Entscheidungsstichwort (Thema)
Personenbedingte Kündigung bei Verlust der Fluglizenz
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird die Fluglizenz eines Verkehrsflugzeugführers ungültig, kann dies grundsätzlich als personenbedingter Grund dessen Kündigung nach § 1 Abs 2 KSchG rechtfertigen.
2. Macht der Pilot geltend, die Nichtverlängerung der Verkehrsflugzeugführerlizenz sei nicht auf fliegerische Leistungsmängel sondern auf eine vom Arbeitgeber zu vertretende irreguläre Überspannung der Checkanforderungen zurückzuführen, so hat dies der Arbeitgeber zu widerlegen (§ 1 Abs 2 Satz 4 KSchG); insofern gelten die von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze zur abgestuften Darlegungslast bei Entschuldigungs- und Rechtfertigungsvorbringen des Arbeitnehmers.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; LuftVG § 4; LuftBO § 40; LuftPersV § 17; KSchG § 1 Abs. 2; LuftBO § 42 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger war laut Arbeitsvertrag vom 28. September 1990 seit 1. Januar 1991 bei der Beklagten als Erster Offizier (Copilot) auf dem Flugzeugmuster DC8 eingestellt. Zuvor stand er seit dem 1. April 1989 in der gleichen Eigenschaft in einem Arbeitsverhältnis mit der Firma S , die ihn zunächst für den Flugzeugtyp DC8 hochschulte. Er wurde dann zusammen mit Bedienungspersonal und dazugehörigen Frachtflugzeugen über die Firma C an die Beklagte mitvermietet. Seit April 1989 wurde der Kläger auch als Copilot auf dem Luftfahrzeugmuster DC8-73F der Beklagten eingesetzt. Der Arbeitsvertrag mit der Firma S war bis zum 31. März 1994 befristet.
Nach § 2 des mit der Beklagten geschlossenen Arbeitsvertrages war die bei ihr geltende Beschäftigungsordnung Bestandteil des Arbeitsvertrages. In der Beschäftigungsordnung heißt es auszugsweise:
"§ 3
Erlaubnisscheine
Jeder Mitarbeiter ist selbst verantwortlich für
die Ausstellung und Aufrechterhaltung der behörd-
lichen Erlaubnisse oder Bestätigungen (z.B. über
ein abgelegtes Sicherheitstraining, eine flug-
ärztliche Tauglichkeitsuntersuchung u.a.), deren
er zur Ausübung seiner Tätigkeit bei GCS bedarf.
GCS trägt zu diesem Zweck für die Dauer der Be-
triebszugehörigkeit des Mitarbeiters die Kosten
für die Ausstellung, Erneuerung, Verlängerung und
Ergänzung von Erlaubnisscheinen/behördlichen Be-
stätigungen sowie die Kosten der ärztlichen
Pflichtuntersuchungen und einer vom Fliegerarzt
angeordneten Tropentauglichkeitsuntersuchung.
...
§ 9
Probezeit und Kündigung
Die ersten sechs Monate der Beschäftigung gelten
als Probezeit. Während der Probezeit beträgt die
Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende.
Im übrigen betragen die Kündigungsfristen für
beide Seiten
bei einer Betriebszugehörigkeit
- bis zu 8 Jahren: 3 Monate zum Ende eines Ka-
lendervierteljahres
...
Verliert der Mitarbeiter die Berechtigung (Li-
zenz) zur Ausübung seines Berufes durch Verfall
oder Entzug der behördlichen Erlaubnis, entfällt
mit dem Tage des Lizenzverlustes jeder Vergü-
tungsanspruch, es sei denn, GCS habe den Verlust
der Erlaubnis zu vertreten.
Hat GCS den Verlust nicht zu vertreten, so ist
sie berechtigt, das Arbeitsverhältnis nach Kennt-
nis des Sachverhaltes unter Einhaltung der Kündi-
gungsfrist zu kündigen, sofern nicht ein Grund
zur fristlosen Kündigung gegeben ist.
Das gleiche gilt, wenn der Mitarbeiter die be-
hördlich vorgesehenen Checks nicht besteht. Im
Falle des zweimaligen Nichtbestehens in Folge ist
GCS zu keiner weiteren Nachschulung und Wiederho-
lung des Checks verpflichtet.
..."
Im Jahre 1991 fehlte der Kläger krankheitshalber an 45 Tagen und im Jahre 1992 vom 5. April bis zum 28. Juni. In dieser Zeit unterzog er sich einer freiwilligen Alkoholentziehungskur, die die Beklagte anonym anbieten ließ und förderte. Am 29. Juni oder 1. Juli 1992 sprach der Kläger dann mit dem inzwischen verstorbenen Flottenkapitän S über seine weitere Verwendung. Absprachegemäß trat er zunächst seinen etwa vierwöchigen Jahresurlaub - wie bereits Anfang 1992 beantragt - an. Danach sollte der Kläger zur Auffrischung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten - wie betriebsüblich - zwei Trainingseinheiten auf dem für DC8-Flugzeuge anerkannten Flugsimulator in Stockholm nehmen, um sich danach dem Erneuerungs-Check für seine Fluglizenz, die mit dem 20. Juni 1992 abgelaufen war, zu stellen.
Am 19. und 20. August 1992 absolvierte der Kläger die vorgesehenen zwei Trainingseinheiten unter dem Flugkapitän M . Am nächsten Tag, dem 21. August 1992, fand der für die Lizenzerneuerung erforderliche Überprüfungsflug statt, der von der Beklagten organisiert wurde, indem diese die zu checkenden Crews zusammenstellte, den Check-Kapitän - mit Rücksicht auf ihren laufenden Flugbetrieb - einteilte, den Simulator der SAS-Gesellschaft in Stockholm anmietete und allen ihren beteiligten Mitarbeitern die Zeit in Stockholm als Reise bezahlte. Diesen Erneuerungscheck des Klägers als Copilot nahm der Prüfer D ab, ein erfahrener Flugkapitän der Beklagten, den diese als Check-Kapitän vorgeschlagen und den das Luftfahrt-Bundesamt als solchen behördlich anerkannt hatte. Er bestätigte auf dem Check-Formular der Beklagten, dessen Inhalt vom Luftfahrt-Bundesamt vorgegeben ist, von 14 geprüften Tätigkeitsfeldern fünf und damit den Gesamtcheck als nicht bestanden, wofür schon zwei nicht bestandene Tätigkeitsfelder genügt hätten. Im Check-Bericht heißt es u.a., der Kläger habe den notwendigen Standard nicht nachweisen können, dies beziehe sich nicht nur auf alle durchgeführten Anflüge, sondern auch auf Basic-Instrument-Flying und Radio-Navigation. Auf D Empfehlung hin kam es zu einem weiteren Simulatortraining, das der Kläger am 9. September 1992 unter dem Flottenkapitän S absolvierte. Dieser soll nach der Darstellung des Klägers anschließend geäußert haben: Wäre das heute ein Check gewesen, wärest du durchgefallen.
