „Faktorierung” nach § 7 Abs. 3 RBV auf das Differenzstundenkonto gebucht hat und der Kläger die Zeitgutschrift – wie er in der Verhandlung gegenüber dem Senat bestätigt hat – nicht doppelt begehrt, dahin auszulegen, dass er die geltend gemachte Gutschrift auf dem Mehrarbeitszeitkonto unter Umbuchung der in das Differenzstundenkonto eingestellten Stunden verlangt. Hierbei handelt es sich – nach Abzug der vom Arbeitsgericht rechtskräftig abgewiesenen 13,9 Stunden – um 207,64 Stunden.
b) Der so verstandene Antrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
aa) Der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben” bzw. in ein Arbeitszeitkonto Stunden „einzustellen”, ist hinreichend bestimmt, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können und das Leistungsbegehren konkretisiert, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll (vgl. BAG 29. Juni 2016 – 5 AZR 617/15 – Rn. 14 mwN).
bb) Die Beklagte führt für den Kläger das Überstunden- bzw. Mehrarbeitszeitkonto, auf dem die begehrte Gutschrift noch erfolgen kann. Im Antrag kommt auch zum Ausdruck, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll, nämlich zum Stichtag 30. Juni 2011.
2. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, auf dem für den Kläger geführten Mehrarbeitszeitkonto zum Stichtag 30. Juni 2011 unter Umbuchung von 207,64 auf dem Differenzstundenkonto befindlichen Stunden 259,55 Stunden einzustellen.
a) Der Kläger kann sein Verlangen nicht auf § 7 Abs. 3 RBV stützen.
aa) Die RBV findet nach ihrem § 1 zwar grundsätzlich auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung. Danach gilt die RBV für alle Mitarbeiter der Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie unter den Geltungsbereich der anwendbaren Tarifverträge, insbesondere des Manteltarifvertrags für das Bodenpersonal, fallen. Das ist nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien beim Kläger der Fall.
bb) Das in § 7 Abs. 3 RBV geregelte Verfahren zur Gutschrift und „Faktorierung” von auf dem Flexikonto zum Ende des Bezugszeitraums aufgelaufenen Plusstunden ist jedoch auf erfasste Zeitguthaben freigestellter Betriebsratsmitglieder nicht anwendbar. Das in § 7 Abs. 3 RBV geregelte Verfahren setzt ein Zeitguthaben voraus, dem die Erbringung von vergütungspflichtiger Arbeit zugrunde liegt. Freigestellte Betriebsratsmitglieder leisten keine vergütungspflichtige Arbeit, sondern üben ehrenamtliche Tätigkeit aus.
(1) § 7 Abs. 3 RBV sieht vor, dass „am Ende des Bezugszeitraums bestehende Plusstunden des Flexikontos oberhalb von +75 Stunden … Überarbeit” sind und mit dem Faktor 1,25 faktoriert „als Arbeitszeit” dem Überstundenkonto gutgeschrieben und in den folgenden Bezugszeitraum vorgetragen werden. Die Vorschrift regelt daher das Verfahren für Zeitguthaben, die sich aus der Erbringung vergütungspflichtiger Arbeit ergeben. Für dieses Verständnis spricht auch, dass die RBV in ihrer Präambel und an anderer Stelle mehrfach den Begriff der „Arbeit” bzw. „Arbeitszeit” erwähnt. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 RBV regelt die Dokumentation von Beginn und Ende der „Arbeitszeit” bzw. der „täglich erbrachten Arbeit”, § 4 Abs. 2 RBV ermöglicht dem Mitarbeiter, unter Nutzung seines Flexikontos „die Arbeit nicht aufzunehmen” oder die „Verlegung der gesamten Arbeitszeit” eines oder mehrerer Tage in Anspruch zu nehmen. § 6 RBV regelt ua. weitere Zeitkonten für Zeitguthaben aus „Überarbeit” und „Feiertags-/Vorfeiertagsarbeit”.