Bereits unter dem 5. September 1992 hatte der Kläger gerügt, daß die Fluglizenzerneuerungs-Checks durch Mitarbeiter der Beklagten als unmittelbar Beteiligte nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz nicht vorgenommen werden dürften. Gleichwohl unterzog sich der Kläger am 10. September 1992 dem Wiederholungscheck, den der Flugkapitän W der Beklagten abnahm. Der Flugkapitän W , der ebenfalls vom Luftfahrt-Bundesamt als Check-Sachverständiger anerkannt ist, bewertete den Überprüfungsflug des Klägers ebenfalls mit nicht bestanden. Das Check-Formular wies dabei von 14 als geprüft ausgefüllten Tätigkeitsfeldern wiederum fünf als ungenügend aus. Daraufhin stellte die Beklagte am 11. September 1992 unter Berufung auf § 9 Abs. 3 ihrer Beschäftigungsordnung die Gehaltszahlungen ein und kündigte mit Schreiben vom 14. September 1992 das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1992.
Dagegen hat sich der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage gewandt und Weiterbeschäftigung, und zwar stufenweise im Rahmen des ihm rechtlich Möglichen verlangt, also zunächst für ein notwendiges Training zum Zwecke eines Erneuerungs-Checks, unverzüglich danach das Angebot einer erneuten, notfalls wiederholten Eignungs-Erneuerungsprüfung auf dem Simulator und im Bestehensfall seine vertragsgemäße Weiterbeschäftigung im dann möglichen Rahmen, dazu begleitend Gehaltsfortzahlung und Ersatz seiner durch die Gehaltseinstellung eingetretenen Schäden.
Dazu hat er geltend gemacht, sein bis zum 31. März 1994 befristeter Arbeitsvertrag mit der Fa. S sei nach § 11 AÜG als mit der Beklagten zustandegekommen zu fingieren; zumindest sei dessen Befristung nie abbedungen worden, so daß jede ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses seitens der Beklagten vor diesem Datum ausgeschlossen sei.
Im übrigen habe die Beklagte die beiden Check-Versuche vom 21. August und 10. September 1992 gesetz- und vertragswidrig organisiert und ausgerichtet, mithin die Nichterneuerung seiner Lizenz treuwidrig herbeigeführt.
Zum einen seien nach § 20 Abs. 1 des in den Anerkennungsurkunden der Check-Kapitäne in Bezug genommenen Verwaltungsverfahrensgesetzes Arbeitnehmer der Beklagten von der Abnahme solcher Prüfungen ausgeschlossen, weil die Beklagte als vom Prüfergebnis in ihrem Flugbetrieb unmittelbar Betroffene Beteiligte sei, die überdies durch die Check-Ergebnisse einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil erlangen könne. Zum anderen habe die Beklagte durch unzulässige Einflußnahme auf Herrn S , zu dem sich sein Verhältnis nach einer persönlichen Kritik im Dezember 1990 zunehmend verschlechtert habe, und die Prüfkapitäne D und W arglistig bewirkt, zumindest aber zu vertreten, daß er, der Kläger, diese beiden Checks zweimal in Folge nicht bestanden habe. So habe der ehemalige Flottenkapitän S schon im Mai 1992 geäußert, daß er den Kläger hinauswerfen werde; auf Intervention der Kollegen B und I habe sich Herr S dafür zwar später entschuldigt und diese Äußerung zurückgenommen; gleichwohl sei unter Kollegen gerüchteweise verbreitet worden, daß er fertiggemacht und herausgeprüft werden sollte. Am 29. Juni 1992 habe er seinen für Juli geplanten Erholungsurlaub zurückstellen und die ihm wichtiger erscheinende Erneuerung seiner Fluglizenz vorziehen wollen, Herr S habe ihm aber den Erholungsurlaub regelrecht aufgenötigt, um ihn dann nach über 89 Tagen ohne Flugpraxis mit nur zwei Trainingseinheiten auf den Simulator zur Erneuerungsprüfung zu schicken.
Des weiteren seien die Prüfungsanforderungen in beiden Checks schikanös und willkürlich gewesen und darüber hinaus auch zu seinen Ungunsten über jedes vertretbare Maß hinaus einseitig verschärft worden. So habe vor dem Check am 21. August 1992 Herr D ganz unerklärlicherweise die Bitte seines Kollegen S abgeschlagen, an Stelle von D ihn, den Kläger, prüfen zu dürfen, weil Herr S an einem für ihn vorgesehenen Prüftermin lieber Golf spielen wollte. Zu Beginn des Prüfverfahrens habe Herr D dann das "briefing" nur dem Mitprüfling Kapitän Ma gewidmet, und für ihn, den Kläger, insoweit nur die Worte "das Übliche" gefunden. Auch sei ihm keine Zeit für das Einfliegen auf dem Simulator zur Gewöhnung an dessen weniger träge Reaktionen gegenüber einem Flugzeug gewährt worden; vielmehr sei ein Triebwerk schon innerhalb der ersten 30 Sekunden nach seiner Übernahme beim ersten Start als "ausgefallen" ausgeschaltet worden, was ihm in über 20 Erneuerungs-Checks und auch seinen Kollegen so noch nie widerfahren sei. Start- und Landebahnen seien für Kapitän Ma auf nur eine beschränkt worden, während er, der Kläger, in raschem Wechsel über die drei programmierbaren Landebahnen 01, 26 und 06 "gehetzt" worden sei, von denen eine rechtwinklig zu den anderen verlaufe. Wetterbedingungen wie Wolkenuntergrenze, Sicht, Windstärke und Windrichtung seien für Herrn Ma einfach und für ihn maximal schwierig und wechselnd vorgegeben und noch mit Maschinenstörungen wie Druckverlust in Hydraulikklappen verbunden worden. Auch sei bei einem Voranflug nach Ausfahren der Klappen unerwartet auf maximalen Schiebewind von 13 Knoten geschaltet worden, obwohl für ein solches Manöver der höchstzulässige Talwind nach der Auslegung des Geräts eine Geschwindigkeit von maximal 10 Knoten haben dürfe. Das Crew Coordination Concept (CCC), wonach die Mit-Crew bei von Prüflingen erkannten Störungen beispringen soll, sei von Herrn D irregulär und nur zu seinen Ungunsten unterbunden worden. Darüber hinaus habe die Checkzeit für Kapitän Mais nur eine Stunde und 20 Minuten, für ihn, den bloßen Copiloten, aber eine Stunde und 40 Minuten betragen. Nach dem Check-Flug habe schließlich der Flugkapitän Steiner zu dem Prüfergebnis gesagt, daß ein anderer Prüfer das wohl anders gesehen hätte.