(2) Freigestellte Betriebsratsmitglieder erbringen im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Betriebsratstätigkeit keine vergütungspflichtige Arbeitsleistung. Von diesen erfasste Anwesenheitszeiten betreffen ausschließlich Betriebsratstätigkeit. Anwesenheitszeiten freigestellter Betriebsratsmitglieder, die über die vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinausgehen, stellen daher weder „Überarbeit” iSv. § 7 Abs. 3 RBV dar noch können sie „als Arbeitszeit” gutgeschrieben werden. Deshalb ist das in § 7 Abs. 3 RBV geregelte Verfahren auf erfasste Zeitguthaben freigestellter Betriebsratsmitglieder nicht anzuwenden.
(a) Nach § 37 Abs. 1 BetrVG führen die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt als Ehrenamt. Mitglieder des Betriebsrats sind nach § 37 Abs. 2 BetrVG von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Nach § 38 Abs. 1 BetrVG sind im dort genannten Umfang Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen. Die generelle Freistellung von der beruflichen Tätigkeit gemäß § 38 Abs. 1 BetrVG hat denselben Zweck wie die zeitweilige Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG. Beide Freistellungen sollen ausschließlich die sachgerechte Wahrnehmung der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben sicherstellen (BAG 10. Juli 2013 – 7 ABR 22/12 – Rn. 19; 19. Mai 1983 – 6 AZR290/81 – zu 2 der Gründe, BAGE 42, 405).
(b) Für die Dauer der Freistellung besteht daher keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung. An die Stelle der Arbeitspflicht tritt die Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds, während seiner arbeitsvertraglichen Arbeitszeit im Betrieb am Sitz des Betriebsrats, dem er angehört, anwesend zu sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereitzuhalten. Das ist die gesetzliche Rechtsfolge der Freistellung (BAG 10. Juli 2013 – 7 ABR 22/12 – Rn. 20 mwN). Soweit ein Betriebsratsmitglied nicht in diesem Sinne im Umfang seiner Arbeitszeit Betriebsratstätigkeit erbringt, kann dies zu Abzügen vom Arbeitsentgelt führen, weil eine Freistellung nicht für Betriebsratstätigkeit genutzt wurde und deshalb der Anspruch auf Arbeitsentgelt ohne berufliche Arbeitsleistung entfällt (vgl. BAG 19. Mai 1983 – 6 AZR 290/81 – BAGE 42, 405). Daher haben auch freigestellte Betriebsratsmitglieder ein Interesse daran, ihre Anwesenheit im Betrieb zu dokumentieren, weshalb der Arbeitgeber verpflichtet ist, auch diesen die Teilnahme an dem in einer Betriebsvereinbarung geregelten Arbeitszeiterfassungssystem zu ermöglichen (BAG 10. Juli 2013 – 7 ABR 22/12 – Rn. 16). Der Anspruch auf Teilnahme an der Zeiterfassung hat jedoch nicht zur Folge, dass die Erbringung von Betriebsratstätigkeit eine vergütungspflichtige Arbeitsleistung darstellt.
(3) Ein Verständnis von § 7 Abs. 3 RBV dahingehend, dass das darin geregelte Verfahren auch auf Zeitguthaben anwendbar ist, die sich aus der Erfassung der Anwesenheitszeiten freigestellter Betriebsratsmitglieder ergeben, wäre zudem nicht gesetzeskonform. Damit würden die zwingenden Vorgaben von § 37 Abs. 3 BetrVG umgangen.
(a) Nimmt ein freigestelltes Betriebsratsmitglied an der Erfassung seiner Anwesenheitszeit im Rahmen eines Gleitzeitsystems teil, kann es eine etwaige Überschreitung der persönlichen Arbeitszeit dann, wenn die Betriebsratstätigkeit innerhalb des Gleitzeitrahmens erbracht wird, grundsätzlich im Rahmen des vorgegebenen Zeitrahmens ausgleichen, ohne dass es einer besonderen Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs bedarf (Fitting 28. Aufl. § 37 Rn. 92a). Bei einem derartigen regelmäßigen Ausgleich von kurzfristiger Über- und Unterschreitung der persönlichen Arbeitszeit im Rahmen einer solchen der Arbeitszeitflexibilisierung dienenden Vereinbarung steht nämlich zunächst (für den dem Zeitausgleich zur Verfügung stehenden Zeitraum) nicht fest, ob die Betriebsratstätigkeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG lag. Ist der Zeitausgleich am Ende eines Ausgleichszeitraums nicht vollständig erfolgt und zu diesem Zeitpunkt ein positiver Stundensaldo aufgelaufen, steht aber fest, dass das Betriebsratsmitglied durch die Erbringung von Betriebsratstätigkeit seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit im Bezugszeitraum überschritten hat. Im Fall des vollständig von der Arbeitsleistung freigestellten Betriebsratsmitglieds kann ein dann bestehender positiver Saldo nämlich nur auf Betriebsratstätigkeit basieren. Dann ist die Betriebsratstätigkeit insoweit als „außerhalb der Arbeitszeit” iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG erbracht anzusehen (vgl. Fitting 28. Aufl. § 37 Rn. 92a).