Bei dem Wiederholungs-Check-Flug am 10. September 1992 sei der Prüfer Wanner nach dem gleichen Muster vorgegangen, habe ihn nicht annähernd ausreichend geprüft, keine Einflugphase zugestanden, über alle verfügbaren Start- und Landebahnen gehetzt, und ihm eine Hilfestellung der Mitprüflinge im Cockpit nach dem CCC verweigert.
Schließlich habe die Beklagte die Inhalte und Abläufe der beiden Erneuerungs-Checks so pauschal und lückenhaft dokumentiert, daß auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu Prüfungen, aber auch nach den Grundsätzen des BGH zur Beweislastumkehr in Arzthaftungsfällen nicht er, der Kläger, ein Vertretenmüssen der Check-Abläufe zu beweisen habe, sondern sich die Beklagte von der Vermutung exkulpieren müsse, sie habe die von ihr offensichtlich angestrebten negativen Testergebnisse nicht zu vertreten.
Offensichtlich habe für die Beklagte bereits vorher festgestanden, daß er, der Kläger, die beiden Überprüfungsflüge nicht bestehen würde, denn die Beklagte habe ihn in ihrem Einsatzplan für Copiloten für September 1992 ab dem 11. September 1992 überhaupt nicht und ab dem 21. September 1992 nur als Reserve vorgesehen gehabt.
Im übrigen - insoweit hat der Kläger im letzten Berufungstermin Fotokopien des Flugbetriebshandbuches der Beklagten zu 8817 und 8814 in englischer Sprache vorgelegt - hätte die Beklagte sein zweimaliges Scheitern bei den Check-Flügen dem Flugbetriebsleiter anzeigen müssen, der dann hätte entscheiden können, ob ihm, dem Kläger, noch eine dritte Wiederholungschance zu gewähren wäre. Dies sei jedoch unterblieben. Zudem hätte der Verlängerungsantrag für seine Fluglizenz an das Luftfahrtbundesamt nicht von ihm, sondern von der Beklagten gestellt werden müssen.
Der Kläger hat - soweit für die Revisionsentscheidung von Belang - beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen
den Parteien durch die Kündigungserklärung der
Beklagten vom 14. September 1992 nicht aufgelöst
worden ist.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag vorgetragen, der Kläger könne in Ermangelung einer gültigen Fluglizenz nicht mehr vertragsgemäß beschäftigt und im übrigen auch nicht anderweitig verwendet werden. Die dem Kläger vertraglich auf ihre Kosten geschuldeten Erneuerungschecks habe sie ihm ordnungsgemäß ermöglicht. Daß er diese Checks nicht bestanden habe, sei nicht von ihr, der Beklagten, zu vertreten, zumal die beiden Prüf-Kapitäne als von ihr weisungsunabhängige, behördlich bestellte, zumindest aber behördlich anerkannte Prüfsachverständige aus eigenem Prüfermessen geurteilt hätten. Auf die Checkinhalte und Checkabläufe der Prüfsachverständigen habe sie keinen Einfluß genommen. Da es anerkannte Check-Prüfer für das Flugzeugmuster DC8 unstreitig nur bei ihr, der Beklagten, gebe, weil andere Gesellschaften in Deutschland diesen Typ nicht einsetzten, könne man nicht dem Kläger zuliebe alle Eignungs-Checks einfach abschaffen, nur weil er beide in Folge nicht bestanden habe. Insoweit sei sie allenfalls auch nur mittelbar Beteiligte an einem Verwaltungsverfahren bezüglich des Checkinhaltes und Checkablaufes. Eine Beweislastverteilung dergestalt, daß sie den ordnungsgemäßen Ablauf der Überprüfungsflüge darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen habe, folge im übrigen weder aus der vertraglich vereinbarten Beschäftigungsordnung noch aus ihrer Beherrschung der organisatorischen Rahmenbedingungen der Überprüfungsflüge und auch nicht aus angeblich mangelhafter Dokumentation der Check-Flüge durch die unabhängigen Check-Sachverständigen. Die vorliegende Dokumentation sei lückenlos, widerspruchsfrei und ausreichend.
Der Kläger hat erfolglos beim Verwaltungsgericht Braunschweig (- 10 A 10239/93 -) gegen die Bundesrepublik Deutschland - Luftfahrtbundesamt - auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsergebnisse vom 21. August und 10. September 1992 geklagt, ferner, daß die beiden Sachverständigen D und W nicht als solche hätten tätig werden dürfen und daß das Luftfahrtbundesamt verpflichtet sei, die Entscheidung der Sachverständigen zurückzunehmen. Das Urteil vom 23. März 1994 ist rechtskräftig und im wesentlichen damit begründet, die Klage sei mangels Feststellungsinteresse unzulässig, weil der Kläger bisher nicht wegen einer Entscheidung über seine erbrachte Kompetenz als Flugzeugführer an die beklagte Bundesrepublik herangetreten sei; die Äußerung der Sachverständigen sei kein Verwaltungsakt und nur unselbständiger Bestandteil einer noch zu treffenden Entscheidung; bisher habe allenfalls ein streitiges Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und den Sachverständigen bestanden.
Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine bisherigen Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung, § 565 ZPO.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung vom 14. September 1992 sei mangels gültiger Fluglizenz des Klägers, die er für seine vertraglich geschuldete Tätigkeit benötige, aus personenbedingten Gründen gem. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt. Das Berufungsgericht ist dabei nach Maßgabe seiner ausführlichen Entscheidungsgründe davon ausgegangen, die Durchführung der Erneuerungschecks sei nicht zu beanstanden.
II. Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand. Die Revision rügt zu Recht, die Vorinstanzen hätten über Verlauf und rechtmäßige Durchführung der zwei Simulatorprüfungen trotz ausreichenden wechselseitigen Vortrages der Parteien keinen Beweis erhoben; außerdem argumentiere das Landesarbeitsgericht mit bisher nicht belegten Mutmaßungen.
1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind allerdings die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Geltungsumfang des Arbeitsvertrages der Parteien vom 28. September 1990. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, durch diesen Vertrag sei das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien gegenüber der "S -Zeit" umfassend und abschließend neu geregelt worden. Auch hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 17. Februar 1993 - 7 AZR 167/92 - BAGE 72, 255 = AP Nr. 9 zu § 10 AÜG) bereits entschieden, daß die Gebrauchsüberlassung von Flugzeugen einschließlich fliegenden Personals keine gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung darstellt. Das Vertragsverhältnis des Klägers mit der Fa. S gilt daher nicht gemäß § 10 AÜG als mit der Beklagten zustandegekommen.
a) Soweit die Revision insoweit einen Verstoß gegen § 139 ZPO rügt, bleibt dies ohne Erfolg, weil sie nicht im einzelnen angegeben hat, welche Fragen hätten gestellt werden müssen und vor allem auch, was sie als Partei darauf erwidert hätte (vgl. Senatsurteile vom 22. Juli 1982 - 2 AZR 30/81 - AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, zu II der Gründe und vom 11. August 1994 - 2 AZR 9/94 - AP Nr. 31 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu II 1 b der Gründe). Davon abgesehen bestand für das Berufungsgericht keine Fragepflicht, nachdem der Kläger selbst ausdrücklich in seinem Berufungsschriftsatz vom 15. November 1993 unter Punkt 3 vorgetragen hatte, daß wegen der Tatsache der Befristung des Arbeitsvertrages zwischen ihm und der Fa. S (bis zum 31. Mai 1994) auch der zwischen ihm und der Beklagten am 28. September 1990 geschlossene Arbeitsvertrag jedenfalls im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 14. September 1992 noch nicht ordentlich kündbar gewesen sei. Er hätte also zu dem dies bestreitenden Vorbringen der Beklagten von sich aus Stellung nehmen können und müssen.
b) Soweit die Revision dazu weiter rügt, das Berufungsgericht habe bei Beachtung aller Umstände nicht zu dem rechtlichen Schluß kommen dürfen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch den Vertrag vom 28. September 1990 auf eine neue und zugleich abschließende Grundlage gestellt worden sei, ist auch diese Rüge unbegründet. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden.
aa) Dem Revisionsgericht ist die rechtliche Prüfung der Auslegung von sog. nichttypischen Verträgen und Willenserklärungen, die das Berufungsgericht vorgenommen hat, nur eingeschränkt gestattet. Die Auslegung kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie mit Denkgesetzen oder mit dem Wortlaut vereinbar ist und ob wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist (BAGE 22, 424 = AP Nr. 33 zu § 133 BGB; BAGE 5, 221 = AP Nr. 6 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn- und Tariflohnerhöhung). Nur wenn es sich bei den zu würdigenden und gewürdigten Regelungen im Anstellungsvertrag um einen sog. typischen Vertrag handelt, was der Kläger für sich in Anspruch nimmt, ist die rechtliche Überprüfungsmöglichkeit durch das Revisionsgericht unbeschränkt. Selbst wenn man insofern zugunsten des Klägers von einer unbeschränkten Überprüfungsmöglichkeit durch das Revisionsgericht ausgeht, bleibt die Rüge des Klägers ohne Erfolg.
bb) Verträge sind gem. §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben es erfordern. Dabei ist auch bei der Auslegung von Verträgen zunächst vom Wortlaut der Vereinbarung auszugehen. Der Text des Arbeitsvertrages vom 28. September 1990 spricht eindeutig für das vom Berufungsgericht getroffene Auslegungsergebnis. Wenn der Arbeitsvertrag u.a. mit den Worten beginnt: "Zwischen ... wird folgender Arbeitsvertrag geschlossen und von beiden Vertragspartnern durch Unterschrift als verbindlich anerkannt", ohne daß eine Befristungsabrede in diesem Vertrag getroffen oder auf den früheren Bezug genommen wird, vielmehr in § 1 des Arbeitsvertrages unter der Überschrift "Einstellungsdatum" der 1. Januar 1991 genannt und dann auf § 9 der Beschäftigungsordnung verwiesen wird, in dem eine Probezeit und danach Kündigungsfristen geregelt werden, so sind nach dem Vertragstext keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb ausgerechnet eine Befristungsbestimmung aus einem früheren Vertrag, der - was unstreitig ist - nicht einmal zwischen den hier im Streit stehenden Parteien geschlossen worden ist, weiterhin und nun auch im Verhältnis zur Beklagten Geltung haben sollte. Die ausdrückliche Vereinbarung einer zunächst geltenden Befristung des Arbeitsvertrages in Form einer mündlichen Nebenabrede hat der Kläger nicht einmal behauptet. Zwar sind auch im Rahmen der Auslegung von Verträgen die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände mit einzubeziehen. Die Orientierung der Auslegung an Treu und Glauben bedeutet, daß im Zweifel ein Auslegungsergebnis anzustreben ist, das die berechtigten Interessen beider Parteien angemessen berücksichtigt. Das Vorbringen des Klägers in seiner Revision, wonach allein die Vereinbarung der Weitergeltung der Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 1994 den berechtigten Interessen beider Parteien entsprechen würde, trifft aber jedenfalls nicht die Interessenlage der Beklagten, die - wie die Bezugnahme auf ihre Beschäftigungsordnung zeigt - sich nicht ohne Kündigungsmöglichkeit auf so lange Zeit binden wollte. Im übrigen spricht zunächst einmal die Vermutung für die Vollständigkeit des Vertrages, jedenfalls in dem Sinne, daß frühere Vertragsbestimmungen durch die neuen abgelöst werden.