(b) Der Ausgleich für außerhalb der Arbeitszeit durchgeführte Betriebsratstätigkeit ist in § 37 Abs. 3 BetrVG geregelt. Diese Vorschrift ist als wesentlicher Teil des gesetzlich geregelten Ehrenamtsprinzips und der Konzeption der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern in § 37 BetrVG zwingend und kann weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung abgeändert werden, Regelungen zur Durchführung der Vorschrift müssen sich in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des § 37 BetrVG halten (vgl. zu § 37 Abs. 2 BetrVG BAG 13. Juli 1994 – 7 AZR 477/93 – zu 2 der Gründe, BAGE 77, 195; Fitting 28. Aufl. § 37 Rn. 4; ErfK/Koch 16. Aufl. § 37 BetrVG Rn. 1; Weber GK-BetrVG 10. Aufl. § 37 Rn. 8, 77). § 37 Abs. 3 BetrVG sieht einen Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts als Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, nur dann vor, wenn die Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit erbracht wurde. Eine Vergütung der außerhalb der Arbeitszeit aufgewendeten Zeit wie Mehrarbeit setzt zudem nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG voraus, dass Arbeitsbefreiung aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich war.
(c) Diese Beschränkungen enthält § 7 Abs. 3 RBV nicht. Die Anwendung der Regelung auf Zeitguthaben freigestellter Betriebsratsmitglieder hätte vielmehr zur Folge, dass aus der Erbringung von Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit Freizeitausgleichsansprüche und mit der zusätzlichen „Faktorierung” ggf. auch zusätzliche Vergütungsansprüche resultierten, ohne dass dies an die zwingenden weiteren Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG gebunden wäre.
cc) Danach kann der Kläger seinen Anspruch nicht auf § 7 Abs. 3 RBV stützen. Das am Ende des Bezugszeitraums am 30. Juni 2011 auf seinem Flexikonto bestehende Zeitguthaben von mehr als 75 Plusstunden, dessen „Faktorierung” und Gutschrift der Kläger geltend macht, stammt ausschließlich aus der Erbringung von Betriebsratstätigkeit im Rahmen der Freistellung gemäß § 38 BetrVG, die am 17. Mai 2010 begann. Das vor der Freistellung im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 16. Mai 2010 aufgelaufene Stundenguthaben belief sich auf 53,76 Stunden und kann nach § 7 Abs. 3 RBV den geltend gemachten Anspruch schon deshalb nicht begründen, weil es 75 Plusstunden nicht übersteigt. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass das Stundenguthaben von mehr als 75 Plusstunden aus Betriebsratstätigkeit resultiert, die der Kläger „außerhalb seiner Arbeitszeit” iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG erbracht hat. Die persönliche Arbeitszeit des Klägers beträgt nach § 5 Abs. 1 MTV im Durchschnitt 37,5 Stunden pro Woche. Da das Flexikonto des Klägers am Ende des Bezugszeitraums Plusstunden auswies, steht fest, dass er die geschuldete individuelle Arbeitszeit von durchschnittlich 37,5 Stunden im Bezugszeitraum überschritten hat. Damit liegt diesen Plusstunden Betriebsratstätigkeit zugrunde, die „außerhalb der Arbeitszeit” erbracht wurde. Dies ist nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die Anwesenheitszeiten des Klägers insgesamt innerhalb des Gleitzeitrahmens von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr lagen. Soweit diese Zeiten seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit übersteigen, handelt es sich um Betriebsratstätigkeit „außerhalb der Arbeitszeit” iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG. Der Kläger selbst verlangt gerade die Anerkennung dieser Plusstunden als zu „faktorierende” „Überarbeit” und deren Gutschrift auf dem „Überstundenkonto” iSv. § 7 Abs. 3 RBV.