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist auch der Ausgangspunkt der Vorinstanzen, wonach der Wegfall der Fluglizenz die ordentliche Kündigung des Klägers aus personenbedingten Gründen im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG grundsätzlich rechtfertigen könnte, nicht zu beanstanden. Aufgrund des Fehlens einer gültigen Fluglizenz besteht ein gesetzliches Beschäftigungsverbot. Gem. §§ 40, 42 Abs. 3 Betriebsordnung für Luftfahrtgerät (Luft BO) darf ein Unternehmen einen Flugzeugführer nur dann einsetzen, wenn dieser die erforderliche Flugerlaubnis besitzt. Dem Flugzeugführer als Arbeitnehmer wiederum ist das Erbringen seiner geschuldeten Arbeitsleistung ohne gültige Fluglizenz rechtlich unmöglich (siehe auch § 60 Abs. 1 Ziff. 2 LuftVG). Indes wird allein der Verlust oder der Entzug der Fluglizenz die ordentliche Kündigung aus personenbedingten Gründen noch nicht rechtfertigen können; vielmehr ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts u.a. auch zu berücksichtigen, inwieweit für den Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung mit Erteilung einer Erlaubnis in absehbarer Zeit zu rechnen ist (BAG Urteil vom 7. Februar 1990 - 2 AZR 359/89 - AP Nr. 14 zu § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung) und/oder ob nicht bei Fehlen einer Erlaubnis eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist (BAG Urteil vom 14. Februar 1991 - 2 AZR 525/90 - RzK I 6 a Nr. 70). Insoweit sind auch Zumutbarkeitserwägungen im Hinblick auf die Frage der Rechtmäßigkeit einer Beendigungskündigung anzustellen. Selbst wenn nach dem festgestellten Sachverhalt die Beklagte nicht hat davon ausgehen können, daß mit der Erteilung bzw. Wiedererteilung der klägerischen Fluglizenz in naher Zukunft gerechnet werden konnte, so daß etwaige Überbrückungsmaßnahmen nicht in Betracht gekommen sind, so hat sich das Landesarbeitsgericht mit dem zweiten Gesichtspunkt (Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen) bisher überhaupt nicht auseinandergesetzt. Dem kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht vorgreifen.
3. Außerdem kann den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Durchführung der beiden Erneuerungs-Checks nicht gefolgt werden.
a) Zutreffend ist allerdings, daß aus der Tatsache, daß die beiden Check-Kapitäne Arbeitnehmer der Beklagten sind, nicht die rechtliche Konsequenz zu ziehen ist, die Überprüfungs-Checks hätten nicht von ihnen abgenommen werden dürfen. Dabei konnte das Landesarbeitsgericht in der Tat offenlassen, ob diese Erneuerungs-Checks privatrechtlicher Natur sind oder ein öffentlich-rechtliches Verwaltungsverfahren darstellen.
aa) Wären diese Erneuerungs-Checks privatrechtlicher Natur und nur von der Beklagten vertraglich geschuldet, so gibt es - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - keine Vorschrift und kein gesetzliches Hindernis, solche Überprüfungs-Checks durch hauseigene, besonders ausgewählte und bewährte Mitarbeiter abnehmen zu lassen.
bb) Enthielte hingegen die Durchführung der Erneuerungs-Checks ein Verwaltungsverfahren eigener Art, für das die Beklagte nur die äußeren Rahmenbedingungen organisiert hat, so wären an diesem Verwaltungsverfahren nur die Prüflinge und die Prüfsachverständigen unmittelbar beteiligt, da die nach § 128 Abs. 1 LuftPersV bestellten Prüfsachverständigen weisungsunabhängig nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorzugehen hätten. Übereinstimmend mit dem Berufungsgericht stünde die Beklagte nicht deshalb einer Beteiligten im Sinne von §§ 13, 20 VwVfG gleich, weil sie durch die Prüfergebnisse unmittelbare Vor- oder Nachteile erlangen könnte. Denn die Begutachtungen der Sachverständigen bilden insoweit nur die Grundlage für die Entscheidungen der Luftfahrtbehörden über die Erteilung der Verlängerung oder Erneuerung von Erlaubnissen des Luftpersonals (vgl. Hofmann/Grabherr, Luftverkehrsgesetz, § 4 Rz 33), ohne daß die Beklagte bereits in diesem Stadium des Verfahrens eine Stellung einnimmt, wie sie in § 13 Abs. 1 Ziff. 1 - 4 VwVfG beschrieben ist. Die Sachverständigengutachten führen weder automatisch zu einer Erteilung noch zu einer Versagung einer Erlaubnis, sondern sind nur unselbständiger Bestandteil einer noch zu treffenden Entscheidung, wie im übrigen auch das Verwaltungsgericht Braunschweig im Prozeß des Klägers gegen das Luftfahrt-Bundesamt entschieden hat (Urteil vom 23. März 1994 - 10 A 10239/93). Sie stellen daher auch noch keinen Verwaltungsakt dar (ebenso Hofmann/Grabherr, aaO, § 4 Rz 33).
b) Die Rügen der Revision führen aber auch deshalb zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung, weil das Berufungsgericht über Verlauf und rechtmäßige Durchführung der zwei Simulatorprüfungen trotz ausreichenden wechselseitigen Vortrages der Parteien (dazu unter 4) keinen Beweis erhoben hat, sondern teilweise mit Unterstellungen, Mutmaßungen und Anmaßungen arbeitet.
aa) Das gilt zunächst für die mehrfach geäußerte Bemerkung (Urteil S. 32, 33), die vom Kläger unter Beweis gestellte "Begleitmusik" sei "für sich genommen recht unergiebig". Das in diesem abwertend klingenden Begriff zum Ausdruck kommende Vorurteil verträgt sich nicht mit der für einen Richter bei der Beurteilung und Würdigung von Parteivorbringen gemäß § 286 ZPO gebotenen Zurückhaltung, Sachlichkeit und Objektivität. Die Verwendung dieses ersichtlich negativ gemeinten Begriffs läßt sogar die Besorgnis der Befangenheit aufkommen (vgl. zu ähnlicher Ausdrucksweise Baumbach/Hartmann, ZPO, 54. Aufl., § 42 Rz 17).
bb) Die Revision beanstandet ferner zu Recht, die Sachverhaltsbewertung des Landesarbeitsgerichts sei in sich widersprüchlich, wenn es auf der einen Seite die vom Kläger vorgetragenen Indizien für einen von der Beklagten gleichbehandlungs- und rechtswidrig herbeigeführten Checkmißerfolg (vgl. dazu noch weiter unten) bagatellisierend als zutreffend unterstelle, andererseits aber davon ausgehe, die Beklagte habe den Kläger loswerden wollen und dafür nur einen kündigungsrechtfertigenden Grund gebraucht (Urteil S. 33). Wäre letzteres tatsächlich feststellbar und nicht nur eine Mutmaßung des Gerichts, so würden die vom Kläger vorgetragenen Umstände eher in die gleiche Richtung weisen.
cc) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Gesamtwürdigung (Urteil S. 33 unter e) leidet im übrigen an einem weiteren Verfahrensmangel. Bei der Darlegung seiner Urteilsgründe ist ein Gericht verpflichtet, die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung nachvollziehbar darzustellen. Entscheidet das Gericht insoweit über eine fachlich nicht einfach liegende Frage ohne Sachverständigen, so hat es seine Sachkunde zu erläutern (vgl. BAG Urteil vom 10. Mai 1978 - 5 AZR 15/77 - AP Nr. 3 zu § 3 LohnFG; Senatsurteil vom 31. August 1989 - 2 AZR 8/89 - AP Nr. 16 zu § 12 SchwbG, zu II 5 f der Gründe, m.w.N.; BGH Urteil vom 17. Dezember 1969 - VIII ZR 52/68 - NJW 1970, 419; BGH Urteil vom 5. Mai 1989 - VI ZR 268/88 - NJW 1989, 2948, 2949). Entgegen dieser Pflicht hat das Berufungsgericht, wie die Revision weiter zu Recht rügt, in seinen Urteilsgründen zu fachlich nicht einfach liegenden Fragen Ausführungen gemacht, ohne gleichzeitig zu erkennen zu geben, aus welchen Gründen es die dazu erforderliche Sachkunde besaß. Das betrifft zunächst die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der Frage, inwieweit beim Simulator-Check-Flug am 21. August 1992 das Abschalten des Triebwerks bereits 30 Sekunden nach dem Start ohne vorheriges Eingewöhnen bzw. Einfliegen des Klägers an die Bewegungen des Flugsimulators noch zu einer zulässigen, weil ohne weiteres beherrschbaren Prüfungsaufgabe gehöre. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Erkenntnisquellen das Gericht zu der Überzeugung gelangt ist, daß das Fliegen auf einem Simulator mit dem "wirklichen" Fliegen eines Flugzeugs gleichzusetzen ist. Diese Gleichsetzung muß das Gericht aber zumindest gedanklich vorgenommen haben, da andernfalls seine ausdrückliche Argumentation, wonach ein Flugzeugführer auch beim "wirklichen" Fliegen unter Umständen keine Eingewöhnungsphase habe, nicht schlüssig ist.
Des weiteren rügt der Kläger zu Recht auch die Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach sein Vorbringen, daß er in beiden Check-Flügen nur eine minimale Einweisung ("briefing") erhalten habe, für den sich unmittelbar anschließenden Check-Flug ohne prüfungsrelevante Auswirkungen geblieben sein solle. Insbesondere, wie das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangt ist, daß eine Einweisung des Kapitäns "im Zweifel gleich oder ähnlich für den Copiloten gelten dürfte", ist unter Berücksichtigung des von den Parteien vorgetragenen Streitstoffes nicht nachvollziehbar.
Hinzu kommt weiter, daß das Landesarbeitsgericht (Urteil S. 30) ohne näheren Nachweis an eigenem Sachverstand davon ausgeht, vom Kläger könne aus vernünftigem Anlaß, wozu seine (frühere]) Alkoholerkrankung nach Entzugstherapie gezählt wird, jede Prüfungsaufgabe verlangt werden, die ein zugelassener Simulator hergebe, "denn ganz Unmögliches wird in einem Simulator kaum programmiert sein". Dem Landesarbeitsgericht dürfte hier die technische Sachkunde betreffend den Simulator fehlen; jedenfalls wird sie nicht belegt. Außerdem hatte nicht einmal die Beklagte vorgetragen, wegen der Alkoholerkrankung gebe es "genügend Grund zu einer genaueren Überprüfung", eine Feststellung, für die - worauf die Revision außerdem hinweist - fliegerärztliche Untersuchungsstellen unter Mitwirkung von Luftfahrtpsychologen zuständig wären, §§ 24 Abs. 1 Ziff. 2, 24 a Abs. 1 LuftVZO.
4. Was die Durchführung der erforderlichen Erneuerungschecks angeht, hat der Kläger unter Darstellung seines Vorbringens in den Tatsacheninstanzen die Nichtberücksichtigung der von ihm behaupteten Prüfungsfehler gerügt. Dabei sieht der Senat nur die nachfolgend wiedergegebenen Behauptungen als erhebliche Einwendungen gegenüber den von der Beklagten verteidigten Beurteilungen der Sachverständigen Dollinger und Wanner an (vgl. im einzelnen Bl. 35 f, 75, 151, 320 der Berufungsakten):
- Bei dem Check am 21. August 1992 sei keine er-
forderliche Vorbesprechung (briefing) mit ihm
geführt worden.
- Schon vor dem Check habe der Prüfer D
Herrn S unerklärlicherweise abgeschla-
gen, an Stelle von D ihn, den Kläger,
prüfen zu dürfen, weil Herr S an einem
für ihn vorgesehenen Prüftermin lieber Golf
spielen wollte.
- Beim Check sei ihm keine Zeit für das "Ein-
fliegen" auf dem Simulator wegen dessen weni-
ger trägen Reaktionen gegenüber einem Flugzeug
gewährt, sondern stattdessen ein Triebwerk
schon innerhalb 30 Sek. nach Übernahme beim
ersten Start, was weder ihm in 20 Erneuerungs-
checks noch seinen Kollegen je widerfahren
sei, abgeschaltet worden.
- Bei einem VOR-Anflug (nach Sicht), bei dem er
die Klappen bereits ordnungsgemäß gesetzt
habe, sei der Talwind auf 13 Knoten geschaltet
worden, obwohl für ein solches Manöver der
höchstzulässige Talwind nach der Auslegung des
Geräts eine Geschwindigkeit von maximal 10
Knoten haben dürfe;
- auch die übrigen Wetterbedingungen (Wolkenun-
tergrenze, Sicht, Windrichtung) seien für ihn,
den Kläger, unzulässig schwierig und wechselnd
vorgegeben und mit Maschinenstörungen wie
Druckverlust in Hydraulikklappen (klappenloser
Anflug) verbunden worden.