b) Der Kläger kann seinen Anspruch auf die begehrte Gutschrift auf dem Überstundenkonto nicht auf § 37 Abs. 3 BetrVG stützen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger nicht dargelegt hat, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.
aa) Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BetrVG ist die Arbeitsbefreiung vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten. Mitglieder des Betriebsrats erhalten danach weder eine Amtsvergütung noch ist die Betriebsratstätigkeit eine zu vergütende Arbeitsleistung. Vielmehr gilt das Lohnausfallprinzip. Dieses wird durch § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht durchbrochen. Der dort geregelte Freizeitausgleich für die außerhalb der Arbeitszeit durchgeführte Betriebsratstätigkeit betrifft lediglich die Folgen einer aus betriebsbedingten Gründen notwendigen Abweichung von dem Grundsatz, dass Betriebsratstätigkeit während der Arbeitszeit stattzufinden hat (BAG 28. Mai 2014 – 7 AZR 404/12 – Rn. 20; 5. Mai 2010 – 7 AZR 728/08 – Rn. 29 mwN, BAGE 134, 233). Es handelt sich im Ergebnis um ein zeitlich verschobenes Arbeitsentgelt für eine sonst in der persönlichen Arbeitszeit anfallende Betriebsratstätigkeit, die nur infolge eines dem Arbeitgeber zuzurechnenden Umstands in die Freizeit verlagert worden ist. Soweit § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG ausnahmsweise eine Vergütung der aufgewendeten Zeit wie Mehrarbeit vorsieht, ist damit weder ein anderes gesetzliches Regelungskonzept noch die Aufgabe des Lohnausfallprinzips verbunden. Der in § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG vorgesehene Vergütungsanspruch ist lediglich eine Kompensation dafür, dass der in § 37 Abs. 3 Satz 2 BetrVG vorgesehene, gerade nicht auf eine zusätzliche Vergütung gerichtete Freizeitausgleich aus Gründen, die in der Sphäre des Arbeitgebers liegen, zeitnah nicht möglich ist. Ein von dem Grundsatz des unentgeltlichen Ehrenamts abweichender gesetzlicher Regelungsplan, dass Freizeitopfer durch die Zahlung einer angemessenen Vergütung auszugleichen wären, liegt darin nicht (BAG 5. Mai 2010 – 7 AZR 728/08 – Rn. 29, aaO).
bb) Das bedeutet im Streitfall, dass der Anspruch des Klägers auf Gutschrift des am Ende des Bezugszeitraums bestehenden Stundenguthabens von mehr als 75 Stunden, der aus außerhalb der Arbeitszeit erbrachter Betriebsratstätigkeit resultiert, neben der Erforderlichkeit der Betriebsratstätigkeit voraussetzt, dass diese aus betriebsbedingten Gründen nicht in der zur Verfügung stehenden individuellen Arbeitszeit erbracht werden konnte. Soweit der Kläger zudem die „Faktorierung” dieses Stundenguthabens mit dem in § 7 Abs. 3 RBV geregelten Faktor 1,25 begehrt, macht er die vergütungsmäßige Behandlung der aufgewendeten Zeit „wie Mehrarbeit” iSv. § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG geltend. Bei der Bemessung der Höhe der zu vergütenden Mehrarbeit ist zwar gemäß § 78 Satz 2 BetrVG die Regelung des § 7 Abs. 3 RBV zu berücksichtigen. Allerdings kommt eine solche Vergütung der außerhalb der Arbeitszeit aufgewendeten Zeit für die Erledigung erforderlicher Betriebsratstätigkeit nur in Betracht, soweit die Gewährung eines entsprechenden Freizeitausgleichs aus betriebsbedingten Gründen unmöglich ist.