- Es sei unzulässigerweise, in raschem Wechsel
über die drei programmierbaren Landebahnen 01,
26 und 06 gehetzt worden.
- Es sei auch nicht nach dem Crew Coordination
Concept (CCC) verfahren worden, das warnende
Hinweise durch die Crew-Mitglieder ermögliche,
sondern Herrn Ma und dem Flugingenieur Ba
sei ausdrücklich - und regelwidrig - verboten
worden, den Kläger als pilot flying nach dem
CCC zu unterstützen.
- Im Anschluß an die Mitteilung des negativen
Prüfergebnisses durch Herrn D habe
Herr S erklärt, ein anderer hätte das
wohl anders gesehen.
- Zwischen dem 21. August und dem 10. September
1992 sei er nur ein einziges Mal zu einem wei-
teren 4-Stunden-Training (mit Herrn S )
eingesetzt worden, was nach 90 Tagen fliegeri-
scher Abstinenz branchenunüblich sei, während
den Copiloten T und V nach ar-
beitsunfähigkeitsbedingter Tätigkeitspause
eine doppelte Trainingssession (8 Doppelstun-
den) gewährt worden sei.
- Der Check-Versuch vom 10. September 1992 sei
nach dem gleichen "Strickmuster" wie am
21. August 1992 verlaufen, d. h. auch Herr
W habe ihn über alle Anflugrichtungen und
Landebahnen als pilot flying anders als den
Mitprüfling O gehetzt, wobei wiederum re-
gelwidrig den Crew-Mitgliedern O und
E eine Unterstützung nach den Regeln des
CCC verboten worden sei.
Die Beklagte hat dieses Vorbringen dezidiert bestritten (vgl. im einzelnen Bl. 117 f., 168, 253 f., 363 der Berufungsakten), insbesondere vorgetragen, die Checks hätten dem üblichen Standard entsprochen. Sollten demgegenüber die Checks erheblich vom üblichen Standard abgewichen sein, was gegebenenfalls durch ein Sachverständigengutachten zu klären ist, wären die Checks als unzulässig anzusehen. Die Beklagte hat ferner bestritten, daß es Weisungen und Empfehlungen an die unabhängigen Sachverständigen D und W gegeben habe; Herr S habe auch nicht gesagt, daß er das anders gesehen hätte; im Gegenteil: Auch der Flugkapitän M , der das refresher-Training mit dem Kläger vor dem ersten Check absolviert habe, sei schockiert gewesen über die unzulängliche fliegerische Leistung des Klägers.
a) Das wechselseitige Parteivorbringen wird das Landesarbeitsgericht aufzuklären haben. Die Beklagte hat hierbei den personenbedingten Kündigungsgrund (Wegfall der Erlaubnis infolge unzweifelhaften Nichtbestehens der Erneuerungschecks) darzulegen und zu beweisen, § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG. Insoweit finden aber die von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze zur abgestuften Darlegungslast bei Entschuldigungs- und Rechtsfertigungsvorbringen des Arbeitnehmers (vgl. Senatsurteile vom 6. August 1987 - 2 AZR 226/87 - AP Nr. 97 zu § 626 BGB, zu II 2 a der Gründe; vom 6. September 1990 - 2 AZR 118/89 - AP Nr. 22 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; vom 31. Mai 1990 - 2 AZR 535/89 - RzK I 10 h Nr. 28, zu II 2 a der Gründe, vom 27. Mai 1993 - 2 AZR 631/92 - n.v., zu II 1 b der Gründe und vom 26. August 1993 - 2 AZR 154/93 - BAGE 74, 127 = AP Nr. 12 zu § 626 BGB, zu B I 1 c der Gründe, m.w.N.) Anwendung, weil nur so gewährleistet wird, daß fliegerische Leistungsmängel, die zur Nichtverlängerung der Lizenz und damit zu einem personenbedingten Kündigungsgrund im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG führen, als Ursache und Auslöser der Kündigung - wie auch in anderen Fällen von Leistungsmängeln - in einem rechtsstaatlichen Verfahren überprüft werden können. Das Verwaltungsgericht hat im Prozeß des Klägers gegen das Luftfahrt-Bundesamt argumentiert, die Entscheidungen der Sachverständigen D und W seien keine Verwaltungsakte und enthielten nur einen unselbständigen Bestandteil einer noch zu treffenden Entscheidung, hat also im Ergebnis eine Überprüfung dieser Entscheidungen abgelehnt. Das ist eine Folge der Tatsache, daß im Unterschied zur Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen die Erlaubnisse des Luftfahrtpersonals - hier Verkehrsflugzeugführer - stets zeitlich begrenzt werden, § 17 LuftPersV, § 26 Abs. 2 Satz 2 LuftVZO. Die Befristung hat zur Folge, daß die Erlaubnis nach Fristablauf gleichsam automatisch ungültig wird, jedoch nicht restlos erlischt, sondern insoweit rechtswirksam bleibt, als ihre Erneuerung unter leichteren Voraussetzungen als der Erwerb möglich ist, § 17 Abs. 2 LuftPersV. Die Erlaubnis wird aber ohne Verlängerung mit Fristablauf ungültig, ohne daß es eines ausdrücklichen - und dann bei den Verwaltungsgerichten angreifbaren - Widerrufs bedarf (vgl. Hofmann/Grabherr, aaO, § 4 Rz 47 f.). Mangels eines ausdrücklichen Widerrufs nach § 4 Abs. 3 LuftVG, § 17 Abs. 2 LuftPersV stünde der Kläger, was die Anfechtbarkeit der Sachverständigenentscheidung nach § 17 Abs. 2 LuftPersV angeht, schutzlos da. Die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes (vgl. dazu BVerfG Beschlüsse vom 3. August 1989 - 1 BvR 1178/88 - AP Nr. 40 zu Art. 103 GG, m.w.N. und vom 15. Januar 1992 - 1 BvR 1184/86 - AP Nr. 16 zu § 64 ArbGG 1979) erfordert daher die Überprüfung der Entscheidung der Sachverständigen durch die Arbeitsgerichte im Falle erheblicher Einwendungen des geprüften Arbeitnehmers, und zwar auch unter dem Gesichtspunkt des nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Rechts am Arbeitsplatz und auf freie Berufswahl. Ob dies einfach-rechtlich neben § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG auch aus dem Rechtsgedanken des § 162 BGB (vgl. dazu Senatsurteil vom 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - AP Nr. 65 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu B I 6 der Gründe) oder aus § 242 BGB (vgl. dazu BAG Urteile vom 6. März 1974 - 5 AZR 313/73 - AP Nr. 29 zu § 615 BGB und vom 7. Februar 1990 - 2 AZR 359/89 - AP Nr. 14 zu § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung, zu C VI der Gründe) herzuleiten ist, braucht nicht vertieft zu werden.
b) Allerdings kann eine Erleichterung der Darlegungslast des Klägers nicht schon mit einer unzulänglichen Dokumentation der Testabläufe und Check-Inhalte gerechtfertigt werden. Dies ergibt sich weder aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Beweislastverteilung bei der Verletzung einer bestehenden Dokumentationspflicht noch bei Beachtung der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Anforderungen an die Begründungspflicht bei Prüfungsentscheidungen.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist es zwar anerkannt, daß die Verletzung einer bestehenden Dokumentationspflicht zu Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zugunsten des Geschädigten gehen kann (vgl. u.a. BGH Urteil vom 9. November 1982 - VI ZR 23/81 - MedR 1983, 67 - Dokumentationspflicht des Arztes -; BGH Urteil vom 15. November 1984, NJW 1985, 59, 61 - Dokumentationspflicht eines Zwangsverwalters -). Dokumentationspflichten werden demjenigen auferlegt, der Belange eines anderen wahrzunehmen hat und dabei Maßnahmen oder Feststellungen trifft, die dieser nicht selbst erkennen oder beurteilen kann. Werden solche, die Interessen des anderen entscheidend berührende, Ereignisse von demjenigen, der sie allein kennen kann, schuldhaft nicht dokumentiert, so muß der andere von der Beweisführung entlastet werden, soweit diese Beweisführung durch das schuldhafte Verhalten des Dokumentationspflichtigen beeinträchtigt ist. Doch auch in Fällen unzureichender Dokumentation ist die Beweislastumkehr nicht notwendige Folge. Sie tritt vielmehr nur ein, wenn es unzumutbar erscheint, daß der Kläger mit der Beweisführung belastet wird (vgl. BGH Urteil vom 15. November 1984, aaO). Eine solche Situation ist hier nicht gegeben. Der Kläger ist, wie ein substantiiertes Vorbringen (oben zu II 4) im Hinblick auf den Ablauf der beiden Check-Flüge zeigt, sehr wohl in der Lage gewesen, mögliche Fehler bei der Prüfung darzulegen und (Gegen-) Beweis anzutreten.
bb) Zugunsten des Klägers kann auch unter Heranziehung der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Anforderungen an die Begründungspflicht bei Prüfungsentscheidungen keine Erleichterung der Darlegungslast angenommen werden. Zwar ist es nach dieser Rechtsprechung im Hinblick auf Art. 12 GG und das in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Recht auf effektiven Rechtsschutz erforderlich, daß eine Prüfungsentscheidung schriftlich zu begründen ist und die Begründung ihrem Inhalt nach so beschaffen sein muß, daß das Recht, Einwände gegen die Prüfungsentscheidung wirksam vorzubringen, gewährleistet ist. Insoweit müssen die maßgeblichen Gründe, die die Prüfer zu der abschließenden Bewertung veranlaßt haben, zwar nicht in den Einzelheiten, aber doch in den für das Ergebnis ausschlaggebenden Punkten erkennbar sein (BVerfG Beschlüsse vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 u. a. - BVerfGE 84, 34, 46 f. sowie - 1 BvR 1529/84 u. a. - BVerfGE 84, 59, 72 f.; BVerwG Urteil vom 9. Dezember 1992 - 6 C 3/92 - BVerwGE 91, 262, 265). Diesen Anforderungen genügen die hier verwandten und von den Prüfkapitänen ausgefüllten Check-Formulare. Aus diesen ist für den Kläger als Prüfling nicht nur das Gesamtergebnis des Check-Flugs zu entnehmen, sondern er kann zudem erkennen, in welchen Teilbereichen seine Prüfleistung vom Prüfer als ausreichend bzw. als nicht bestanden gewertet worden ist. Eine noch differenziertere Ausgestaltung der vom Prüfling jeweils abverlangten einzelnen Prüfungsaufgaben und deren Beurteilung auf einem Check-Formular mag insoweit zwar sinnvoll sein, rechtlich zwingend erforderlich ist dies - auch unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtsprechung - indes nicht, zumal letzte Zweifel wegen § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG zu Lasten der Beklagten gehen. Ob dann etwas anderes zu gelten hat, wenn die Versagung oder der Widerruf der Erlaubnis nach § 4 Abs. 3 LuftVG, § 17 LuftPersV in einem förmlichen Verwaltungsverfahren aufgrund der Anfechtung des betr. Verwaltungsaktes zu überprüfen ist (vgl. zu Prüfungsbescheiden im Staatsexamen u. a. BVerwG Beschluß vom 31. Juli 1989 - 7 B 104/89 - NVwZ 1990, 65 und vom 18. Dezember 1987 - 7 C 49/87 - BVerwGE 78, 367), braucht hier nicht entschieden zu werden.
Etzel Bitter Bröhl
Strümper Piper
Fundstellen
Haufe-Index 438185 |
BAGE 00, 00 |
BAGE, 139 |
DB 1996, 1629-1630 (LT1-2) |
NJW 1996, 3366 |
NJW 1996, 3366 (L1-2) |
BetrVG, (71) (LT1-2) |
ARST 1996, 188 (L1-2) |
ASP 1996, Nr 9/10, 55 (K) |
NZA 1996, 819 |
NZA 1996, 819-823 (LT1-2) |
RdA 1996, 262-263 (L1-2) |
RzK, I 5h Nr 29 (L1-2) |
ZTR 1996, 375 (L1-2) |
AP § 1 KSchG 1969, Nr 17 |
AR-Blattei, ES 1170 Nr 20 (LT1-2) |
AR-Blattei, ES 1170 Nr 21 (LT1-2) |
AuA 1997, 248-249 (LT1-2) |
EzA § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung, Nr 13 (LT1-2) |
EzBAT § 53 BAT Personenbedingte Kündigung, Nr 11 (LT1-2) |
PERSONAL 1996, 619 (L1-2) |
ZLW 1997, 261-270 (LT) |