cc) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, der Kläger habe nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG erfüllt sind. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, der Kläger habe weder dargetan, dass die Plusstunden für erforderliche Betriebsratstätigkeit aufgewandt wurden und aus betriebsbedingten Gründen angefallen sind, noch dass ein Abbau des Stundenguthabens bis zum Ende des Bezugszeitraums aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich gewesen ist. Der Kläger, der mit seiner Revision nur geltend macht, die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG müssten für den Erfolg seiner Klage nicht erfüllt sein, hat diese Würdigung des Landesarbeitsgerichts mit seiner Revision nicht angegriffen.
c) Die Beklagte verhält sich nicht treuwidrig iSv. § 242 BGB, indem sie die Gewährung der begehrten Gutschrift von der Darlegung der Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG durch den Kläger abhängig macht.
aa) Eine Rechtsausübung kann gemäß § 242 BGB unzulässig sein, wenn sich eine Partei damit in Widerspruch zu ihrem eigenen vorausgegangenen Verhalten setzt und für die andere Partei ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn sonstige besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BAG 9. Juni 2016 – 6 AZR 396/15 – Rn. 37 mwN).
bb) Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger damit rechnen musste, Einzelheiten seiner Betriebsratstätigkeit und deren Erforderlichkeit darlegen zu müssen. Der Kläger hat jedenfalls nicht behauptet, dass die Beklagte ihm in irgendeiner Weise zu erkennen gegeben habe, auf Darlegungen dazu verzichten zu wollen, dass die Betriebsratstätigkeiten aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit geleistet wurden und dass die Inanspruchnahme von Freizeitausgleich aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich war. Die Beklagte fordert nur die Darlegung der gesetzlichen Voraussetzungen für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch. Soweit der Kläger sich darauf berufen hat, dass die Beklagte sein Arbeitszeitkonto vor seiner Freistellung im Bezugszeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009 nach § 7 Abs. 3 RBV behandelt hat, folgt daraus nichts anderes. In diesem Zeitraum war der Kläger nicht freigestellt, weshalb den erfassten Zeiten nicht ausschließlich Betriebsratstätigkeit zugrunde lag. Aufgrund der „Faktorierung” der in diesem Zeitraum aufgelaufenen Plusstunden konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass die Beklagte auf die Darlegung der Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG auch im Rahmen seiner Freistellung verzichten werde.
d) Die Nichtgewährung der begehrten Stundengutschrift verstößt nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG.
aa) Nach § 78 Satz 2 BetrVG dürfen Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Diese Regelung ergänzt § 37 Abs. 1 BetrVG, wonach die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt führen. Das Ehrenamtsprinzip wahrt die innere und äußere Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder (vgl. BAG 18. Mai 2016 – 7 AZR 401/14 – Rn. 21 mwN). Eine Benachteiligung iSv. § 78 Satz 2 BetrVG ist jede Schlechterstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die nicht auf sachlichen Gründen, sondern auf der Tätigkeit als Betriebsratsmitglied beruht. Eine Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich. Es genügt die objektive Schlechterstellung gegenüber Nichtbetriebsratsmitgliedern (vgl. BAG 20. Januar 2010 – 7 ABR 68/08 – Rn. 11 mwN).
bb) Die Beklagte hat den Kläger nicht unzulässig gegenüber Arbeitnehmern ohne Betriebsratsmandat benachteiligt. Zwar hat sie dem Kläger als freigestelltem Betriebsratsmitglied anders als diesen die begehrte „faktorierte” Gutschrift auf dem Überstundenkonto nicht gewährt. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch dadurch bedingt, dass dem über 75 Plusstunden hinausgehenden Stundenguthaben des Klägers keine vergütungspflichtige Arbeitsleistung, sondern die Erbringung ehrenamtlicher Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit zugrunde lag. Diese Ungleichbehandlung war durch die zwingenden Vorgaben des § 37 Abs. 3 BetrVG geboten. Ungleichbehandlungen, die von der Rechtsordnung gedeckt sind, untersagt § 78 Satz 2 BetrVG nicht (vgl. Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 78 Rn. 48, 60).
III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Unterschriften
Gräfl, M. Rennpferdt, Waskow, R. Gmoser, Willms
Fundstellen
Haufe-Index 10180120 |
BB 2017, 244 |